Innovativer Synthesizer im Jupiter-8 Korsett
Der UDO Super 8 ist ein 16-stimmiger, Analog-Hybrid-Synthesizer mit einer 61-Tasten-Tastatur, die polyphonen Aftertouch unterstützt. Er kombiniert digitale Oszillatoren mit analogen Filtern, die sich durch eine Vielzahl von Möglichkeiten modulieren lassen, sowie Effekte wie Chorus und Delay. Das Benutzerinterface ist sehr klassisch gestaltet, in Anlehnung an den Roland Jupiter-8. Der Synthesizer zeichnet sich durch seine Dual-Layer-Architektur aus, die es ermöglicht, zwei unabhängige Synthesizer-Signalpfade zu nutzen. Mit seiner binauralen Signalverarbeitung kann er beeindruckende 3D-Klanglandschaften erzeugen.
Inhaltsverzeichnis
Abgrenzung Udo Super 8 zum Udo Super Gemini
Dieser Testbericht baut auf den beiden Amazona-Artikeln zum UDO Super 6 und UDO Super Gemini meines Kollegen Obie69 auf. Wir bieten hier noch eine zusätzliche Perspektive, die einige besondere Merkmale der UDO-Synthesizer beleuchtet, die sonst kaum erwähnt werden.
Der UDO Super 8 Synthesizer übernimmt die doppelte Layer-Architektur und das volle 5-Oktaven-Keyboard von seinem größeren Bruder, dem Gemini. Der polyphonem Aftertouch ist angenehm weich und bietet etwa 5 mm Spielraum für feinfühlige Modulationen.
Die doppelte Reihe der Bedienelemente für den Lower-Layer wurde eingespart, stattdessen wird zwischen den Layern mittels der Taster „Layer Lower/Upper“ umgeschaltet. Auch verfügt der Super 8 über vier Stimmen weniger und keinen Touch-Strip. Er ist 15 cm weniger tief und mit einem Gewicht von 13,5 kg ein Kilogramm leichter als der Gemini. Alle Anschlüsse sind zum Gemini identisch.
Die Lüftungsschlitze befinden sich nun an der Oberseite des Geräts, das nicht besonders warm wird, allerdings schützt kein Netzgitter das Innere vor Dingen, die nicht reinfallen sollten. Das Keyboard ist wie beim Gemini bündig an der Vorderkante plaziert und ragt nicht wie beim Super 6 ein Stück hervor. Da kein Ribbon Controller vorhanden ist, gibt es nun einen verschenkten Platz zwischen Tastatur und dem Rest des Panels.
Fader, Knöpfe und Schalter sind wie bei den Vorgängermodellen perfekt, nur die Drehschalter bieten erheblichen Widerstand, die man richtig zupacken muss. Ausnahme: Für Clock Division ist ein leichtgängiger Encoder mit LED Kranz.
Oszillatoren des UDO Super 8
Bei UDO werden die Oszillatoren als Direct Digital Synthesis (DDS) bezeichnet, wobei die Schwingungsformen digital erzeugt werden. Dank einer hohen Samplingrate von 20 MHz werden digitale Artefakte, insbesondere bei FM-Klängen, vermieden. DDS1 und DDs2 werden separat D/A-gewandelt und mit dem Audiosignal von LFO1 analog gemischt, bevor das Signal in die analogen Filter gelangt.
DDS1 ermöglicht Crossmodulation (exponentielle FM) im Audiobereich durch DDS2, LFO1 und ADSR1. Die Modulationsstärke kann in extreme Bereiche eingestellt werden und erzeugt metallische, ungewöhnlich intensive Artefakte. Diese Klänge werden von vielen Leuten als „typisch digital“ eingestuft, was so nicht stimmt. Ich habe mit zwei Serge NTO Oszillatoren die Crossmodulation verglichen und das Resultat kommt sehr nahe.
Neben den Standardschwingungsformen können zwei Sample Waves (A und B) ausgewählt und überblendet werden. Diese Schwingungsformen lassen sich von einem Computer überschreiben und auf der UDO-Homepage stehen einige Wave-Dateien zum Ausprobieren bereit.
Im „Super“-Modus des UDO Super 8 Synthesizers können zusätzlich sechs Kopien des Oszillators hinzugefügt und gegeneinander verstimmt werden. In Kombination mit Crossmodulation und im binauralen Modus kann der DDS beeindruckende Klänge erzeugen, die ich so noch bei keinem anderen Synthesizer gehört habe.
DDS2 ist etwas einfacher aufgebaut, bietet aber zusätzlich Ringmodulation oder Sync mit DDS1. Er kann auch in einen LFO-Modus geschaltet werden und über die Modulationsmatrix andere Parameter steuern. Die Oszillatoren können starr und digital klingen, aber ein DRIFT-Parameter lässt sie sofort analog klingen, bis hin zur totalen Verstimmung. Beim Aufrufen des Init Patches ist immer schon eine leichte Verstimmung voreingestellt.
Das Filter des polyphonen Synthesizers
Um meinen Kollegen Obie69 im Test des UDO Super 6 (Sept 2020) zu zitieren: „Das Filter ist ganz sicher eines der Highlights des Super 6. Es handelt sich um ein 24 dB Lowpass-Filter nach dem Design von Sound Semiconductor (SSI). Diese Filtercharakteristik findet sich zum Beispiel im Korg Polysix, im Emulator oder den Simmons Drums. Heute findet man dieses Filter etwa im Sequential Prophet X. Das Filter klingt in meinen Ohren schlicht fantastisch. Das Resonanzverhalten ist geradezu göttlich. Ich könnte mich stundenlang in Filtersweeps laben.“ Bei dem Filterchip handelt es sich übrigens um den SSI-2044, einem neueren Nachbau des Dave Rossum’s Solid State Micro SSM 2044.
Der Mixer des UDO Super 8 Synthesizers kann zwischen den Oszillatoren DDS1 und DDS2 überblenden, wobei das HF-Signal von LFO1 dazugeschaltet werden kann. Die Lautstärken der Oszillatoren lassen sich nicht getrennt regeln, was mich aber beim Gesamtkonzept nicht weiter gestört hat.
Interessant sind die drei Drive Modi: Off, mit dem Moog 24 dB Filtertyp, wobei bei stärkerer Resonanz die Bässe an Kraft verlieren. Schaltet man den Drive-Schalter auf 1, tritt diese Bassabsenkung nicht mehr auf. Im dritten Modus wird das Filter in der Sättigung betrieben.
Binaural-Mode
Eine Besonderheit der UDO-Synthesizer ist der Binaural-Modus. Dabei werden für jeden Ton zwei Stimmen verwendet, die fest dem linken bzw. rechten Kanal zugewiesen sind. Durch den Einsatz von LFO1 für Modulationen, der für beide Kanäle unterschiedliche Phasen erhält, klingen beide Kanäle unterschiedlich und erzeugen dynamische Stereoeffekte. LFO1 hat einen eigenen Regler für die Phasenverschiebung zwischen links und rechts. Wird mit LFO1 die Amplitude im VCA moduliert, entsteht ein Stereo-Panning. Beispielsweise kann zusätzlich der Filter dazu moduliert werden und LFO1 im One-Shot-Modus arbeiten und perfekt ist ein stereophones Mega-Erlebnis.
LFO2 und DDS2 können ebenfalls binaural modulieren, wobei deren Phasen jedoch zufällig sind. Dieser binaurale Effekt halbiert immer die Polyphonie, weshalb er wohlüberlegt eingesetzt werden sollte. Dieser Effekt ist sensibel und wird im Mix mit Stereoeffekten schnell verdeckt.
Obie69 schreibt auch: „Die Gretchenfrage, die sich hier wohl jeder stellt, lautet: Benötige ich den Binaural-Modus überhaupt und ist das nur ein Marketing-Gag für eine neuartige Stereofunktion? Die Antwort liegt wie so oft in der Mitte. Natürlich kann man das oben Beschriebene auch mit jedem x-beliebigen duotimbralen Synthesizer erreichen. Das konnte schon der Roland Jupiter-8. Einfach zwei gleiche Sounds etwas unterschiedlich über die LFO programmieren und im Dual-Modus spielen. Schwupp, die Schwebung und das Driften durch die gegeneinander – auch über ganz subtile LFO-Schwebungen – leicht verstimmten und phasenverschobenen Sounds erzeugt genau denselben Effekt wie beim Super 6. Durch die zahlreichen Parameter habe ich sogar noch mehr Eingriffsmöglichkeiten und kann auch im Livebetrieb spannende Verläufe erzeugen, indem ich nur bei einem der beiden gelayerten Sounds etwa mit den Spielhilfen in das Klangeschehen eingreife. Insofern ist auch für mich der Binaural-Modus kein entscheidendes Kaufargument, was aber jeder für sich selbst entscheiden sollte.“
Audiorate-Modulationen
Der LFO1 des UDO Super 8 geht im HF-Modus bis 20 kHz, er erzeugt dann ein Sinussignal und lässt sich sogar mit dem Keyboard spielen und in den Signalpfad vor dem Filter einspeisen. Somit haben wir hier einen dritten Audiooszillator. Und mit dem LFO1 lassen sich die anderen beiden Oszillatoren FM modulieren. Ebenso die Pulsbreite und A/B Waveblending, Auch das LP-Filter erhält damit neben DDS2 noch einen zweiten FM-Modulationseingang. Der VCA lässt sich auch von LFO1 und DDS2 modulieren. Dann kommt noch das Binaural-Konzept hinzu: Weil jeder Kanal eine eigene Stimme hat, kann die Phase der LFO1s zwischen linkem und rechtem Kanal eingestellt bzw. moduliert werden. Und LFO1 lässt sich eine der 32 Sample-Waves zuweisen.
ADSR1 lässt sich bis in den Audiobereich loopen und kann als weitere Modulationsquelle genutzt werden, ist aber tonal nicht sauber stimmbar. Unter dem Strich hat man wirklich eine überraschende Anzahl an Möglichkeiten für experimentelle Sounds.
Layer
Vom UDO Gemini Synthesizer stammt das Konzept mit 2 Layern, also zwei unterschiedliche Sounds können gleichzeitig erklingen oder im Keyboard gesplittet sein. Bei 16 verfügbaren Stimmen reduziert sich die Polyphonie natürlich auf 8 Stimmen. Wird dann noch der binaurale Modus aktiviert, bei dem jeder Stereokanal eigene Stimmen erhält, kommt man schließlich auf eine 4-stimmige Polyphonie. Es ist allerdings eine kluge Voice-Stealing-Strategie enthalten, die die ersten 3 Noten und die zuletzt gespielte Note priorisiert, so dass der begrenzte Vorrat an Tönen weniger auffällt.
Durch diese zwei Layers erhält man definitiv zwei getrennte Instrumente, selbst der Arpeggiator/Sequencer und Effekte sind doppelt ausgeführt. Im Vergleich zum Gemini wurde leider der Knopf für Lower-Layer-Detune geopfert und ist nun im Shift>DDS2>Tune versteckt.
Arpeggiator und Sequencer
Der Arpeggiator des UDO Super 8, ist sehr einfach gehalten, im Prinzip die Basics. Poly-AT wird nicht berücksichtigt. Der Step-Sequencer ist eine Unterfunktion des Arpeggiators. Leider gibt es keine Spuren for Parametermodulation und der Sequencer ist nicht Teil der Modulationsmatrix.
Benutzeroberfläche
Die Benutzeroberfläche ist konsequent im Oldschool-Stil gehalten und diversen Quellen zufolge dem Roland Jupiter-8 von 1983 nachempfunden. Die Bedienung erfordert daher etwas Eingewöhnung und gelegentliches Nachschlagen in der gut geschriebenen Anleitung. Hier ein paar Beispiele, über die man bei der Bedienung stolpert:
- Man kommt etwas später darauf, dass zum Speichern der Patch-Knopf drei Sekunden gedrückt werden soll.
- Die Bezeichnung A/B ist anfangs unklar und bedeutet für Patches A/B etwas anderes als für Wellenformen A/B.
- Wer würde erwarten, dass „FINE ADJUST“ unter dem „Mod Amount Encoder“ eine Layer-Stimmung verändert?
- Dass Voice-Panorama-Spread in der LFO1-Sektion steckt?
- Und was bewirken die beiden Knöpfe „Manual Lower/Upper“? Im Shift-Modus werden je das Init Patch geladen. Ohne Shift werden die aktuellen Position aller Regler übernommen.
- Wie regelt man die zusätzlichen AH und DH Elemente im ADSR1? Antwort: Daumen auf Shift, Mittelfinger regelt den Slider, linke Hand spielt.
Und so gibt es eine Menge exzellenter Features, die aber umständlich zu erreichen sind. Die Knöpfe sind dazu teilweise mehrfach belegt: normal beschriftet, inverse Schriften (Shift Modus) und umrahmte Elemente (Sonderfunktionen) auf. Die Beschriftung ist KOMPLETT IN GROSSBUCHSTABEN, was die Lesbarkeit zumindest für deutschsprachige Benutzer etwas hemmt.
Die vielfältigen Modulationsmöglichkeiten müssen auf drei Arten eingestellt werden. Erstens gibt es die vorhandenen Slider, wie z. B. LFO1>DDS1 oder DDS2>VCA, die auch durch andere Quellen moduliert werden können. Zweitens können acht weitere Modulationen über die Patch-Tasten vorgenommen werden, wobei jeweils acht Quellen und Ziele zur Verfügung stehen. Drittens können diese acht Quellen weiteren Modulationen zugewiesen werden, indem die Quelltaste gedrückt und ein beliebiger Regler betätigt wird. Diese Verknüpfungen sind jedoch nicht modulierbar und müssen notiert werden, da sie später nicht mehr nachvollziehbar sind. Beim Analysieren eines fremden Patches ist es nahezu unmöglich, diese Verknüpfungen zu erkennen.
Manche Parameter, wie LFO1 Rate oder Crossmod, kaben keine Möglichkeit zur Feineinstellung, deren Auflösung ist zwar ausreichend, aber feinmotorisch herausfordernd. Zudem sind die eingestellten numerischen Werte nicht ersichtlich.
Auch ich habe ein Display schmerzlich vermisst. O-Ton Obie69: „Da es sich letztendlich doch um einen digitalen Synthesizer handelt, ist das Fehlen des Displays in dieser Preisklasse unverständlich.“
Der Klang des UDO Super 8 Synthesizers
Der Klang des UDO Super 8, wird zurecht allerorts hoch gelobt. Die Factory-Sounds inspirieren jedoch nicht besonders, die Meisten werden aber ohnehin ihre Klangreisen mit dem Init-Sound starten. Damit erhält man automatisch eine leichte Verstimmung der Oszillatoren (Spread) und ist sofort raus aus der digitalen Starrheit. Das wird besonders deutlich, wenn Oktaven gespielt werden, diese schweben stets unterschiedlich leicht.
Wird die Klangformung während das Spielens interaktiv verändert, ist der Klang sehr organisch und dynamisch formbar. Eine subtile Crossmodulation hier, den siebenfachen Super-Oszillator in der Stimming zeitweise gespreizt dort, die Modulationen des sehr guten Filtern on-the-fly verändert, schon bewegt man sich von einem Sweet-Spot zum nächsten.
Der Udo Super 8 on YouTube
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Ich frage mich beim »Udo« die ganze Zeit, wie das technisch mit den 20 MHz umgesetzt wird. In den FPGAs werden die Schwingungen mit dieser Frequenz erzeugt; soweit klar. Die Grenzfrequenz liegt damit bei 10 MHz. Aber wie geht es dann weiter? Sitzen da 20-MHz-Wandler im Gerät? Und wird dann mit diesen extrem hochfrequenten Analog-Signalen das Filter gefüttert? Oder passiert vorher ein Downsampling auf digitaler Ebene (mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen), damit man nicht so superschnelle Wander verwenden muss? Oder funktioniert das eher wie bei der SACD, dass die FPGAs quasie schon einen 1-Bit-Datenstrom mit 20 MHz liefern, der mit einem 1-Bit-Wandler dann eben die gewünschten Wellenformen erzeugt?
Aber vielleicht hält »Udo« auch genau auf diesen Details den Deckel, weil das ja eben deren Alleinstellungsmerkmal ist. 😀
Schönes Instrument, schöner Test. Für mich wäre es äusserlich eine Jupiter 8 Fortführung, das Konzept erinnert mich eher an das, bei dem Yamaha vor fast 50 Jahren aufgehört hat mit dem CS-80. Dazu einige Erneuerungen, die sich in den letzten Jahrzehnten bewährt haben wie digitale Oszis mit analoger Nachbearbeitung. Damit will ich nicht abwertend urteilen. Die User bekommen die bessere Kontrolle über den Sound zurück, der lange gefehlt hat.
wie sehr die welt auf dieses dritte gerät auf derselben basis gewartet hat, sieht man an der anzahl der kommentare der jeweiligen tests: super 6 46 kommentare, gemini 26, super 8 grade mal 3.
Selbst Clavia, jahrelange Verweigerer von Displays, bauen inzwischen welche ein. Das verstehe ich nicht, gerade bei einer teils digitalen Basis.
Ansonsten ist das ein lecker Synth.
Was ist sonst in der Preisrange als Konkurrent?
Arturia Polybrute 12, Moog Muse, Sequential Prophet 5/6, OB6 und Trigon 6
Harte Konkurrenz.