High End Stereo Spring-Reverb
Das Teaching Machines Wellspring Musikstudio-Effektgerät ist ein analoges Multi-Effektgerät, bestehend aus einem analogen Delay und Filter – mit eigenem Modulations-LFO – sowie einem Federhall. Und dies komplett in Stereo. Die Bezeichnung „Stereo Spring Reverb System“ ist typisch britisches Understatement: „Analoges Multieffektgerät“ wäre treffender. Wer darüber hinaus wissen möchte, was eigentlich genau ein Federhall (Englisch Spring-Reverb) ist, dem empfehlen wir unser Federhall-Special.
Wie man sich mit einem Federtank und einem kleinen Mischpult sein eigenes Federhallgerät zusammenstellen kann, habe im folgenden Artikel beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Der Aufbau des Teaching Machines Wellspring
Das Teaching Machines Wellspring ist ein 19 Zoll Gerät mit drei Höheneinheiten und optionalen Rack-Ohren. Potis und Schalter auf der gebürsteten Aluminiumfront wirken hochwertig und lassen sich angenehm bewegen mit ausreichend Platz für die Finger. Bei den Anschlüssen hat man die Wahl zwischen einem frontseitigen, hochohmigen Eingang („guitar“) und zwei Klinkeneingängen auf der Rückseite („line“). Die Ausgänge liegen ebenfalls doppelt vor, womit wir es mit einem True-Stereo-Effektgerät zu tun haben. Außerdem befindet sich auf der Rückseite eine Miniklinke für externe Modulationen sowie der Anschluss für das externe Netzteil, das mit 19 V (Center positiv) etwas exotisch spezifiziert ist. Für einen etwaigen Bühneneinsatz des Wellsprings sollte man über die Anschaffung eines Ersatznetzteils nachdenken.
Der Aufbau des Teaching Machines Wellspring ist weitgehend selbsterklärend mit Eingangsverstärkung, Delay, Modulation, Filter und schließlich dem Spring-Reverb. Hinter dem Poti „Magic“ verbirgt sich ein weiterer Feedback-Weg von den Federtanks zurück zum Delay.
Der Signalweg des analogen Multieffektgerätes
Analog-Delay
Nach der Eingangsverstärkung, die leicht in Zerrung gefahren werden kann, passiert das Signal das Analog-Delay mit Princeton PT2399 Chips. Dieses kann in den beiden Modi „Parallel“ und „PingPong“ betrieben werden. Die Delay-Zeit ist für beide Kanäle getrennt regelbar, wobei zwischen zwei Arten gewählt werden kann: „Follow1“ bedeutet, dass das Delay des Kanals 2 sich an der Zeit des ersten Kanals orientiert mit wählbarem Offset. Praktischerweise rastet das Poti in der vertikalen Nullstellung leicht ein. In der Position „Free“ entfällt eine solche Kopplung beider Potis, die sich anschließend unabhängig voneinander einstellen lassen, von kurzen Slap-Delays, bis zu erstaunlich langen Zeiten von ca. einer Sekunde mit einer Klangqualität, die ich zumindest als „eigen“ bezeichnen würde. Persönlich hätte ich nichts gegen eine Tap-Funktion einzuwenden oder zumindest einen Eingang für ein externes Clock-Signal zur Synchronisation des Delays. Es bleibt nur die Einstellung der Delay-Zeiten nach Gehör, was unter Studiobedingungen kein größeres Problem darstellt, aber auf der Bühne schwierig bis unmöglich ist, wenn spontan ein exaktes Tempo getroffen werden soll.
Das Delay des Teaching Machines Wellspring klingt stets sehr analog, ohne dabei ins LoFi abzugleiten, außer vielleicht bei extrem langen Zeiten. Das Feedback beginnt ab ca. zwei Dritteln des Regelwegs zu oszillieren, zu Beginn eher verhaltend, doch bei Maximalwerten sind extreme Klanggebilde möglich mit dem Potential, die eigene Abhöre in die ewigen Jagdgründe zu schicken.
Analog-Filter
Nach dem Delay durchläuft das Signal im Teaching Machines Wellspring ein Filter mit vier Modi (Hochpass-, Bandpass-, Tiefpass- und Kerbfilter) und stufenlos regelbarer Frequenz. Dass die Resonanz des Filters nicht regelbar ist, ist in der Praxis weniger wichtig als man auf den ersten Blick erwarten würde, da über das Magic-Poti ein Feedback-Weg zur Verfügung steht. Dazu später mehr. Die Flankensteilheit wird nicht angegeben, aufgrund des weichen und angenehmen Filterklangs würde ich auf ein Zweipolfilter (12 dB pro Oktave) tippen.
LFO mit zwei Schwingungsformen
Delay und Filter können durch den LFO mit zwei Schwingungsformen (Sinus und ansteigender Sägezahn) moduliert werden mit unabhängiger Intensität und dies wahlweise mit parallelen oder invertierten Werten für beide Stereokanäle, was für ein angenehm breites Klangbild sorgt. Die Frequenz des LFOs bewegt sich zwischen mehren Sekunden pro Zyklus bis in den tieferen Audiobereich.
Delay, Filter und Modulation bilden eine Einheit mit gemeinsamem Regler für den Effektanteil.
Springreverb/Federhall
Doch nun zum wichtigsten Modul des Teaching Machines Wellspring, dem Federhall, der kurz gesagt hervorragend klingt. Der einzige regelbare Parameter ist der Effektanteil („Dry/Wet“). Die Dauer des Halleffektes ist naturgegeben nicht regelbar und liegt bei ca. zweieinhalb bis drei Sekunden. Rechts daneben befindet sich der bereits erwähnte Magic-Regler, der die Ausgänge der Federtanks zurück zu Delay und Filter leitet und somit eine Feedback-Schleife des gesamten Effektgerätes ermöglicht. Dabei werden die Audiokanäle getauscht, wodurch auch bei Mono-Quellen eindrückliche Stereo-Effekte möglich sind.
Klangbeispiele zum Teaching Machines Wellspring
Als ich die ersten Bilder des Teaching Machines Wellspring sah, wunderte ich mich ob der Größe dieses Effektgerätes. „Ginge dies nicht auch in Pedalform?“, war meine etwas naive Frage. Die Antwort ist simpel: Nein, denn hier sind zwei Federtanks von je 38 cm Länge verbaut, mit dem Ziel, den bestmöglichen Springreverb-Sound zu kreieren. Es ist in erster Linie ein Studiogerät. Also flugs meinen Moog Grandmother angeschlossen und ein paar Töne nur mit dem Spring-Reverb gespielt:
Zum Vergleich eine Aufnahme des internen Federhalls des Moog Grandmothers. Dieser klingt weiterhin sehr gut, kommt aber nicht an das Wellspring ran:
Das Delay klingt herrlich analog und warm und beherrscht dank Modulation durch den LFO chorus-artige Sounds:
Es ist ein alter Trick, die Wiederholungen eines Delays zu filtern, doch dass dazu vier Filtertypen zur Verfügung stehen, sieht man eher selten. Dank der Filter des Wellspring lässt sich der Charakter des Delays stark formen, egal, was man einstellt, irgendwie klingt es immer musikalisch und warm:
Alle Komponenten des Teaching Machines Wellspring klingen für sich alleine betrachtet ganz gut, ihren wahren Wert entfalten sie erst im Zusammenspiel. Schon die simpelste Synthesizer-Linie verwandelt sich dank des Wellsprings in ein komplexes Soundscape:
Rhodes und Gitarre
Auch ein Rhodes (Mark 1, Seventy-Three, Stagemodell) klingt über das Wellspring sehr eigen. Von einfachen Delays, bis zu komplexen Klanggebilden. Die beiden folgenden Beispiele stammen vom Dresdner Musiker und Tontechniker Paul Riemer bzw. von mir selbst, wobei wir uns gegenseitig die Einstellungen änderten:
Ähnlich sieht es mit der E-Gitarre aus. Das Teaching Machines Wellspring hat das Potential, als alleiniges Effektgerät zu bestehen. Die Klangbeispiele stammen alle von Paul:
Klangbeispiele mit akustischem Instrument
Alles schön und gut, aber wie verhält sich das Wellspring mit akustischen Instrumenten?
Also kurz die Bassklarinette ausgepackt und per AKG Schwanenhalsmikro samt eigenem kleinen Preamp in den Guitar-Input geleitet. Der Federhall klingt natürlich und künstlich zugleich, eine ganz eigene Ästhetik, die ich für ausgewählte Aufnahmen nutzen würde. Ein digitales Hallgerät ersetzt man mit dem Wellspring natürlich nicht, dazu ist der Charakter zu eigen und dominant:
Hier noch eine Aufnahme mit maximalen Delay-Zeiten, die etwas über einer Sekunde liegen. Bei höheren Delay-Feedback-Werten bekommen die Delays ein Eigenleben, das nicht immer leicht zu kontrollieren ist:
Die Stärken des Teaching Machines Wellspring liegen im Bereich von „Vintage-Sounds“, mit beinahe jeder Klangquelle gelingen Klänge, die Assoziationen an die 70er-Jahre wecken. Wer nach einer modernen Ästhetik sucht, ist hier definitiv falsch beraten. Zusammengefasst ein High-End-Vintage-Gerät, das kaum Nebengeräusche oder Rauschen produziert. Was wir hingegen vermissten, sind Bypass-Schalter, am liebsten per Pedal.
Federhall-Alternativen von Vermona
Der renommierte Hersteller Vermona aus Deutschland bietet mit dem Vermona Retroverb Lancet eine günstige Alternative zur Hälfte des Preises an. Hier fehlt zwar das Delay, dafür beinhaltet das Retroverb Lancet zusätzlich zum Federhall ein Filter mit eigenem Hüllkurvengenerator oder Envelope-Follower, zusätzlich auch eine Drive-Vorstufe und einen VCA. Das Gerät ist aber mono. Das Vermona Analog-Filter gibt es separat unter der Bezeichnung Filter Lancet. Zu beiden Effektgeräten findet ihr hier auf AMAZONA.de einen ausführlichen Testbericht: HIER KLICKEN.
Ein Springreverb in Stereo ist das DSR-3 von Vermona, das wir ebenfalls testeten.
Videos: Wellspring mit Rhodes und Minimoog
Die Kombination von Rhodes und Minimoog scheint für eine Bearbeitung mit dem Wellspring prädestiniert. Beide Instrumente sind mit je einem Kanal verbunden. Als Preamp fürs Rhodes nutzten wir ein TC-Electronics Mojo mit leichter Verzerrung.
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Vielen Dank an Paul Riemer, der mich bei der Arbeit an dem Artikel unterstützt hat.
Ich mochte Federhall noch nie, außer wenn man gegen den Gitarrencombo trat und es laut schepperte 😇
@bluebell Ging mir bisher genauso.
Durch die nicht regelbare Länge eines Hw-Federhalls war mir sowas bisher zu unflexibel, da ich im Mixing zumeist kurze Hallzeiten zum Wohle der Transparenz anstrebe. Und für ein markantes „lai la lai – PSHHHH“ will ich die Hallzeit auch mal kräftig ausdehnen können.
Ich muß aber zugeben, daß das Wellspring hier aus dem Test in der Tat ein inspirierendes musikalisches Werkzeug zu sein scheint, die Klangbeispiele haben mich positiv überrascht.
Bin andererseits aber auch niemand, der solche Beträge für Boutique Geräte ausgibt – zumal Arturia ja mal das „Filter MS-20“ Plugin verschenkt hatte, das auch erstaunlich vielseitige und für meinen Geschmack herrlich analog klingende Delay/Filter-Kombinationen beherrscht….
@bluebell Für Federhall benötigt man halt auch einen sehr guten Geschmack…😂
Das Gerät ist ohne Decay Poti für Reverb kein High End, sondern nur Low End. Die AKG BX-Reihe verfügte schon Anfang der 70er Jahre über Decay Poti und hervorragenden Hall.
@8 Bit Fighter So ist es!
👍
@8 Bit Fighter Wer die AKG BX Reihe mag, es gibt hierzu ein sehr gutes Plugin von Klanghelm zum attraktiven Preis.
@Stratosphere Ich hatte deinen Tip nicht gelesen aber über Videos zum BX20 dahin gefunden. Das Klanghelm Ten Plugin klingt wirklich gut und ist mit 24€ super günstig. Ich habe die Freeware-Version zum testen geladen und auf Percussion gelegt, toll wie Raum hinzugefügt wird der erst wahrnehmbar wird wenn man ihn wieder ausschaltet, sehr schön!
@Stratosphere Danke für diesen ausgezeichneten Tipp!!!! Das Plugin ist ja der Hammer. Dass es davon auch eine kostenlose Version gibt, ist beeindruckend.
@8 Bit Fighter So sieht’s aus!
Ist das Gerät denn 19“ fähig mit Rack Ohren ?
@Synchead Jep, sind welche dabei, allerdings schwarz und nicht silber:)
@Fubu Ja über Silber kann man sich freuen. Aber nicht so meine Farbe für Effektgeräte
@Synchead Hallo Synchead,
auf der Herstellerseite steht: „Can be Rack or Table-mounted with attachable ‘ears’ or rubber feet.“
Der Hinweis steht auch oben im Text.
In ihrem Shop sind aber (noch) keine passenden Rack-Ohren aufgeführt.
Vielleicht gibt es da genormte von anderen Herstellern. Müsste ich erst recherchieren. 🤔
@MichBeck Ich denke, die werden – genau wie die Gummifüße – mit im Karton liegen, wenn Du eines bestellst. Oder ich.
Vielleicht sind sie, sicherheitshalber, auch schon dran geschraubt. Dann wäre es natürlich detachable ‚ears‘. ☝️😉
Ich finde das Gerät interessant, werde es mir aber wohl für nicht leisten wollen. Vielleicht mal gerade noch den Vermona Stereohall. Filter und Delay kann man ja dann daneben stellen. Aber irgendwie ist es schon reizvoll, auch ohne physikalische Dämpfer für’s Decay, wie in den 70er Jahren.
In den 70ern gab es praktisch nur Federball, und kaum jemand mochte es. Als in den 80ern erste digitale Hallgeräte auf den Markt kamen, wurden zum Teil irre Summen dafür bezahlt um vom Federball wegzukommen. Heute ist das Vintage und angesagt, na ja, nicht für mich, aber wer es mag ……
… kleiner Hinweis:
Das PT2399 ist ein digitales Delay-IC.
Wenn der Klang gefällt spielt das (für mich) keine Rolle …
Gibt es das nicht von Behringer?