Tube-Preamp für Recording und Mixing
Der Summit Audio TPA-200B ist ein Röhrenvorverstärker mit zwei Kanälen und zählt zu den Produkten, die noch Dave Hill – ein Mastermind der Studiotechnik und Inhaber der Edelmarke Crane Song – in seiner rund zehnjährigen Tätigkeit für Summit Audio entwickelt hat.
Ausgestattet mit röhren- und transistorbasierten Schaltungen, bietet der TPA-200B eine große klangliche Vielfalt, die sich nicht nur für Aufnahmezwecke, sondern auch in der Nachbearbeitung beim Mischen oder Mastern nutzen lässt.
Summit Audio TPA-200B auf den ersten Blick
Alle Produkte von Summit Audio werden von Hand in den USA gefertigt, so auch der TPA-200B, dessen Verarbeitung weitestgehend sehr hochwertig wirkt. Sein robustes Gehäuse hat eine Breite von 19 Zoll mit zwei Höheneinheiten, die Tiefe beträgt 25,4 cm, während das Gewicht bei 6,2 kg liegt.
Sowohl optisch als auch technisch ist die Verwandtschaft mit dem TLA-100A Kompressor, den AMAZONA.de bereits getestet hat, unverkennbar:
Die Bedieneroberfläche besteht aus gut 5 mm starkem Aluminium, das dem Röhrenvorverstärker das typisch rohe, funktionale Aussehen der Summit Audio Produkte verleiht. Auch die soliden Metallschalter, die rote Juwel-Betriebsanzeige und die großen Sterngriffe sind mit denen des TLA-100A baugleich.
Rechtsaußen befinden sich auf dem Frontpaneel zwei Schalter zum Aktivieren des Gerätes und der Phantomspeisung – letztere kann leider ausschließlich für beide Kanäle gleichzeitig und nicht separat verwendet werden.
Sehr großzügig und überschaubar sind die Bedienelemente der zwei identisch ausgestatteten Vorverstärker angeordnet. Sie lassen sich wahlweise für Line-, Mikrofon- oder Hi-Z-Signale nutzen und haben jeweils eine Phasendrehung und Pad-Funktion (-15 oder -25 dB).
Per Input-Gain wird die Vorverstärkung und mit dem Output-Gain die Ausgangsstufe eingestellt. Dahinter verbirgt sich ein großes kreatives Potential, denn diese zwei Regler ermöglichen ein beliebiges Spiel mit der Sättigung der Röhre, ohne den Ausgang zu übersteuern.
Genau wie bei dem TLA-100A sind die Potentiometer zwar fest mit dem Gehäuse verschraubt, jedoch sitzen die Kunststoffkappen leider etwas wackelig auf den Achsen.
Zudem haben die Potentiometer keine gerasterten Regelwege, was gerade bei Stereoaufnahmen wünschenswert wäre.
Als Kontrollanzeigen gibt es zwei LEDs: Die Rote (OL) leuchtet losgelöst von der Ein- und Ausgangsregelung, wenn das am Eingang anliegende Signal bereits übersteuert, während die gelbe LED den Grad der Verzerrung der Röhrenvorverstärkung darstellt.
Fast alle Anschlüsse sind auf der Rückseite untergebracht, dazu zählen zwei Mikrofoneingänge im XLR-Format, zwei symmetrische 6,3 mm Klinkeneingänge für Line-Signale und zwei XLR-Ausgänge.
Auf der Vorderseite befinden sich darüber hinaus die Hi-Z Buchsen, so dass schnell und bequem eine Gitarre oder ein Synthesizer angeschlossen werden kann. An dieser Stelle sticht leider noch ein kleines, unschönes Detail ins Auge:
Die Unterlegscheiben der Klinkenanschlüsse verdecken zum Teil die Beschriftung – selbstverständlich wird dadurch die Funktionalität des TPA-200B in keiner Weise eingeschränkt.
Die Technik
Schon wie bei dem TLA-100A hat Dave Hill auch bei dem TPA-200B Röhren- und Transistortechnik in einem Gerät vereint.
Die Mikrofon- und Line-Eingänge sind an JT-115K-E Transformatoren aus dem Hause Jensen gekoppelt und für einen symmetrischen Betrieb ausgelegt, während die unsymmetrischen Hi-Z Eingänge direkt zu der Röhrensektion führen.
Die komplette Verstärkung wird von drei selektierten ARS 12AX7A (ECC83) Röhren übernommen. In der Ausgangsstufe sitzen hingegen diskrete Solid-State 990 OpAmps, welche ursprünglich von Deane Jensen entwickelt worden sind.
Genau wie bei vielen Vintage-Klassikern, wie zum Beispiel von Urei, Teletronix oder Pultec, beträgt die Ausgangimpedanz 600 Ohm.
In diversen Foren gibt es immer wieder große Diskussionen, inwieweit sich der TPA200-B technisch von seinem Vorgänger TPA-200A unterscheidet, nicht wenige Nutzer sind der Meinung, dass die erste Version besser klingt.
Beide Auflagen wurden von Dave Hill entwickelt und sind technisch identisch, der TPA-200B besitzt lediglich zusätzlich eine Phasendrehung und Pad-Funktion.
Dennoch gibt es einen wichtigen Faktor, der den Klang beeinflusst: Die ersten Versionen wurden mit NOS Röhren von Mullard bestückt, bevor Summit Audio auf neu produzierte Ware von ARS umgestiegen ist.
Dementsprechend lässt sich durch einen Röhrenaustausch auch der Sound des TPA-200B modifizieren, was meistens zu etwas mehr Transparenz im Klang und einer veränderten Transientenbildung führt.
Welche NOS Röhren für diesen Zweck besonders gut geeignet sind, hängt auch immer vom Geschmack des Anwenders ab. Die einen schwören auf Telefunken, die nächsten auf RCA, die meisten bevorzugen aber die ursprüngliche Wahl von Dave Hill und benutzen NOS Versionen von Mullard.
Selbstverständlich sollte ein solcher Austausch immer nur von Fachpersonal durchgeführt werden, da Röhrengeräte mit lebensgefährlichen Spannungen arbeiten.
Praxis und Klang
Summit Audio empfiehlt nach dem Einschalten des TPA-200B eine Aufwärmzeit von 15 Minuten, damit die Röhren ihren optimalen Sound erreichen.
Danach kann spielend einfach losgelegt werden, denn die Bedienung gestaltet sich selbsterklärend und ist überaus intuitiv. Es macht sogar richtig Spaß, mit beiden Händen die Ein- und Ausgangsregelung einzustellen, um das richtig Maß der Röhrensättigung zu finden und einen Sound nach den eigenen Vorstellungen zu formen.
Neben seiner regulären Funktion als Vorverstärker für Aufnahmezwecke, kann der TPA-200B dank der symmetrischen Line-Eingänge natürlich auch wunderbar als Sättigungs-Tool oder Verzerrer verwendet werden – sei es nun zur Bearbeitung von einzelnen Spuren, auf dem Mix-Bus oder in der Mastering-Kette.
Alle folgenden Audiofiles lassen sich wahlweise im WAVE-Format (44,1 kHz, 24 Bit) oder als MP3 (320 kBit/s) aufrufen.
Gesang
Für die ersten Klangbeispiele hat wieder einmal Mani Mathia mit einem alten Neumann U87 Mikrofon der ersten Generation ein paar Zeilen eingesungen.
Um die verschiedenen Klangfacetten des TPA-200B zu demonstrieren, wurden die Beispiele in vier separaten Takes mit unterschiedlichen Preamp-Setups aufgenommen.
Los geht es mit einer komplett cleanen Aufnahme, die zeigt, wie brillant und edel der TPA-200B klingen kann. Die Stimme wird sehr sauber und transparent übertragen, wobei der Vorverstärker einen recht modernen Charakter hat, was sich vor allem an Hand des schnellen Ansprechverhaltens offenbart.
Bei dem zweiten Beispiel wird der Grad der Vorverstärkung so weit erhöht, dass lediglich die Pegelspitzen eine leichte Sättigung erhalten. Dadurch bewahrt die Aufnahme weitestgehend den sauberen Charakter des ersten Beispieles, dennoch wirkt sie durch die vereinzelt aufflammenden Obertöne etwas charmanter und spannender. Grundsätzlich erscheint der Klang insgesamt ein bisschen forscher und präsenter als zuvor.
In dem darauffolgenden Durchgang arbeitet der Vorverstärker fasst ausnahmslos im Overdrive-Modus, die damit einhergehende Kompression des Signals ist deutlich hörbar. Der Mittenbereich wird stark betont, während sich die hohen Frequenzen beträchtlich verringern. Dadurch kommt schon ein starkes Retro-Feeling auf, wobei es falsch wäre, einen Vintage-Preamp auf die Merkmale „Verzerrung, starke Mitten und wenig Höhen“ zu reduzieren. Gerade die Röhrenvorverstärker der „goldenen“ 50er-Jahre bestechen durch ein sehr sauberes, lineares Klangbild, das vor allem eine spezielle Übertragung der Dynamik und ein sehr entspanntes Ansprechverhalten hat.
Als gesteigerte Version der vorherigen Aufnahme ist bei dem vierten Beispiel das Maß der Vorverstärkung nochmals erhöht. Bei einer normalen Studioproduktion wäre diese Einstellung sicherlich nicht die erste Wahl – vielleicht für eine Effektspur oder wenn der Gesang bewusst einen sehr extremen Sound haben soll.
Interessant ist, wie unaufdringlich sich der Klang trotz der starken Verzerrung verhält. Zum Beispiel werden Plosivlaute zwar deutlich betont, aber auch gleichzeitig recht behutsam im Kontext eingebettet.
Synthesizer
Die zweite Auswahl an Klangbeispielen wurde mit einem Moog Mother-32 erstellt, der durch einen analogen Stereo-Chorus des Ibanez UE405 lief. Wie schon bei den Gesangsbeispielen zuvor, sind wieder vier verschiedene Preamp-Setups zu hören, wobei dieses Mal der recht simple und offensive Synth-Sound (Sägezahn mit Noise) deutlich mehr Raum für drastische Verzerrungen bietet als das filigrane Vocal.
Das erste Beispiel ist wieder komplett unverzerrt, allerdings erzeugt der Mother-32 auch gerne mal schon innerhalb seiner Klangerzeugung Übersteuerungen.
Als Ergebnis liefert der TPA-200A eine dynamische Aufnahme, die einen warmen, vollmundigen Bass, klar definierte Mitten und einen schönen, weichen Höhenanteil hat.
Bei dem zweiten Beispiel werden wieder nur die Pegelspitzen in die Sättigung gefahren, so dass immer die tiefen Töne etwas Overdrive erhalten. Diese treten dadurch ein bisschen mehr hervor und haben eine leichte Färbung. Wie schon bei dem zweiten Gesangsbeispiel, verliert die Aufnahme im Gegensatz zu der vorherigen ein bisschen an Dynamik.
Als nächstes wird der Synthesizer fast durchgehend, aber noch gemäßigt, verzerrt. Dennoch wirkt das Ergebnis komprimierter, der Bass ist lauter, wenn auch etwas schwammiger und die Mitten erhalten deutlich mehr Präsenz. Ebenso sind die Bewegungen des Stereo-Chorus im Panorama stärker wahrnehmbar, wogegen die Höhen erneut deutlich abfallen.
Zu guter Letzt wird der Synth-Sound noch mal in „englischer Einstellung“ bearbeitet. Während von der Gesangsaufnahme bei diesem Setup nicht mehr viel übrig geblieben wäre, eignet sich die extreme Verzerrung durchaus für moderne, offensivere elektronische Produktionen.
Im Grunde handelt es sich wieder um eine Steigerung des vorherigen Beispieles:
Der Bass wird noch mehr betont, verliert deutlich an Präzision in den tiefen Frequenzen und die Mitten treten wesentlich muskulöser hervor. Das Noise ist nur noch in stark verfremdeter Form hörbar, zudem werden die Höhen drastisch reduziert.
Audiointerface: RME Fireface 800
DAW: Logic Pro
Die Klangbeispiele sind unbearbeitet, nur die Lautstärken wurden angepasst.