Hardcase statt Flightcase?
Prolog: Was war eigentlich zuerst da, der Plattenspieler oder das Case? Starten wir nicht philosophisch, aber die Frage ist gar nicht so verkehrt. Kaum ein Gerät im DJ-Bereich ist schon so lange mit unverändertem Maße auf dem Markt wie der DJ-Plattenspieler. Der gar nicht unbedingt produktbezogen, sondern als Typbezeichnung. Fraglos, alles basiert auf dem Technics SL-1210MK2 und den Maßen von dieser Legende in Material-Form und damit sind auch die Maße aller DJ-Plattenspieler bis auf wenige Millimeter gleich, egal ob Technics Nachfolger bis zum SL-1210MK7, Reloop mit den RP-Modellen, Audio-Technica, Pioneer mit der PLX-Serie und und und. Alle passen in dieselben Cases. Davon gibt es diverse. Massive Flightcases, eher leichte Flightcases, Flightcases mit Rollen und Trolley-Gestänge, Trolleys in stabiler Bag-Form oder auch Hardcases zum Schultern oder Tragen an Handgriffen. Zu Letzteren gehört das UDG Creator Turntable Hardcase, das wir heute im Test haben.
Ist es denn sinnvoll, DJ-Plattenspieler in etwas anderem als einem Flightcase zu transportieren? Diese Frage habe ich mir selbst bereits vor vielen Jahren gestellt – aus der eigenen Not heraus. Nun, sind wir ehrlich, weniger Not, eher Faulheit. Ich transportiere sehr regelmäßig Plattenspieler. Nicht weil ich mit diesen zum Spielen in Clubs „reise“, sondern weil ich sehr viele Geräte repariere und regelmäßig auch zu Kunden und Kundinnen in Clubs bringe. Im eigenen Auto transportiert und dann regelmäßiger, mal längere Weg zu Fuß waren mir irgendwann die Arme zu lang und die Notwendigkeit verschwunden, Flightcases stapelbar im Kofferraum transportieren zu müssen. Daher habe ich schon vor Jahren in einen Trolley von UDG investiert, in dem ein Plattenspieler transportiert werden kann. Dieser hat noch die Form einer sehr festen Tasche, man könnte also sogar etwas darauf stellen. Derweil gibt es auch schon Flightcases-Trolley. Aber diese haben entsprechend natürlich wieder viel Gewicht. Alles hat vor und Nachteile. Also, muss ich stapeln und nur wenig tragen, nutze ich ein Flightcase. Reise ich mit dem Gerät auf dem Rücksitz und muss einige Meter hinter mir lassen, nutze ich den Trolley. In Anbetracht dieser Tatsache war ich gespannt auf das Hardcase von UDG, das samt Schultergurt ein sehr leichtes Case für den Transport sein könnte. Das kann funktionieren oder aber unangenehm schwer oder einfach zu instabil sein.
Eine Notiz vorab: Es gibt neben den klassischen Flightcases von Herstellern wie UDG Gear oder auch Magma wie die führenden Hersteller im Bag-/Case-Bereich die sogenannten Hardcases.
Die werden aus gepresstem EVA-Schaumstoff hergestellt und sind daher sehr leicht, durch ihre Form jedoch auch sehr stabil. Zudem sind sie absolut bruchsicher, sogar stichfest. Sie kombinieren damit eine solide Festigkeit bei sehr geringem Gewicht, was sie gerade für den leichten Transport interessant macht.
UDG Creator Turntable Hardcase – ein erster Blick
Ein leichter Blick könnte man wohl sagen, denn es dürfte kein Case für einen DJ-Plattenspieler auf dem Markt geben, das leichter ist als dieses hier. Nur 1,72 kg wiegt das Hardcase im leeren Zustand. Die Maße betragen 52 x 43,5 x 20 cm. Das Case ist also nicht nur sehr leicht, sondern auch recht kompakt.
Das Hardcase ist komplett schwarz und bietet außen zwei Handriffe, die per Klett verbunden werden können. Zudem bietet das Hardcase zwei Ösen an den Seiten, an denen ein mitgelieferter Schultergurt per Karabiner eingehängt werden kann. So baumelt dieser nicht zwangsläufig am Case herum, wenn man diesen gar nicht nutzen möchte.
Geöffnet wird das Case über einen langen Reißverschluss mit zwei Schiebern (ich musst das Wort bei der großen Suchmaschine mit G suchen, denn wie heißt das „Ding“ vom Reißverschluss? Schieber, genau.). Das Innere des Hardcases ist mit weichem Fleece ausgestattet und bietet, außer einem im oberen Deckel innen eingeklebtem Polster (Egg-Foam) nicht viel. Muss es ja auch nicht. Das Polster im Inneren legt sich beim Schließen von innen auf den Plattenteller und hält nicht nur diesen fest, sondern auch den Plattenspieler an seiner Stelle, damit dieser nicht mit dem Tonarm gegen den Deckel von innen drückt. Schäden am Tonarm sind, muss das erwähnt werden, auf jeden Fall zu vermeiden!
Funktioniert das in der Praxis? Wir werden es sehen.
Das Plattenspieler-Case in der Praxis
Der Innenraum des Hardcases bietet mittig eine Vertiefung. In dieser können die Kabel des Gerätes Platz finden, ohne vom Gerät belastet zu werden.
Zeit für einen Technics und die erste Kostprobe. Mitgeliefert mit dem Case werden einige Polster für innen. Mit diesen kann man das Case an verschiedene Geräte anpassen. Vier flache, zwei dickere mit unterschiedlicher Dicke und ein kleiner Klotz mit Schlitz.
Ich setze einen Technics SL-1210MK2 in das Case. Links und rechts ist ein wenig Platz. Ich entscheide mich für zwei schmale Polster und setze diese ein. Passen tun sie, besser hätte ich es jedoch gefunden, wenn diese mit Klettverschluss versehen wären, so dass diese nicht nur eingesteckt werden, sondern auch richtig halten. Mit diesen beiden Polstern passt der 1210 sehr gut rein.
Ich lege das Polster auf den Plattenteller und schließe das Case. So positioniert sich das Egg-Foam-Polster genau dort, wo es später sein soll, nämlich über dem Plattenspieler.
Bleibt das kleinere Polster mit Schlitz. Dieses ist für den Tonarm gedacht und kann unter diesem positioniert werden. Der Schlitz fast den Tonarm und so kann dieser stabilisiert werden, zudem wird er nicht herumschlagen. Besser wäre es, das Polster wäre irgendwie fixierter, aber dazu fällt mir tatsächlich auch keine bessere Lösung ein.
Case zu und hoch das Ding. Genau jetzt machen sich die nicht einmal 2 kg von dem Hardcase samt den knapp über 10 kg des Plattenspielers bemerkbar. Oder eben auch nicht. Merklich gegenüber einem Flightcase aus Holz fehlen hier ein paar Kilogramm und mein dauerhafter Bandscheibenvorfall dankt es mir. Zudem ist es angenehm, das Hardcase mit dem Schultergurt „zu schultern“ und das Gewicht auf die Schulter zu verlagern.
Theoretisch könnte man so sogar drei Plattenspieler tragen, sofern man kräftige Schultern hat, sogar vier Stück. Belassen wir es aber erst einmal bei dem einen hier im Case.
Sehr positiv fällt auf, dass der Plattenspieler im Case nicht herumkippt. Der eine oder andere mag es von zumeist günstigen, nicht so gut entwickelten Cases kennen, dass der Plattenspieler im Case beim Laufen hin und her schlägt. Das rhythmische „Rumsen“, das man dann aus dem Case vernimmt, ist weder angenehm, noch gut für das Gerät. Häufig reicht das Polster im Innendeckel nicht aus, um den Plattenspieler an der Stelle zu halten. Trotz des leicht flexiblen Außengehäuses bleibt der Plattenspieler im Hardcase jedoch an der richtigen Stelle, ein Hin- und Herschlagen ist nicht zu vernehmen.
Zurück zu der Ursprungsfrage: Funktioniert das? Die Antwort ist ja. Der Transport im Case, ob über Handgriffe oder Schultergurt funktioniert und das Gefühl bleibt, dass der Plattenspieler beim Transport im Case gut aufgehoben ist. Reinschauen kann man ja nicht, es bleibt also das haptische Gefühl, welches das Case bestückt mit dem Gerät vermittelt.
Pioneer CDJ-3000 und Denon DJ SC-6000 Prime
Bisher nicht erwähnt wurde, dass das Case auch für die Pioneer CDJ-3000 oder Denon DJ SC-6000 Prime Player genutzt werden kann. Dafür können die Polster genutzt werden, die mitgeliefert werden, um die Geräte seitlich gut einzupassen.
Die Polsterung im Deckel kann wiederum so platziert werden, dass diese auf das Jogwheel drückt und so den Player im Case stabil hält. Nun, einen CDJ-3000 habe ich gerade nicht zur Hand, aber einen CDJ-2000NXS2. Ich habe die Angaben auf die Millimeter genau nicht im Kopf, aber sie werden gleich hoch sein, der CDJ-3000 und SC-6000 ist in der Grundfläche größer. Hinsichtlich der Höhe aber sollte es klappen und das Gerät fest im Inneren sitzen. Das funktioniert? Nun, sagen wir so: Ja, zu 95 %. Auch der CDJ-2000NXS2 passt bei Ausnutzung aller Polster in das Case. Das Egg-Foam Polster positioniert man über dem Jogwheel und verschließt das Case.
Wieso nun nur zu 95 %? Nun, der Grund, warum ich nicht 100 % überzeugt bin ist, dass der Player im Case hin und her kippt, wenn man das Case z. B. umkippt. Es passiert nicht, wenn man das Case normal hochkant trägt, so wie man es von einigen günstigen oder schlecht konstruierten Plattenspieler-Cases kennt, aber so richtig 100 % sitzt der Player nicht. Am Ende ist das natürlich der Konstruktion des leichten Cases geschuldet, in das man den Player auch nicht reindrücken muss, sondern ein wenig Flexibilität bleibt.
Daher 5 % Abzug gibt es hier, generell funktioniert aber auch die Nutzung des Cases für die neuen Player. Da es für diese aber von UDG und anderen Herstellern entsprechende und perfekt passende Cases gibt, würde ich sagen: Hier ist es ein netter Nebenaspekt, wer jedoch einen CDJ-3000 oder SC-6000 Player hat, der sollte ein Case kaufen, das perfekt auf diese zugeschnitten ist.
Ein kleiner Nachtrag
Etwas, das ich mit dem UDG Creator Turntable Hardcase nicht machen würde?
Das.