Unsterblicher Budget-Klassiker
Ambitionierte (Home-)Studio-Besitzer wissen es, qualitätsbewusste Gitarristen wissen es ebenfalls: Effektgeräte von t.c. electronic – seien es Bodentreter oder 19-Zoll-Boliden – sind exzellente Klangveredler, die allerdings recht üppige Breschen ins Portefeuille schlagen können. Mit dem »M-One« hat t.c. aber seit kurzem auch einen preislich massenkompatiblen Prozessor im Angebot.
Ein Blick auf den TC Electronic M-One XL
Eine erste optische Begutachtung des »M-One« lässt zu den drei bis vier Mal so teuren Geschwistern M-2000/-3000 erfreulich wenig Sparmaßnahmen erkennen. Anstelle von XLR- finden rittlings symmetrierte Klinkenbuchsen Verwendung, und die AES/EBU- wich einer S/PDIF-Schnittstelle. Angesichts des angepeilten Kundenkreises eine durchaus sinnvolle Modifikation. Geblieben sind das vollständige MIDI-Interface sowie das für 1-HE-Verhältnisse sensationell große, hier allerdings etwas modifizierte LC-Display. Sinnfällig beschriftete Taster und ein großes Alpha-Dial versprechen auch beim »M-One« die t.c.-bekannte einfache Bedienung.
Dieses Versprechen löst der Proband in der Praxis ohne großes Federlesen ein. »M-One« einschalten, ein Blick auf das Display werfen – und schon weiß man im Prinzip, was dieser Prozessor zu bieten hat: Zwei separate Effekt-Engines, die sich auf sechserlei Art und Weise routen lassen. Diese Information entnimmt der erfreute Benutzer einer kleinen, aber aufschlussreichen Grafik im Display, die zu jeder Zeit in Wort und Bild über die Verdrahtung der beiden Effektblöcke Aufschluss gibt. Neben dem Einsatz als echter Stereoprozessor – beide Engines berechnen dann denselben Effekt für das Stereosignal – lassen sich linker und rechter Eingang auch mit einem separaten Algorithmus bearbeiten. Ebenso ist es statthaft, beide Prozessoren hintereinander zu hängen oder parallel zu verschalten, etwa wenn typische »Multieffekte« produziert werden sollen. Beim ersten Erkunden der Werkspresets, oder beim genaueren Inspizieren des Displays, offenbart sich ferner, dass der »M-One« neun verschiedene Effekttypen berechnen kann. Wir zählen brav auf: Reverb, Delay, Chorus, Flanger, Pitch Shifter, EQ, Dynamics, Tremolo und Phaser. Viele dieser Basisalgorithmen werden zudem in zwei bis fünf Variationen angeboten.
Kurze Fact-Sheet des M-One
- 200 Preset- und 100 User-Speicherplätze
- 25 Algorithmen (Reverbs, Delays, Dynamics, Pitch, Chorus, Tremolo)
- interne 24bit Verarbeitung
- S/PDIF Ein- und Ausgänge (coaxial, 24-bit)
- 19” / 1HE
Der TC M-ONe XL in der Praxis
Wer Näheres wissen will, schaut bitte in der Tabelle nach. Nicht ohne Spannung schreitet der Testleiters zum Soundcheck, schließlich hat der die oben bereits erwähnten Brüder M-2000 und M-3000 im Rack und will wissen, ob es deren Qualität jetzt auch zum Mitnahme-Preis gibt. Das wäre gut für alle Musiker und schlecht für mich, den Testleiter, denn dann hieße das: Unlängst zuviel Geld verjubelt … Nun, ich kann eine zarte Blässe beim Durchhören der 100 Werks-Presets kaum leugnen – der »M-One« klingt verdammt gut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in dieser Preisklasse schon einmal einen so sauberen und neutralen Hall gehört habe. Dieses »auffällig Unauffällige« ist übrigens ein Markenzeichen der Hallalgorithmen von t.c. electronic.
Da »soßt« nichts, und da wird auch kein süßlicher Hallkleister übers Signal gegossen, der zwar zunächst den typischen »Leckerlecker-Effekt« hervorruft, später aber Magengrimmen verursacht. Dieser Hall ist einfach »da«, und erst wenn die Bypass-Taste gedrückt wird (die der »M-One« leider nicht besitzt, dafür aber einen Mix-Regler), merkt man plötzlich, dass »irgendwas fehlt«.
Doch auch die anderen Effekttypen klingen ausgezeichnet. Unerwünschte Nebeneffekte wie Brizzeln oder unbotmäßiges Rauschen sind dem »M-One« gänzlich fremd. Es sei natürlich denn, man wählt einen der »Vintage Chorus, Phaser oder Flanger«-Programme. Dan zwirbelt, wabbert und blubbert es bereits »im Leerlauf«,dass es nur so eine Freude ist. Selbstredend sind diese Effekte auch in nebengeräuschfreier Qualität zu haben.
Zu Kritik hinreißen lassen könnte ich mich höchstens beim Pitch-Shifter, der zwar in der Betriebsart »Detune« keinerlei Anlass zu Klagen gibt, beim Einsatz als »echter« Pitch-Shifter (zwei Nebenfrequenzen möglich) aber bereits bei Terz-Schichtungen eigentlich unbrauchbare Ergebnisse erzielt. Für solche Aufgaben eignen sich andere Spezialisten ohne Frage besser.
Wie eingangs schon angedeutet, lässt sich der »M-One« für ein 1-HE-Gerät ganz hervorragend bedienen. Das liegt zum Einen am bereits gelobten, großen LC-Display, zum Anderen an der klug eingerichteten Benuztzeroberfläche. Hier führen keine Taster ein ominöses Doppelleben, alles ist klar und eindeutig beschriftet, und sobald Parameteränderungen, beispielsweise beim Wechsel von Programmen oder beim Auswählen anderer Algorithmen, bestätigt werden müssen, blinkt der entsprechende »Enter«-Button. Dieses Bestätigen bestimmter Eingaben ist übrigens überaus sinnvoll, auch wenn es im ersten Moment etwas umständlich annmuten mag: So bleibt nämlich der ursprüngliche Effekt solange erhalten, bis der gewünschte Algorithmus bzw. Programmplatz gefunden ist – ohne störendes Knacken etc. Ebenfalls sehr zur Verständlichkeit des »M-One« trägt bei, dass alle Parameter ohne Abkürzungen ins 20-stellige Text-Display passen. Das erspart nerviges Wühlen im Handbuch und mühsames Auswendiglernen kryptischer Kürzel. Und obwohl für die eigentliche Textdarstellung lediglich eine Zeile zur Verfügung steht, navigiert man mit den beiden Cursor-Tasten mühelos durch die bis zu zwölf Parameter pro Algorithmus. Da freut sich nicht zuletzt die Fraktion der Live-Beschaller, denen so auch in der größten Hektik am FOH-Platz wesentliche Parameter souverän justieren.
Familienbande:
Noch ein kurzes, vergleichendes Wort zu den mehrfach erwähnten großen Brüdern M-2000 und M-3000. Natürlich habe ich den »M-One XL« auch im A/B/C-Vergleich antreten lassen. Das Ergebnis: Vor allem der M-3000 scheint deutlich mehr Rechenpower für noch komplexere Hallalgorithmen anbieten zu können. Das äußert sich in der Praxis natürlich nicht in bombastischen Monumentaleffekten, sondern, zum Beispiel beim Reverb, in einer noch feiner aufgelösten Hallfahne, in noch realistischeren Raumsimulationen mit unterschiedlicheren »Wandmaterialien« und Raumgeometrien. Entsprechend komplexer fällt bei den teuren Brüdern auch das Parameter-Set aus. Diese Nuancen sind aber für die meisten Heim- und Projektstudios – und gar für die Live-Beschallung – durchaus vernachlässigbar – für die gesparten 2.000,- bis 3.000,- DM lässt sich locker der Basis-PC oder gar ein kleiner autarker Digital-Rekorder anschaffen.
Ich setze den M-One XL live ein und bin vom Klang echt begeistert!