Flexibel, kraftvoll, intuitiv – MooMu bringt Eurorack aufs Tablet
Studio 6 Plus 1 MooMu aus England ist ein modularer Soft-Eurorack-Synthesizer für das iPad. Der witzige Name, der als „More Music“ zu verstehen ist, und das Kuh-Icon lassen vielleicht auf eine humorvolle Spaß-App schließen, doch dahinter steht ein professionelles Produkt mit etlichen Jahren Entwicklungszeit.
Kurz & knapp
- Klang: gut und hochwertig klingend
- MIDI-CV: umfangreiche Steuerung und Vernetzung
- Module: 72 Module, inkl. Oszillatoren, Filter und Effekte
- Bedienung: intuitiv, aber teils träge
- Fazit: starke Alternative zu Moog Model 15
Inhaltsverzeichnis
Studio 6 Plus 1 MooMu Modular-Synthesizer
Da mifki miRack (VCV-Rack) aufgrund des neuen „Gesetzes über digitale Dienste“ in der EU nicht mehr verfügbar ist, kommt MooMu also gerade rechtzeitig, um die Lücke zu füllen. Aber ein Lückenbüßer ist die App dabei ganz bestimmt nicht. Im Gegensatz zu miRack ist MooMu kein Sammelbecken für virtuelle Eurorack-Module verschiedener Hersteller, sondern eine vom Entwickler kuratierte Bibliothek mit derzeit ca. 72 Eurorack-Modulen und bietet damit deutlich mehr Module als z. B. Moog Model 15.
Hardware-Anforderungen
Die App kann sowohl im Standalone-Modus als auch als AUv3-Plug-in als Instrument, Generator oder Effekt betrieben werden und stellt dabei recht moderate Anforderungen an die CPU. Auf meinem iPad Pro 1. Gen mit A9X beansprucht beispielsweise das generative Preset „Cybearflow“ ca. 69 % DSP in AUM. Es lässt sich also selbst auf älteren iPads noch sinnvoll und kreativ arbeiten. Auf dem iPad Pro 6th Gen mit M2 benötigt der gleiche Patch dagegen nur ca. 27 %.
Allerdings sind beim Laden von Patches auf beiden Geräten explizit DSP-Spitzen bis knapp unter 90 % zu verzeichnen. Hier scheint also noch Potenzial für Optimierungen zu bestehen.
Benutzer-Interface
Beim Öffnen zeigt sich eine großzügige Arbeitsfläche, umrandet von drei Menüleisten. Oben befindet sich die Parameterleiste. Hier können beliebige Regler der Module zur schnellen Bedienung abgelegt werden. Einfach auf den Stift tippen, dann auf eines der Felder und anschließend in der Modulansicht den Regler bedienen, den man in der Parameterleiste haben möchte – fertig.
MooMu Presets: Auf der linken Seite befindet sich die Werkzeugleiste mit Funktionen wie Zoom-Zurücksetzen, Hilfeseiten, Kabelfarben, Undo/Redo, Löschen sowie Mehrfach-Cloning und Parameter-Zufallswerte bzw. das Zurücksetzen für das ausgewählte Modul. Diese Funktionen lassen sich jedoch immer nur auf ein einzelnes Modul anwenden. Eine Mehrfachauswahl, z. B. zum Klonen mehrerer Module gleichzeitig, ist nicht möglich.
Der aktuelle Patch kann auch als sogenannte ROW gespeichert werden – also als Sets, die sich in einen anderen Patch laden lassen. Dies entspricht dem Konzept von „Instruments“ in NI Reaktor (wobei „Ensembles“ hier dem „Preset“ entsprechen würden). Diese ROWs lassen sich dann separat laden und einfügen – sehr praktisch!
Mit der Zieh-Geste lässt sich das gesamte Rack mit einem Finger auf der Arbeitsfläche positionieren, außerdem können Module ausgewählt und platziert werden. Wird es eng, vergrößert sich der Arbeitsbereich automatisch.
Der Wechsel zwischen Herumschieben, Kabelverlegen und Parameterbedienung, die alle mit der gleichen Touch-Geste ausgeführt werden, kann mitunter etwas hakelig sein. Ein verlegtes Kabel kann dabei schnell unbeabsichtigt gelöscht werden. Hier wäre beispielsweise eine separate Zwei-Finger-Geste zum Verschieben der Arbeitsfläche eine sinnvolle Verbesserung.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass selbst auf dem iPad Pro M2 die Ausführung einiger Funktionen, z. B. das Einfügen von Modulen, ein paar Sekundenbruchteile länger dauern kann, als man es gemeinhin unter „sofort“ versteht. Daher ist beim Arbeiten mit der App etwas Geduld gefragt.
Auf der rechten Seite befindet sich die Bibliotheksverwaltung für Module, Presets und ROWs. Auch die Voreinstellungen sind hier zu finden. Bei Fragen hilft eine umfassende Anleitung auf der Homepage, zudem gibt es auf YouTube einige Tutorien.
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More Music Module
Die 72 Module umfassen unter anderem Oszillatoren, Waveshaper, Wavetables, LFOs, Hüllkurven, Filter und VCA-Modulatoren. Für die Verbindung zu anderen Apps gibt es CV-zu-MIDI-Noten, MIDI-CC, Gate-zu-MIDI und natürlich auch alles in umgekehrter Richtung, inklusive MPE-Unterstützung. Dazu kommen ein One-Shot-Sample-Player und ein Recorder, diverse Effekte wie Hall und Delay sowie eine Vielzahl praktischer Funktionsmodule, die man im Eurorack-Setup benötigt. Auch Sequencer, isomorphe Keyboards und X/Y-Pads, jeweils mit eigenem Panel, sind im Sortiment enthalten. Auf diese Module möchte ich besonders eingehen, da sie speziell dem Live-Performance-Aspekt zugutekommen.
Die Ein- und Ausgänge der Module sind dabei durch ein weißes Viereck (Eingang) und ein entsprechendes Symbol für den Ausgang gekennzeichnet.
CV-Sequencer
Hier werden zwar maximal 16 Schritte geboten, dafür können jedoch bis zu 100 Patterns (0-99) erstellt werden. Der CV-Sequencer bietet zwei Ansichten: „Classic“ und „X/Y Pads“. Ein Step besteht aus sechs frei zuweisbaren Parametern, die in drei X/Y-Paaren zusammengefasst sind (in der Classic-Ansicht über zwei getrennte Regler dargestellt).
Die Notenhöhe in V/Oktave und die Gate-Länge werden ebenfalls über ein X/Y-Pad eingestellt. Wenn die Sequenz chromatisch oder in einer bestimmten Tonart spielen soll, muss ein Quantisierer-Modul nachgeschaltet werden.
Jeder Parameterreihe kann ein Skalierungsfaktor sowie ein Offset (Grundwert) zugewiesen werden. Ein Regler für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Step gespielt wird, fehlt ebenfalls nicht.
Drum-Sequencer
Hier werden acht Tracks mit jeweils 16 Schritten geboten. Dabei sind die Steps jedoch nicht nur Ein/Aus-Taster, sondern X/Y-Pads mit den Parametern für Anschlagsstärke (Y) und Wahrscheinlichkeit (X), die per Ziehen eingestellt werden. Ein zusätzlicher Regler für die Wahrscheinlichkeit der einzelnen Spuren ist ebenfalls vorhanden. Es können bis zu 100 Patterns gespeichert werden. Einzig das manuelle Durchsteppen der Patterns per Taster ist nicht besonders komfortabel.
An CV-Steuerungsmöglichkeiten gibt es hier Lautstärke und Trigger für jede Spur, während Clock, Reset und Pattern-Auswahl experimentelle Steuerungen ermöglichen.
Isomorphes Keyboard
Mit diesem Keyboard lassen sich per MPE (MIDI Polyphonic Expression) Notenmodulationen pro Note erzeugen. Dabei kann auch die Oktavlage verändert, die Startnote der Klaviatur festgelegt, die Tonart ausgewählt, die Polyphonie eingestellt sowie der Notenabstand (Quarte, Quinte oder Oktave) definiert werden. Zusätzlich gibt es eine Pinch-Option, mit der sich gezupfte Saitenbewegungen imitieren lassen.
X/Y-Pad
Vier bildschirmgroße X/Y-Pads erzeugen CV-Signale, die beliebig weiterverarbeitet werden können. Zudem bieten die Pads Offset-Positionen (Ausgangswert) und Werteskalierung. Sehr praktisch ist auch der Hold-Taster, der den aktuellen Wert einfriert. Ebenso willkommen ist die Möglichkeit, zwischen „Absolut“ und „Relativ“ für die X/Y-Bewegung umzuschalten. Im Relativ-Modus erfolgt eine manuelle Veränderung der X/Y-Werte immer von der letzten Cursor-Position aus als Nullpunkt, und die Werte werden einfach addiert. Im Absolut-Modus hingegen beziehen sich die Werte der Cursor-Position immer auf den Koordinaten-Nullpunkt.
Laut Info von Studio 6+1 ist eine Versesserung der GUI-Reaktionsgeschwindigkeit in Arbeit.
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Danke😍