Der neue Platzhirsch von TC Electronic
Nachdem sich TC Electronic die letzte Zeit vor allem darauf konzentriert hatten, neue kleine Stompboxen herauszubringen und alte Klassiker neu und modifiziert aufzulegen – wie das TC Electronic Hall of Fame 2 x4, so war die Firma im Hintergrund eifrig damit beschäftigt, wieder einen Platzhirsch zu erschaffen. Die Geschichte rund um Behringer und TC Electronic hat dafür gesorgt, dass sich die Firma nicht nur Freunde gemacht hat über die Jahre hinweg. Das soll und wird beim vorliegenden Review keine Rolle spielen – auch eben, weil dem Plethora ein so umfassendes, wholesome Konzept zugrunde liegt.
Das Plethora ist ein Multieffektboard und die ultimative Sammelstelle der TonePrint-Technologie der Firma. Das heißt konkret: TonePrint ist ein spezifische Preset-Signatur, die sich der langen Liste von TC Electronic-Effekten bedient und beim Plethora nun in Form eines multifunktionalen Pedalboards untereinander umfangreich kombiniert werden kann. Es ist nicht ein Pedalboard, sondern kann bis zu 127 solcher TonePrint Pedalboards abspeichern – und alle Pedale von TC Electronic, die selbst mit TonePrint arbeiten, stehen im Plethora dafür zur Verfügung – zusätzlich zu einer Tonne von Features.
TC Electronic Plethora, Multieffektboard – Facts & Features
Der Kampf um das perfekte Pedalboard dürfte schon den einen oder anderen Nervenzusammenbruch zur Folge gehabt haben. Viele machen es sich leicht, fahren seit Jahren ein gleiches, reduziertes und funktionales Setup. Und ich persönlich bin auch kein großer Fan davon, das Setup ständig auszutauschen, sondern mit einem etablierten richtig warm zu werden. Das Plethora ist hierfür eine ungemein elegante Lösung: das stabile Rechteckgehäuse ist ungemein übersichtlich und ergonomisch aufgebaut. Kein zusätzlicher Firlefanz, kein Bedienungs-Overkill, sondern eine Signalkette, die mit bis zu 5 TonePrint-Pedalen bestückt werden kann. Wer gerne wissen will, um welche Pedale es sich unter anderem hierbei handelt – selbstredend Klassiker und übliche Verdächtige aus dem Hause TC Electronic.
- Flashback 2 Delay
- Brainwaves Pitch Octaver
- Hall of Fame 2
- Sub N Up Octaver
- Hypergravity Compressor
- Vortex Flanger
- Corona Chorus
- Brainwaves Pitch Shifter
- Mimiq Doubler
- Pipeline Tap Tremolo
- Sentry Noise Gate
- Quintessence Harmony
- Shaker Vibrato
Dies sind aber nur ein paar – wer sich in der TC Electronic Community bewegt, weiß, dass die TonePrint-Bibliothek stetig wächst. Es ist das, was das Plethora sonst noch in die Wegschale wirft, was den Eindruck verstärkt, dass man es hier mit einem legitimen Produkt zu tun hat.
Zunächst: Sämtliche Fußschalter sind auch mit der sogenannten MASH-Technologie ausgeschaltet – sie sind sensitiv gegenüber Berührungen und können so auch als Expression-Pedale verwendet werden, wenn man so will. Dass die ordentlich wackeln und nicht fest im Metallsockel verankert zu sein scheinen, dürfte dieser Funktionalität geschuldet sein. Die Parameter, die hierbei angesteuert werden können, sind pro TonePrint-Pedal frei wählbar, doch auch für das Expression-Pedal eurer Wahl besitzt das TC Electronic Plethora auf der Rückseite einen entsprechenden Anschluss – Volume-Swells, LFO-Modulation, alles per Fuß also machbar. Zwei 6,3-Klinken für Input und zwei für den Output gewährleisten Stereo-Kapazitäten. Wer die TonePrint-Bibliothek durchforstet und fündig wird, kann sein Plethora über den USB-Anschluss entsprechend aufstocken, und auch das Empfangen von PC- und CC-Befehlen ist über MIDI In und MIDI Thru möglich. Und auch wer eine Reihe von Pedalen hat, auf die er nicht verzichten möchte, findet im separaten FX-Loop des Plethora die passende Lösung – vor allem für Overdrive- und Distortion-Pedale eine fast schon notwendige Angelegenheit. Im Lieferumfang enthalten sind ein Netzteil sowie ein USB-Kabel.
TC Electronic Plethora – TonePrint & Pedalboard
Also, was gibt der Umfang noch mal genau her? 127 Pedalboards können hier aus fünf TonePrint-Positionen zusammengesetzt werden. Die Signalkette ist nicht fix – in der Tat funktioniert das Umordnen sehr einfach: Einfach die zwei Positionen gedrückt halten, die man tauschen möchte – et voilá. Jede der fünf Positionen bietet selbst noch mal enorm viel Raum: 75 Einstellungen des gewählten Pedals können pro Position gespeichert werden. Zwei kleine Kippschalter zieren das Panel des Plethora ebenfalls: Einer, der zwischen Editierungs-Modus und Spiel-Modus schalten lässt und einer, der ein Durchschalten durch die einzelnen Boards erlaubt.
Die drei großen Regler des Plethora sind für das jeweils aktivierte TonePrint-Pedal zuständig. Zumeist lassen sich Größen wie Speed und Depth bei Modulationen, Decay und Time bei Delay einstellen – jeweils ergänzt durch FX Level auf dem dritten Regler. Der Regler links außen erlaubt die Navigation durch die Effektsparte – es geht nicht einfacher, möchte man meinen. TC Electronic haben sich alle Mühe gegeben, das Prinzip des Plethora so einfach wie nur möglich zu halten, frei nach dem Motto: Innovation bedeutet nicht zwangsläufig, das Rad neu zu erfinden, sondern bestehende Ideen besser als die Konkurrenz umzusetzen. Das Plethora ist in seiner Simplizität ziemlich einzigartig – TC Electronic können sich ein solches Produkt aber auch erlauben durch den steten Ausbaus des TonePrint-Ansatzes. Auch eine globale Cab-Simulation ist dem Plethora vorbehalten – wer das Multieffektboard direkt an die P.A. anschließen will, kann dies also ebenfalls tun. Es ist die große Stärke des Plethora, dass es eben nicht die TonePrint-App braucht, um als vollwertiges Produkt durchzugehen – sie kann jedoch als ergänzendes Tool fungieren. Tatsächlich kann man, sofern die App auf dem Handy ist, per Bluetooth mit dem Plethora verbinden und nun per App die Signalkette neu anordnen, Parameter anpassen und mehr. Ich persönlich halte nur bedingt viel von, dass es taugt, als Gitarrist zwischendurch sein Handy beim Spielen rauszuholen, um darauf herumzutippen. Sicher können andere diesem Feature mehr abgewinnen.
TC Electronic Plethora, TonePrint Board – in der Praxis
Spannend ist es sicher unter anderem, zu überprüfen, wie gut die globale Cab-Sim, entsprechend wurden sämtliche Hörbeispiele über den Hi-Z-Anschlusses des Audio-Interfaces aufgenommen, nutzen aber noch ein paar Kanäle des Yamaha THR30 dazwischen. Schon nach kürzester Zeit offenbart sich das, was sich bereits als große Stärke abgezeichnet hat – es ist unverschämt einfach und intuitiv. Das TC Electronic Plethora ist kein experimentelles Gerät zum Entdecken – es ist der perfekte Partner, um die Sounds für eine Setlist zu programmieren, das Gig-freundlichste und intuitivste Multieffektboard, das ich seit langer Zeit in den Händen hatte.
Es ist kein – und das muss klipp und klar gesagt werden, kein Board zum Experimentieren, Abtauchen und sich treiben lassen. Im Gegenteil – das TC Electronic Plethora ist eine zutiefst pragmatische Angelegenheit. Es ist zum einem ein formidables Tool zum Aufnehmen von Songideen – die on board Effekte decken das herkömmliche Rock’n’Pop Repertoire ab. Wer die zugrunde liegenden Effekte der TonePrints kennt, weiß, was damit gemeint ist: Keiner dieser Treter wartet mit großen Überraschungen auf, erfüllt seinen Zweck aber alle Male. Während wir im vierten Beispiel mehrere mit dem Kompressor und leichtem Hall ausgestatteten Gitarren übereinander legen, ist der Chorus im ersten Hörbeispiel die tragende Kraft. Im zweiten Klangbeispiel wenden wir die Kombination von langem, durchtränkten Hall of Fame Reverb und dem Octaver an, während wir Zweiteres im dritten Klangbeispiel eher in den Vordergrund bringen. De facto verhält es sich also so, dass der Plethora für grundsolides Ideen sammeln und umsetzen fast schon unschlagbar einfach und bedienerfreundlich ist. Die Klangqualität der TonePrint-Pedale dürfte niemanden überraschen – es handelt sich um gewohnte TC Electronic Qualität – da geben sich die konkreten Stompboxen und ihre TonePrint-Klone gegenseitig nichts.
De facto muss man sich trotz des Umfanges fragen, ob der Preis nicht trotzdem ein wenig zu hoch angesiedelt ist. Der Plethora besitzt zwar einen leistungsstarken DSP für die TonePrints und ist reich an Features, aber 465,- Euro für ein TonePrint Sammelbecken ohne echte Überraschungen sind dann doch etwas happig – grundsolides Konzept hin oder her. Ein Hunderter weniger wäre meiner Meinung nach angemessen. Ein paar eigene „Plethora-TonePrints“ hätten sicher geholfen, diesem Multieffektboard diesen schalen Beigeschmack zu nehmen.
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Was (für mich) aus dem – soweit schön informativen – Text nicht ganz hervorgeht: Lassen sich denn auch Kombinationen von Effekten mit einem Fußklick schalten bzw. weiterschalten? Sowas wie Umschalten von 1 x Flanger & Delay auf 1 x Hall, Chorus & Tremolo – oder was auch immer – halt jeweils mit einem Tritt auf was Vorprogrammiertes, falls es im Song passieren soll: z.B. von Vers auf Refrain und zurück, oder ähnliches?
Oder lassen sich nur beliebige TonePrint FX individüll eingestellt nebeneinanderlegen, und um sie live zu kombinieren, ist dann klassischer Steptanz angesagt? ;-)
Wobei mir der Spaß tatsächlich so oder so zu teuer wäre: für das Gebotene.
Da leuchteten mir Konzept und Bedienung eines Helix Stomp z.B. auf Anhieb mehr ein, und die Qualität auch.
@Eibensang Hey Eibensang
Nein – leider nicht. Das gleichzeitige Ein- und Ausschalten von mehreren TonePrints ist mit dem Plethora nicht möglich. Stepptanz wäre also definitiv angesagt.
@Dimitri Danke! Dann ist das Dings definitiv zu teuer. Für den Preis kriegt man ja doch schon ein diskutables Multibrummerchen als möglichen Floorboard-Ersatz.
@Eibensang Danke! Dann ist der Preis nach meinem Dafürhalten nicht zu rechtfertigen. Für das Geld bekommt man schon diskutable Multi-Dingsis, die ein gutbestücktes Floorboard mehr oder minder ersetzen können. Oder andersrum gesagt, wären mir 465,- Euro für einen lediglich multipel konfigurierbares Bodentreterchen in der erwartbaren Mittelklasse-Güte (einige TC-Effekte habe/hatte ich selbst auf meinem letzten Pedalboard) mit einigem Abstand zu teuer.
Mir ist nicht wirklich klar was das ding denn nun wirklich tut (tun kann). Selbst ein Ausflug auf die Hersteller Seite half nicht. Ist es moeglich verschiedene presets zu erstellen wie z.b ein preset mit 4 Effekten und ein anderes mit 4 anderen Effekten , nicht nur Variationen von denselben?
Abgesehen davon fehlt mir ein Kopfhörer Ausgang !
Gibt es einen Grund, warum da keine Overdrive/Distortion-Effekte drin sind? Also wenn ich so ein Teil kaufe, dann will ich doch auf alle Fälle auch Verzerrer haben. Das ist nicht wirklich schlüssig – und dass man nicht mehrere Effekte auf einmal wechseln kann ist auch seltsam. Das ist doch eigentlich das Normalste bei so einem Gerät.
@dr noetigenfallz Wie im Test dargelegt, kann die gesamte TonePrint Bibliothek von TC Electronic in das Plethora gepackt werden. In Sachen Zerre wäre da beispielsweise das MOJO MOJO Overdrive als TonePrint verfügbar.
@Dimitri Okay, schon mal was. Sowohl in deinem Text, als auch auf der Homepage habe ich Verzerrer in den Aufzählungen vermisst. Aber das hatte ich dann nicht richtig verstanden gehabt.
@Dimitri In der aktuellen Toneprint-Anwendung (oder app auf dem iPad) ist das MOJOMOJO-Pedal aber (noch???) nicht enthalten. Außerdem werden im Plethora im Moment auch noch nicht alle Pedale aus der TC-Bibliothek unterstützt – das ist also noch Zukunftsmusik.
Updates werden das hoffentlich bringen…
@Dimitri Sind die Zerrer von TC nicht analog ?
Das könnte ein Grund für die Absenz sein.
Außerdem haben wir Gitarristen doch jeden Monat einen neuen ultimativen Lieblingszerrer…
Mir gefällt das Teil ziemlich gut, es ist klein und flexibel. Der Preis wird sinken.
@Dimitri MojoMojo ist kein Toneprint-Pedal – von daher geht das wohl eher nicht
Wäre eine tolle Sache, wenn die Software denn auch schon etwas gereift sein würde. Mit Firmware 1.01 funktioniert die Bluetooth-Anbindung (zumindest bei mir) definiv noch nicht – habe das mit 3 verschiedenen Geräten von Apple erfoglos getestet.
Im Musictribe-Forum wird auf Firmware 1.1 verwiesen und verlinkt – diese ist aber bisher nicht im Download-Bereich vorhanden.
Daher mein TIPP: Im Gerät steckt (leider) offensichtlich noch Bananensoftware (es wird auch mehrfach vom Einfrieren während des Betriebs berichtet) – also besser noch etwas abwarten…
Also ich finde den Preis absolut gerechtfertigt. Das ist keine Preset Schleuder sonder beinhaltet 12 volle Effektpedale plus Compressor, Noise Gate und Tuner. Diese Pedale gibt es dann teilweise 5 Fach. Mann kann also auch 4 Flashback Pedale gleichzeitig aufs Pedal legen. Ich finde das gigantisch und auf jeden Fall auch ungleich oben beschrieben sehr experimentell. Overdrive fehlen mir nicht wirklich. Das habe ich meine eigenen Lieblinge. Es soll aber in den nächsten Updates noch der Phaser, Vibe und das MojoMoja Kommen. Das Alter Ego 2 Pedal kommt sicherlich auch. Aleeine die Pedale würden schon den Preis ausmachen. Mit einem Y Kabel könnt ihr Kopfhörer super in Stereo anschließen. Ach Cab Simulation gibt es auch. Hab das Teil seit einer Woche und bin absolut begeistert. Verbesserungspotential gibt aber sichtlich auch noch. Aber das Teil wird nur noch besser mit updates…
Kann mir jemand sagen, ob ich das Teil mit Midi Clock füttern kann, um den Flashbacks die Delayzeiten vorzugeben? (wie beim x4/Triple) Es gibt bei TC ja leider keine anständige Anleitung. Nur den Quick Start Guide.