Vintage Amp für das 21. Jahrhundert
Kleine Amps sind nach wie vor im Trend. Wenn sie auch noch mit Glaskolben bestückt wurden, sind sie für viele Gitarristen umso interessanter. Unser heutiger Testkandidat ist ein Vollröhrenamp mit nur einem Watt Leistung und einem 8″- Lautsprecher und quasi eine moderne Version der Supro-Verstärker mit kleiner Leistung, welche Mitte der 1950er-Jahre in Chicago hergestellt wurden. Getreu dem Supro-Sound verfügt er über einen Class-A-Vollröhren-Signalweg mit einem 12AU7-Glaskolben in der Endstufe. Der Supro Delta King 8 Combo hat noch größere Brüder, so wäre er auch im gleichen Design mit 10 Watt oder auch 15 Watt zu haben. Die etwas leistungsstärkeren Modelle besitzen größere Lautsprecher (10″ bzw. 12″) und verfügen auch über einen eingebauten Hall und eine etwas weniger spartanische Klangregelung (2-Band bzw. 3-Band). Unser heutiger Testkandidat wäre auch in der sogenannten BC-Variante (schwarzes Tolex-Cover mit cremefarbenem Piping) zu erstehen. Die Bezeichnung TB steht für „Tweed und Black“.
Supro Delta King 8 Combo – Facts & Features
Die Bezeichnung 8 erhielt dieser Verstärker nicht aufgrund seiner Leistung, sondern der Größe seines Lautsprechers. Dieser kommt aus eigener Herstellung (Supro DK-8 Lautsprecher). In der Vorstufe kommt eine 12AX7 (hier unter ECC83 bekannt) zum Einsatz, die bei Bedarf auch einige Zerrung freisetzen kann. Die in der Endstufe verbaute 12AU7 ist bekannt durch ihre (verglichen mit der 12AX7) etwas geringere Leistung, diese bleibt aber dadurch sauberer. Natürlich hängt dies auch immer stark von der Schaltung bzw. dem BIAS der Röhre ab. Ein Pappel-Gehäuse im typischen Design der alten legendären Supro-Amps sorgt für die „Vintage-Vibe“. Die Abmessungen betragen (B x T x H): 33 x 17 x 33 cm, das Gewicht beläuft sich auf gerade mal 7,0 kg. An der Rückseite des kleinen Röhrers finden wir eine Line-Out-Buchse und eine Klinkenbuchse für den (optional zu erwerbenden) schaltbaren Boost.
Bedienelemente und Regler
Lediglich drei Potis wurden im Chassis verbaut. Volume, Tone und Mastervolume. Steht der kleine Kippschalter auf Stellung „Boost“, erzeugt der Verstärker eine heftigere Zerrung und wird dann wirklich schön schmutzig. Die Potis erhielten erwartungsgemäß die bekannten Kunststoffknöpfe, die man bereits von der alten Supro-Verstärkern kennt.
Dem kleine Röhrer wurde auch ein Standby-Schalter spendiert. Die Line-Out-Buchse könnte dazu dienen, die Vorstufe des Amps zu nutzen, das Line-Out-Signal abzugreifen und an eine leistungsstärkere Endstufe zu schicken oder auch mithilfe einer Lautsprechersimulation (Two Notes Torpedo C.A.B., Universal Audio OX, etc) zum Aufnehmen einzusetzen, was sicherlich die nahe liegendere Option ist. Der Line-Out befindet sich schaltungstechnisch vor dem Master-Volume, sodass man die Vorstufe voll aufdrehen und gleichzeitig die Endlautstärke mit dem Mastervolume-Regler bändigen oder auch bei Bedarf den Onboard-Lautsprecher nach Belieben einblenden könnte. Zum Aufnehmen ideal.
Die Verarbeitung des Verstärkers macht einen soliden Eindruck. Der kleine Supro Delta King 8 ist absolut spartanisch ausgestattet, einen integrierten Halleffekt, Einschleifweg oder sonstige Gimmicks suchen wir vergeblich.
Trotz seines sehr guten Sounds wird der kleine Amp lautstärkemäßig einem Drummer sicherlich nicht trotzen können, er eignet sich also vorwiegend als Bedroom- bzw. Übungsamp für den häuslichen Gebrauch. Er ist jedoch gleichfalls perfekt im Studio einzusetzen, um die beliebten (verzerrten) Vintage-Sounds bei moderater Lautstärke (oder völlig stumm bei heruntergeregeltem Mastervolume) aufnehmen zu können.
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Supro Delta King 8 Combo – Sound
Hören wir den kleinen Supro nun zuerst clean, zum Einsatz kommt der Halspickup meiner Gibson335. Der Tonregler des Amps steht auf 12h, der Boost ist ausgeschaltet. Dabei erhalten wir einen wunderbaren, klaren Sound:
Hier nun einige bluesige, funkige Rhythmuspatterns. Hier sind beide Pickups parallel geschaltet. Der Gain-Regler ist voll aufgerissen, wir erhalten einen leicht angezerrten Ton mit guter Dynamik. Der Tone-Regler wurde hier etwas weiter aufgedreht, um mehr Brillanz zu erhalten:
Jetzt hören wir die Paradedisziplin dieses kleinen Amps: crunchige, rauchige Blues- und Rock-Sounds. Auch hier ist der Gain-Regler voll aufgedreht und der Stegpickup aktiv. Für die Freunde des Rock sicherlich ein überzeugender und hervorragend einsetzbarer Sound:
Im folgenden Beispiel ist der Boost aktiviert. Der Sound ist recht „marshallesque“, mit ordentlich Biss und Durchsetzungskraft:
Schließlich hören wir einige bluesige Linien bei vollem Gain mit dem Halspickup der ES335. Der Klang ist schön bluesig und vor allem „röhrig“, dynamisch und stets natürlich:
Der kleine Vollröhrer bietet eine breite Soundpalette „von clean bis mean“. Bräuchte man noch mehr Verzerrung, eignete sich natürlich auch ein Booster bzw. beispielsweise ein Tubescreamer-artiges Verzerrerpedal, welches den Amp noch etwas heftiger „anbläst“. Der kleine Vollröhrenamp macht sicherlich Spaß und ist ein idealer Partner für das traute Heim oder das Studio.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Gibson ES335 – Supro Delta King 8 Combo – Shure SM57 – Apogee Duett – Mac mit Logic (etwas Hall und Delay hinzugefügt).