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Test: Tech 21 Bass Fly Rig, Bass Multieffekt Pedal

Rundumschlag von Tech 21

25. Oktober 2016

Die Firma Tech 21 aus New York, die uns hier ihr Tech 21 Bass Fly Rig zur Verfügung gestellt hat, sollte den allermeisten Bassisten ein Begriff sein. Stellt die Firma doch seit Jahren den berühmt-berüchtigten Sansamp in verschiedenen Variationen her, eine Kombination aus Vorstufe und DI-Box, deren Stärke vor allem das Bereitstellen röhrig-angezerrter Sounds ist. Besonders in der Metalszene erfreut sich das kleine Teil großer Beliebtheit, und es gibt tatsächlich nicht wenige Bassisten, die überhaupt keinen Amp mit Box mehr, sondern auch live nur noch einen Sansamp und In-Ear-Monitoring nutzen.

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— Tech 21 Bass Fly Rig —

Tatsächlich ist der Sansamp auch nicht ohne Grund so beliebt – ein gutes Beispiel für prägnanten Einsatz im härteren Metalkontext ist die „Wormwood“ von Marduk, die mit einem grandiosen Basssound (und -spiel) aufwartet, der im Prinzip nur aus einem Sansamp ohne viel Beiwerk kommt. Produziert übrigens vom Bassisten der Band, Devo Andersson, und wahrscheinlich deswegen auch eine der wenigen Black-Metal-Platten, bei denen am Bass wirklich alles stimmt. Aber ich schweife ab.

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Tech 21 hat nun noch etwas draufgelegt und bietet den Sansamp eingebaut in ein komplett analoges Multieffektgerät an, welches zusätzlich zur Preamp-Zerre-DI-Kombi über einen Kompressor, Booster, einen Envelopefilter mit Fuzz- und Octaver-Optionen, einen Chorus und sogar ein chromatisches Stimmgerät verfügt. Laut Hersteller ist der Tech 21 Bass Fly Rig die Antwort auf die Bettelei der Kunden nach einer Bass-Version des Fly Rig 5, welches für die Gitarristen seit einiger Zeit auf dem Markt ist.

„We went a little crazy and stuffed everything we could into the Bass Fly Rig, except the kitchen sink, Rhode Island and a submarine.“

Facts & Features des Tech 21 Bass Fly Rig

Aus der Verpackung gezogen fällt – neben der Tatsache, dass das Gerät im gleichen Blau-Metallic lackiert ist wie mein Auto – als erstes auf, dass der Tech 21 Bass Fly Rig überraschend kompakt gebaut ist. Mit 318 x 64 x 32 mm ist das Ding etwas kleiner als eine Stange Zigaretten und findet auf meinem schon relativ vollen Effektboard definitiv einfacher Platz, als wenn ich jeden verbauten Effekt einzeln haben wollte. Finde ich gut, gerade größere Multieffektgeräte erheben ja oft den Anspruch, nicht aufs Board drauf, sondern das Board ersetzen zu wollen, und produzieren so gerne mal Platzprobleme. Allerdings rächt sich die kompakte Bauweise auch stellenweise etwas – dazu später mehr.

Auf dem blauen Metallgehäuse mit Plastikboden prangen sage und schreibe 14 mehrfarbig beleuchtete Drehregler, fünf Fußschalter, sieben kleine Knöpfe zur Handbedienung sowie ein LC-Display für den Tuner. Das ist bei der Größe des Geräts selbstverständlich nur mit sehr kleinen Reglern und relativ beengten Platzverhältnissen möglich, entsprechend ist die Einstellung teilweise etwas fummelig. Bei den kleinen Reglern hat schon kleinster Ausschlag große Wirkung, dafür bieten sie aber wenigstens etwas Drehwiderstand und verbleiben auch bei groberer Behandlung in der eingestellten Position. Letzteres ist auch wichtig – gerade im Livebetrieb, am besten noch mit Springerstiefeln oder dergleichen, tappt man definitiv überall irgendwann mal drauf. Man kann schon froh sein, wenn man im Eifer des Gefechts nicht zwei Fußschalter auf einmal erwischt, und gegen die Regler tritt man auf jeden Fall irgendwann. Diese wirken allerdings trotz der kleinen Abmessungen stabil und sind vor allem ziemlich flach, so dass die Gefahr, tatsächlich einen abzubrechen, relativ gering sein dürfte.

Tech 21 Bass Fly Rig Bass Multieffekt Pedal

Die Größe des Geräts ist bei der Vielfalt der Einstellmöglichkeiten definitiv ein Kompromiss. Das Ding, durch Sansamp und DI auch als Amp-Ersatz nutzbar, passt zwar in wirklich jedes Gigbag (bei den Death Metal-Jungs wahrscheinlich auch in die Seitentaschen der M65-Hose) und auf jedes Effektboard. Dafür muss man halt bei der Bedienung etwas Vorsicht walten lassen, was für ein Rockkonzert vielleicht nicht optimal ist. Zumal meiner Erfahrung nach Bassisten den Eiertanz beim Schalten mehrerer Effekte deutlich weniger gewohnt sind als die Eierschneiderfraktion … nun gut, irgendwas muss es ja auch geben, was die besser können.

Tech 21 Bass Fly Rig.

–Tech 21 Bass Fly Rig —

Einstellmöglichkeiten, einmal Effekt für Effekt durchgegangen:

  • Pad-Schalter für den Eingang, Schalter für Ground Lift der DI und die Umschaltung auf den Kopfhörerbetrieb über die ¼-Zoll-Ausgangsklinkenbuchse.

  • Level, Tone (Höhenboost) und Kompressionsintensität für den Kompressor

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  • Lautstärkenregler für den Boost, der mittels eines Schalters entweder vor oder hinter den Sansamp geschaltet werden kann,

  • Lautstärke, Gain, Dreiband-EQ, einen Character-Regler und eine über den Schalter „Bite“ aktivierbare Präsenzanhebung für die Sansamp-Sektion

  • Octafilter: Filtergüte und Frequenzband des Filters, Mischungsverhältnis zwischen cleanem und effektiertem Signal, Schalter für Octaver- und Fuzz-Option

  • Chorus mit einzelnem Regler für die Effekttiefe

  • LC-Display für den Tuner

Bei Aktivierung leuchten die Regler der jeweiligen Einheit auf und zwar in verschiedenen Farben: Kompressor und Booster rot, Sansamp gelb, Octafilter und Chorus blau. Verschaltet sind die Effekte anders als auf dem Board angeordnet, aber durchaus sinnvoll, wie in der folgenden Abbildung gezeigt.

Tech 21 Bass Fly Rig: Interne Verschaltung.

— Tech 21 Bass Fly Rig: Interne Verschaltung —

Natürlich verfügt der Tech 21 Bass Fly Rig über Klinkenein- und -ausgang sowie einen XLR-Ausgang der DI-Box an der Seite. Über Strom versorgt wird das Gerät über das mitgelieferte 9 V Netzteil, Anschluss an die üblichen Spannungsversorgungen ist aber auch möglich, zumal das Gerät nur maximal 200 mA zieht.

Zwischenzeugnis

Mit dem Bass Fly Rig legt Tech 21 ein sehr kompaktes, aber durchaus hochwertig wirkendes Multieffektgerät für den Bass samt DI und Preamp vor. Die Einstellmöglichkeiten für jeden einzelnen Effekt sind etwas reduziert gegenüber den typischen Einzelgeräten, trotzdem ergibt sich hier eine Vielzahl von Möglichkeiten, die darauf warten, ausprobiert zu werden.

Die Auswahl der gebotenen Effekte ist auch recht sinnvoll. Zerren, boosten und komprimieren muss eigentlich jeder Bassist mal irgendwann, DI bzw. Vorstufe braucht man auch, Chorus wird zumindest recht oft verwendet – lediglich der Gimmick mit dem Octafilter erschloss sich mir zuerst noch nicht so ganz, aber das sollte sich im Laufe des Tests ganz schnell und deutlich ändern.

In der Praxis mit dem Tech 21 Bass Fly Rig

So einfach die Einstellmöglichkeiten für die einzelnen Effekte auch wirken, durch die teils etwas kreativen Belegungen der Regler lässt sich dem Tech 21 Bass Fly Rig eine gar nicht enden wollende Vielfalt von Sounds entlocken. Ein Studium der informativen Bedienungsanleitung sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen! Vorschläge für einzelne Einstellungen und Kombisounds sind dort ebenfalls seitenweise aufgeführt – allerdings lassen sich die Möglichkeiten im Rahmen eines Tests kaum vollständig erschlagen.

Dementsprechend bin ich die Effekte und ihre Einstellmöglichkeiten einzeln grob durchgegangen und kam am Ende zusammen mit einigen Kombisounds auf über zwanzig Klangbeispiele. Und selbst die sind noch kaum repräsentativ für das, was in diesem Gerät alles drin steckt. Wer sich für das Tech 21 Bass Fly Rig interessiert, dem bleibt kaum etwas anderes übrig, als das Gerät in aller Ruhe selbst zu testen – auch dann dürften sich hier selbst nach längerem Gebrauch immer noch neue Möglichkeiten eröffnen.

Tech 21 Bass Fly Rig: XLR-Ausgang der DI.

— Tech 21 Bass Fly Rig: XLR-Ausgang der DI —

Alle Hörbeispiele sind über die eingebaute DI direkt eingespielt. An dieser Stelle sei noch, bevor es ans Eingemachte geht, bemerkt, dass der Tech 21 Bass Fly Rig mir als Effektgerät vor dem Amp zwar gut gefiel, aber über die DI ins Pult gespielt sowohl live als auch beim Aufnehmen fast noch eine bessere Figur macht. Laut Tech 21 liegt das an der Speaker-Simulation des Sansamp. Aber auch wenn man den gar nicht aktiviert hat, liefert das Gerät Sounds, die weit über die trockenen Sounds, die viele Effektgeräte ohne Amp liefern, hinausgehen. Anscheinend ist hier deutlich in diese Richtung optimiert worden.

Der Kompressor

Laut Beschreibung arbeitet der Kompressor analog mit FET-Technologie, um einen wärmeren Sound zu erzielen. Das Kompressionsverhalten beeinflusst hier eigentlich nur der mit „Comp“ beschriftete Regler – so wie es sich anhört, greift der sowohl auf Ratio als auch auf Attack zu und stellt brauchbare Kombinationen von beidem bereit. Da Kompressoren dazu neigen, das Signal gerade bei extremeren Einstellungen dunkler klingen zu lassen, hat Tech 21 hier einen zusätzlichen Höhenboost eingebaut, der auf das Frequenzband zwischen 2 und 3 kHz zugreift, um dem entgegen zu wirken. Außerdem kann die Ausgangslautstärke des Kompressors über den Level-Regler angepasst werden.

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In der Praxis kann man mit einem Kompressor entweder den Sound synthetisch verbiegen oder ihn völlig unauffällig mitlaufen lassen, um das Signal zum Beispiel live für den Tonmann genießbarer zu gestalten. Mit dem Kompressor im Tech 21 Bass Fly Rig kommt man auch mit extremen Einstellungen nie in den Bereich des unnatürlichen, bassaufgeladenen Pumpens, das vor allem im elektronischen Bereich oft als eigenständiger Effekt genutzt wird. Entsprechend eignet er sich weniger als eigenständiger, den Sound völlig verfremdender Effekt – dafür fehlen vor allem einzelne Regler für Attack und Ratio. Vielmehr kann je nach Spielweise Feintuning am Klang vorgenommen werden – dass das Gerät dabei trotzdem durchaus mal kräftig eingreifen kann, merkt man teilweise erst beim Direktvergleich.

Als Hörbeispiele habe ich einmal volle Kompression ohne Höhenboost und etwas moderatere Kompression mit mittlerem Höhenboost gewählt – man hört den Unterschied, das längere Sustain bzw. die komprimierten Höhen.

Der Chorus

Der im Tech 21 Bass Fly Rig verbaute Chorus ist eine abgespeckte Version des Tech 21 Bass Boost Chorus, den es auch einzeln zu kaufen gibt. Der einzelne Regler für die Intensität des Effekts lässt nicht allzu viel Flexibilität zu, dafür klingt der Chorus aber so wie er ist sehr gut. Gerade die extremen Einstellungen in Kombination mit einem Fretless (Soundbeispiel 20) klingen verdächtig nach den drogengeschwängerten Ausflügen eines Jaco Pastorius in den frühen 80ern – man möge sich vor allem seine abgedrehten Liveduelle mit Joe Zawinul, die ja heutzutage zum Glück auf Youtube verfügbar sind, zu Gemüte führen.

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Ich bin mit Sicherheit kein Spezialist für Chorus Sounds, trotzdem hatte ich im Laufe des Tests gerade mit dem Effekt einigen Spaß (siehe auch Hörbeispiele 1 und 2). Auf jeden Fall brauchbar und für die Synth-Sounds des Octafilter fast unverzichtbar – dazu später mehr.

Sansamp und Booster

Der Sansamp stellt sicherlich das Kernstück des Tech 21 Bass Fly Rig dar. Wie bereits in der Einleitung eingedeutet, sind Sansamp-Variationen schon so lange, wie ich mich für Bass-Equipment interessiere und vermutlich noch deutlich länger die mit bekanntesten Vertreter der Gattung Preamp mit Röhrenemulation. Bekanntlich lassen sich die Dinger sowohl als Verzerrer oder Klangfärbung vor dem eigentlichen Amp als auch als eigenständige Vorstufe einsetzen. In letzterem Fall bieten sich die Optionen, den Sansamp entweder in Kombination mit einer Endstufe zu betreiben oder das Signal über die standardmäßig eingebaute DI-Box direkt ins Pult zu schleifen – oder eben beides gleichzeitig.

Tech 21 Bass Fly Rig: Sansamp-Einheit.

— Tech 21 Bass Fly Rig: Sansamp-Einheit —

Diese Möglichkeiten sind natürlich auch hier vorhanden. Allerdings ist der im Tech 21 Bass Fly Rig verbaute Sansamp kein direktes Derivat einer der vielen als Einzeleffekt erwerblichen Versionen, sondern soll eine Kombination aus verschiedenen Charakteristiken mit etwas abgespeckter Klangregelung sein. Ein stufenloses Überblenden zwischen verschiedenen Röhrenamp-Emulationen ist über den mit „Character“ beschrifteten Regler möglich, und so wollen wir uns zunächst etwas mit dem befassen.

Laut Bedienungsanleitung kommt man im Bereich des Linksanschlags zu „Vintage 70’s Powerhouse Attitudes,“ was wohl auf pfundige Ampeg-Sounds hinweisen soll. In der Tat kommt auch, bei ansonsten neutralen Einstellungen, genau das heraus. Stark in den Tiefmitten und Bässen, warm, weich und mit etwas bedämpften Höhen lassen sich hier klassische Old-School-Klänge erzielen (Soundbeispiel 5.) Mit mehr Gain kommen körnig-weich verzerrende Stoner-Sounds zum Vorschein, wie sie auch ein langsam in die Sättigung gehender Ampeg SVT bringen würde. (Hörbeispiel 6.)

„Classic Studio Tones“ verspricht eine in etwa mittige Einstellung des Reglers. Die Beschreibung lässt mich etwas außen vor, das könnte im Prinzip alles zwischen Ampeg B15, Fender Bassman und Acoustic 360 sein. In der Praxis warten hier eher neutrale, aber etwas röhrig eingefärbte Sounds, wie in Beispiel 3 (etwas angezerrt) und Beispiel 21 (clean mit Höhen-Roll-Off durch den später noch näher erläuterten Octafilter). Auch das tönt in meinen Ohren sehr gelungen. Hier macht sich bereits die veränderte Gaincharakteristik bemerkbar, vor der in der Bedienungsanleitung gewarnt wird – bei gleicher Position des Drivereglers zerrt der Sansamp hörbar mehr, Nachregeln erlaubt aber auch weiterhin cleane Sounds.

Auf die Spitze getrieben wird das Ganze dann, wenn man den Regler weiter nach rechts bewegt. Bereits bei „neutraler“ Einstellung zerrt es mit meinem nicht übermäßig ausgangsstarken Bass ordentlich, an Motörhead oder alter Manowar erinnernde Sounds dringen ans Ohr. „Less polite, Modern Indie Bass Sounds“ trifft es zunächst nicht ganz, ich fühle mich an eine Mischung aus Lemmys Marshall-Beast und dem klassisch unterdimensionierten und damit brachial übersteuernden Fender Bassman mit 100 W erinnert (Hörbeispiel 4.) Clean ist hier nur noch mit ganz zugedrehtem Gain möglich, aber cleane Sounds kann der Sansamp mit weiter nach links gedrehtem Character-Regler deutlich besser.

Jetzt lässt sich die ganze Sache obendrein noch mit einer Dreiband-Klangregelung, einem mit mit „Bite“ beschriftetem Schalter für eine Anhebung der Präsenz-Hochmitten sowie dem Booster beeinflussen. „Bite“ hebt wie erwartet den Anschlag besonders bei Bässen mit eingeschraubtem Hals hervor. Für hart verzerrte Sounds sehr brauchbar, weil so die Definition und der Anschlag selbst bei wüstesten Zerrorgien nicht verloren geht. Der Booster kann per Switch entweder vor oder hinter den Sansamp geschaltet werden. Ersteres macht lediglich neutral lauter, was für Solopassagen sinnvoll ist, während letzteres ein stärkeres Signal in den Preamp füttert. Das kann entweder der ganz fixen Anpassung an ein Zweitinstrument dienen oder aber als zusätzlicher Kanal mit höherem Zerrgrad genutzt werden.

Die Klangregelung arbeitet eher moderat, aber effizient. Ein brutales Aufblasen der Bässe für abgrundtiefe Reggae-Grooves ist zum Beispiel weniger das Revier des Tech 21 Bass Fly Rig, aber immerhin ein sehr merkliches Anfetten. Ähnlich verhält es sich bei Höhen und Mitten, es bleibt stets erträglich, ohne Klangabfall zu produzieren. Erinnert, wie es wohl auch soll, eben an die Dreiband-Klangregelung vieler Röhrenamps, inklusive der gegenseitigen Beeinflussung der Regler.

Soundbeispiel 7 zeigt ein Anheben der Höhen bei aufgedrehtem Gain und Character leicht rechts, Soundbeispiel 8 einen Primus-ähnlich angezerrten Slapsound mit leicht geboosteten Bässen und stark angehobenen Höhen bei Character fast auf Rechtsanschlag. Hier hört man deutlich, dass diese Einstellung auch bei „niedrigem“ Gain schon aggressiv zerrt, aber auch etwas dünn klingt.

Soundbeispiel 9 ist dann die „Speed-Ahead-Variante“ mit voll geboosteten Höhen und Bässen, angewähltem „Bite“ und dem Booster davor, das geht schon viel deutlicher in Richtung der versprochenen „Less polite, Modern Indie Bass Sounds“ beziehungsweise „Full Tilt Distortion.“ Irgendwo in dem Bereich dürften sich die Einstellungen von Devo Andersson bei Marduk meist bewegt haben („Wormwood“ anhören!), und auch Tool und Konsorten hätten damit ihre Freude.

Zusammengefasst überzeugt der hier verbaute, irgendwie gleichzeitig abgespeckte und doch mit allen Optionen ausgerüstete Sansamp mit einer großen Bandbreite an sehr realistischen Röhrensounds. Die machen als Effekt vor dem Amp schon eine gute Figur, aber durch die implementierte Speaker-Simulation lassen sich vor allem beim Recording (oder direkt ins Pult spielen) so direkt verarbeitbare Zerrsounds erzeugen, die ihresgleichen suchen.

Der Ruf der Tech 21 Sansamp-Effekte als ultimative Studiowaffe ist also gerechtfertigt. Anders als beim Octafilter – dessen Analyse direkt folgt – ist die Bedienung des im Tech 21 Bass Fly Rig verbaute Sansamp auch kein Hexenwerk, hier kann man auch ohne Gebrauchsanweisung nach Herzenslust herumprobieren, sofern einem die grobe Bedienung eines Bassverstärkers nicht schon zu hoch ist

Das Octafilter

Da ich gerade bei Effektgeräten nicht der Typ bin, der erstmal die Bedienungsanleitung liest, sondern eher zu Plug & Play neige, stand ich beim Octafilter aber erst mal davor wie der Ochs vorm Berg. Tatsächlich kann man relativ viel Soundmüll produzieren, wenn man einfach an Reglern und Knöpfen dreht, ohne genau zu wissen, was abgeht. Im Prinzip ist hier in das Tech 21 Bass Fly Rig ein Envelopefilter eingebaut, dessen Güte und Bandverschiebung man mittels der Regler für Q und Range verändern und den man dem cleanen Signal zumischen kann. Zusätzlich kann man das Signal mit Octaver, Fuzz oder beidem verfremden, wodurch, so die Theorie, abgefahrene bis unnatürliche Sounds rauskommen, die, zusätzlich mit dem Kompressor aufgeblasen, nach Synths Richtung Minimoog klingen sollen.

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Aber eins nach dem anderen. Zunächst kann man mit dem Octafilter diverse Envelope- bzw. Auto-Wah-Sounds erschaffen. Mit allen Reglern auf 12 Uhr (Soundbeispiel 13) dringt ein typischer Discofunk-mäßiger Filtersound ans Ohr. Dieser lässt sich mit dem Q-Regler, der die Bandbreite des Filters regelt, aggressiver oder moderater einstellen. Voll aufgedreht geht es bei hartem Anschlag eher in Richtung quakender Ente (Soundbeispiel 14) Ganz zugedreht „waht“ plötzlich gar nichts mehr, dafür agiert dann plötzlich der Range-Regler als Höhenblende. Kann man auch mal brauchen, aber eine ziemlich wenig intuitive Doppelbelegung, auf die man ohne Bedienungsanleitung allenfalls zufällig stößt.

Ist Q nicht komplett zugedreht, greift der Range-Regler nämlich auf die Verschiebung des Filters zu – regelt also quasi das automatische Wah-Pedal. Je weiter er aufgedreht ist, desto aggressiver wird das „Pedal getreten,“ und das auch noch in Abhängigkeit von der Anschlagstärke. Voll aufgedreht geht es in Richtung hektischer Auto-Wah-Sounds à la Stuart Zender (Soundbeispiel 15), während auf Linksanschlag völlig dumpfe, abgefahrene Waberorgien möglich sind und auch die Anschlagsabhängigkeit schwächer wird, bis das Filter nur noch in gleichmäßiger, langsamer Geschwindigkeit verschoben wird. Vorsicht allerdings beim Drehen des Range-Reglers auf den rechten Anschlag: Plötzlich ist der Effekt aus, es wird nur noch das cleane Signal durchgelassen! Wozu das?

Diese Option wird verständlicher, wenn man sich die Zusatzoptionen anschaut. In den Octafilter sind nämlich noch ein „Octaver“ (warum der in Anführungszeichen steht, folgt umgehend) und ein Fuzz verbaut, die per Hand aktiviert werden können. Dreht man den Range-Regler ganz nach rechts, kann man mit den beiden Zusatzoptionen herumprobieren, ohne dass einem der Envelopefilter dazwischen funkt – das ist sinnvoll, aber ein zweites Mal ziemlich umständlich gelöst. Das Verhältnis der einzelnen Effekte untereinander lässt sich anderweitig leider nicht regeln.

Jedenfalls kann man so erst mal in Octaver und Fuzz einzeln hinein hören – und es auch gleich wieder lassen, denn standalone sind die beiden weniger brauchbar. Hier kommt der Mix-Regler wie gerufen. Mit dem kann man das verfremdete Signal – Filter, Fuzz, Octaver oder jegliche Kombination davon – stufenlos zum cleanen Originalsignal mischen. Bei den reinen Envelopefilter-Sounds ist das moderat witzlos, aber mit Octaver und Fuzz durchaus sinnvoll.

Der Octaver selber ist ein monophoner Synth-Octaver – hier darf man keinesfalls eine kellertiefe, sauber trackende Suboktave erwarten. Vielmehr klingt das Ganze 50/50 mit dem Originalsignal gemischt eher nach 80er Synth-Bass bzw. geht auch schon fast in Richtung des Sounds am Anfang von Jamiroquais Deeper Underground (Hörbeispiel 17.)

Der Fuzz gehört zur ganz fiesen, körnig-zerbröselnd verzerrenden Sorte – gemischt mit dem Originalsignal eventuell noch zu irgendetwas zu gebrauchen, aber allein stehend klingt es eigentlich nur noch ekelhaft. Irgendwie scheint das Teil auch noch mit einer Art Gate ausgerüstet zu sein, das bei nachlassendem Signal komplett zumacht (siehe Soundbeispiel 18 – erst 50/50 gemischt, dann den Mix in Richtung reines Fuzz verändert, bis es sich am Ende komplett aufschaukelt und dann wegbricht). Absicht oder nicht, klingt auf jeden Fall alles andere als schön.

Die Stunde von Fuzz und Octaver schlägt erst in Kombination mit dem Envelopefilter: Zusammen mit dem Mix-Regler und den Einstellungen des Filters lassen sich hier tatsächlich richtig gute Synth-Bass-Sounds kreieren, besonders in Kombination mit dem Sansamp und dem Kompressor. (Hörbeispiel 22) ist ein in der Bedienungsanleitung vorgeschlagener Moog-Sound, der eigentlich alle im Tech 21 Bass Fly Rig verfügbaren Effekte kombiniert und zeigt nur eine von schier unendlichen Möglichkeiten. Ganz anders tönen da zum Beispiel an Black Sabbath oder Church of Misery erinnernde verzerrte, psychedelische Auto-Wah-Sounds, die mit einer geschickten Kombination aus Sansamp und dem Envelope Filter samt Fuzz- und Octaver-Option abrufbar sind (Hörbeispiel 24).

Und schließlich offenbart sich auch noch der Sinn des Höhenblende-Modus bei komplett zugedrehtem Q-Regler. In (Hörbeispiel 23) wird ein zerrender Sansamp mit einer Mischung aus cleanem Basssignal und einer Fuzz-Octaver-Kombination mit leicht heruntergeblendeten Höhen gefüttert. Das Ganze erinnert dann irgendwie an einen Big Muff im Parallelmodus vor einem angezerrten Röhrenamp, wird aber gleichzeitig noch durch den synthigen Octaver angedickt. Sehr schön, solche Sounds sind, wie an 1001 Threads zum Thema „Wie bekomme ich den verdammten Muse-Sound aus meinem Big Muff“ erkennbar, durchaus gesucht.

Auch zum Zähmen der arg aggressiven Fuzz- und Octaver-Optionen lässt sich die Höhenblende innerhalb gewisser Grenzen einsetzen, ein solide alleinstehendes Fuzz oder einen sauberen Octaver bekommt man hier trotzdem nicht. Das scheint aber auch nicht Sinn der Sache zu sein, vielmehr lassen sich durch die beiden Zusatzfunktionen synthetische Färbungen hinzufügen, die gerade in Kombination mit den anderen Effekten sehr viel Spaß machen können.

Soundbeispiele aus der Bedienungsanleitung.

— Soundbeispiele aus der Bedienungsanleitung (u.a. Beispiele 22 (Moog) und 24 (Sabbath)) —

Die Bedienung wird durch die beiden doppelten Belegungen der Regler nicht gerade intuitiver, aber wenn man sich etwas eingearbeitet hat, kann man mit der Octafilter-Sansamp-Kombi stundenlang herumspielen und Sounds basteln, ohne dass es langweilig wird!

Das Stimmgerät

Den chromatischen Tuner aktiviert man, indem man den Chorus-Schalter etwas länger gedrückt hält. Funktioniert, schaltet auch gleichzeitig den Ausgang stumm – nicht sehr intuitiv, aber wenn man’s einmal weiß, kein Problem mehr. Der angespielte Ton wird dann im LC-Display angezeigt, zusammen mit einem kleinen gelben Pfeil nach unten oder nach oben, je nachdem, in welche Richtung nachgestimmt werden muss. Je weiter man sich dem korrekten Ton nähert, um so schneller blinkt der kleine gelbe Pfeil, bis schließlich eine grüne Lampe aufleuchtet. Die Stimmqualität ist sehr gut, eine Cent-genaue Anzeige oder gar Polytune sucht man hier allerdings vergeblich – wer sowas braucht, hat es aber eh schon auf dem Effektboard. Der Tuner zielt wohl eher auf die Fraktion ab, die das Tech 21 Bass Fly Rig als Standalone-Effekt nutzt.

Zusätzliche Optionen

Die DI des Tech 21 Bass Fly Rig verfügt über einen Ground Lift zur Unterbrechung von Brummschleifen. Zusätzlich lässt sich über einen Schalter der Klinkenausgang auf Kopfhörerbetrieb umschalten Allerdings gibt es hier keine Statusleuchte, was in meinem Fall dazu führte, dass ich beim ersten Ausprobieren des Geräts am Amp eine Weile suchen musste, warum mein Bass unangenehm hohe Pegel lieferte – die Kopfhörertaste war aktiviert. Der Kopfhörersound ist allerdings genau wie das DI-Signal allererste Sahne.

Tech 21 Bass Fly Rig: Der Lieferumfang beinhaltet auch das 9-V-Netzteil.

Tech 21 Bass Fly Rig: Der Lieferumfang beinhaltet auch das 9-V-Netzteil

Die einzige Option, die ich am Tech 21 Bass Fly Rig nicht optimal gelöst finde, ist die Sache mit dem Eingangsgain. Der ist lediglich über einen Pad-Schalter herunterregelbar, aber nicht stufenlos einzustellen. Natürlich kann man mit dem Booster nachregeln, aber der hängt ja wieder hinter Octafilter und Kompressor … Leicht unangenehm, ein kleiner Wermutstropfen, der nach Notlösung aussieht.

Der an die digitale Brave New World gewöhnte Nutzer wird hier vielleicht auch noch Speicheroptionen für Einstellungen vermissen. Tatsächlich wären die gerade bei der extremen Bandbreite der erzielbaren Sounds unglaublich praktisch. Allerdings ist der Tech 21 Bass Fly Rig komplett analog aufgebaut, was die Realisation einer solchen Option recht kompliziert machen würde. Immerhin hilft die Bedienungsanleitung auf die „größtmögliche analoge Weise“ aus: Es gibt Kopiervorlagen zum Eintragen verschiedener Einstellungen mit dem Bleistift auf einem Blatt Papier! Leicht Redneck-mäßig, aber bei der Bauweise nicht anders realisierbar und damit auch in Ordnung.

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Fazit

Nach diesem ausführlichen und durch die vielfältigen Optionen des Geräts etwas sperrig gewordenen Test ein ganz kurzes Fazit: Absolute Empfehlung! Der Tech 21 Bass Fly Rig liefert gerade durch die Kombination aus dem mit Fuzz und Octaver angereicherten Envelope Filter und dem flexiblen Mini-Sansamp eine unglaubliche Vielfalt an Sounds, die von leicht röhrigem Einfärben und cleaner Vorstufen-Emulation bis zu brachialsten Zerr- und Synthsounds alles in höchster analoger Qualität abliefern. Durch einen simplen Chorus, einen ordentlich eingestellten Kompressor sowie ein Stimmgerät erweitert, kommt Tech 21 hier der angepriesenen Allzweckwaffe sehr, sehr nahe.

Der Tech 21 Bass Fly Rig macht als Effekt vor dem Amp eine sehr gute, aber als Recording-Tool bzw. Vorstufe eine noch bessere Figur. Dem harten Livebetrieb stehen die kleinen Abmessungen und die dadurch etwas fummelige Bedienung etwas entgegen – aber mit etwas Gewöhnung lässt sich damit leben. Zu einem Preis von 325,- Euro bekommt man hier so viel geboten, dass sich die Investition auf jeden Fall lohnt, zumindest wenn man nicht bereits über ein Effektboard mit entsprechenden hochwertigen Effekten verfügt. Auch dann sollte man das Gerät aber aufgrund seiner überragenden Recording-Qualitäten und der einfachen Transportfähigkeit mal antesten.

Plus

  • Soundqualität
  • Flexibilität
  • Verarbeitung
  • kompakte Abmessungen
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

Minus

  • leicht fummelige Bedienung
  • suboptimale Lösung für den Eingangsgain

Preis

  • Ladenpreis: 325,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    clausiii

    Ich habe die Gitarrenversaion vom Fly Rig und bin sehr zufrieden damit, allerdings werden die Minipotis (zumindest bei mir) immer schwergängiger bzw einer davon fast nur mehr mit Zange veränderbar…
    Dennoch vom Sound her super.

    • Profilbild
      Peter-Philipp Schierhorn RED

      @clausiii Das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen… so ein Dauertest für Effektpedale wäre mal was, aber das geht natürlich nicht mit Testgeräten. Tatsächlich hab ich aber auch noch nie irgendwo einen Bericht zur tatsächlichen Langzeithaltbarkeit von so Geräten gesehen – wär evtl eine Idee für ein Special. Wäre aber halt auch interessanter, wenn das wer macht, der mehr als meine 5 Standardpedale dauerhaft aufm Board hat (hustGitarristenhust)

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Dieses Produkt steht in direkter Konkurrenz mit dem Boss ME 50b.
    Das ME 500B ist ein einfach zu bedienendes Multieffekt, dass auf keinem Effektboard eines Bassisten fehlen darf. Ich bin hochzufrieden und kann es nur empfehlen für alle die ein kompaktes Effektgerät suchen. Die Effekte sind in bester Boss Qualität.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      Meines Wissens ist das Fly Rig ein analoges Pedal, während das Boss ME 50B ein Modeller ist – insofern komplett andere Gerätekategorie. (Dies ist übrigens kein Beitrag zum Beginn einer erneuten analog-digital-Diskussion, sondern lediglich eine sachlich-nüchterne Feststellung zur Einordnung der beiden Geräte)

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Okay es ist analog weiss ehrlich nicht so genau wie anders das klingt. Muss ich mal im Geschäft testen. Aber das boss me50b habe ich selbst und als Bassist brauche ich keine 5 Effekte gleichzeitig. Das Ding ist Bedienungstechnisch genial aufgebaut und Sounds sind mit dem Fuß abrufbar und ein Pedal kann verschiedene Aufgaben übernehmen, alles hat eine analoge Bedienelemente, für die meisten glaube ich bleiben da keine wirklichen Wünsche übrig. Aber egal, wenn es analog sein muss, dann ist es natürlich nix.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      Es geht eigentlich nicht um den Unterschied im Klang (der Blindtest-Wahn lässt grüßen), sondern es sind völlig unterschiedliche Gerätekonzepte: Bei einem Modeller gibt’s unzählige völlig unterschiedliche Sounds, die durch digitale Modellierung analoger Originalsounds erzeugt werden, die sich wiederum zu noch mehr Soundkombinationen kombinieren und in Presets abspeichern lassen. Das Boss ME 50B gehört dazu und konkurriert z.B. mit Line6.
      Das Fly Rig hingegen ist wie ein Bundle von Einzel-Analog-Pedalen, die in einem Gehäuse zusammengefasst wurden: viel weniger Soundvielfalt, keine Presets, dafür analoger Aufbau, für die, die das wollen.
      Ich persönlich nutze beides für unterschiedliche Einsatzzwecke. Beides hat Vor- und Nachteile. Ich sehe z.B. Modeller immer eher als Stand-alone-Einzellösungen, während ich zum Aufbau von Ketten aus unterschiedlichen Geräten vorzugsweise analoge Lösungen verwende, um nicht so lange A/D-D/A-A/D-D/A-Wandler-Ketten zu erzeugen – aber bitte, alles Geschmackssache. Was mich am aktuellen Analog-Trend im Synthesizerbereich stört, ist, dass das Schlagwort „analog“ bei manchen das Gehör auszuschalten scheint. Es gibt geile Analogsachen und geile Digitalsachen (und das Gegenteil ebenso) und wer selber hören kann, ist klar im Vorteil.

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