Einsteiger-Interface mit Potenzial
Tascam stellt mit dem US-2×2 HR USB 2.0 Audio/MIDI-Interface eine Weiterentwicklung des US-2×2 vor. Dabei bietet es neben einer maximalen Sample-Rate von 192 kHz bei 24 Bit auch andere Updates wie einen größeren Rauschabstand, weniger Verzerrung und verbesserte Ultra-HDDA-Mikrofonvorverstärker. Was das kleine und kompakte Interface in der Praxis leistet, erfassen wir im Test.
Ausstattung des Audiointerfaces
Das Tascam US-2×2 HR kommt in einer rein aus Karton bestehenden Verpackung. Die Maße betragen 186 × 65 × 160 mm bei einem Gewicht von 1,1 kg. Am Vollblechgehäuse sind seitlich Kunststofffüße angeschraubt, die das Gerät etwas nach oben neigen und es im Sitzen angenehmer bedient werden kann. Der Packung liegt ein gedrucktes „Handbüchlein“ und ein USB-C auf USB-A-Kabel bei.
Die Anschlüsse auf der Rückseite setzen sich aus ein paar symmetrischen 6,3 mm Klinkenbuchsen mit maximal +2 0dBu Ausgangslautstärke, einem MIDI-DIN-Pärchen, einem USB-C-Port und einem 5 V Gleichstromanschluss zusammen. Das US-2×2 HR kann über USB-Strom versorgt werden, oder falls das nicht ausreichend ist, über ein Netzteil, das 5 V mit mindestens 700 mA liefert. Ein Netzteil wird jedoch nicht mitgeliefert.
Hier unterscheidet sich das US-2x2HR vom US-4x4HR, das mit dem mitgelieferten 12 V Netzteil versorgt werden muss. Zwar unterscheiden sich die beiden Geräte laut Handbuch nicht in den technischen Spezifikationen, aber die Erfahrung zeigt, dass die Unterschiede zwischen zwei Geräteversionen, die sich vordergründig nur durch die Anzahl der Anschlüsse auszeichnen, signifikant sein können und man sich davor hüten sollte, Rückschlüsse vom einen auf das andere zu ziehen.
Auf der Vorderseite befindet sich zwei Kombobuchsen (XLR / 6,3 mm Klinke), die jeweils vom Mic/Line-Modus (XLR/ Klinke) in den Instrumenten-Modus geschaltet werden können und eine getrennt regelbare Aufholverstärkung von 54 dB haben. Dass die Potis nicht gerastert sind, wird es hier beim Aufnehmen von Stereosignalen etwas schwierig mit dem gleichmäßigen Einpegeln. Auch die dunkelrote Markierungen auf den schwarzen Reglern sind bereits bei guten Lichtverhältnissen schlecht zu erkennen. Noch nicht mal eine Kerbe zum Erfühlen möchte Tascam seinen Kunden gönnen, schade.
Die 48 V Phantomspeisung für Kondensatormikrofone kann nur für beide Eingänge gleichzeitig aktiviert werden. Die Mikrofoneingänge vertragen einen max. Eingangspegel von +9 dBu, die Instrumenteneingänge max. +10 dBV und die Line-Eingänge max. +20 dBu, bei einem jeweiligen Frequenzgang von 20 Hz – 20 kHz.
Die Mikrofonvorverstärker sind in Tascams eigener Ultra-HDDA-Technik (High Definition Discrete Architecture) in diskreter Bauweise realisiert und liefern einen Rauschabstand von 110 dB bei einem Klirrfaktor von maximal 0,0013 %.
Der stufenlos regelbare Kopfhörerausgang ist als 6,3-mm-Stereoklinkenbuchse ausgeführt mit einer minimalen Ausgangsleistung (THD+N ≤0,1 %, 32 Ω): von 18 mW + 18 mW. Beim US-4x4HR sind es dagegen minimal 45 mW + 45 mW.
Den Abschluss bilden der Ausgangslautstärkeregler und der Monitoring-Regler, der zwischen dem Direktsignal vom Interface und dem rückgeführten Signal vom Computer stufenlos überblendet.
Das US-2x2HR lässt sich auch standalone betreiben, für den Anschluss an den Computer ist jedoch mindesten Windows 7, MacOS 10.13 bis 11 und iOS 11 erforderlich. Es gibt auch ein kleines Softwarepaket, bestehend aus Cubase LE, Cubasis LE3 (ist ohnehin kostenlos erhältlich), IK Multimedia SampleTank 4 SE und Antares Auto-Tune Unlimited (3 Monate kostenlose Nutzung).
Es gibt zwar auch eine Software für die diversen Einstellungen auf der Tascam-Homepage, aber die ist keinesfalls notwenig.
Latenzen
(Unterschiede zum US-2x2HR Vorgänger)
Maximale Abtastrate
US-2x2HR: 192 kHz
US-2×2: 96 kHz
Verstärkungsbereich (Mikrofoneingang)
US-2x2HR: 56 dB
US-2×2-: 57 dB
Äquivalentes Eingangsrauschen
US-2x2HR: -128 dBu
US-2×2: -127 dBu
Frequenzbereich (Mic/Line-Eingang, 96 kHz)
US-2x2HR: 20 Hz bis 40 kHz, +0/-0,4 dB
US-2×2: 20 Hz bis 40 kHz, +0/-0,3 dB
Fremdspannungsabstand (Mikrofoneingang)
US-2x2HR: 110 dB
US-2×2: 101 dB
Verzerrung (THD+N, Mikrofoneingang)
US-2x2HR: 0,0013 %
US-2×2: 0,003 %
Latenzen (Ableton Live 10.1.30) Roundtrip, MacOS 10.14.6
44k, 64 Samples Puffer
ein: 4,76 ms
aus: 3,51 ms
Loop: 8,28 ms
44k, 256 Samples Puffer
ein: 9,12 ms
aus: 7,87 ms
Loop: 17,0 ms
96k, 64 Samples Puffer
ein: 3,92 ms
aus: 2,68 ms
Loop: 6,59 ms
96k, 256 Samples Puffer
ein: 5,92 ms
aus: 4,68 ms
Loop: 10,6 ms
192k, 64 Samples Puffer
ein: 3,58 ms
aus: 2,34 ms
Loop: 5,92 ms
192k, 256 Samples Puffer
ein: 4,58 ms
aus: 3,34 ms
Loop: 7,92 ms
Frequenzen
Messungen dieser Art werden von mir grundsätzlich als Loop-Tests durchgeführt, um eine normale Arbeitsbedingung zu simulieren. Sie dienen als Beispiele, die nicht in die Endbewertung mit einfließen.
Obwohl Frequenzgang und harmonische Verzerrungen hier im absolut grünen Bereich liegen und der Rauschabstand selbst im schlechtesten Fall mit -110 dB überzeugt, geben diese technisch sehr guten Werte keinen Aufschluss darüber, wie das Interface klingt, wie wir noch sehen werden.
Im Loop-Test zeigt sich das US-2×2 HR auch in keiner Weise übersteuerungsfest. Das ist nicht schlimm, muss man aber wissen. Sobald die Peak-LED für das Eingangssignal rot aufleuchtet, heißt es den Eingangspegel sofort zurückzudrehen.
Klang – Hit & Miss
Der Klang des US-2×2 HR ist über die ganze Bandbreite verstreut und bietet einige Vorzüge, aber auch Schwachstellen. Schauen wir uns das also auf meiner üblichen Teststrecke an.
Beim Intro-Schellen-Test beim Track „Making of Cyborg“ vom Ghost in the Shell Animee-Soundtrack schafft es das US-2×2 HR auf glatte 6 Sekunden von 7 bis zum Ausklingen der Hallfahnen der Schellen. Das ist überdurchschnittlich und weist auf eine besondere Höhendurchlässigkeit hin. Ähnliches Verhalten bieten z. B. Focusrite Clarett oder auch Universal Audio Apollo-Serie (nur wesentlich eleganter). Das ist jedoch eine Entscheidung im Klangdesign. Neutraler klingende designte Interface wie z. B. das RME Babyface Pro FS, aber auch High-End-DACs wie das SPL Mercury kommen hier auf ca. 5 Sekunden. Das ist also für ein Interface dieser Preisklasse schon etwas bemerkenswert.
Auch beim R-Test zur Transiententreue (siehe Mytek Brooklyn DAC) im selben Song macht das US-2×2 HR eine ganz gute Figur. Die Artikulierung des erodierten „R“ ist deutlich aber das fallengelassene „U“ schafft das Interface nicht. Anzumerken ist, dass gerade preiswertere Interfaces hier in den letzten 10 Jahren deutlich gegenüber wesentlich teureren Interfaces aufgeholt haben.
Allerdings zeichnet sich bei diesem Track auch gleich das Gesamtproblem des US-2×2 HR ab und das ist eine nachlassende Darstellung von dem Höhen zum Bass. Die Taikos des Tracks haben einfach keinen Körper und Punch und hören sich an wie Pappbecher. Dieses Verhalten zieht sich konsequent durch alle Testsongs durch.
So ist auch das Meeresrauschen am Anfang von Björks Mutual Core (Biophilia) ebenso eindimensional und flach dargestellt wie das Saitenzupfen bei Tool (Jambi/ 10000 Days). Wobei z.B. Jambi auf diesem Interface nur schwer zu ertragen war. Die Gitarren völlig in den Vordergrund gedrückt und alles andere fällt hinten runter, Bass und Schlagzeug ohne Körper. Da fehlte einfach der musikalische Zusammenhalt und Lebendigkeit. Das beschränkte sich aber nicht nur auf diesen Song, sondern ist insgesamt tendenziell.
Allerdings gibt es bei der Klangstabilität bei dem überproduzierten Stück „We’re in this together“ von Nine Inch Nails und bei Björks „Mutual Core“, wenn der energiereiche Drum & Bass-Part einsetzt, wiederum nichts zu bemängeln. Interfaces, die nur über USB-Strom versorgt werden, brechen hier gerne mehr oder weniger in der Klangdynamik ein. Auch die Rhythmussektion in „We’re in this together“ wird erstaunlich detailliert dargestellt und die Snares und Cymbals zeichnen sich gut vom Rhythmus und Gesangpart ab. Das war aber nach dem Schellen-Test auch nicht anders zu erwarten Das US-2×2 HR brilliert in den Höhen und liebt die Mitten, kann aber im Bass nicht überzeugen.
Zumindest bei komplexen Signalen. Bei Einzelspuren oder wenn sonst in einem Song nicht so viel los ist, kann das US-2×2 HR auch durchaus einen annehmbaren Bass darstellen.
Interessanterweise ändert sich dieses Verhalten aber weder bei wenig bearbeitetem Material wie klassischen Stücken, wie z.B. Vivaldi – Recitative and Aria from Cantata RV 679, Che giova il sospirar, povero core (kostenlos ladbar beim 2L-Label in hochauflösendem 192 kHz FLAC-Format), noch mit einem angeschossenem 5 V, 2 A Netzteil.
Auch das Stereopanorama ist präzise, klingt aber meistens etwas hohl, als würde die Mitte fehlen. Die generelle Tendenz ist ein sehr heller Klang, der mit der Zeit, zumindest mir, immer mehr auffällt und bei längerem Arbeiten ins Nervige überschwappt. Da präsentieren sich die preislich vergleichbaren Konkurrenten von Focusrite, M-Audio (8x4M), auch wenn Letzteres etwas in den Höhen rasselt und man sehr auf den Eingangspegel achten muss, deutlich abgerundeter. Und ein Presonus 68c spielt schon in einer anderen Liga. Dennoch müssen sich alle vor dem Audient EVO 4 verneigen.
Auch in den eigenen Mixingprojekten, die ich auf dem Apogee Symphony Desktop (Test folgt in Kürze) gemixt und gemastert hatte, führten diese Eigenheiten des US-2×2 HR fort. Allerdings fallen mir hier viele Punkte auf, die ich normalerweise einem analytisch klingenden Interface zuschreibe.
Es mag sein, dass US-2x2HR tatsächlich die Fähigkeit hat, ähnlich penibel und offenbarend ausgerichtet zu sein wie ein Prism Sound Atlas, das besonders sensibel auf die Mixbalance reagiert und einem jeden Fehler um die Ohren haut. Es kann auch sein, das Interface kann einfach nicht mit komprimierten Summensignal umgehen. Wie dem auch sei, für Mastering-Aufgaben ungeeignet.
Wenn das US-2x2HR von dieser analytischen Art sein sollte, dann in einer unbeteiligten „hier hast du, mach was draus“-Manier. Das ist zumindest mal ein interessantes Verhalten und mich würde interessieren, wie es sich beim US-4x4HR verhält.
Mit der Reference Software von Sonarworks ließ sich diese Spektralverteilung zwar merklich mindern, aber eine 300,- Euro Software mit Messmikrofon für ein 150,- Euro Interface steht wohl in keinem Verhältnis.
Kopfhörerausgang
Seltsamerweise sind beim Kopfhörerausgang die oben angesprochenen Probleme hörbar reduziert. Selbst die Bassdefinition ist besser. Sowohl an meinem Beyerdynamic DT880 Pro 250 Ohm, als auch beim direkten Anschluss an die Endstufe. Damit wäre das US-2x2HR das erste Interface, dessen Kopfhörerausgang besser klingt als die Hauptausgänge. Sogar Jambi macht über den Kopfhörerausgang einigermaßen Spaß.
Eingangswandlung
Um festzustellen, ob sich diese Mittenlastigkeit auch im A/D-Prozess widerspiegelt, mache ich einen kleinen Vergleich mit dem Symphony Desktop. Als Quelle dient der analoge, raue Sound des Stylophone GEN-8-R. Die Ergebnisse sind in den Audiobeispielen in 48K @ 24Bit WAV festgehalten und wie ich finde wird meine Annahme bestätigt. So wie das Tascam das GEN-R-8 wiedergibt, hört es sich im analogen Direktabgriff nicht an, während das Apogee es trifft.
Die Audiobeispiele wurden bei ca. -25,5 LUFS Short Term manuell eingepegelt.
Das soll jetzt keineswegs ein Ausspielen des Apogee, das über zehn Mal teurer ist, gegen das US-2x2HR sein, sondern nur zeigen, dass qualitative Klangunterschiede der Eingangsstufen sehr wohl hörbar sind.
Interessanter Test!
Wusste garnicht wie unterschiedlich Interface klingen können…
Hast du zufällig auch eins von Behringer aus der U-Phoria UMCxxxHD reihe getestet?
@eki mako Hi eki mako,
nein, bisher noch nicht. Ich versuche ja eine möglichst große Bandbreite abzudecken, aber das ist leichte gesagt als getan. :)
Grüße,
M.
Vielen Dank für den Test und vor allem für die Erklärungen. Ich hatte noch nie „Probleme“ mit meinen USB-Audiointerfaces (außer das eins getauscht werden musste, weil W10 es nicht mehr unterstützte). Gerauscht haben meine noch nie (sonst alles Behringer, ich nutze weiterhin 44k als Einstellung) und selbst die alten sind noch für Online Lehre im Einsatz. Eine Änderung des Klangs habe ich noch nicht wahrgenommen. Vielleicht wird das ja von den Monitoren, ihrer Aufstellung, des Raumklangs, der Verkabelung wieder ausgegeglichen;o)
@teofilo Hallo teofilo,
mag durchaus sein, dass das 2x2HR und mein Raum und die Monitore „inkompatibel“ sind, das kann nicht komplett ausgeschlossen werden.
Ich habe aber seit jahren weder an der Aufstellung noch am Raum etwas verändert und wenn ich z.B. Wandler von Metric Halo, Apogee, UAD, Mytek, RME, Antelope, Lake People, Audient oder auch das Palmer PLI04 USB anschließe, die ich tatsächlich hier habe bzw. zum Test da hatte, und sie klingen alle soweit ausgeglichen und das 2x2HR tut es nicht, dann ist das für mich schon ein starkes Indiz.
:)
Kaum zu glauben, dass es solche Unterschiede in der Brot-und-Butter-Kategorie „Linearität“ gibt.
Ich höre in „Synth-Sequenz Tascam US-2x2HR“ im Bass allerdings einen Effekt, der nach Verzerrung oder zumindest Kompression/Sättigung klingt. Ist die Eingangsstufe übersteuert worden?
@bluebell HI bluebell,
die Clipping-LED am Tascam hat zumindest nicht geleuchtet. Der Gain am Gerät wurde nur soweit hochgeregelt bis das Signal in der DAW bei -18dBFS lag, also ehr recht leise.