Eurorack DCO mit 16 Stimmen und VCA
Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator, von einer kleinen Firma aus dem hohen Norden, Finnland um genau zu sein, bringt geballte Polyphonie ins Eurorack. Der Demon Core Oszillator bringt satte sechzehn DCO-Stimmen ins Eurorack.
Sechzehn Stimmen analog?
Polyphone Oszillatoren für das Eurorack sind rar, bedeutet es doch einen erheblichen Aufwand, mehrere analoge Oszillatoren stimmstabil auf kleinem Raum unterzubringen. Der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator bietet aber gleich sechzehn Stimmen und das auf 12 TE (eigentlich 20 TE, aber dazu gleich mehr). Das bietet so kein anderes Modul, das auf analoger Technik aufbaut. Denn im Gegensatz zur irreführenden Bezeichnung DCO, also Digitally Controlled Oszillator, kann man diesen Oszillatortyp nicht als digital bezeichnen. Das Prinzip ist schon alt und sein bekanntester Vertreter dürfte wohl der Roland Juno-6 sein, gefolgt vom Korg Poly-800.
Es ist wahr, dass die Frequenzreferenz von einem Timer erzeugt wird, dessen Werte von einer CPU eingestellt werden. Heraus kommt aber tatsächlich eine ganz „normaler“ Rechteck, der den Vorteil der Stimmstabilität bietet. Der Beginn der Rechteckflanke setzt dann den eigentlichen (Ramp-Core) Oszillator zurück und steuert ebenso dessen Frequenz.
Das doppelte Lottchen, Expander- und Core-Modul
Der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator kommt allerdings als zweiteiliges Modul. Das Core-Modul enthält eben den DCO, kann aber ohne das Expander-Modul nicht polyphon gespielt werden. Das Core-Modul besitzt einen 1V/Okt-Eingang, der immer alle Stimmen gleichzeitig anspricht. Über einen Spread-Parameter werden dann die Stimmen gegeneinander verstimmt. Das gibt den bekannten Super-Saw- bzw. Super-Pulse-Effekt. Das sind nämlich die beiden Schwingungsformen, die der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator beherrscht. Die Rechteckschwingung kann zudem noch über die Doppelbelegung Function in ihrer Pulsbreite variiert werden, wobei sie auch „Thru-Zero“ geht. Dabei gestaltet sich die Rechteckschwingung auf dem Oszi mit einigen schrägen Anteilen, sodass immer auch ein wenig Sägezahn mit von der Partie ist. Das ergibt den eigentlichen analogen DCO-Charakter, der diesen Juno-6 Charme versprüht. In der Abbildung habe ich mal eine Rechteckschwingung vom Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator und eine aus dem Juno-6 nebeneinandergestellt.
Betrachten wir die anderen Anschlüsse, abgesehen vom Output. Über den FM CV kann man lineare FM betreiben (±8 V), die sich immer auf alle Stimmen bezieht – polyphone FM! Der Spread CV regelt den Super-Saw Effekt und der Stability CV, samt Regler, sorgt für eine künstliche Natürlichkeit, indem er subtile bis heftige Stimmungenauigkeiten einfügt. Interessanterweise klingen die Auswirkungen des Stability- und des Spread-Parameters in Bereichen gleich. Erst wenn beide heftiger zupacken, werden die Unterschiede deutlich. Stability klingt dann nicht mehr so musikalisch.
Der letzte Eingang ist der Sync Trig und dieser hat es in sich, nicht nur wenn man nach den bekannten Sync-Sweeps sucht, sondern auch, wenn man eine harte Attack-Phase für einen Bass-Sound braucht. In der Anleitung, die für jedes der Module als einseitiges PDF vorliegt und in aller Kürze die Funktionen der einzelnen Komponenten beschreibt, wird dem Sync sogar Zeitreisefähigkeiten zugeschrieben. Allerdings nur in Zusammenhang mit der Sync Time des Expander-Moduls. Erhält der Sync Trig einen Trigger-Impuls, so werden alle Stimmen auf die gleiche Phase synchronisiert. Das geschieht ebenfalls, wenn eine MIDI-Note über das Expander-Modul eingeht. Den Effekt hört man am besten, wenn dabei Stability kaum aufgedreht ist. Stellt man dann noch den Spread ein, gelingen Sync-ähnliche Sounds, wie im Anfang des kleinen Demo-Videos des Herstellers auf dessen YouTube-Kanal.
Flexible Stimmverteilung
Der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator brät aber nicht immer mit allen sechzehn Stimmen los – man kann sehr genau einstellen, wie viele Stimmen erklingen und wie hoch die Polyphonie ist. Entsprechend werden die Stimmen dann aufgeteilt. Angezeigt wird das durch die vom Design bestimmende LED-Anordnung. Über Voice stellt man die Anzahl der Stimmen ein (1, 2, 3, 4, 5, 8, 12 oder 16). Über Function + Voice stellt man dann die Polyphonie ein (1 bis 10, 12 oder 16). Wählt man z. B. 8 Voices und eine 4-stimmige Polyphonie, so erklingen pro Note dann zwei Stimmen. Manche Kombination schließen sich dadurch natürlich aus.
Das Expander-Modul
Aber Halt! Wenn es nur einen 1V/Okt-Eingang gibt, wie soll man das Modul dann polyphon spielen? Dazu benötigt man zwingend das Expander-Modul, das über ein Kabel auf der Rückseite direkt an das Core-Modul angeschlossen wird. Deswegen benötigt es auch keinen Bus-Steckplatz. Erst mit dem Expander erhält der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator die Möglichkeit, die Stimmen einzeln anzusprechen. Vollständig gelingt das aber nur über die MIDI IN (TRS) Buchse (Typ B). Es gibt aber auch einzelne CV-Eingänge (wieder in 1V/Okt Charakteristik), jedoch nur vier Stück. Das reicht halt für vier Stimmen und ist im Eurorack-Kontext auch oft ausreichend, denke ich. Über einen MIDI-Thru (TRS) werden die MIDI-Daten des Eingangs übrigens weitergereicht und ein GATE / TRIG OUT gibt ein entsprechendes Signal aus, wenn eine MIDI-Note empfangen wird.
Wer das Modul über MIDI steuert, kann immer noch die 1V/Okt-Eingänge nutzen, um die Stimmen dann zusätzlich transponieren. Man kann auch einen alternativen Modus aktivieren, dann werden über die vier CV-Eingänge Sync Time, Sync Random und Octave Stack Interval gesteuert – der vierte CV-Eingang bleibt zunächst unbenutzt.
Beinahe ein kompletter Synthesizer
Das Expander-Modul vermag aber noch mehr. Denn von hervorragender Bedeutung ist hier der Mode-Taster. Hier wechselt man zwischen Stream und Gated. Im Stream-Mode verhält sich der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator wie jeder andere Eurorack-Oszillator – d .h. er gibt ständig ein Signal am Ausgang aus. Die Lautstärke wird dann über einen externen VCA geregelt, der z. B. mit einem ADSR verbunden ist. Genau diese Funktion ist über den Expander zu aktivieren. Im Gated-Mode stellt man über die Regler ATTACK [DECAY] und RELEASE [SUSTAIN] ein. Da auch sehr lange Attack-Zeiten möglich sind, gelingen auch dramatisch anschwellende Flächen. Was mir zunächst aufgefallen ist, dass bei einem Sustain von null, einer kurzen Decay- und einer längeren Release-Zeit ein deutliches Zipper-Noise zu hören ist. Dem Hersteller ist das aber bekannt und an einer Abhilfe wird bereits gearbeitet. Und tatsächlich habe ich auch eine inoffizielle Firmware vom Hersteller erhalten, die das deutlich hörbare Zipper-Noise eliminiert – wenn das mal kein Service ist.
Es bleibt dennoch zu vermerkten, dass in diesem virtuellen VCA-Modus das Grundrauschen des Moduls zu hören ist, wenn man genau hinhört und das bei etwa 40 dB unterhalb des Nutzsignals. Üblicherweise wird der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator aber wohl im Verbund mit Filter und externem VCA verwendet, so dass ich das nicht überbewerten möchte. Läuft der Oszillator nämlich im Stream-Mode, ist auch die Ausgabe lauter und das Signal-Rausch-Verhältnis verbessert sich auf ca. 50 dB und das Rauschen wird komplett maskiert, ist für unsere Ohren also nicht hörbar.
Dramatik bringt auch der Spread und das in zunehmenden Maße, wie Stimmen hinzugefügt werden. Beim Klangbeispiel hört man aber eines ganz deutlich: Die Stimmen sind nicht lautstärkekompensiert. Eine einzelne Stimme ist wesentlich leiser als das volle Brett der sechzehn Stimmen. Das empfinde ich aber nicht als Mangel, zudem hat man sowieso keine externe Steuermöglichkeit für die Anzahl der Stimmen. Zusätzlich verstummen die Stimmen kurz beim Umschalten.
Insgesamt gibt es doch einige Doppelbelegungen, bei denen man nach einer Weile des Schraubens den Überblick verlieren kann. Dankenswerterweise kann man mit einer Tastenkombination alles wieder zurücksetzen, wobei die aktuell eingestellten Werte der Regler übernommen werden – WYSIWYG also.
Die Sache mit der Zeitreisefähigkeit
Am Expander nun ist auch der „One-Knob-Time-Travel“. Beschriftet ist er mit Sync Time und betrifft das Verhalten beim Eingehen eines Sync-Triggers. Hören kann man den Effekt nur, wenn mindestens zwei Stimmen pro Note aktiviert sind und der Spread-Parameter am Core-Modul auf mindestens 9 Uhr steht. Ist dann Sync-Time in der Mittelposition, kann man deutlich hören, wie alle Stimmen auf derselben Phase anfangen und wie diese dann langsam auseinanderlaufen, um so den Sync-artigen Effekt zu erzeugen. Der ebenfalls hörbare Effekt ist der der dadurch betonten Attack-Phase, die so einen richtigen Wumms bekommt und sehr gut für Bass-Sounds genutzt werden kann. Was der Sync-Time-Knopf macht, ist nun so zu verstehen: Im Uhrzeigersinn gedreht wird dieser Phasensync zeitlich noch stattfinden, gegen den Uhrzeigersinn hat er bereits stattgefunden. Im einen Fall wird die Stelle mit dem Wumms also zeitlich nach hinten verschoben, im anderen Fall findet sie eben nicht mehr statt. Man kann den Phasensync so also praktisch „anschneiden“ und so seine Wuchtigkeit kontrollieren.
Sattes DCO Brett
Wie man in den Beispielen hört, ist so ein Siebener-Akkord mit allen sechzehn Stimmen schon echt mächtig und gefällt mir schon sehr gut. Und tatsächlich fühle ich mich unweigerlich an dicke Juno-6 Flächen erinnert – mit dem Unterschied, dass der Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator wesentlich mehr Stimmen zur Verfügung hat und so noch breiter klingen kann. Schade, dass es hier keinen Stereoausgang gibt. Zusammen mit einem Pan-Spread-Parameter wären da unglaublich dicke Sachen möglich gewesen. Überhaupt ist das eine der wenigen Minuspunkte, es gibt eben nur einen Monoausgang für alle sechzehn Stimmen. Man muss den Supercritical Synthesizers Demon Core Oscillator also als polyphonen Block begreifen.
Deswegen kann das Modul auch nie wirklich nach Juno-6 klingen, denn der hatte ja für jede Stimme eine extra Filter, was besonders bei Arpeggios mit einer Filterhüllkurve und einer langen Release-Zeit zu eben jenen verträumten Flächen zusammenschmilzt, die ich am Juno so sehr liebe.
Der Supercritical Synthesizers DCO on YouTube
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Die Stärken des Demon Cores sind wohl seine sehr flexiblen Sync-Sounds. Leider lassen sich die 16 Voices nur paraphon spielen, da es ja nur einen Audio-Output gibt…