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Test: Tegeler Audio EQP-1 Röhrenequalizer

Zwei Pultecs zum kleinen Preis?

28. August 2017


„Druckvolle Bässe und unbeschreibliche Höhen“ verspricht die Produktwerbung für den Tegeler Audio Manufaktur EQP-1. Der Berliner Hersteller unter der Leitung von Firmengründer und Chefentwickler Michael Krusch mischt schon seit vielen Jahren den Markt für High-End Audiogeräte mit günstigen Angeboten auf – trotz Handarbeit und hochwertigen Bauteilen.

Eines der ersten Geräte der Berliner vor über 10 Jahren war der Tegeler Classic Tube Equalizer, ein passiver Entzerrer auf drei Höheneinheiten (HE) mit 6 Filtern, der damals für rund 1.700,- Euro erhältlich war. Der EQP-1 ist gewissermaßen der Nachfolger. Er ist in der Höhe geschrumpft, bietet aber trotzdem 8 Filtereinheiten – und das verteilt auf zwei Kanäle.

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Grundlagen zum Tegeler EQP-1 Röhrenequalizer

Der Tegeler Audio Manufaktur EQP-1 ist ein passiver Equalizer in der Tradition des Studioklassikers Pultec EQP-1A von Pulse Techniques. Passiv bedeutet in diesem Fall, dass das Signal zunächst abgesenkt wird und diese Absenkung dann anschließend selektiv rückgängig gemacht werden kann. Dreht man also z.B. bei 5 kHz die Höhen auf, wird intern nichts verstärkt, sondern bei dieser Frequenz die vorherige Absenkung abgeschwächt. Damit das Signal nicht viel leiser aus dem Gerät herauskommt als es hinein geschickt wurde, befindet sich hinter dem eigentlichen Equalizer, d.h. der Filtersektion, noch ein Aufholverstärker, der in der Neutralstellung den Ursprungspegel wieder herstellt – „unity gain“ nennt man das. Genau wie beim Pultec basiert diese Aufholstufe auch beim EQP-1 auf einer Röhrenschaltung, die für einen nicht unbedeutenden Teil des charakteristischen Klangs verantwortlich ist.

Ein weiteres Element, das den Klang bereits in Neutralstellung der Klangregler beeinflusst, sind die Übertrager. Das Signal wandert aufgrund des Induktionsprinzips von einer Spule in die andere und erfährt dabei hochkomplexe und im Idealfall subjektiv klangverbessernde Einwirkungen. Diese können von subtil bis auffällig reichen und sind oft gar nicht leicht zu beschreiben. Mehr Gewicht, Definition, Ordnung, Druck oder Wärme sind passende aber eben kaum verobjektivierbare Begriffe.

Anders als die in moderneren Mischpulten verbreiteten aktiven Equalizer werden in klassischen Passiv-Designs zudem noch Induktivitäten, d.h. Spulen als klangformende Elemente eingesetzt. Sie sind eigentlich nichts anderes als „halbe“ Übertrager und werden wahlweise für übertragerähnliche Klangveredelung oder ihre auffällige Neutralität gepriesen. Tatsächlich klingen spulenbasierte Equalizer in der Regel sanfter und weniger aufdringlich als die meisten aktiven Schaltungen mit ICs.

Überblick zum Tegeler EQP-1 Röhrenequalizer

Der Tegeler Audio Manufaktur EQP-1 ist im Gegensatz zum Vintage-Klassiker wie schon zuvor gesagt nicht nur ein- sondern zweikanalig ausgeführt. Er verfügt über übertragersymmetrierte Ein- und Ausgänge und harte – d.h. Ein- und Ausgang kurzschließende – Bypass-Schaltungen. Für die Bassabsenkung bzw. -anhebung als Kuhschwanzfilter stehen die Frequenzen 20 Hz, 30 Hz, 60 Hz sowie 100 Hz zur Verfügung. Die Höhenanhebung bietet ein Glockenfilter regelbarer Bandbreite mit den Frequenzen 3 kHz, 4 kHz, 5 kHz, 6 kHz, 8 kHz, 10 kHz, 12 kHz, 16 kHz und 20 kHz. Bei der Höhendämpfung, welche wiederum als Kuhschwanzfilter ausgeführt ist, stehen die Frequenzen 5 kHz, 10 kHz und 20 kHz zur Auswahl. Das alles findet trotzdem in einem 2 HE Gehäuse Platz.

Die Frequenzangaben sind nicht unbedingt wörtlich zu nehmen, sondern eher grobe Richtwerte. Einen passiven Equalizer stellt man nach Gehör ein – es geht darum, Akzente zu setzen. Für technisches EQing ist dagegen ein voll-parametrischer aktiver EQ eigentlich immer die bessere Wahl.

Kontakt

Für ein 2 HE Gehäuse fiel der Versandkarton unerwartet groß aus. Der Grund dafür ist die spezielle Verpackung, die man sich bei der Tegeler Audio Manufaktur hat einfallen lassen. Der Equalizer kommt nämlich in einer großen, auf alt getrimmten „Schatzkiste“ aus Holz. Der Sinn erschließt sich hier zumindest nicht aus der Praxis, da 19“ Geräte in der Regel einmal ins Rack geschraubt werden und dann dort verbleiben. Mitgeliefert wird neben dem obligatorischen Stromkabel, der Anleitung und etwas Marketingmaterial auch ein Putztuch für die Front des Geräts.

Die Marketingabteilung hat überhaupt ganze Arbeit geleistet. Hochglanzfotos in der durchdesignten Anleitung rücken das kunstvoll veredelte blauglänzende Frontpanel mit der altmodischen großen roten Statusleuchte ins rechte Licht. An einem Rackohr baumelt zudem beim Auspacken ein Etikett an einer grobe Kordel. Es gibt Auskunft über die handschriftlich abgehakten erledigten Arbeitsschritte, wie etwa Endprüfung und -reinigung.

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Ich persönlich betrachte Studiogeräte als Arbeitswerkzeuge und sehe solche Fetisch- und Sammlerelemente eher kritisch. Aber vielleicht sind derartige Gimmicks heutzutage notwendig, um in einem umkämpften Markt zu bestehen. Klar sollte jedem sein, dass er die „Piratenkiste“, ob er sie nun braucht oder nicht, natürlich mitbezahlt.

Im Rack macht der Tegeler Audio Manufaktur EQP-1 nach dem Einbau dank des schönen Frontpanels jedenfalls eine gute Figur.

Innere Werte

Ein Blick unter die Haube offenbart, dass für die Stromerzeugung ein recht komplexes Schaltnetzteil zur Anwendung kommt. Hochwertige Trafos von Pikatron und einige Spulen lassen auf saubere Spannungsversorgung hoffen.


Die für die Ein- und Ausgänge verwendeten Übertrager sind – zumindest für den Ausgang – relativ kleine Exemplare vom britischen Hersteller Vigortronix. Hinter der Firma verbirgt sich ein Entwickler, der schon bei Belclere arbeitete, die früher auch Übertrager für Neve und die BBC Pulte anfertigten. Anschließend gründete er das unter DIY-Freunden bekannte Unternehmen OEP, mit deren Produkten auch die Vigortronix-Übertrager viel gemeinsam haben. Preislich sind die Übertrager eher am unteren Ende angesiedelt. Vergleichbare Bauteile von Herstellern wie Carnhill, Sowter oder Cinemag kosten ein Vielfaches.

Der Übertrager der Zwischenstufe des originalen Pultec Layouts wurde augenscheinlich durch einen IC-Operationsverstärker vom Typ OPA2604 ersetzt. Messtechnisch ein zweischneidiges Schwert, da er hohe Versorgungsspannungen benötigt, um ordentliche Leistung zu bringen. Zu testen, ob eine solche hier eingesetzt wurde, habe ich mir allerdings vorsichtshalber verkniffen.

Die Verstärkung erfolgt durch je eine Röhre des Typs ECC88 pro Kanal vom Herstellers JJ Electronic. Die Konkurrenz verwendet hier wie der originale Pultec häufig zwei Röhren pro Kanal.

Die meisten Filterkondensatoren befinden sich auf der Platine hinter dem Frontpanel. Sämtliche sind überwiegend relativ große SMD-Bauteile, daher vermutlich viele Folienkondensatoren. Weil letztere bei den hohen Temperaturen im Reflow-Ofen oft Schaden nehmen, was dann zu Qualitätseinbußen führt, ist bei High End Equalizern nach wie vor zumindest für die Filterbausteine die Verwendung von klassischen Polyester- und Polyethylen-Kondensatoren in Durchlochmontage üblich.

Sparmaßnahmen sind beim relativ dünnen Blech des einfach aufgebauten Gehäuses, ebenso wie bei den verwendeten Knöpfen bemerkbar. Das geht angesichts des vergleichsweise niedrigen Verkaufspreises aber in Ordnung.

Die Verarbeitung des Geräts ist durchweg sehr gut, anders als z.B. bei vielen günstigen chinesischen Geräten finden sich keinerlei Lötrückstände, schief montierte Komponenten oder ähnliches.

Messungen

Um einen Eindruck von der objektiven Klangqualität zu erhalten, haben wir Sinustöne durch das Gerät geleitet. Die gemessenen Verzerrungen waren dabei schon bei moderaten Lautstärken röhrentypisch hoch. Auffällig war allerdings, dass bereits einige dB vor den als Maximalpegel angegebenen +20 dBu ein starker Anstieg der Verzerrungen zu verzeichnen war.

Je nach verwendetem Wandler waren zudem teils deutliche Störgeräusche messbar. Entweder lag hier ein Erdungsproblem vor, das altbekannte Pin 1 Problem, oder vom Wandler produzierte Anteile außerhalb des Hörbereichs brachten die Verstärkerstufe aus dem Takt. Bei Röhrengeräten kann so etwas durchaus vorkommen. Mit dem „richtigen“ Wandler erzeugte der Tegeler Audio Manufaktur EQP-1 jedenfalls ein für Röhrenschaltungen vorbildlich niedriges Grundrauschen.

Der Klang des Tegeler EQP-1 Röhrenequalizer

Schon bei neutraler Einstellung ist eine deutliche Klangfärbung auszumachen. „Unbeschreiblich“ ist sie nicht. Die Höhen sind etwas belegt und klirrig, Transienten werden abgeschliffen, Bässe erhalten die für Übertrager typische Kompaktheit. Für meinen persönlichen Geschmack gehen doch recht viele Details und einiges an Knackigkeit des Ausgangssignals verloren. Im Zusammenhang kann die Klangveränderung durch den EQP-1 natürlich trotzdem genau das Richtige für ein Signal sein.

Bei lauteren Signalen kommt es schon vor Erreichen des eigentlichen Maximalpegels hörbar zu den bereits gemessenen Verzerrungen, insbesondere im Bassbereich. Hier machen sich vermutlich die geringen Ausmaße der Ausgangsübertrager bemerkbar. Deutlich zu hören ist dies im Beispiel „Loop1“.

Davon abgesehen macht das Gerät, was passive Equalizer am besten können: große, grobe Eingriffe, die vergleichsweise natürlich klingen.

Zum Vergleich habe ich bei zwei Klangbeispielen noch die Kurven des EQP-1 mit einem klassischen aktiven EQ mit Sallen-Key-Topologie gematcht.

Marktsituation

Konkurrenten gibt es viele. Für knapp 600,- Euro mehr bekommt man z.B. zwei WES Audio LC-EQP, die mit Carnhill-Übertragern, linearem Netzteil mit Ringkerntrafo, 2 Röhren pro EQ, WIMA-Kondensatoren und wertigerem Gehäuse tatsächlich High-End-Niveau bieten.

Ähnliches bieten zwei Warm Audio EQP-WA – für knapp 100,- Euro mehr als bei der Tegeler Audio Manufaktur.

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Fazit

Der Tegeler Audio Manufaktur EQP-1 bietet anhand seiner Eckdaten erst mal viel für den aufgerufenen Preis. Klanglich und messtechnisch machen sich aber Sparmaßnahmen insbesondere durch Verzerrungen bemerkbar. Im Mix und bei der Produktion lässt er sich trotzdem gewinnbringend einsetzen.

Plus

  • hochwertige Verarbeitung
  • Preis

Minus

  • hörbares Clipping schon bei relativ niedrigem Pegel

Preis

  • Ladenpreis: 1.690,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Franz Walsch AHU

    So wie ich die Firma kennengelernt habe, ist das nicht Marketing, sondern Stolz über das eigene Produkt. Die Kiste ist um Klassen besser, als die von anderen Herstellern angebotenen unerwünschten und mit bezahlten Zugaben. Außerdem hat man volles Rückgaberecht und eine auch nach Jahren ansehnliche und nützliche Umzugsverpackung. Den Preisvergleich kann ich nicht nachvollziehen. 600 Euro mehr finde ich da schon sehr viel mehr und die Geräte sind dazu schwerlich vergleichbar. Hier bekommt man noch ein Stück echte Manufakturware und das zu einem sehr guten Tarif. PS: Nein ich habe kein Tegeler Gerät und bekomme auch kein Geld für diesen Leserbrief.

  2. Profilbild
    network-909

    Super Testbericht. Dass Pultec-style-EQs schon in Neutralstellung den Klang färben, würde ich als Käufer allerdings erwarten, deswegen für mich eigentlich kein Negativpunkt.
    Zum Operationsverstärker OPA2604: da ist bzgl. der Versorgungsspannung eigentlich nichts besonderes zu sehen. Laut Datasheet ist der sogar ziemlich flexibel und läuft schon ab 4.5V und verträgt maximal 24V (pro rail). Opamps in Audiogeräten laufen eigentlich immer mit +/-12V, 15 oder 18V.

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