Effects from outer space
Filtereffekte sind von vielen Boards der Gitarristengemeinschaft nicht mehr wegzudenken, bieten sie doch die Möglichkeit, der Gitarre auch mal außergewöhnliche Sounds zu entlocken, die man sonst nur von den Kollegen der Tastendrückerfraktion kennt. Der Spaceman Artemis bietet eine neue Interpretation der beliebtesten Filtereffekte und gibt dem User die Möglichkeit, auf zahlreiche Parameter zuzugreifen. Der Hersteller nennt dies „multi-mode envelope filter“. Dieses Gerät kann also Phaser genauso wie Wah-, Vibe- oder Sweep Effekte. Ebenso ist es möglich, die Klangregelung allein als 3-Band-EQ zu nutzen. Kein Anfängergerät also. Zu welchen Sounds ich das Pedal überreden kann, versuche ich in diesem Test zu ergründen. Spannende Sache, das!
Spaceman Artemis Effektpedal – Facts & Features
Viele Funktionen benötigen viel Platz. Dementsprechend ist das Gehäuse mit 103 x 117 x 56 mm kein Zwerg, aber auch kein Platzfresser und spielt größenmäßig in der Liga der kürzlich getesteten Eventide Pedale MicroPitch und UltraTap. Das Gehäuse scheint aus Aluminium zu sein und das trägt sicherlich zum recht geringen Gewicht von 388 g bei. Die Bodenplatte ist jedoch aus Stahlblech und mir vier Schrauben erdbebensicher verschraubt. Ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen, der obligatorische 9 V Netzteilanschluss (Minuspol innen) befindet sich links an der Seite des Gehäuses. daneben wartet die Ausgangsbuchse auf die zweckgemäße Verkabelung mit dem übrigen Equipment. Ihr gegenüber, auf der rechten Seite des Spaceman Artemis, finden wir neben der Eingangsbuchse noch einen Anschluss für ein externes Expression-Pedal, dieses wird über ein TRS-Kabel angeschlossen. Ich habe die Buchsen lieber an der Stirnseite des Pedals, Platz genug wäre da auch, aber da wird man bei Diskussionen von drei Musikern vier unterschiedliche Meinungen erhalten und alle sind berechtigt.
Auf der Oberfläche des Pedals befinden sich insgesamt acht Regler, sechs davon sind mühelos bedienbar, zwei weitere sind etwas fummeliger und benötigen sanfte Fingerspitzen. Der Bypass-Schalter setzt den Pedalschaltkreis in Gang, eine große, aber nicht sehr leuchtstarke blaue LED quittiert den sanften Tritt. Unabhängig vom Status der blauen LED leuchtet unter dem kleinen Prisma noch eine rote LED, die in Abhängigkeit von der Funktion des Pedals in der Geschwindigkeit des Filters flackert. Die Beschriftung des Spaceman Artemis ist wegen des hohen Kontrastes von schwarzer Oberfläche und weißer Schrift gut zu erkennen. Was die Regler im Einzelnen bewirken, klären wir jetzt.
Die Funktionen der Regler des Spaceman Artemis
Beginnen wir links auf dem Pedal. Hier wohnen, leben und arbeiten drei Regler, die sich ausschließlich der Bearbeitung von Frequenzen verschrieben haben. Ein Highpass- und ein Lowpass- sowie ein Bandpass-Filter kümmern sich liebevoll um die ihnen zugeteilten Frequenzen. Dreht man alle anderen Regler zu, arbeitet das Pedal also als 3-Band-EQ, wobei die Mittelstellung der Regler das jeweils unbearbeitete Signal repräsentiert. Nach rechts ist ein Boost der Frequenzen von 10 dB möglich. „Ein bisschen von jedem“ macht dem Sound schon Beine, der FREQ-Regler kann zum Durchstimmen des Bandpass-Filters hinzugezogen werden. Ausnahmsweise füge ich an dieser Stelle schon mal ein kurzes Audio ein, um die reine Wirkung des 3-Band-EQs zu demonstrieren. Ihr hört zunächst das unbearbeitete Signal, ab 0:08 setzt dann das Effektpedal ein. Der Sound ist ein bereits leicht angezerrter Hiwatt Amp, die Gitarre ist meine Ibanez AZ226. Der Sound gewinnt deutlich an Biss und Bauch und bleibt dabei wunderbar dynamisch. Das Gerät verfügt übrigens über einen True-Bypass. Das ist zwar mittlerweile der Goldstandard im Effektkettengeschäft, aber ich halte es dennoch für erwähnenswert.
Doch zunächst zurück zur Geräteeinweisung, ohne Geräteeinweisungsschein geht in einer anständigen Bürokratie gar nichts! Wir wenden uns dem linken der beiden kleinen Potis am oberen Rand des Gehäuses zu. So unscheinbar dieses kleine Reglerchen auch ist, es bildet das Herzstück des Spaceman Artemis. Der MODE Regler bestimmt, welche Art der Modulation das Pedal bereitstellt, die ausgewählten Frequenzen des 3-Band-EQs sind die Basis für die weitere Bearbeitung des Signals durch das Filter. Der MODE-Regler kennt sieben verschiedene Modi, diese wäre von links nach rechts:
- Envelope Sweep UPWARDS
- Envelope Sweep DOWNWARDS
- LFO Triangle Wave
- LFO Ramp Up
- LFO Ramp Down
- LFO Random
- Static (Modulation Disconnected)
Obwohl sieben klar geregelte Modi aufgeführt sind, kommt der Regler ohne Rasterung aus, so dass mit Fingerspitzengefühl gearbeitet werden muss. Der AMOUNT-Regler hat jetzt unterschiedliche Funktionen, im LFO-Modus regelt er die Geschwindigkeit des Effekts, im Envelope-Modus die Tiefe der Modulation. Mit Hilfe des RES-Potis, das ist das andere kleine Reglerchen am oberen Rand, erzeugt man einen Formanten-Peak vor der Filter-Cutoff-Frequenz. Also eine verstärkte Resonanzfrequenz, die dann durch das Filter gejagt wird. Auch hier wieder eine kurze Demonstration, das Gerät liefert einen Phaser-artigen Grundsound, ich drehe den RES-Regler langsam auf:
Der FREQ-Regler verschiebt die Eckfrequenzen des Filters, ganz nach links gedreht hat die Frequenz die höchste Range. Als letztes bleibt dann jetzt nur noch der SENS-Regler zu erklären. Mit ihm lässt sich die Empfindlichkeit des Filters einstellen, ab welcher Dynamik der Filtereffekt einsetzt. Damit sind anschlagsgesteuerte Effekte realisierbar. Im LFO-Modus ist hier eine dynamische Modulation der Geschwindigkeit des LFO-Speeds möglich. Alles klar? Ihr seid dem Geräteeinweisungsschein schon ganz nahe! Mit Hilfe des Expression-Pedal-Eingangs bekommt man externen Zugriff auf das Filter, so dass zum Beispiel statt eines Touch-Wah-Effektes auch ein klassisches, per Fuß bedienbares WahWah umsetzbar ist. Das Pedal interagiert dann auch mit dem Frequenzregler, was die Möglichkeiten der Beeinflussung des Sounds noch erhöht.
Das Spaceman Artemis Modulated Filter Pedal in der Praxis
Die folgenden Beispiele sind allesamt entstanden, als ich das Pedal zum ersten Test dem Einschleifweg meines Kempers zugeführt habe. Intuitiv und ohne die Betriebsanleitung zu lesen. Das ist in sofern interessant, als dass es die zunächst erschlagende Komplexität des Pedals etwas relativiert. In den ersten beiden der Beispiele habe ich einen Touch-Wah-Effekt eingestellt, der einmal ohne, einmal mit einem vorgeschalteten Kompressor zu hören ist. Der vorgeschaltete Kompressor verbessert das Tracking des Spaceman Artemis deutlich. Zudem kann ohne den Kompressor die starke Modulation einzelner Frequenzen zu teilweise unschönen Übersteuerungen in der Effektkette oder im Einschleifweg führen. Ein klassischer Anfängerfehler, den es zu vermeiden gilt. Mit Kompressor ist der Sound deutlich gefälliger und näher an dem, was ich mir vorgestellt hatte. Der Effekt selbst ist mithilfe des SENS-Reglers und der Anschlagstärke gut führbar. Hört selbst, was ein vorgeschalteter Kompressor bewirken kann:
Es folgen noch ein paar exemplarische, intuitive Settings. Ich habe versucht, den Namen der Files einen erläuternden Touch zu geben. Alles in allem ist es nahezu unmöglich, die kompletten Möglichkeiten des Spaceman Artemis im Rahmen eines solchen Testes ausführlich zu präsentieren. Hier ist natürlich jeder eingeladen, selbst zu experimentieren. Ich starte den Experimentalreigen mal mit zwei Einstellungen, die einem fixierten Wah-Pedal entsprechen. Beide Sounds sind mit einem höheren Gainsetting eingespielt. Sowohl für Rhythmusarbeit als auch für schreiende Leads ist diese Einstellung wunderbar geeignet.
Aber auch mit angezerrtem Sound macht der Spaceman eine durchaus gute Figur, der Sound bleibt bei dezenteren Effektsettings präsent und durchsetzungsfähig. Das Pedal sitzt hier übrigens im Loop hinter dem Amp. Hier ist auch Experimentierfreude gefragt, vor und hinter dem Amp ergeben sich komplett andere Sounds, die mal völlig kaputt klingen und mal mit hohem Praxiswert trumpfen können. Erlaubt ist, was gefällt und was zum Ziel führt. Bei solchen Effekten ergibt sich das Ziel aber oft erst während der Reise, also bleibt kreativ!
Im Weiteren habe ich mich noch ein bisschen mit LFO-basierten Effekten befasst, hier ergeben sich unzählige Möglichkeiten. Vom leicht modulierenden, cleanen Rhythmussound bis hin zum pulsierenden, basslastigen Effekt ist alles möglich, auch und gerade in Verbindung mit anderen Effekten wie zum Beispiel einem Delay eröffnen sich Welten neuer Sounds. Auch hier gilt: Experimentiert, bis der Arzt hoffentlich nicht kommt! Sogar als Leadsound mit einem Random-LFO macht das Pedal richtig Spaß. Klingt, als ob mal beim Treten des Wah-Wahs einen Krampf im Unterschenkel bekommt. Kann ich beurteilen, hatte ich schon. Nachts um 2:00 Uhr auf der Kirmesbühne, nach 5 Stunden Powerplay. Keine schöne, aber lehrreiche Erfahrung. Seitdem habe ich immer ein paar Magnesium-Kapseln dabei … Aber genug von mir und meinen Alterserscheinungen, lauschet dem schrägomanischen Klang und probiert das Pedal selbst. Ich sehe wieder mal ein Pedal vor mir, dessen Sinnhaftigkeit sich mir erst im Laufe der paar Tage des Tests erschließt. Vom „Wassolldasdenn“ zum „Mussichhaben“ in 3 Tagen, das ist eine respektable Leistung der Entwickler.