Der beste DAW Controller: T...T...Touch me!
Der Steven Slate Audio RAVEN MTi MAX ist ein 27“ Touch-Screen, der speziell auf die Bedürfnisse von Pro Audio Anwendungen optimiert ist und eine tiefe Integration in viele DAWs unter Apple Mac bietet. Das System ermöglicht somit nicht nur eine Touchbedienung der DAW, sondern ermöglicht Multitouch, Shortcuts und eine Mixeroberfläche, die die wichtigsten Bedienelemente im direkten Zugriff hält. Das klingt ja schon mal sehr spannend, denn eine komfortable Bedienung der Digital Audio Workstation ist doch schließlich der Traum aller Audioingenieure, oder?
Inhaltsverzeichnis
Worum geht es beim Slate Raven MTi Max?
Das Mixing und Mastering „in the Box“, also komplett digital in der DAW, ist weit verbreitet und ich würde schätzen, dass viele junge Produzenten ein klassisches Mischpult und Hardware-Effekte wohl weder verkabeln, noch korrekt bedienen können. Und trotzdem gibt man viel Geld aus, damit sich der Computer am Ende doch wieder anfühlt wie ein Gerät aus dem guten, alten Tonstudio.
So hatten wir in den vergangenen Monaten doch einige DAW-Controller im Test: Icon Pro, Solid State Logic und Softube haben meist einen guten Eindruck hinterlassen – aber trotzdem stellen die Kompatibilität, das MIDI-Protokoll oder proprietäre Schnittstellen die Anwender immer wieder vor Probleme.
Ein Kritikpunkt ist meist die Tatsache, dass man die Bewegung am Controller immer wieder am DAW-Bildschirm kontrollieren muss oder der Griff zur Maus weiterhin notwendig ist.
Deswegen geht man bei Steven Slate Audio mit dem RAVEN MTi MAX einen anderen Weg: Man verzichtet auf die Haptik eines mechanischen Faders, arbeitet dafür trotzdem mit den Fingern auf der Oberfläche der DAW – oder einer speziell angepassten Mixer-Oberfläche. Da stellt sich doch gleich die nächste Frage: DAWs sind doch sehr unterschiedlich in der Bedienung und manche Funktionen findet man meist nur in textlastigen Untermenüs. Muss man jetzt also alle Funktionen selber händisch definieren?
Nein – Gott sei Dank! Das RAVEN System unterstützt aktuell Pro Tools, Logic Pro und Cubase Nuendo. Weitere DAWS wie Ableton, Digital Performer, Studio One und LUNA sind in der Vorbereitung. Für diese DAWs gibt es (oder wird es geben) vorgefertigte Templates, bei denen alle wichtigen und häufig genutzte Funktionen bereits auf dem Screen verfügbar sind. Und natürlich kann man sich weitere Short-Cuts (Batch Commands) definieren und auf freie Bedienfelder legen.
Die Installation des RAVEN MTi MAX Systems
Hier gleich eine sehr wichtige Anmerkung: Wenn du dich für das Steven Slate Touchscreen Modell entschieden hast, dann lass dich voll und ganz darauf ein! Bis die Lösung einwandfrei im eigenen Setting funktioniert, braucht es starke Nerven, viel Vertrauen und auch grundsätzliche Kenntnisse des eigenen Computers. Wenn man nicht bereit ist, der Software volle Kontrolle über den Mac zu lassen, dann lieber zu einer klassischen Lösung greifen oder bei Maus und Tastatur bleiben. Halbherzig wird das nichts und – soviel sei schon verraten – mir graut es davor, meinen Mac nach dem Test von allen Treibern und alle Einstellungen zu bereinigen.
Zunächst muss man im Vorfeld entscheiden, ob man mit einem Slate-Monitor, zwei RAVEN MTi MAX oder einer Mischlösung mit Slate und normalem Computermonitor arbeitet. Dazu möchte der RAVEN über HDMI oder Displayport mit der Grafikkarte verbunden werden und dazu noch über USB-A. Die passenden Kabel liegen dem Lieferumfang bei.
Dann beginnt die Installationsprozedur, bei der die RAVEN-Software, der sogenannte UPDD-Deamon und eine V-Control Pro Lizenz auf dem Mac installiert wird. Eine Verknüpfung mit iLok benötigt man ebenfalls. Wobei „installiert“ das Ganze nur unzureichend beschreibt: Bei jedem Element muss man in den Sicherheitseinstellungen des Mac die volle Kontrolle gewähren. Ich gebe zu, dass sich das nicht wirklich gut anfühlt.
Dann muss man der Software per Fingertouch mitteilen, welcher Monitor angeschlossen ist und dass der RAVEN doch bitte schön der linkeste Screen im Setup ist und als Hauptmonitor fungieren soll. Dann einige Einstellungen und Templates in die DAW (in meinem Falle Apple Logic Pro) laden und „schon“ ist man fertig. Übrigens lief das System im Test auf einem Mac Studio M1 Max mit macOS Sequoia 15.0.1 und Logic 11.0.1.
Eine ganz wichtige Information fehlt leider in der Anleitung und dies hat mich viel Zeit und einige E-Mails mit dem (sehr hilfreichen und schnellen) Support gekostet. Man muss die Systemsprache beim Mac auf Englisch umstellen. Nur dann werden die korrekten Verknüpfungen zu dem Pfaden und Programmodulen gefunden. Ansonsten werden beispielsweise keine Insert-Effekte oder Track-Gruppen angezeigt. Man arbeitet aber beim Hersteller daran, Lokalisierung für weitere Länder durchzuführen. Aktuell muss man aber mit Englisch leben.
Hardware und Verarbeitung
Es handelt sich beim RAVEN MTi MAX System um einen 27“ Touchscreen (kapazitiv) mit einer maximalen Auflösung von 2.560 x 1.440 Pixel (WQHD). Die Anschlüsse sind übersichtlich: Ein HDMI-Port, ein Display-Port und der USB-A-Port für Touch, dazu eine Miniklinke für Audio.
Der Monitor hat ein internes Netzteil und ist komplett aus Aluminium gefertigt, was in einem satten Gewicht von 13,2 kg mündet.
Der ausklappbare Ständer ermöglicht eine stufenlose Neigungsanpassung. Von nahezu senkrecht bis sehr flach ist alles möglich. Allerdings war die Stütze bei meinem Exemplar sehr schwergängig und hat bei flacheren Winkeln ziemlich geknirscht. Blickt man von oben auf das Gehäuse, findet man ein paar Taster für die Bild und Toneinstellungen des Monitors – witzigerweise geht diese aber nicht über Touchscreen.
Die Bildqualität ist lichtstark und scharf, die Standardeinstellung passt sehr gut zur Bedienung grafischer Oberflächen. Neben den erwähnten Kabeln liegt noch ein Reinigungsset bei, um die unvermeidlichen Fingerabdrücke auf dem Bildschirm zu beseitigen.
Negativ fällt der recht stark spiegelnde Screen auf. In meinem Tonstudio ist es erträglich, aber kein Vergleich zu meinem LG Monitor. Ich bin kein Fachmann und man sollte sich informieren, inwieweit Reflexionen am Arbeitsplatzmonitoren erlaubt sind (z. B. hier: DIN EN ISO 9241-7 „Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten).
Dazu hat der Monitor einen sehr breiten schwarzen Rand, was im Vergleich zu modernen Monitoren etwas altbacken wirkt. Der Hersteller bietet übrigens passende Konsolen für den Einsatz in Audiostudios an, um mehrere RAVEN-Monitore gleichzeitig zu betreiben.
Steven Slate RAVEN MTi MAX System in der Praxis
Wenn alles eingestellt ist, dann überzeugt die Bedienung durchaus. Der RAVEN Mixer, also die spezielle Bedienoberfläche, arbeitet sehr gut mit der DAW zusammen. Man kann verschiedene Mixer-Modi auswählen (Send/Insert), Marker setzen und per Touchfeld anfahren, die Ansicht zwischen 16 und 32 Kanälen wechseln. Außerdem hat man einen Transportbereich, frei definierbare Batch-Felder und die Basisfunktionen der jeweiligen DAW im schnellen Zugriff. Dazu stehen weitere „Floating Menüs“ zur Verfügung. Per Fingertip wählt man die Inserts wie Effekte und Pramps aus und kann diese intuitiv bedienen.
Neben den einfachen Tipp- und Wischgesten hat man auch Presets für Zwei-, Drei-, Vier- und Fünf-Finger-Gesten, die natürlich auch frei belegbar sind. Positiv ist zu vermerken: Schon die Standardeinstellungen folgen intuitiven Bewegungen. Man kann einen Drehregler entweder (wie bei der Mausbedienung) mit einer Auf- und Abwärtsbewegung einstellen, aber auch eine Kreisbewegung ist möglich.
In meinem Studio konnte ich die nativen Plug-ins von Apple und die Arturia und Universal Audio Plug-ins völlig problemlos bedienen. Selbst die Entfernung der Mikrofone zu den Cabinets in den Capitol Chambers ist direkt in der Raumdarstellung möglich – klasse!
Die Arbeiten im Track gehen super von der Hand: Auswählen, verschieben, Fade-in- und -outs setzen, gruppieren, zoomen und editieren, nach kurzer Eingewöhnung macht das Arbeiten mit dem RAVEN System viel Spaß. Allenfalls bei sehr kleinteiligen Arbeiten, wie dem Verschieben einzelner MIDI-Noten in dichten Tracks, habe ich zur Maus gegriffen. Ein Jog-Wheel und eine Cursor-Steuerung komplettieren die Basisbedienung.
Natürlich ist dem Spieltrieb kaum Grenzen gesetzt. Nahezu alles lässt sich individualisieren. Farben und sogar frei definierbare MIDI-Pads zum Einspielen von Drum-Rhythmen sind verfügbar.
Durch Multitouch sind Funktionen auch parallel nutzbar und so ist das gleichzeitige Bedienen mehrerer Fader ist eine gern genutzte Funktion, um beispielsweise alle Synthesizer-Pads im Projekt gleichzeitig lauter zu machen.
Die Latenz des Systems ist sehr gut. Selbst bei schnellen Bewegungen „hängen“ die Fader und anderen Elemente kaum hinterher – das wirkt sehr natürlich und lässt sich (natürlich) auch kalibrieren.
Bei all diesen Möglichkeit halte ich es für den größten Vorteil, dass ich – wie bei einer echten Mixing-Konsole – die Finger direkt auf dem Bedienelement habe und mein Blick nicht zwischen Controller und Bildschirm hin- und herwechselt. Auch wenn man über das „HIDE“-Touchfeld zwischen dem RAVEN MIXER und der DAW hin- und herwechselt, dann bleibt der Blick konzentriert „im System“. Ein Umstand, der auch dem Nacken des Anwenders guttut.
Was hat mir nicht gefallen?
Tatsächlich gab es kaum eine negative Erfahrung während des Tests – wenn einmal alles komplett eingerichtet ist. Aber manche Dinge funktionieren nun einmal in der DAW (mit der Maus) am besten, so wie die Auswahl eines neuen Effekts aus den Untermenüs oder das Erstellen von Track-Gruppen. Sind diese Elemente aber definiert, dann ist der Zugriff über das RAVEN System sehr komfortabel.
Während des Tests (ca. 2,5 Wochen) ist das RAVEN System 2-3 Mal stehengeblieben und hat sich geschlossen. Beim Neustart war alles wie zuvor und die Unterbrechung belief sich auf wenige Sekunden. Dies kann aber auch mit dem neuen Apple macOS Sequoia 15.x zusammenhängen, denn genau genommen wird dies zum Testzeitpunkt noch nicht offiziell unterstützt.
Die sehr nervige Installationsprozedur hatte ich bereits ausführlich beschrieben und das Umstellen des Mac auf die englische Systemsprache war mir persönlich sehr unangenehm – bei Apple geht das nur systemweit und nicht pro Applikation. Am Ende ist dies aber auch nur Gewohnheitssache und nach wenigen Tagen fällt einem das gar nicht mehr auf.
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Wie schaut’s denn mit Windows-Unterstützung aus?
@Tora Die Antwort der Webseite? (https://stevenslateaudio.com/raven)
Windows? Ach Nö!
You need a computer with a USB 2.0 connection with the following minimum requirements:
Mac
Intel 2.5GHz i5 Processor or higher, 4GB RAM or more, 512MB VRAM or more recommended. Apple Silicon is supported.
OS X 10.15.7 or later.
You’ll also need one of the following supported macOS DAWs:
Pro Tools, Logic Pro X, Cubase, or Nuendo.
You’ll need an iLok account to authorize your RAVEN. This can be done for free via iLok Machine ID. (Of course, you’re also free to use a physical iLok USB dongle if you prefer.)
Für diejenigen, die nicht gleich ihre ganze DAW damit steuern wollen: Ich kann für Touchscreens (macOS, Windows, Linux, Chrome OS) die Schweizer Firma Beetronics sehr empfehlen.
Vorteile: viel günstiger im Preis; je nach Format auch 19-Zoll-Rack-tauglich; zuverlässig; wasser- und staubabweisend; die Art der Bedienung lässt sich detailliert voreinstellen; reaktionsschnell und natürlich auch Multi-Touch.
Zum einzigen Nachteil: Sie haben keine tiefe Integration in irgendwelche DAWs. Aber ich bediene damit im Studio mein Dolby-Atmos-Setup sowie einige VST-Plugins (v.a. EQs) per Hand, und das funktioniert ausgezeichnet.
@Olaf Strassen Es wäre ja gar keine Integration über irgendwelche Touch-Layer nötig, wenn die DAW konsequent für Multitouch ausgelegt wäre. Momentan kann das meines Wissens nur Bitwig unter Windows oder Linux. Ich nutze das so mit einem Asus MB16AMT portablen Touchscreen, was an sich auch sehr gut funktioniert. Leider ist die Hardware sehr empfindlich (nicht sehr verwindungssteifes Gehäuse, kein VESA, Micro-HDMI auf der Seite), deswegen bin ich sehr dankbar für Deinen Tipp mit Beetronics. Die schauen sehr gut aus, Metallgehäuse, full size Display Port, Montageoptionen.😍
@Olaf Strassen Vielen Dank für diesen wertvollen Tipp. 🤩 Nach so einem Unternehmen habe ich lange gesucht. Gerade für den Aussenbereich gibt es einige Modelle für den professionellen Einsatz.
Was mir gefällt: 27“ WQHD als Hauptscreen, damit wäre der wichtigste Parameter erfüllt. Wieso das dann aber so ein Klopper sein muss, erschliesst sich mir nicht. Das mit dem Kopierschutz will mir auch nicht ganz einleuchten, das System geht doch nur mit diesem Screen. Die Donglezeiten (auch virtuelle) waren für mich eigentlich nach den Nullerjahren Geschichte.
Meine Screens hängen an einem am Schreibtisch befestigten Arm, scheint hier zu gehen, die Ständerbefestigung sieht zumindest wie eine VESA Platte aus.Bedenklich sind dann eher die 13kg.
Ich experimentiere momentan eher mit einem 13“ iPad als 3. Screen. Beides habe ich schon gemacht, also 1. iPad wirklich als 3. Bildschirm im System oder besser, 2. iPad als Logic Remote verwendet. Kostet gar nichts, wenn das iPad bereits vorhanden ist. Da ich sowieso in fast jedem System zwischen Maus und Touch wechseln muss, ist mir Remote die sympatischste Lösung. Dabei habe ich noch nie versucht zwei iPads mit Remote, natürlich mit verschiedenen Screens, gleichzeitig zu verwenden, werde ich nachher mal versuchen.
Geht natürlich erstmal nur mit Logic, aber zumindest Cubase scheint auch eine Remote App fürs iPad anzubieten. Vermutlich auch noch andere DAWs
@Tai , geht mit 2 iPads/iPhone. Aber du kann immer nur die selektierte Spur beeinflussen. Ipad 1 würde dann den Channelstrip zeigen. Ipad 2 die Bedienungshilfen, Akkorde etc. wenn man mehr will, braucht man Lemur, TouchOSC und CMD + L für Zuweisungen. Wobei ich das iPad eher dazu verwende nicht am Rechner zu kleben beim einspielen.
@TobyB deine Antwort kam, als ich noch schrieb. Ich komme mit einem 13″ prima zurecht, da ich zwei habe, wollte ich es einfach mal probieren
@Tai Zwei Remotes gleichzeitig gehen nach einem ersten flüchtigen Test nicht, lassen sich anmelden, aber nur einer hat die Kontrolle. Bleibt bei zwei iPads nur: eines Remote, das andere zusätzlicher Screen.