Ein lohnenswertes Interface-Update?
Das britische Unternehmen Solid State Logic (kurz SSL) hat seine im Jahr 2020 vorgestellten Einsteiger-Audiointerfaces SSL 2 und SSL 2+ überarbeitet. Optisch mit den Vorgängern leicht zu verwechseln, gibt es im Layout und der Bedienung nur wenig Neues zu berichten – dafür hat man an der Technik einiges geändert. Fragt sich, ob sich ein Upgrade auf die neue Version lohnt oder ob es sich eher um eine Evolution handelt. Diese Frage werde ich gern im folgenden Testbericht zum Solid State Logic SSL 2 MkII und SSL 2+ MKIIbeantworten.
Inhaltsverzeichnis
- Was bieten die Solid State Logic SSL 2 Interfaces?
- Die Ausstattung der SSL 2 und SSL 2+ Audiointerfaces
- Die SSL 2 / 2+ MK II Versionen im Vergleich zu den Vorgängern
- Das Software-Paket der SSL 2 / 2+ Mk II Interfaces
- Lohnt sich das Upgrade zur MK II Version?
- SSL 2 Mk II und SSL 2+ MK II in der Praxis
- Die Mitbewerber der SSL 2 / 2+ Mk II Audiointerfaces
Was bieten die Solid State Logic SSL 2 Interfaces?
Das SSL 2 MkII ist ein 2 In/2 Out USB-Audiointerface und das SSL 2+ ist ein 2 In/4 Out Interface. Die Eingänge sind jeweils entweder frontseitig als HI-Z Inputs oder über die rückseitigen XLR/TRS Kombi-Ports als Mikrofon-Preamps bzw. Line-Ins zu verwenden.
Eine gleichzeitige Verwendung der front- und rückseitigen Eingänge ist nicht möglich. Die Audiointerfaces haben also wirklich „nur“ zwei Kanäle.
Die Ausstattung ist im Vergleich zu den Mk I Varianten nahezu identisch, allerdings hat man nun mehr das Thema „Professional Audio“ im Fokus.
Die Ausstattung der SSL 2 und SSL 2+ Audiointerfaces
Durch die praktisch identischen Bedienelemente und Ein-/Ausgänge ist der Funktionsumfang der ersten SSL 2/2+ Generation sehr ähnlich. Trotzdem hat sich unter der Haube einiges getan.
Die Mikrofonvorverstärker wurden modifiziert und decken nun einen Gain-Bereich von 64 dB ab (vorher 62 dB). Die maximale Dynamik ist mit 130,5 dBu im Vergleich zum Vorgänger identisch.
Auch die Monitor-Augänge haben zugelegt. Nun sind es 120 dB im Vergleich zu 112 dB und bei den Kopfhörerausgängen hat der britische Hersteller ebenfalls Gas gegeben. Ganze 119,5 dB Dynamik sind deutlich besser als die 111 dB der MK I-Versionen.
Auch die Legacy 4K Schaltung wurde grundlegend modifiziert. Hatte die MK I-Version offensichtlich nur einen angepassten Frequenzgang, so verspricht die MK II-Variante laut Website folgendes:
„Legacy 4K Analogue Enhancement fügt dem Signalweg eine kontrollierte Menge fein abgestimmter, wohlklingender harmonischer Verzerrung und eine „vorwärts gerichtete“, aber musikalische Anhebung der hohen Frequenzen mit dem EQ hinzu und verleiht Ihrem Sound das 4K-Mojo und die Präsenz, die Künstler und Tontechniker seit Jahrzehnten schätzen.“
Das hören wir uns natürlich gerne an!
Wichtigste Neuerung ist der DA/AD-Wandler in den Mark II-Versionen. Nun können 32 Bit Wortbreite bei 192 kHz verarbeitet werden, wie schon beim SSL 12 Interface des britischen Herstellers.
Die Wandler werden als „Next Gen“ bezeichnet und auch hier möchte ich die Website zitieren. Die neuen Wandler bieten:
„klarere, detailliertere Aufnahmen, bei denen jede Nuance Ihrer Performance erhalten bleibt. Nehmen Sie atemberaubende akustische Darbietungen auf, nehmen Sie Drumcomputer und Synthesizer mit mehr Punch und Textur auf. Lassen Sie Ihre Live-Streams wie professionelle Sendungen klingen und mischen Sie schneller und einfacher, da die Klänge besser definiert sind.“
==> Auch da werden wir genau hinhören!
Thema „Professional Audio“: Endlich sind die Cinch-Buchsen auf der Rückseite verschwunden und im Falle des SSL 2+ durch symmetrische TRS-Ausgänge ersetzt worden.
Die HI-Z Eingänge wurden auf die Vorderseite verlegt und auch die Kopfhörerausgänge befinden sich – endlich – auf der Vorderseite. Die Plus-Version hat zwei getrennte Headphone-Preamps mit je eigener Lautstärkeregelung, während die Version ohne Plus zwei Ausgänge hat, die aber nur durch einen Regler in der Lautstärke angepasst werden können.
Durch einen Schalter kann man beim SSL 2+ mit dem Kopfhörerausgang Regler „B“ auch die Line-Ausgänge auf der Rückseite anpassen. Ein Druckschalter mit LED zeigt den aktuellen Betriebszustand an.
Ein weiteres Novum gegenüber den Vorgängern: Die Ausgänge sind DC-Coupled und senden eine Steuerspannung, um Synthesizer (z. B. ohne MIDI) zu steuern. Sehr erfreulich für Modular-Fans.
Über den Kopfhörerreglern befindet sich der beliebte und aus der ersten Generation bekannte Mix-Regler, der das über USB reinkommende Signal mit dem Eingangssignal mischt. So kann man beispielsweise ein Gitarrensolo zu einem Backingtrack spielen. Mit dem „Stereo“-Schalter werden die beiden Eingänge zusammengeschaltet.
Zentral der große, nun schwarze Lautstärkeregler, der übrigens wesentlich robuster wirkt als die blaue Variante der Vorgänger. Eine USB-Anzeige teilt dem Anwender eine funktionierende USB-Verbindung zum Mac/PC mit. Die SSL 2 / 2+ Mk II Audiointerfaces sind Class-Compliant und können am Mac ohne Treiber betrieben werden. Für Windows-Systeme gibt es auf der SSL Website einen ASIO/WDM Treiber zum Download.
Schön, für den Download des Treibers und des Handbuchs benötigt man keine Registrierung auf der SSL-Website.
Auf der linken Seite der Frontplatte finden sich die Bedienelemente der Eingänge: Es sind jeweils 48 V Phantomspeisung und ein Low-Cut schaltbar. Dazu kann man die Eingänge zwischen Line- und Mic-Signale anpassen – beim Einstecken von E-Gitarren auf den Frontbuchsen findet die Erkennung automatisch statt. Jeder Kanal bietet eine 5-Segment-Anzeige für den Pegel und darunter einen Gain-Regler.
Sehr prominent ist die beleuchtete 4K-Anzeige, um den Klang der berühmten SSL 4000 Konsolen zu bekommen.
Im Gegensatz zu den Vorgängerversionen sind die TRS-Buchsen (Line und Kopfhörer) nicht mehr über eine Kontermutter verschraubt, sondern bündig eingepasst. Trotzdem wirken die Buchsen sehr stabil.
Auf der Rückseite gibt es neben den Ein- und Ausgängen noch die USB-Buchse im USB-C Standard und ein Kensington Lock. Beim SSL 2+ haben wir noch jeweils eine MIDI In und MIDI Out Buchse im DIN-Format.
Die SSL 2 / 2+ MK II Versionen im Vergleich zu den Vorgängern
Als SSL vor mehr als vier Jahren die SSL 2 und SSL 2+ Interfaces vorgestellt hatte, waren die Erwartungen hoch. Der in der Studioszene geradezu legendäre Name setzte die Übersprunghöhe auf ein weltmeisterliches Niveau und in meinem Test hat mich das Gerät nicht vollends überzeugen können. Insbesondere die Stromversorgung über USB 2.0 und die eher mittelmäßige Verarbeitungsqualität hatten mich enttäuscht.
Zu der Verarbeitungsqualität kann ich nur sagen: Da liegen Welten dazwischen! Die Schalter, Regler und insgesamt die Anfassqualität des Gehäuses sind viel nun besser und wertiger. Die Schalter haben immer noch ein minimales Spiel, aber hier gibt es keinen Anlass zur Kritik. In der Mk II Version sind die Audiointerfaces endlich dem Namen Solid State Logic würdig!
In Sachen USB dagegen leider immer noch nicht. Der USB-C-Port ist leider immer noch ein USB-2-Port und ehrlich, das muss doch bei einem neuen Interface in 2024 nicht mehr sein. Offensichtlich wurden Wandler und Preamps weiterhin auf die geringe Leistung von USB-2 hin modifiziert, was beim gleichzeitigen Betrieb zweier Kondensatormikrofone mit 48 V Unterstützung und zweier leiser bzw. hochohmiger Kopfhörer zu Problemen führen kann. Schade, hier wurde eine Chance vergeben, die Interfaces auf den aktuellen Stand der Technik zu heben.
Fairerweise muss man aber auch erwähnen, dass die aktuellen Focusrite Scarlett 2i2 4th Gen, Universal Audio Volt 2, Motu M2, Presonus Studio 24c und Arturia MiniFuse 2 ebenfalls nur das USB 2.0 Protokoll verwenden. Nur bei Steinberg setzt man bei der UR-Serie schon auf das aktuelle USB 3.0 Protokoll. Ansonsten muss man schon deutlich tiefer in die Tasche greifen oder sich gleich ein Thunderbolt Interface wie ein Universal Audio Apollo X anschaffen.
Das Software-Paket der SSL 2 / 2+ Mk II Interfaces
Wie bei den Mitbewerbern, gehört auch bei den SSL 2 / 2+ Interfaces ein dickes Software-Paket zum Lieferumfang dazu. Mit Ableton Live Lite, einem 1,5 GB Sample-Pack, Native Instruments Komplete Start, Celemony Melodyne Essential, Lizenzen für SSL Vocalstrip 2 und Drumstrip und andere mehr oder weniger nützliche Plug-ins ist man gut ausgestattet, um sofort loslegen zu können.
Mittlerweile ist man hier auf Augenhöhe mit Focusrite und Co. und so kann man auch hier sagen: sehr anständig!
Lohnt sich das Upgrade zur MK II Version?
Eine kurze Zusammenfassung der Neuerungen gegenüber den Vorgängern der ersten Generation:
- Unterstützung von 32 Bit/192 kHz
- DI-Inputs und Kopfhörerausgänge auf der Gehäusefront
- überarbeitete 4K-Schaltung
- Ausgänge DC-Coupled
- umfangreicheres Software-Paket
- deutlich robustere Verarbeitung
Diese Entscheidung kann ich euch nicht abnehmen – alleine die viel bessere Verarbeitung wäre mir ein Update wert. Ob sich die Interfaces auch klanglich verbessert haben, sehen wir im folgenden Abschnitt.
SSL 2 Mk II und SSL 2+ MK II in der Praxis
Die Installation ist ein Kinderspiel und auch die Anschlüsse sind deutlich zu identifizieren und die Bedienung ist sehr intuitiv und leicht. Beim Audiotest über meine KSD C88 Reference und die Neumann Kopfhörer NDH 30 gibt es nur überwiegend Erfreuliches zu berichten. Der Klang ist SSL-typisch klar und detailliert. Sehr neutral und mit schöner räumlicher Abbildung machen die neuen Wandler und die Kopfhörerverstärker einen sehr erfreulichen Job.
Wie befürchtet, fehlt es im Vergleich zu höherwertigen Audiointerfaces etwas an Grobdynamik, was bei sehr dynamischen Titeln wie der Titel „Tricycle“ vom DMP Referencealbum von Flim & The BBs zeigt.
Ohne direkten Vergleich denkt man bei den SSL-Geräten: Jau, das haut rein. Geht es rüber zum Apollo X, dann merkt man sehr schnell, dass da noch viel Luft nach oben ist.
Erste Feststellung: Innerhalb seiner Klasse ist der Wandlerklang der neun SSL 2 /2+ Interfaces sehr gut.
In Sachen Preamps sieht es ebenfalls gut aus. Ein dynamisches (unempfindliches) Mikrofon wie das Shure SM58, kann anständig ausgesteuert werden und die Gain-Reserven und der Headroom sind gut. Bei einem Gain in Stellung 9:00 Uhr (also kurz voll Vollgas) gibt es eine angenehme, aber nicht störende Sättigung.
Mit dem 4K-Schalter bekommt das Klangbild dann ein sehr schönes Mojo. Runder in den Höhen mit deutlich wahrnehmbaren harmonischen Verzerrungen bieten die SSL-Preamps ein wirklich schönes Klangbild.
Im folgenden Audiobeispiel habe ich mit einer Roland MC 707 Groovebox einen Rhythmus, einen Bass und einen Lead-Sound aufgenommen. Anfangs direkt über das SSL 2+ MkII in Apple Logic Pro, dann mit aktiviertem Low Cut und dann den Low Cut abgeschaltet und auf beiden Kanälen 4K aktiviert. Auffällig ist, dass der Klang beim Aktivieren von 4K um ca. 5 dB lauter wird. Zum Schluss habe ich noch ein wenig am Gain gedreht, um kurz vor das Clipping zu kommen:
Bei diesem nicht ganz einfachen Audiobeispiel kann man den Klang des Preamps sehr gut einschätzen. Mit aktiviertem Low-Cut geht die gesamte Energie der tiefen Frequenzen verloren, ohne dass dabei die Durchhörbarkeit leidet. Der 4K-Schalter bringt wiederum sehr viel in das Klangbild ein. Es wird brillanter, dynamischer und dichter – das gefällt mir sehr gut. Und das Aufziehen des Gains am Ende des Tracks zeigt, dass die Preamps durchaus genug Reserven haben, um auch eine laute Aufnahme nicht gleich ins Distortion-Nirvana zu stoßen.
Zweite Feststellung: Auch die Preamps klingen sehr erfreulich und haben genug Headroom.
Auch der Klang über Kopfhörer ist gut. Wer häufiger mit zwei Kopfhörern arbeitet, sollte unbedingt zur 2+ Version greifen. Mit dem Neumann (110 Ohm) und einem Beyerdynamic DT 770 Pro mit 250 Ohm tut sich die Variante ohne Plus deutlich schwerer. Der zweite Kopfhörerausgang tut dem Klangbild spürbar gut, wenn auch hier die Kraft bei langen und leistungszehrenden Bässen fehlt. USB-2 lässt grüßen.
Dritte Feststellung: Guter Kopfhörerklang bei niederohmigen Kopfhörern.
Ich konnte für den Test kurz das SSL 2+ der ersten Generation von einem Bekannten ausleihen und hier hat sich der Eindruck bestätigt. Der Klang in der neuen Generation hat durchaus – wenn auch subtil – an Qualität gewonnen. Differenzierter und räumlicher löst sich der Klang besser von den Monitoren und man bekommt mehr musikalische Informationen von der Mk II Version geliefert. Leider hatte ich nicht genug Zeit für eine Aufnahme für einen Audiovergleich, was erfahrungsgemäß aber auch immer schwierig ist. Selbst geringste Pegelabweichungen von weniger als 0,5 dB können einen besseren oder schlechteren Klang suggerieren.
Vierte Feststellung: Ein kleiner, aber hörbarer Klanggewinn im Vergleich zu den Vorgängermodellen.
Die Mitbewerber der SSL 2 / 2+ Mk II Audiointerfaces
Diese habe ich im Wesentlichen oben bei der USB-2 Aufzählung schon genannt. Die aktuellen Focusrite Scarlett 2i2 4th Gen, Universal Audio Volt 2, Motu M2, Presonus Studio 24c und Arturia MiniFuse 2 gehören in dieses dicht belegte Segment der Einsteiger Audiointerfaces. Dann natürlich das Steinberg UR22C und Exoten wie das Black Lion Audio Revolution 2×2.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Das Teil hat USB-C und daher 3 mal soviel Power wie USB 3 über die alten Stecker. Bitte mal lernen.
@beni seit wann sagt die verbindung irgendetwas darüber aus, welches protokoll anliegt?
Da muss ich beni zustimmen. Der Wechsel von USB-2 auf 3 macht daraus kein besseres Interface. Für die 2 Kanäle würde sogar USB 1.1 reichen.
@Tai Der Test spricht auch nicht von der Datenrate sondern von der Stromversorgung. Insbesondere mit zwei (guten) Kopfhörerausgängen wird es schon knapp mit USB 2, das Motu M6 kommt deswegen mit zusätzlicher Stromversorgung. Ob und wie sich das bei diesem Gerät in der Praxis bemerkbar macht kann ich aus der Ferne natürlich nicht sagen.
@Mextli Stimmt
… und bevor man superschlau daher redet und irgendwas von „mal lernen“ schreibt: einfach mal die Specs ansehen: USB 2.0 mit USB-C Connector.
Cheers.
Verwirrend fand ich die Bezeichnung 32bit… die mich im ersten Moment an ein 32bit Float Interface hat glauben lassen bzw. sowas unterschwellig suggeriert… dabei ist dem ja gar nicht so.
Persönlich würde ich mir auch eher ein solches Interface mit frontseitiger Bedienung wünschen – bis dahin bleibt das UMC404 weiterhin als solides Interface bestehen da es vom Formfaktor einfach besser in meine beenbte Homestudio Situation passt.