Lange Rede - kurze Kessel
An dieser Stelle wollen wir euch ab sofort auch wieder über Neuigkeiten im Bereich der Akustik-Drums versorgen. Den Einstieg machen wir mit dem TAMA Superstar Classic Neo Mod Kit. Ein etwas sperriger Name – was verbirgt sich dahinter und wie klingt das Set? Das gilt es herauszufinden.
Die Tama Superstar Classic Serie ist im mittleren bis unteren Preissegment angesiedelt, zielt also eher auf jüngere, nicht ganz so zahlungskräftige Kundschaft. Aber gerade in diesem Preisbereich hat sich in den letzten Jahren einiges getan, möchten doch alle Hersteller der potentiellen Kundschaft gute Instrumente zu vernünftigen Preisen anbieten. Und so findet man für kleines Geld mittlerweile ein großes Angebot an gut klingenden und sauber verarbeiteten Sets.
Tama Neo Mod – Technik
Unser Test-Kit, genau genommen ein Shellset, besteht aus einer 20×10 Bassdrum, einem 12×7 Hängetom und einem niedlichen 14×9 Stand-Tom. Das sind eher ungewöhnliche Größen. In der Tama Superstar Classic Serie finden wir auch „normale“ 10, 12, 14 (oder 16) Konfigurationen mit 20er oder 22er Bassdrum sowie ein Bop-Kit mit 18er Bassdrum und 12+14 Toms. Außerdem können die Sets mit Einzeltrommeln erweitert werden. Das Superstar Neo Mod Kit ist also etwas Besonderes, schon aufgrund der Trommelmaße. Unser Testset hat die Farbe Mod Blue Duco. Aha. Wie das aussieht, kann man ja auf den Bildern sehen. Mir gefällt’s und meinen Schülern (zwischen 10 und 16 Jahren), die es gesehen haben, auch. Außerdem sind noch White Smoke und Turquoise Satin Haze im Angebot. Auch bei der Namensgebung der Finishes sind kreative Leute am Werk!
Technisch gesehen sind alle Kits der Superstar Classic Serie identisch, zumindest die Unicolour und Wrap Finish-Versionen. Die Kessel bestehen aus Ahorn – durchaus kein Standard in dieser Preisklasse – und aus 6 Lagen bei den Toms (5 mm Wandstärke) sowie 8 Lagen bei den Bassdrums (7 mm Wandstärke). Die Kessel des Test-Sets sind top verarbeitet und die Fellauflagen sauber auf 45 Grad geschliffen.
Die ab Werk gelieferten Felle nennt Tama Powercraft II Drumheads. Es sind klare, doppellagige Schlagfelle und einlagige Resonanzfelle auf den Toms sowie einlagige Felle mit Dämpfungsring auf der Bassdrum. Sie sind ok, aber nicht auf der Höhe „richtiger“ Evans oder Remo Felle und sollten am besten bald getauscht werden, will man das ganze Potential des Sets ausschöpfen.
Die gesamte Hardware des Sets funktioniert problemlos und macht auch optisch einen schönen Eindruck. Das klassische Tama-Logo findet sich an vielen Stellen und ist ein Zeichen für die Aufmerksamkeit, die Tama dem Design des ganzen Sets widmet. Die Bassdrum Spurs sind simpel, aber stabil, die Stimmschrauben laufen sauber, wenn auch nicht ganz so geschmeidig wie bei einem Starclassic oder Star aber – hey, die kosten auch ein Vielfaches. Der einzige Punkt, an dem man etwas herumnörgeln könnte, ist die Schraube, die die Tomhalterung (und damit das Tom) an dem „L“ des Mounting Systems festhält. Die ist im Prinzip wie eine simple Halterung z. B. für Cowbells gemacht. Ich hoffe, man kann das auf dem Bild erkennen. Sie steht nicht fest, sondern lässt sich in ihrem Winkel verändern und hilft somit, Kollisionen mit anderen Teilen der Tom-Halterung bei engem Aufbau und einigen Positionierungen des Toms zu vermeiden. So weit die gute Idee. Ich finde aber, dass die Umsetzung nicht ganz zu Ende gedacht wurde. Die Befestigung des Toms ist bisweilen eine etwas hakelige Angelegenheit. Ist die Schraube aber einmal fest, bleibt sie das auch. Da wackelt dann nichts mehr.
Die passende Hardware gefällig?
Zum Set haben wir übrigens auch noch ein Tama Classic Hardware Set erhalten. Das passt schon mal optisch perfekt zum Tama Superstar Classic Neo Mod Set. Ich muss gestehen, dass ich ein großer Fan von Oldschool-Flatbase Hardware bin. Meine DW 6000er Becken- und Snareständer leisten ihren Dienst seit über 200 Gigs, halten auch große Becken völlig stabil, zeigen keinerlei technische Verschleißerscheinungen und haben das Gewicht meines Hardware Cases deutlich reduziert.
Das Tama Classic Hardware Set, bestehend aus HiHat, Snare-Ständer und 2 geraden Beckenständern, ist deutlich günstiger als der Maßstab von DW, aber für die meisten Anwendungen völlig ausreichend. Um gleich Nägel mit Köpfen zu machen, habe ich mein Paiste 2002 Big Beat Set drauf gehängt, bestehend aus 16er HiHats sowie 20 und 22 Big Beats. Das haben die Ständer klaglos mitgemacht. Die Beckenständer sind wirklich dürr, stehen aber fest und wackeln nicht. Dabei wiegen sie gefühlt fast nichts. Die Verstellung des Winkels am Beckenhalter geschieht zwar in etwas groben Schritten, aber wer seine Becken mit Wasserwaage und Geodreieck ausrichtet, muss sich halt woanders umsehen.
Auch die HiHat läuft sauber und hält ein Killer-Feature bereit, das ich schon einmal in einem Test schwer gelobt habe. Und jetzt gleich noch mal: Die Clutch hat ein Kunststoff-Inlay zum Schutz des Top-Cymbals! Ich kapiere nicht, warum das nicht bei allen HiHat Clutches dieser Welt Standard ist. So schwer kann’s ja nicht sein, liebe Hersteller!
Beim Snare-Ständer war ich gespannt, denn dieser bedient sich einer Konstruktion, die man sonst eher von alten, wackeligen Billig-Ständern kennt, die einem das Trommeln an schrottigen Schulmusikraum-Sets zur Hölle gemacht haben. Aber siehe da – auch das kann man stabil konstruieren. Zum Testset habe ich eine TAMA S.L.P. 13×6.5 Sonic Steel Snare gesellt. Eine ziemlich schwere Trommel, erst recht für ihre Größe. Der Snare-Ständer hat das Ding bombenfest gehalten und ist auch nicht beim spielen herumgewandert. Chapeau! Fazit: Coole Oldschool-Optik, ausreichend solide Konstruktion und minimales Gewicht. Und auch hier finden wir immer wieder das kleine Tama-Logo. Sehr schön!
Neo Mod-Sound
Ich habe mich entschieden, zum Sound-Check die Werksfelle drauf zu lassen. So wird das Set schließlich geliefert und so muss es sich beweisen. Hören bringt an dieser Stelle mehr als lesen. Nur soviel sei gesagt: Das TAMA Superstar Classic Neo Mod Kit klingt richtig gut, egal in welcher Stimmung. In die (geschlossene) Bassdrum habe ich ein kleines Kissen zur Dämpfung gelegt, das die Felle geradeso berührt hat. Ich komme mit ungedämpften, geschlossenen Bassdrums einfach nicht klar. Weder mag ich sie vom Spielgefühl noch vom Sound. Und den meisten Drummern, die ich kenne, geht es genau so. Und wenn Keith Carlock mit Sting spielt, legt er auch was in die Bassdrum. So what!
Solchermaßen präpariert klingt die kleine 20×10 sehr schön, wenn auch nicht besonders laut. Das muss aber kein Nachteil sein. Die Toms haben mir besonders in höherer Stimmung viel Spaß gemacht. Ich kann zwar keinen Jazz spielen, aber auf einem hochgestimmten Set zu spielen, macht mir immer wieder gute Laune. Den Rest entnehmt ihr am besten den Audiobeispielen.
Ein Wort noch zum Aufnahme-Setup: Zwei AKG C214 Overheads, Audix D6 für die Bassdrum, Presonus Interface und MacBook Pro. Kein Firlefanz, keine Effekte.
Ich habe den schönen Test aus Neugier und Interesse gelesen, obwohl ich gar kein Schlagzeuger bin. Am Ende bin ich doch sehr über den niedrigen Preis gestolpert, wenn ich hier mehr Platz und keine Nachbarn hätte, würde ich mir das Set hinstellen und EZ-Drummer von der SSD räumen.
Allerdings musst du dann trotzdem halbwegs spielen können :-)
@dr noetigenfallz Ich bin vor ein paar Jahren so zum Tastenspielen gekommen (ich bin eigentlich Gitarrist), das wird schon!
Vielen Dank für den Test. Super, dass Amazona nun auch wieder akustische Sets testet. Bin auf die nächsten Artikel gespannt!
Optisch schickes Set. In der Preisklasse die Evans zu erwarten wäre ja auch nicht OK. Klar…treibt den Preis halt gleich nochmal hoch. Ich denke mit Hardware und preiswerten Becken ist man dann schnell an der psychologischen 1.000 Euro marke vorbeigeschrappt.
Aber bitte bitte bitte nicht dieser Snareständer. Was hab ich die Dinger gehaßt. Und ist ja nicht so, dass man zu dem Preis nicht auch einen mit vernünftiger Mechanik findet.
@dAS hEIKO Vöilig korrekt, Felle zieht man sowieso Remo Ambassador oder Evans drauf :)
Schöner Test danke. Hätte vielleicht noch das ganze aufgrund der geringen Kesseltiefen als ein „Jazz-Schlagzeug“ betrachtet.
Klingt toll !
@dAS hEIKO Ich dachte beim Snare-Ständer auch erst „oh Gott – bitte nicht“. Aber das Teil ist wirklich gut. Und stabil. Macht sich auch als Tom-Ständer sehr gut.