Doppelt hält besser!
the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz
Wer etwas länger mit derselben Band Musik macht, wird die folgende Situation bestimmt kennen. Irgendwann kommt der erste Kollege, zumeist der Frontmann, stolz wie Oskar mit einem Sendemikrofon durch die Proberaumtür und schwärmt von da an seinen Kollegen ob der ungeahnten Entertainermöglichkeiten vor. Kurze Zeit später hat sich ebenfalls ein Gitarrist dazu entschlossen, drahtlos zu arbeiten, gefolgt vom zweiten Gitarristen usw. the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz
Irgendwann befindet sich ein stattliches Sammelsurium an halben Rackeinheiten auf der Bühne, die entweder lose auf irgendwelchen Verstärkern herumrutschen oder einzeln mit entsprechenden Rackflügeln ins Rack geschraubt werden wollen und dort nur die Hälfte des zur Verfügung stehenden Platzes nutzen.
Sich dessen bewusst vereint die Thomann Hausmarke t.bone mit dem the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz einen Handsender zuzüglich eines Bodypack Senders in einer 1 HE Rackeinheit, die entweder zwei Bandkollegen mit drahtloser Signalübertragung erfreut oder aber dem Gitarre-spielenden Frontmann grenzenlose Bewegungsfreiheit ermöglicht. Wer mir jetzt mit Umhängekeyboard kommt, mag Recht haben, möge sich aber aus ästhetischen Gründen umgehend ins letzte hintere Eck des Raumes verkriechen.
Wie denn, wo denn, was denn …
Entgegen vieler Vorurteile wendet sich Thomann mit diesem Produkt primär nicht an den ambitionierten Hobbymucker, sondern vielmehr an den semiprofessionellen, respektive professionellen User, was man bereits aus den zur Verfügung stehenden Frequenzen ableiten kann. Im Gegensatz zum europaweit frei verfügbaren, aber mit Milliarden von Handysignalen durchsetztem 2,4 GHz Netz, setzt das the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz auf einen Frequenzbereich von 584 – 608 MHz, der unter anderem auch in Deutschland lizenzpflichtig ist. Gleiches gilt auch für viele andere europäische Länder wie Spanien, Portugal, Polen, Österreich, Italien und einigen anderen.
In den Ländern Irland, Belgien, Estland und Bosnien/Herzegowina ist der Betrieb solcher Anlagen sogar ganz verboten, lediglich Frankreich, Tschechien, Ungarn und Russland erlauben einen lizenzfreien Betrieb. Der Fairness halber muss man jedoch anführen, dass die Lizenzen vergleichsweise preiswert zu erhalten sind. In Deutschland ist beispielsweise eine einmalige Anmeldegebühr von 130 Euro fällig, gefolgt von einer jährlichen Gebühr von 10 Euro. Für einen professionellen Anwender dürfte dies kein echtes Hindernis darstellen, um im Gegenzug eine reibungslos funktionierende Trägerfrequenz zu erhalten.
Erster Eindruck
Das the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz Paket kommt in einem recht wuchtigen Koffer aus Kunststoff daher, der einige Schläge einstecken kann, bevor er bricht. Leider sind die Verschlüsse sehr billig anmutende Schiebelaschen aus Plastik, die sich recht leicht verschieben lassen und so für eine ungewollte Öffnung des Koffers sorgen können. In Sachen Tiefe liefert der Transportkoffer aufgrund seiner Konstruktion knapp die doppelten Ausmaße der üblichen Wireless Systeme.
Neben den üblichen Schaumstoffvertiefungen für die Sender etc. liegt eine zweite Schicht Schaumstoff für die 19 Zoll Empfangseinheiten auf der unteren auf. Einfach, aber effektiv. Der ernsthafte Benutzer wird as Ganze ohnehin ins Rack schrauben und sich eine zusätzliche Tasche für den Kabelkram besorgen. Zum Lieferumfang gehören neben den aufgeführten Artikeln des weiteren 2 Rackflügel, 2 kurze Klinkenkabel, ein TQG-Klinke Kabel, ein Handsender, ein Bodypack Sender, 2 Antennen, ein Multispannungsnetzteil (sehr hilfreich im Ausland!) und zwei gedruckte Bedienungsanleitungen in Deutsch und Englisch. Leider gibt es keine Koaxial-Verlängerungskabel, um die Antennen im Rackbetrieb in die bereits angebrachten Bohrungen der Rackflügel auf die Vorderseite zu verlegen. Ebenso wenig wurde eine Mikrofonklammer für den Handsender beigefügt.
Der Receiver
Bei dem Empfänger des the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz handelt es sich nicht um eine Neuentwicklung, vielmehr wurden einfach 2 Stck. 9,5 Zoll Empfänger aus der T.Bone Free Solo Serie miteinander verschmolzen, welche sich nunmehr ein Netzteil und die Antennen teilen. Die gut lesbaren Displays informieren über die wichtigsten Parameter wie Kanal, Trägerfrequenz, Gruppe, Rauschsperre, Antennenaktivität, AF- und RF-Pegel. Die einzelnen Systeme lassen sich gegen unbefugtes Fummeln sperren und mittels Pilotton über die Sendeeinheiten muten.
Um eine geeignete Trägerfrequenz zu finden, kann man die Frequenz manuell oder aber, was wohl die meisten Benutzer bevorzugen werden, automatisch vom System erledigen lassen. Die Synchronisation mit dem jeweiligen Sender erfolgt über Infrarotsensoren, die jeweils unter den Batterieklappen angebracht sind.
In Sachen Anschlüsse hat man sich auf das Nötigste beschränkt, was allerdings im Live-Betrieb durchaus ausreichen sollte. Ein symmetrischer XLR- und ein unsymmetrischer Klinkenausgang stehen je Einheit zur Verfügung. Im Normalfall sollte meines Erachtens jedes Produkt eine Zugentlastung am Netzteilstecker haben, was hier nicht der Fall ist. Allerdings packt die Klemme dermaßen fest an den Stecker, dass man hier getrost alles so lassen kann wie es ist.
Der Handsender
Der Handsender des the t.bone free solo Twin HTPT 590 MHz kommt in einem stabilen Metallgehäuse daher, was zwar in Sachen Robustheit einen guten Eindruck hinterlässt, allerdings mit knapp 400 Gramm Gewicht (inkl. Batterien) auch seinen Tribut bei einer 3-stündigen Tanzband Performance fordert. Sehr schön ist die Detaillösung des achteckigen Schutzkorbs zu werten, welche den Sender am Wegrollen auf unebenen Flächen hindert. Der Mikrofontyp wurde als Nierencharakteristik eingerichtet.
Auch bei dem Handsender erweist sich das Display als gut lesbar, um weitere Einstellungen am System vorzunehmen, bedarf es des Abschraubens des Mikrofonschaftes. Neben den beiden Batterien Typ AA erreicht man dort auch das Menu für die Einstellungen in Sachen Channel, Frequenz und Gruppe. Ein sehr schönes Feature ist die Einstellung der Sendeleistung, die zwischen 5, 10 oder 20 Milliwatt eingestellt werden kann. Je geringer die Sendeleistung, desto kürzer die Reichweite, allerdings erhöht sich die Batterielebensdauer deutlich. Hier sollte man ausprobieren, welche Einstellung wo am besten passt, allerdings würde ich bei größeren Bühnen immer auf Nummer sicher gehen und 20 Milliwatt wählen.
Einen massiven Nachteil sehe ich jedoch bei der Platzierung des Mute-Schalters. Der Schalter befindet sich unterhalb des Displays auf einer Höhe mit dem Gehäuseschaft und kann sehr schnell unbeabsichtigt aktiviert werden. Abhilfe schafft nur das sehr unprofessionelle Abkleben des Schalters, zumal sich auch das beste Klebeband irgendwann löst und man Kleberückstände oder gammeliges Klebeband während der Performance an den Fingern hat. Hier sollte meines Erachtens unbedingt Abhilfe geschaffen werden.
Der Bodypack Sender
Im Prinzip ist der Bodypack Sender baugleich mit dem Handsender, wobei die Funktionen natürlich der Form des Bodypacks angeglichen wurden. Um weiterführende Einstellungen umzusetzen, muss man den Batteriedeckel aufklappen, was einem mittels drei Druckschaltern den Zugang zur Menuführung ermöglicht und den Infrarotsensor freilegt. Das Gehäuse ist aus einfachem Kunststoff, hinterlässt aber einen ordentlichen Eindruck. Eine rote LED informiert über den Betriebs- und Batteriezustand, eine grüne LED ob die Mute-Funktion aktiviert wurde, alle weiteren Funktionen wie Ausgangspegel, eine genauere Darstellung der Batteriespannung und Frequenz entnimmt man dem Display.
Klang Handsender
Dass man in dieser Preisklasse im Vergleich zu den hochpreisigen Konkurrenten einige Abstriche vom letztendlichen Klang der Handsender machen muss, dürfte wohl jedem klar sein. Allerdings überrascht der Handsender mit einem druckvollen und durchsetzungsstarken Klang, welcher über einen starken Nahbesprechungseffekt verfügt und sich erstaunlich Feedback-resistent zeigt. Weibliche wie männliche Stimmen werden gleichermaßen gut wiedergegeben, auch hier kein Anlass zur Kritik. Der Rest unterliegt dem persönlichen Geschmack, welcher ja bekanntermaßen in jegliche Richtung ausschlagen kann.
Klang Bodypack Sender
Um es vorneweg zu nehmen, ja, ein Bodypack Sender klingt in Verbindung mit einer Gitarre immer noch anders als ein Kabel, allerdings ist man mittlerweile weit davon entfernt, das Adjektiv „schlechter“ zu verwenden. Die Latenz spielt sich im einstelligen Millisekundenbereich ab, was auch schwere Shredder-Attacken in einem sauberen Kontext erscheinen lässt. Der Bass- und Höhenbereich ist im Vergleich zu einem High-End-Kabel etwas stärker ausgebildet, dafür hinterlässt der Sender eine kleine Senke im Hochmittenbereich. Auch hier, der persönliche Geschmack entscheidet.
Würdest du eher zum LD SYSTEM WS1G8 greifen, oder zu diesem hier vorgestellten System?
@lena da ich das LD Systems System nicht getestet habe, kann ich dir diese Frage leider nicht beantworten.