Kreative Quelle fürs Studio
Beim Auspacken des SPL Kultube fällt zunächst die aufgeräumte Bedienungsoberfläche auf. Sechs griffige Kunststoffknöpfe und 10 hintergrundbeleuchtete Taster zieren die 3 HE Frontplatte. Damit hat man jederzeit Übersicht über die eingestellten Parameter. Interessanterweise wurde beim SPL Kultube auf eine dB-Anzeige mit LED-Meter verzichtet – statt dessen kommt ein klassisches VU-Meter zum Einsatz. Das Gerät ist gut verarbeitet und macht insgesamt einen soliden Eindruck.
Der erste Eindruck zum SPL Kultube
Um es vorweg zu nehmen – der Kultube klingt fantastisch. Ganz abgesehen von den Kompressoreigenschaften ist der Klang sehr definiert und weist eine charakteristische, seidene Brillanz im Bereich ab 5.000 Hz auf.
Der erste Test – Drums
Die wohl ureigenste Domäne der Kompressoren – die Schlagzeug-Komprimierung. Und gleichzeitig auch die am Häufigsten genutzte: Der Extrem-Test für die Attack- und Release-Regelung. Als Drum-Test wurde ein schnelles Breakbeat-Pattern als Stereosignal durch den Kultube geschliffen, der dabei in einem Subgruppeninsert hing. Die Release- und Attack-Zeit auf Minimum, den Threshhold auf -7 dB und die Kompressor-Ratio auf 1:2,3.
Der Beat klingt deutlich überkomprimiert. Keine Veränderung im Punch des Beats hörbar, zunächst nicht. Jetzt wird die Attack-Zeit langsam von der niedrigsten Stufe (0,1 ms!) langsam hochgeschraubt. Und tatsächlich… ab 1 ms kommt der Punch durch und erreicht sein Maximum bei 24 ms. Vorher war die Attack-Zeit einfach zu schnell! Die Schnelligkeit des Kultubes ist eine seiner herausragendsten Eigenschaften. Damit lässt sich selbst dem flachsten Beat noch Knack abgewinnen.
Im Vergleich zu anderen Kompressoren fällt jedoch wie oben angesprochen die außerordentliche Brillanz auf. Die Frequenzen ab 5.000 Hz erinnern in ihrem Klang an den eines Exciters.
Die Röhre des SPL Kultube
Der Kultube hat seinem Namen nicht umsonst. Glühend zu sehen – durch ein kleines Gitter am Frontpanel – ist eine (von mehreren) Röhren. Angesteuert wird die Zumischung harmonischer Verzerrungen, die durch Übersteuerung der Röhre erreicht wird, mit dem Harmonics Regler.
Als Testsignal wurde diesmal ein Synthesizerbass benutzt, der ordentlich angeknarzt werden soll. Und tatsächlich, ab einem Wert von 50% treten die Verzerrungen deutlich in den Vordergrund des Klangbildes, um bei 100% das Klangbild fast komplett zu verzerren. Dem Sägezahnsignal wurde damit soviel Rechteckanteil (der ja durch Verzerrung entsteht) aufgedrückt, dass der Synthesizer-Bass wirklich ordentlich knarzt. Auch wiederum sei auf die Qualität dieser Verzerrung hingewiesen – deren Rauschärme an einen Digitalverzerrer erinnert, dessen Klangcharakter aber durchaus als warm zu bezeichnen ist. Durch entsprechend dezenten Einsatz kann man somit den Tonquellen einen ‚Hauch von Röhre‘ beimischen.
Kompressor rückwärts
Als zusätzliches Feature, das sich bei Kompressoren selten findet, gibt es einen sogenannten De-Compress-Modus. Ist dieser aktiviert, arbeitet der Kompressor genau umgekehrt. Jedes Signal oberhalb einer bestimmten Threshhold-Lautstärke wird jetzt nicht mehr leiser, sondern lauter. Sinn dieser Funktion ist es, überkomprimierte Aufnahmen und Samples wieder lebendiger zu machen, ihnen mehr Dynamik zu verleihen. Vorsicht hier: Der Gain Make-Up Regler arbeitet in diesem Modus auch genau umgekehrt, wird also bei einer Linksdrehung lauter und bei einer Rechtsdrehung leiser.
Der finale Mix mit dem SPL Kultube
Im Mixdown wird ein Kompressor nicht eingesetzt, um dem Mix mehr Punch oder Knack zu verleihen. In diesem Fall ist eine Reduzierung der Pegelspitzen gefragt, damit die Aufnahme möglichst hoch auf dem digitalen Medium ausgesteuert werden kann. Das gibt dem Mix eine maximale Lautheit. Diese Pegelbearbeitung muss jedoch unauffällig geschehen, es soll ja nicht die Dynamik, sondern der Eindruck der Lautheit geändert werden. Stellt man den Kultube auf eine recht hohe Ratio ein (1:6 – 1:20) werden alle Pegel rigoros(!) auf den eingestellten Threshhold-Wert heruntergeregelt. Grosse Vorsicht ist hier bei der Einstellung des Threshhold gefragt, so dass wirklich nur die Spitzen des Signals gedrückt werden.
Wenn der Mixdown bereits in digitaler Form vorliegt, sind digitale Kompressoren einfacher zu handhaben und auch besser zu kontrollieren. Jedoch muss man auch hier einräumen, dass keiner der digitalen Kompressoren diesen Effekt in Echtzeit, also als Plug-In leistet. Das macht den Kultube auch als Komponente z. B. bei einem Live-Act interessant, bei dem ja auch oft Drums im Vordergrund stehen, und das restliche Klangmaterial dahinter etwas verschwindet.
Digital In – Digital Out
Zum Zeitpunkt des Tests war noch keine digitale Erweiterung erhältlich. Hiermit lässt sich der Kultube problemlos in ein digitales Environment einbinden. Die Wandler arbeiten mit bis zu 24 Bit Wortbreite und 96 kHz Samplefrequenz. Zu erwähnen ist hier noch, dass der Kultube immer in 24 Bit-Auflösung sampelt und intern das Signal auf z.B. 16 Bit dithert, um es dann an einen DAT-Recorder weiterzugeben, im Gegensatz zum herkömmlichen Verfahren, bei dem die untern 8 Bit einfach abgeschnitten werden.
Attack- und Release Zeit von Geisterhand – PTC
Die ‚Progressive Time Control‘ der Attack- und Release-Zeiten eignet sich dazu, komplexeres Audio Material optimal zu komprimieren. Dabei werden die Einstellungen der Attack- und Release-Zeiten von einem spannungsgesteuerten Filter im Kultube vorgenommen. Dieses regelt die errechneten optimalen Ansprechzeiten nahezu in Echtzeit. Interessant ist das Feature, die Ansprechzeiten im PTC-Modus regeln zu können. Dazu dienen dann die Regler der Attack- und Release-Zeiten. Diese bestimmen dann die Intensität, mit der der Kultube auf schnelle Signalsprünge reagiert. So ist es möglich, z.B. das Einschwingverhalten von Instrumenten zu erhalten und dennoch eine druckvolle Kompression zu erreichen. Dabei ist aber zu beachten, dass der Kompressor nicht ‚hellsehen‘ kann. Besonders dynamisches Material mit vielen unterschiedlichen Lautheitspassagen oder etwa Live-Material können durchaus zur Überforderung des Kultubes führen. Als guter Kompromiss hat sich hier erwiesen, die Attack-Zeit von Hand einzustellen und die Release-Zeit automatisch vom PTC regeln zu lassen.