Little Valentine bittet zum Tänzchen
Über die Qualität der Instrumente von Music Man muss man eigentlich keine großen Worte verlieren. Die Gitarren und Bässe aus San Luis/Obispo gehören schon seit vielen Jahren zum Besten, was man sich um den Hals schnallen kann. Das Problem liegt nur, wie so oft, am Preis: Leider kann sich nicht jeder von uns mal eben solch ein Premiuminstrument gönnen. Das ist zwar traurig, ruft aber die Tochterfirma Sterling by Music Man auf den Plan, die nach strengen Vorgaben des kalifornischen Mutterhauses nahezu jedes Instrument dupliziert, das auch bei Music Man auf der Verkaufsliste steht. Natürlich zu einem Bruchteil des Preises, denn darum geht es ja bei der Sache.
Funktionieren tut das natürlich nur mit der Produktion in Fernost, so kommt unsere Testgitarre aus dem fernen Korea. Allerdings mit einem kleinen Umweg über die USA, genauer gesagt über das Städtchen Orange in Kalifornien. Dorthin werden nämlich alle Instrumente von Sterling by Music Man zur Endkontrolle und für das Setup verschifft, bevor sie in die Shops dieser Welt gelangen.
Im heutigen Test haben wir es bei der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM mit der günstigen Version der Music Man Valentine zu tun, die ich bereits für uns einem Review unterzog und die damals dabei Bestnoten einfahren konnte. Was die nur ein Drittel so teure Version drauf hat, werden wir nun herausfinden.
Facts & Features
Nun ja, sparsamer geht es schon beim Behältnis zu, in dem die Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM ausgeliefert wird. Ein Gigbag muss reichen, immerhin besser als gar nichts und mehr, als so mancher Konkurrent seinen Instrumenten mit auf den Weg gibt. Auf den ersten, flüchtigen Blick sind kaum Unterschiede zum teuren Schwestermodell zu erkennen. Beim genaueren Betrachten jedoch fallen die Unterschiede auf, besonders am Hals macht sich das recht schnell bemerkbar. Während bei der US-Version ein Stück handselektiertes, atemberaubend schönes Vogelaugenahorn verwendet und mit dem „Roasted“-Verfahren behandelt wurde, haben wir es beim Hals der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM nur mit einem einfachen Stück Ahorn zu tun. Das wurde zwar auch wärmebehandelt, zu erkennen an der dunkelbraunen Farbe, macht aber natürlich optisch bei Weitem nicht so viel her wie der Hals des US-Modells. Dennoch wurde auch hier ein massives Stück Ahorn mit einer recht attraktiven Maserung verwendet, auf das ein separates Stück Ahorn als Griffbrett aufgeleimt wurde.
Der Hals der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM
Die Hälse der Sterling– bzw. Music Man Gitarren und Bässe sind sicherlich eines der Highlights dieser Instrumente. Schmal, griffig und mit dem kräftigen C-Shaping mit genügend „Fleisch“ ausgestattet. Nicht anders verhält es sich bei unserer Testgitarre, auch hier zeigt sich wieder, wieso dieses Halsformat so beliebt ist. Bei der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM haben wir es zudem mit einem „Compound Radius“ im Halsprofil zu tun. Was bedeutet, dass das Halsprofil im Bereich der Kopfplatte fast schon einem „V“ entspricht, sich aber Richtung Body immer weiter verjüngt, um fast plan zu werden. Das verspricht ein spürbar besseres Spielgefühl in allen Bereichen des Halses.
Geölt und gewachst wie beim Original US-Modell kann die Halsrückseite zwar nicht werden, dafür aber entschädigt ein griffiger und klebefreier Satinlack die Greifhand beim Agieren auf dem Griffbrett. Das wurde, wie bereits erwähnt, separat aufgeleimt und mit 22 sauber eingesetzten und abgerichteten Jumbo-Bünden bestückt. Dieselbe hohe Verarbeitungsqualität gilt auch für den 42 mm breiten Sattel, der zwar nicht längenkompensiert ist, aber trotzdem perfekt in seiner Position eingesetzt wurde.
Der Korpus der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM
Beim US-Modell fällt es so gut wie gar nicht auf – die Verjüngung der Korpusbreite von 40 auf 35 mm aus Gründen des Spielkomforts. Das gibt es bei der Sterling Valentine nicht, hier besitzt der Korpus rund herum eine gleichmäßige Breite von 32 mm. Er wurde aus Sumpfesche gefertigt und makellos mit der bekannten „Buttermilchlackierung“ überzogen, ein Tortoise-Pickguard schützt die Decke weitestgehend vor Kratzern. Durch die nur milchige Lackierung lässt sich die optisch ansprechende Maserung des Holzes gut erkennen. Bei den Tonhölzern scheint man ohnehin auf gute, abgelagerte Qualität zu setzen, denn nur so lässt sich das überraschend leichte Gewicht der Gitarre von nicht einmal 3 kg erklären.
Die Rückseite besitzt den Zugang zur Elektronik sowie ein weiteres Fach, das eine 9 Volt Batterie aufnimmt. Die versorgt dann einen Booster, der über das Push-Pull-Volumepoti zugeschaltet wird und das Ausgangssignal der beiden Pickups um bis zu 12 dB erhöht. Nur der Vollständigkeit halber: Bei der US-Version der Valentine beträgt die Lautstärkeanhebung des Boosters 20 dB.
Pickups & Hardware der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM
Auch hier gibt es wieder die eigentümliche Schaltung mit einem Humbucker am Hals und einem Singlecoil in der Stegposition. Es handelt sich um Tonabnehmer aus fernöstlicher Produktion, viel mehr ist darüber nicht rauszubekommen. Sie werden über einen Dreiwegeschalter angewählt, das kombinierte Push-Pull-Volumepoti sorgt, wie bereits erwähnt, für das Zuschalten des integrierten Boosters. Ein Tonepoti komplettiert die elektrische Schaltung, beide Regler sind von einer ordentlichen Qualität und mit griffigen Metallknöpfen bestückt, die auch bei feuchten Händen ein sicheres Zugreifen ermöglichen.
Beide Pickups besitzen verchromte Blechkappen, das passt optisch bestens zu der verchromten Bridge, die auch bei der „kleinen“ bzw. koreanischen Valentine als „String Through Body“ Variante auf der Decke montiert wurde. Verzichten muss man gegenüber dem US-Modell allerdings auf die hübsche Chromabdeckung über den Saitenreitern, nicht aber auf solide gefertigte Saitenreiter aus Stahl!
Am anderen Ende der Drähte warten sechs solide Klemmmechaniken auf ihren Job, auch sie überzeugen durch ihren präzisen Lauf ohne „Luft und Löcher“ und hielten darüber hinaus das Instrument während der gesamten Testdauer einwandfrei in Stimmung.
Zwischenzeugnis
Somit wären wir durch bei der ersten genauen Betrachtung der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM, die bis hierhin ein hervorragendes Bild abgibt. Sicherlich wirkt alles nicht ganz so pompös und edel wie beim rund dreimal so teuren US-Modell. Trotzdem ist die Gitarre für diese Preisklasse außerordentlich gut verarbeitet und kann auch optisch mit ihrem Mix aus transparent-weiß lackiertem Korpus, dem kräftigen Braunton des einteiligen Halses und der verchromten Hardware gefallen. Kommen wir nun aber zu den zwei wichtigsten Aspekten – Sound und Bespielbarkeit!
Sound & Praxis mit der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM
Ich habe die Eindrücke meines Tests der Originalen Music Man Valentine noch gut im Gedächtnis bzw. im Ohr. Vor diesem Hintergrund kann ich bei der Valentine JV60 TBM nicht nur wegen ihrer guten Verarbeitung, sondern auch hinsichtlich des Klangs und der Bespielbarkeit nur ehrfürchtig den Hut ziehen! Die Klampfe ist federleicht und perfekt ausbalanciert, resoniert schon trocken angespielt wunderbar und besitzt mit dem Compound-Radius des geschmeidig in der Hand liegenden Halses eine kaum zu schlagende Bespielbarkeit! Das Werkssetting war bei unserem Testinstrument zwar nicht ganz optimal justiert, ließ sich jedoch mit ein wenig Absenken der Saitenreiter auf ein sehr komfortables Niveau einstellen.
Die Pickups sind ebenso von einer überraschend guten Qualität, könnten allerdings noch einen Tick mehr Höhen vertragen. Dennoch klingen sie erstaunlich offen, transparent und dabei immer etwas „Vintage“.
Hören wir rein in den Sound der Sterling by Music Man Valentine JV60 TBM. Für die folgenden Klangbeispiele wurde ein Orange Micro Dark Verstärker, eine H&K GL112-Box mit 1×12″ Celestion Vintage 30 Speaker sowie ein AKG C3000 Mikrofon verwendet. Klangbeispiel 1 zeigt die Valentine zunächst mit einem gepickten Cleansound, bei dem beide Pickups aktiv sind.
In Klangbeispiel 2 jetzt der Front-Humbucker im unverzerrten Betrieb. Genug Dampf, um auch bei gepickten Sololinien nicht unterzugehen. Und wenn doch, dann hilft garantiert der Booster weiter.
Klangbeispiel 3 eröffnet den Reigen der verzerrten Sounds. Zunächst beide Pickups mit einem angezerrten Sound, hier ist das Klangbild nicht immer differenziert.
In Klangbeispiel 4 hören wir den Frontpickup mit aktiviertem Booster in Aktion. Die vorhandene 12 dB Lautstärkeanhebung könnte für viele Röhrenamps bzw. deren Vorstufen willkommen sein.
Im abschließenden Beispiel (5) nun der Klang des Singlecoils am Steg. Vom gefürchteten „Glas schneiden“ ist weit und breit nichts zu hören. Klingt fast schon untypisch für einen reinen Einspuler!
Bei Thomann steht explizit, dass kein Gigbag im Lieferumfang enthalten ist!
@Atarikid Bei meiner Testgitarre war einer dabei, der übliche Sterling-Bag. Hab auch gerade die Sterling Majesty da, auch die hat einen. Kenne ich eigentlich gar nicht anders (?).
@Stephan Güte Ja, wäre schön. Aber den Klangbeispielen nach zu urteilen, ist diese Gitarre auch ohne Gigbag total klasse :)
Interessanter Klang… da ist selbt clean so’n gewisser, individueller Rotz im Sond drin.
@ Herr Güte…. hohe Schlagzahl an Tests, sach mal, kommste vor lauter Testen zwischendurch überhaupt mal zum Nichttesten?
Lass mich in meiner Blase :D
Eine schöne Gitarre, ganz nach meinem Geschmack, und mal wieder ein guter Testbericht. Nur eine kleine Korinthe hätte ich loszuwerden: „Was die um ein Drittel günstigere Version drauf hat“ ist nicht ganz richtig, die Gitarre ist rund zwei Drittel günstiger bzw. kostet ca. ein Drittel des Originals… :-)
@OscSync Egal, ob Mailand oder Madrid….. Hauptsache Italien! ;-)
@OscSync Cheeses, na klar, wurde korrigiert! :)