Perfekte Vocals im Handumdrehen: Das SynchroArts Vocal Production Bundle im Test
Das Bearbeiten und Korrigieren von Gesangsaufnahmen gehört mittlerweile zum Standard-Repertoire eines jeden Tonschaffenden. Seit dem Aufkommen der ersten Auto-Tune-Versionen in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist dabei technisch auch so viel passiert, dass heutzutage selbst geübte Ohren oft keine Bearbeitung mehr hören können. Viel eher fällt einem mittlerweile auf, wenn eine Stimme nicht korrigiert wurde. Das Ohr scheint sich an getunte Vocals gewöhnt zu haben. Neue Werkzeuge für perfekte Gesangstakes sind daher immer willkommen. Und genauso ein Werkzeug bzw. einen ganzen Werkzeugkasten wollen wir uns heute in Form von SynchroArts VocAlign Pro und SynchroArts RePitch, das die Firma auch als SynchroArts Vocal Production Bundle anbietet, genauer ansehen.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht: Das SynchroArts Vocal Production Bundle
Das SynchroArts Vocal Production Bundle besteht aus zwei Plug-ins, die zusammen nicht nur die Tonhöhe, sondern auch das Timing von Gesangsaufnahmen verbessern können. Da ist zum einen RePitch, das sich, genauso wie z. B. Melodyne, um die perfekte Intonation kümmert und zum anderen VocAlign Pro, das dafür sorgen soll, Backing-Vocals rhythmisch und tonal perfekt aufeinander abzustimmen. SynchroArts ist dabei bei Weitem kein neuer Player auf dem Markt. VocAlign, gibt es schon seit etlichen Jahren und liegt mittlerweile bereits in Version 6 vor. Es ist sowohl im Film-Bereich (für die Synchronisierung von O-Tönen) als auch im Musikbereich (hier eben für das Angleichen von Vocals) so etwas wie ein Industrie-Standard.
Der Clou an dem Bundle aus beiden Plug-ins ist nun, dass diese miteinander kommunizieren können. Habe ich z. B. die Hauptstimme eines Songs mit RePitch bearbeitet und Tonhöhe und Timing so korrigiert, wie ich das haben möchte, dann kann ich die weiteren Spuren in VocAlign laden und das Plug-in übernimmt die Änderungen der Hauptstimme. SynchroArts verspricht dem Benutzer dabei eine enorme Zeitersparnis beim Editieren von Vocals.
Bevor wir uns anschauen, wie das in der Praxis funktionierte, möchte ich euch die beiden Plug-ins zunächst im Detail einzeln vorstellen. Denn natürlich funktionieren sie auch unabhängig voneinander und sind auch einzeln erhältlich.
SynchroArts RePitch: Vocals korrigieren
Beginnen wir zunächst mit RePitch und schauen uns an, wie es uns helfen kann, Vocal-Aufnahmen zu verbessern. Eingangs hatte ich den Vergleich zu Melodyne gewählt und wer Melodyne schon mal benutzt hat, wird auch schnell verstehen, wie RePitch funktioniert. Das Plug-in wird in der DAW auf den ersten Slot eines Kanals geladen und kann nach dem Transfer der Aufnahmen in das Plug-in die einzelnen Noten einer Gesangsperformance als grafische Blobs darstellen. Diese wiederum lassen sich dann einzeln oder gemeinsam bearbeiten. Der Transfer passiert dabei entweder in Echtzeit oder via ARA, sofern das von der DAW unterstützt wird. Bereits vor dem Import lässt sich in RePitch ein Makro wählen, das auf alle Noten angewendet wird. Ein Makro enthält u. a. Informationen über die Stimme (hoch oder tief), die Tonart und die Intensität der Korrektur.
Alternativ kann RePitch die Tonart und die Stimmlage auch selbstständig erkennen. Hier hilft es wie immer, ein wenig zu experimentieren und zu schauen, was am besten klingt. Darstellen lassen sich die Noten entweder als Tonhöhe (Pitch) oder wahlweise auch als Level, wenn man etwa an der Lautstärke einzelner Noten arbeiten möchte. Daneben gibt es eine ganze Menge Werkzeuge für spezielle Aufgaben, so etwa ein Selektor-Tool zum Bewegen einzelner Noten, das Center Tool, mit dem die Tonhöhen-Korrektur und Drift individuell pro einzelner Note einstellbar sind. Mit dem Shaper-Tool lassen sich einzelne Punkte auf dem Lautstärke-Verlauf einer Note einzeichnen. Diese Punkte können dann ähnlich wie eine Automation verändert werden. Mit dem Draw-Tool hingegen lassen sich Tonhöhe-Verläufe auch ganz frei einzeichnen. Wie man sieht, kann man hier sehr detailliert ans Werk gehen. Das Schöne dabei, wenn man es nicht übertreibt, ist das Ganze nahezu unhörbar. RePitch spielt hier definitiv in einer Liga mit dem schon mehrfach erwähnten Melodyne. Durch die Makros kommt man oft rasch ans Ziel, vor allem wenn das Ausgangsmaterial schon gut ist und es nur um Kleinigkeiten geht. Für alles andere gibt es dann die ober erwähnten Spezialwerkzeuge. Übrigens werden nicht stimmhafte Laute, also etwa S-Laute oder Atemgeräusche, farblich anders dargestellt, sodass man diese schnell erkennen und absenken kann. Durchaus eine Alternative zur Verwendung eines De-Essers. Auch die Formanten der Stimme können geändert werden, allerdings nur global für die ganze Spur und nicht für einzelne Noten. Das ist etwas schade, denn oft ist es hilfreich, bei größeren Tonhöhenänderungen auch die Formanten zu ändern, damit der Eingriff nicht allzu deutlich hörbar wird.
Perfektes Timing für Stimmen mit SynchroArts VocAlign Pro
Kommen wir zum zweiten Plug-in des Bundles: Die Oberfläche ist horizontal in drei Segmente unterteilt: Guide, Dub und Output. VocAlign muss auf mindestens zwei Spuren geladen werden, damit man damit arbeiten kann. Die erste Spur definiert die Guide-Spur (der Transfer aus der DAW findet wieder in Echtzeit oder via ARA statt), der alle weiteren Spuren als Dub folgen. Im Fenster Output kann man schließlich das Ergebnis der Bearbeitung sehen. Rechts im Plug-in lassen sich Menüs für Timing, Pitch und Other einblenden. Will man nur das Timing anpassen, dann wählt man entsprechend im Menü auf der rechten Seite nur die Option Match Timing und kann dann mit den Parametern Difference, Alignment Rule und Maximum Shift definieren, wie exakt die Anpassung erfolgen soll. Wie immer bei solchen Tools gilt es hier einen Mittelweg zu finden, zwischen perfekter Anpassung und einem Ergebnis, das noch natürlich klingt. Soll auch das Tuning also die Tonhöhe der Dub-Spuren an die Guide-Spur angeglichen werden, wählt man das entsprechende Menü rechts dazu und hat nun diverse Regler und Algorithmen zur Auswahl, um das Ergebnis zu perfektionieren. Zu guter Letzt lassen sich via dem Menü Other noch die Stimmlage von Guide und Dub vorauswählen (also etwa, ob es sich um hohe oder tiefe Stimme handelt.) Auch die Formanten der Dub-Spuren lassen sich hier ändern, um den Klang der Stimme zu manipulieren.
Ähnlich wie bei RePitch lassen sich auch in VocAlign vorab Makros wählen, die dem gewünschten Ergebnis am nächsten kommen. So gibt es beispielsweise Makros für hohe und tiefe Stimmen, aber auch für Doubles, die genau das Gleiche singen oder aber Harmonie-Spuren, die nur im Timing gleich sein sollen, aber in einer anderen Lage singen. Auch Makros für Spuren mit vielen Pausen gibt es. Das ist z. B. bei Hip-Hop-Doubles nützlich, wo nur stellenweise bestimmte Silben gedoppelt werden. Oder auch für AbLibs, die nicht ununterbrochen mitsingen. Natürlich lassen sich für jede Guide-Spur auch mehrere Dubs definieren. Man sieht im Plug-in aber immer nur eine aktuell gewählte Dub-Spur. Das ist zwar nicht sehr übersichtlich, aber wohl ein guter Kompromiss, da man über ein Kontextmenü stets wählen kann, welchen Dub man optisch sehen möchte.
Praxis: Das Vocal Production Bundle im Einsatz
Möchte man in einem Song beide Plug-ins kombinieren, geht man nun wie folgt vor:
- Zunächst bearbeitet man die Hauptstimme des Songs mit RePitch, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist.
- Dann lädt man auf allen anderen Vocal-Spuren VocAlign als erstes Effekt-Plug-in und sucht sich zum Start ein Makro, das am besten zur jeweiligen Situation passt.
- Als Guide-Spur wählt man nun die zuvor mit RePitch bearbeitete Spur aus.
- Jetzt kann man in jeder beliebigen Instanz von VocAlign die Stärke und Intensität der Korrektur wählen.
Mit etwas Glück ist das Ergebnis direkt überzeugend und man ist somit schon fertig mit der Bearbeitung. Das hat in der Testphase tatsächlich relativ häufig geklappt und mich daher mehr als überzeugt. Passt einmal nicht alles direkt, gibt es aber noch einige Stellschrauben, an denen man drehen kann. Voraussetzung ist natürlich, dass das Ergebnis der Bearbeitung mit RePitch schon überzeugend war, wenn nicht, dann sollte eventuell hier noch einmal nachgebessert werden. Ansonst ist natürlich die Oberfläche von VocAlign der Ort, an dem wir ansetzen müssen. Als Erstes kann natürlich die Intensität der Anpassung reduziert werden, das hilft oft schon ungemein, wenn etwa unschöne Artefakte auftreten. Als Nächstes sollte darüber nachgedacht werden, ob das richtige Makro gewählt wurde. Hilft das alles nichts, dann gibt es noch weitere Optionen. So kann man einzelne Bereiche in den Dub-Spuren von der Bearbeitung ausklammern, sodass diese erst gar nicht korrigiert werden. Dazu wählt man mit einem Rechtsklick auf die Wellenform die Funktion „Add Protected Area“. Dort lässt sich dann noch definieren, ob nur die Tonhöhe oder auch das Timing vor der Bearbeitung „geschützt“ werden soll. Zusätzlich kann man auch sogenannte Sync-Point anlegen, um der Software mitzuteilen, welche Stellen, wo hingehören. Das hilft oft bei Dubs, die nicht kontinuierlich durchgehend sind, sondern längere Pausen aufweisen.
Kombiniert man alle diese Methoden, kommt man zu wirklich überzeugenden Ergebnissen. Hat man sich erst einmal eingearbeitet, dann geht das auch recht flott von der Hand.
Die Ergebnisse blieben dabei klanglich, wie zuvor erwähnt, auf dem Niveau von Melodyne und Co., was die Pitch-Correction angeht. Für den Teil mit den Timing-Korrekturen kenne ich dagegen kein Tool, das das auch nur annähernd so gut hinbekommt. Vor allem, da man hier das Tunen der Spuren ja gleich miterledigen lassen kann.
Abschließend hört ihr noch ein Klangbeispiel, bei dem ich insgesamt fünf Gesangsspuren aufgenommen habe: Neben der Hauptstimme gibt es zwei Dopplungen und zwei Harmonie-Stimmen, die etwas höher singen, zu hören. In der ersten, unbearbeiteten Version, hört man deutliche Intonationsprobleme. Außerdem sind speziell die Endungen der einzelnen Wörter nicht im Takt. In der bearbeiteten Version stimmen alle Töne und auch die rhythmischen Unsicherheiten sind verschwunden. Ein guter Sänger wird vermutlich zwar nicht mehr aus mir, aber es ist schon beeindruckend zu sehen und zu hören, was mit den beiden Plug-ins möglich ist. Ich habe hier übrigens nichts von Hand nachbearbeitet, sondern lediglich ein wenig mit den verschiedenen Makros herumprobiert.
Exkurs: Logic Pro und ARA
Wie viele Logic Anwender sicher schon leidvoll gemerkt haben: Logic 11 funktioniert nativ bisher nicht mit ARA. Was in älteren Logic Versionen reibungslos geklappt hat, ist jetzt nur noch über den Umweg Rosetta-Modus möglich. Folgender Workaround hat sich für mich als guter Kompromiss bewährt.
- Ich nehme in Logic ganz normal meine Vocals auf und mache via Take-Folder und der Comping Funktion eine erste Auswahl. Diese reduziere ich dann auf eine einzelne Audioregion. Dann speichere ich eine neue Song-Alternative.
- Danach beende ich Logic und wechsle in den Rosetta Modus (dazu einfach die Logic App im Programme Ordner auswählen, Tastenkommando CMD+I drücken und dann Rosetta-Modus anhaken).
- Danach starte ich Logic erneut und mache mit RePitch und VocAlign alle nötigen Bearbeitungen. Nun wird eine neue Alternative gespeichert. Danach wandle ich alle bearbeiteten Spuren in neue Audiofiles um, in denen die Vocal-Bearbeitungen eingerechnet sind (z. B. mit Hilfe von Bounce-In-Place).
- Jetzt wieder Logic beenden und den Rosetta-Modus deaktivieren und normal weiterarbeiten.
Das ist zwar etwas umständlich, aber bis Apple endlich in die Gänge kommt und den ARA-Modus wieder nativ implementiert, muss man damit wohl leben.
Danke für den Artikel.
Wenn ich es richtig verstehe kann ich als Besitzer von „VocAlign Pro 6“ das „Repitch Sandard“ für derzeit ca. 79,73€ dazu erwerben. Hätte ich dann im Endeffekt das gleiche, die das beschiebene Bundle?
Da ich mit dem „Melodyne 5 Studio“ sehr zufrieden bin, würde mich noch interessieren:
Ist Qualität in „Repitch“, besonders aufgrund der Einschränkung zur Bearbeitung der Formanten, ebenbürtig zu Melodyne?
@CDRowell Hi,
ich nehme mal an, dass es so ist, wie du vermutest. Kann es aber nicht garantieren. Am besten, du lässt dir einmal die Demo von RePitch, dann kannst du auch direkt testen, ob dir die Qualität zusagt. Ich fand es, wie zuvor erwähnt, sehr überzeugend, bis auf eine Ausnahme, die du ja auch schon erwähnt hast, nämlich die Formanten. Gib doch mal Bescheid, zu welchem Ergebnis du kommst.