Viel Lautsprecher für sehr wenig Geld
Die Kiste, die der DHL-Fahrer kürzlich vor die Haustür stellt, war ganz schön schwer für ihre Größe. Thomann hat mir den the box CL108 MKII passiven Fullrange-Lautsprecher zum Test geschickt. Der soll so viel wiegen? Das Geheimnis wurde beim Öffnen der Kiste gelüftet.
the box – Eigenmarke mit Pfiff
Ich hatte schon einige Produkte der Thomann-Eigenmarke „the box“ im Testlabor und oft war ich von der Qualität positiv überrascht. 162 Produkte liefert mir die Thomann-Suche nach der Eingabe des Markennamens. Enthalten ist alles, was man für die Beschallung von kleinen bis großen Veranstaltungen benötigt: aktive und passive Lautsprecher, Flugzubehör, Komplett-Sets für Entertainer und Bands und vieles mehr. Selbst einen Keyboard-Verstärker hat Thomann unter dem the box-Label im Programm.
the box CL108 MKII passiver Fullrange-Lautsprecher
Eigentlich müsste diese Überschrift im Plural stehen, denn nach dem Öffnen des Pakets erklärt sich das hohe Gewicht von über 18 kg (samt Verpackungsmaterial): Im Paket befinden sich gleich zwei the box CL108 MKII. Ein Blick auf die Thomann Website offenbart, dass die the box CL108 MKII als Paar verkauft wird und der aufgerufene Preis von 159 Euro ein Paarpreis ist. Verwundert reibe ich mir die Augen und schaue noch einmal hin: Es ist wahr – 159 Euro für zwei the box CL108 MKII. Da bleibt noch etwas Geld für die notwendige Endstufe übrig, denn es handelt sich hier um passive Lautsprecher, also Lautsprecher ohne integrierte Endstufe.
Ein Blick auf die technischen Daten zeigt, dass der Name Programm ist: Die the box CL108 MKII sind passive Fullrange-Lautsprecher mit einer 8 Zoll Bass-Bestückung und einem 1 Zoll Kompressionstreiber. Die Belastbarkeit wird mit 150 Watt RMS und 600 Watt Peak angegeben. Ausreizen würde ich diese nicht, denn der Lautsprecher scheint über keinerlei Schutzschaltungen zu verfügen. Die Impedanz beträgt 4 Ohm, der maximale Schalldruck laut Bedienungsanleitung 115 dB. Eine Angabe dazu, wie dieser ermittelt wurde, fehlt leider.
Der Frequenzgang beträgt laut Thomann 100 Hzz bis 19 kHz. Das ist eine Überraschung, denn andere Hersteller würden hier frech mindestens 60 Hzz als unterste Grenzfrequenz angeben. Thomann scheinen hier nichts versprechen zu wollen, was ein 8 Zoll Basstreiber nicht halten kann und peilen eher die Wahrheit an als Fantasiewerte. Das gefällt mir. Trotzdem notiere ich mir, dass ich das später messtechnisch überprüfen möchte.
Der Abstrahlwinkel wird mit 90° x 60° angegeben und damit liegt die the box CL108 MKII in der für diese Lautsprechergattung üblichen Norm. Die angenehm geringen Abmessungen von 280 x 415 x 250 mm sorgen für ein geringes Transportvolumen und ich würde Interessenten empfehlen, gleich ein passendes Rollcase für beide Lautsprecher dazu zu bestellen. Dass dieses dann immer noch in den Kofferraum eines Kleinwagens passen wird, zeigt das folgende Foto des Kartons mit beiden the box CL108 MKII drin.
Ein einzelner Lautsprecher wiegt übrigens rund 9 kg. Das ist ein gut tragbares Gewicht. Beim Transport hilft zudem ein Stahlgriff an der Oberseite des Lautsprechers. Ein 36 mm Hochständerflansch sorgt dafür, dass der Lautsprecher vernünftig auf ein Stativ gesetzt werden kann. Anschluss an eine Endstufe findet er über eine NL4-Buchse mit der Belegung 1+/1-. In der Nähe dieser Buchse liegt auch ein kleiner, versenkt angebrachter und sehr schwergängiger roter Schalter, mit dem man den Hochtonpegel um 3 dB anheben kann. Da es sich um einen passiven Lautsprecher handelt, darf hier mit passiven Komponenten auf der Frequenzweiche gerechnet werden, die diese Anpassung vornehmen. Auch das kommt auf meine Liste für die spätere Messung.
Noch einige Worte zur Verarbeitung: Diese ist für diese Preisklasse tadellos. Ein stabiles Metallgitter mit dahinterliegendem Schaumstoff schützt die Lautsprecherkomponenten vor Stößen und Feuchtigkeit. Das mit schwarzem Strukturlack behandelte MDF-Gehäuse macht ebenfalls einen sehr stabilen Eindruck. Das Gehäuse ist übrigens an den Seiten abgeschrägt, sodass auch eine Verwendung als Monitorbox auf dem Boden liegend infrage kommt.
Testablauf
Auch im Februar 2021 hat Corona die Welt noch fest im Griff und somit muss aufgrund des Lockdowns und fehlender Veranstaltungen der Test zuhause stattfinden. Eigentlich hätte ich dafür gerne den eigenen Garten genutzt, doch aufgrund tagelangen Schneefalls befindet sich eine über 40 cm dicke Schneedecke auf Wiese und Terrasse und bei -14 Grad Celsius möchte ich Lautsprecher, Endstufe und das aus Computer, Interface und Mikrofon bestehende Mess-Equipment nicht gleich einem Belastungstest aussetzen. Also messe und höre ich im Wohnzimmer.
Für die Verstärkung kam eine Endstufe aus der QSC GX-Serie zum Einsatz. Dieser wurde das Signal direkt aus dem Interface zugeführt, an das per USB 2 ein MacBook angeschlossen war. Das Messmikrofon mit Kugelcharakteristik stand in etwa 1-1,5 m Abstand zum Lautsprecher mit Ausrichtung auf die 0°-Achse. Zumindest den Boden habe ich mit dicken Kissen und Decken ausgepolstert, um Reflexionen zu vermindern. Messungen in Räumen sind immer ungünstig, da sich Reflexionen an Wänden, Decke und Boden zwangsläufig auf die Messung niederschlagen. Dennoch unterstreichen sie in der Regel das Gehörte, sodass ich sie trotzdem durchführe. Die Erfahrung zeigt, dass sie oft sehr nah an den Herstellerangaben liegen, auch wenn dieser im schalltoten Raum gemessen hat.
Für den Hörtest wurde verschiedenes Audiomaterial zugespielt: Von Pop bis Rock, alt bis aktuell. Immer mit dabei sind in jedem Fall verschiedene Titel von Dire Straits, Bruce Springsteen und anderen Künstlern, die mir sehr gut bekannt sind. Bei diesen weiß ich, worauf ich achten muss und wie sie auf hochwertigen Lautsprechern klingen.
Bei allem, was im Folgenden gesagt beziehungsweise zum Klang geschrieben wird, ist zu beachten, dass ein einzelner Lautsprecher keine 80 Euro kostet. Dass hier keine hochwertigen Komponenten verbaut sind und auch niemand hochwissenschaftliche Experimente angestellt hat, um den Klang in irgendeiner Form zu optimieren, dürfte hoffentlich jedem klar sein. Trotzdem ist ein Test ein Test und Kritik gehört dazu. Hier wird nichts geschönt.
Erster Klangeindruck
Nach dem Verkabeln folgte ein kurzer Hörtest. Zunächst ein ruhiger Titel des aktuellen Bruce Springsteen Albums „Letter to you“. Der erste Titel des Albums ist eine Ballade mit ruhiger Gitarren- und Keyboard-Begleitung. Drums spielen keine große Rolle und kommen eher als Percussion-Instrument zum Einsatz. Der Titel klingt sehr gut. Springsteens Stimme steht schön weit im Vordergrund und vom Gefühl her vor dem Lautsprecher. So kenne ich den Titel auch von anderen, teureren Lautsprechern.
Es folgt der zweite Titel des Albums: „Letter to you“ ist ein Rock-Titel, live im Studio eingespielt von Springsteens legendärer E Street Band. Auch hier entwickelt der Lautsprecher eine angenehme Klangfülle. Im Bassbereich muss man allerdings Abstriche machen.
Ich wechsele zu anderen Musikstilen mit deutlichem Bass-Fundament. Hier wird es zunehmend schwierig. Es fällt stark auf, dass der the box CL108 MKII Wärme und Fülle fehlt, wenn bestimmte Bereiche im Mix nicht betont sind. Mixe, die ein ausgeprägtes Bass- und Höhenbild zeigen, die Mitten jedoch eher sparsam behandeln, klingen topfig und dünn. Das wird noch extremer, wenn man die +3 dB Höhenanhebung auf der Rückseite aktiviert.
Aus diesem Grund entschließe ich mich, lieber in der Zeit zurück zu gehen und starte einige Titel vom Dire Straits Album „Brothers in Arms“. Dieses klingt ähnlich wie das aktuelle Springsteen Album wieder erheblich ausgeglichener. Aber es fehlt halt was im Bassbereich.
Noch weiter zurück, und zwar ins Jahr 1975, geht es mit Springsteens Album „Born to run“. Hier sind es die beiden Titel „Backstreets“ und „She’s the one“, die ich heranziehe. In beiden Titeln spielen das von Max Weinberg gespielten Schlagzeug eine herausragende Rolle. Insbesondere die Toms knallen schön und klingen auf guten Lautsprechern entsprechend. Die the box CL108 MKII transportieren das zwar zurückhaltender, als ich es gerne hätte, aber doch noch erstaunlich gut.
Mein Klangeindruck vor den Messungen: Erwartungsgemäß aufgrund der 8“ Basslautsprecher wenig Bass unter 100 Hz, etwas topfiger Klang, ausgeprägter Bereich oberhalb von 3 kHz und Höhenbetonung. Mal schauen, was die Messungen dazu sagen.
Messergebnisse und Bewertung
Der Messaufbau wurde bereits oben beschrieben, gemessen habe ich in diesem Fall mit der kostenlosen Software REW. Es wurden drei Messungen durchgeführt:
- Messung mit ausgeschalteter Höhenanhebung
- Messung mit +3 dB Höhen-Boost
- Messung als Wedge auf dem Boden liegend
Um es kurz zu machen: Die Messungen bestätigen ziemlich genau das Hörerlebnis. Ihr seht zunächst die Messung mit ausgeschalteter Höhenanhebung und dann mit eingeschalteter Höhenanhebung bei einer leichten Glättung auf 1/48 Oktave. Wir sehen ein beachtliches Gebirge mit deutlichen Tälern bei 150-160 Hz und von 1 bis 3 kHz. Andersherum könnte man auch von einem Boost von 200 bis 400 Hz, 520 bis 820 Hz und von 3 kHz aufwärts sprechen. Interessanterweise geschieht zwischen ca. 63 Hz und 150 Hz eine Menge. Ich hätte vermutlich als Hersteller die untere Grenzfrequenz bei 63 Hz angegeben und nicht bei 100 Hz.
Die Messung mit zugeschaltetem Höhen-Boost sieht erwartungsgemäß ähnlich aus und oberhalb von 5 kHz kommen die beschriebenen 3 dB drauf.
Interessant ist die dritte Messung, während der die the box CL108 MKII als Wedge auf dem Boden lag. Neben einer Anhebung in den Höhen (ohne Höhen-Boost Schaltung) kommt es zu einer Verschiebung im Bassbereich. Zwischen 100 Hz und 1 kHz verhält sich die the box CL108 MKII etwas ausgeglichener und das hört man auch deutlich.
Sehr eindrucksvoll sieht man den Unterschied, wenn man alle drei Messungen stark glättet (so wie die Hersteller es meist tun). Bei einer Glättung von 1/1 Oktave sieht das Ergebnis wie folgt aus:
Die blaue Kurve zeigt die Messung bei Nutzung als Bodenmonitor. Damit kann man sehr gut arbeiten. Die the box CL108 MKII klingt wesentlich ausgeglichener und der etwas nasale Charakter ist verschwunden. Stattdessen klingt sie unten herum runder und wärmer. Was ein deutlicher Unterschied!
Erwartungshaltung vs. Realität
Eingangs habe ich bereits angedeutet, dass Erwartungshaltung und Realität gemessen am Verkaufspreis stark auseinandergehen können. Wie soll man ein Produkt, das pro Stück knapp 80 Euro im Laden kostet, richtig bewerten? Zunächst einmal müssen die Fakten betrachtet werden: Das Produkt klingt gemessen an der Preisklasse brauchbar. Nicht mehr, nicht weniger. Man bekommt genau das, was man für 80 Euro erwarten kann und darf. Hinsichtlich der Verarbeitung ist die the box CL108 MKII besser verarbeitet als man es erwarten würde. Das ist ein deutliches Plus.
Betrachtet man die Ergebnisse, stellt sich die Frage, was man mit einem solchen Produkt anstellt?
Als Fullrange-Lautsprecher für Musik leistet mir die the box CL108 MKII zu wenig. Hier ließe sich zwar mit einem guten Controller oder EQ noch etwas mehr Klangqualität herauskitzeln, indem man die Landschaft etwas begradigt und ihr so den topfigen Klangcharakter nimmt, aber so richtig zufrieden wird das nicht stellen, wenn man Musik über die the box CL108 MKII spielen möchte. Ich würde hier zum Kauf eines 15“ Subwoofers raten. Das passende aktive Modell hört auf den Namen the box CL115 Sub MKII (hier der Link) und bringt gleich die zwei passenden Endstufen für die beiden passiven the box CL108 MKII mit. Wer jetzt noch mit einem EQ oder Controller wie dem the t.racks DSP204 (hier der Link) etwas nachhilft, wird mit einem guten Sound für unter 800 Euro belohnt. Man könnte das noch weiter optimieren, indem man den beiden the box CL108 MKII eine eigene Endstufe spendiert (zum Beispiel the t.amp E-800 für 159 Euro). Man erhält dann ein aktiv getrenntes und Controller gesteuertes System für unter 1000 Euro. Damit kann man als DJ oder kleine Band schon Geburtstage oder andere Feiern mit bis zu 100 Personen rocken.
Als Lautsprecher zur Sprachbeschallung, zum Beispiel am Messestand, dürften die the box CL108 MKII gut funktionieren. Der Boost oberhalb von 3 kHz verschafft den Stimmen viel Durchsetzungskraft und schiebt diese, sofern man sich als Sprecher hinter den Boxen aufhält, ohne große Rückkopplungen ordentlich nach vorne.
Als Wedge gefällt mir die the box CL108 MKII noch besser. Hier klingt sie ausgeglichener und mit einem 3- oder 4-Band EQ im Aux-Weg eines Digitalpults könnte man schon einiges damit anstellen. Die Tatsache, dass man für 159 Euro gleich zwei CL108 MKII bekommt, macht sie sehr attraktiv. Ein Vier-Mann/Frau-Band ließe sich in Verbindung mit zwei Endstufen für unter 650 Euro auf der Bühne beschallen. Dafür bekommt man bei anderen Herstellern gerade einmal zwei Aktivlautsprecher aus Kunststoff.
Als Delay-Line dürfte die CL108 MKII auch punkten. Insbesondere dann, wenn man Sprache/Gesang damit etwas auffrischen möchte. Sofern man sie etwas filtert, sollten durchaus gute Ergebnisse zu erzielen sein. Gerade DJs oder Alleinunterhalter, die ab und zu mal in größeren Räumen spielen müssen, dafür aber nicht jedes Mal eine größere PA leihen möchten, könnten hier für kleines Geld eine Delay-Line aufbauen. Mit Endstufe und Controller käme man auf deutlich unter 500 Euro.
Hallo Markus,
ich habe die Lautsprecher seit zwei Jahren und verwende sie zusammen mit dem aktiven Sub den Thomann im Bundle mit diesen Tops verkauft und kann dieses Bundle jedem empfehlen.
Unabhängig davon baue ich gerade eine neue Anlage und hänge deswegen am Thema DSP. Ich werde mir wahrscheinlich auch einen DSP aus der t.racks Reihe kaufen, wahrscheinlich den DSP206. Nun meine Frage. Ich werde es sicher schaffen, den DSP so einzustellen, dass er das Signal trennt. Allerdings ist das Thema doch sehr komplex da diese Geräte ja viele verschiedene Einstellmöglichkeiten haben. Ihr habt ja glaube ich auch bereits über die t.racks DSPs berichtet. Könnt ihr mal einen Artikel über das generelle korrekte Einstellen von DSPs machen oder kennt jemand einen guten Artikel/eine gute Anleitung?
Viele Grüße,
Julian
@juli303 Hi,
soweit ich mich erinnere, habe ich bei einem der beiden t.racks DSP Tests, die ich geschrieben habe, auch was zum Thema Einstellen geschrieben. Schau mal nach.
Im Prinzip gibt es da aber auch nicht viele Regeln.
Hinsichtlich der Trennfrequenz kann man entweder die technischen Daten der Hersteller berücksichtigen und anhand dieser die Grenzfrequenz einstellen. Beispiel:
Ist die obere Grenzfrequenz des Subwoofer 120 Hertz wird man irgendwo da auch die Trennfrequenz der Frequenzweiche einstellen. Wahrscheinlich etwas tiefer, je nach Flankensteilheit des Filters der Frequenzweiche. Das ist dann der Ausgangspunkt. Nun kann man im nächsten Schritt entweder messen und anhand der Messungen die Trennfrequenz so lange hin und her schieben bis es passt oder einfach hören. Nicht immer liefert das optimale Messergebnis auch den optimalen Sound. So kann es besser sein, die Tops noch etwas tiefer arbeiten zu lassen und den Subwoofer auf seinen „Sweetspot“ zu beschränken. Oder eben umgekehrt. Ähnlich ist es mit den EQs. Hier ist es oft entweder das Ergebnis einer Messung, was den Ausschlag gibt, oder man stellt das ein, was man selbst als gut empfindet. Das hängt auch immer vom Musikstil ab, vom Raum, von der Bühnenlautstärke etc.
@Markus Galla Hi Markus, danke für deine Antwort.
Also wäre beispielsweise den Lowpass für die Subs auf 120Hz mit LK-48 und den Highpass für die Tops ebenfalls auf 120Hz zu setzen der grob richtige Weg um bei 120Hz zu trennen?
@juli303 Im Prinzip kann man das so machen. Wenn du dir mal Hersteller-Presets anschaust, ist es häufig genau so realisiert. Ich würde immer mal kritisch hören oder messen. Man kann da natürlich immer eine Wissenschaft raus machen, aber im Prinzip zählt nur, was klingt.