Emulation eines Klassikers
Nach Aussage von Universal Audio ist das Plug-in in seiner Funktionsweise und dem Klang so nah am Originalgerät wie möglich. Dabei wurden nicht nur die Eventide-eigenen A/D-Wandler berücksichtigt, selbst die Ungenauigkeiten wurden modelliert. Die Original-Hardware wurde damals nämlich durch einen gestimmten Schwingkreis aus einer Spule und einem Kondensator getaktet. Da der Oszillator freischwingend ist, ist das H910 alles andere als Takt-stabil, was in zufälligem Drift der Tonhöhe und der Delay-Zeit resultiert. Um genau zu sein, wurde das Plug-in nach einem besonders gut erhaltenen Einzelgerät modelliert und durch aufwendige Hörvergleiche abgestimmt. Das heißt, dass der Klang der verbliebenen Hardware-Geräte des H910 je nach Zustand wohl recht verschieden sein kann und auch nicht gänzlich mit dem Plug-in übereinstimmen muss.
Bedienung und Funktionsweise
Die Kontrolloberfläche entspricht der Original-Hardware mit dem optionalen Keyboard. Nach kurzer Eingewöhnung geht die Bedienung leicht von der Hand und die Übersicht bleibt durch die Einteilung stets gewahrt. Das Plug-in besitzt grundlegend zwei Funktionsweisen. Zum einen kann das Gerät zur Tonhöhenmanipulation mit zuschaltbarer Verzögerung genutzt werden und zum anderen als reine Delay-Line. Im Delay Only-Modus sind die Harmonizer-Sektion und die zugehörigen Regler inaktiv. Die Verzögerungszeiten werden mittels Drucktastern ausgewählt, wobei sich die Werte bei gleichzeitigem Drücken addieren. Die maximale Verzögerung im Delay-Modus ist somit 112,5 ms. Weitere Beeinflussungsmöglichkeiten sind hier durch die Input- und Feedback-Regler gegeben.
Harmonizer Bedienpanel
Eine zweite Verzögerungseinheit lässt sich über den Out 2 Regler hinzumischen. Die einstellbaren Zeiten sind hier identisch, lassen sich aber getrennt auswählen. Der Abgriff für die zweite Delay-Line liegt noch vor dem Harmonizer, so dass die Harmonizer-Klänge am Out 2 nur hörbar sind, wenn der Feedback-Regler aufgedreht ist.
So richtig spannend wird es, wenn man den Delay Only-Modus verlässt und den Harmonizer zuschaltet.
Living in Harmony
Der Harmonizer kann das einkommende Signal um bis zu eine Oktave nach oben und nach unten verschieben. Es stehen dabei vier Modi zur Verfügung, um die Tonhöhe zu manipulieren. Je nachdem, in welchem Modus man sich befindet, sind mehr oder weniger Regler aktiv.
Im manuellen Modus wird die Tonhöhe über den Manual-Regler beeinflusst. Hier kann per numerischem Wert das Verhältnis zwischen Originaltonhöhe und Ausgabetonhöhe beeinflusst werden. Der Wert 1 bedeutet also keine Tonhöhenänderung, während die Zahl 2 am oberen Ende für die Verdopplung der Frequenz und 0,5 am unteren Ende für die Halbierung der Frequenz steht. Hinter dem Komma stehen zwei Stellen zur Verfügung, so dass eine Verschiebung nach oben in 100 Schritten erfolgen kann, während nach unten 50 Schritte zur Verfügung stehen. Im Folgenden ist zu hören, wie drastisch die Auswirkungen der beiden Regler Manual und Feedback sein können.
Was schon im Unison-Modus (keine Tonhöhenverschiebung) auffällt, ist die Instabilität des H910 Harmonizers. Die Tonhöhe driftet nämlich von Zeit zu Zeit etwas nach oben und unten, was im Nummern-Display auch durch eine Zahlenänderung angezeigt wird. Dadurch entstehen die charakteristischen Schwebungen, die dem Klang einen Schuss Lebendigkeit mitgeben.
Anscheinend ist inzwischen alles was alt und rar ist wieder klasse. UAD hat bei diesem Effekt ein tiefes Loch in die Kasse seiner Kunden gerissen . Mir wäre das nicht wert. Aber ein guter Markenname war schon immer bares wert.
Hallo amazonaman,
Welches andere Effekt Plug-In bietet eine halbwegs authentische Nachbildung dieses Effekts und ist günstiger?
Scheinbar hat sich Universal Audio wirklich sehr viel Mühe mit dem Plug-In gegeben. Einfach zu sagen „Das ist alles viel zu teuer“ ist auf jeden Fall ein sehr einseitiger Ansatz.
Auf jeden Fall ein toller Test und sehr markante Audiobeispiele.
In diesem Sinne…
@Malefiz Also ich habe die UAD Version mal mit der Eventide Version verglichen und muß sagen, dass sie mir um Längen besser gefallen hat. Angeblich wurde die Emulation im Vergleich zur Anthology TDM-Version zwar verbessert, doch klanglich hat die UAD Version die Nase vorn. Der Sound hat irgendwie mehr Tiefe und „Glanz“. Auch Discord 3 von Audio Damage kommt da nicht ran, während mir der Soundtoys Crystallizer schon besser gefallen hat, auch wenn man die Plugins vielleicht nicht 1:1 vergleichen kann.
Nicht alles was rar und alt ist, muss auch klasse sein, aber einiges ist es wohl. Für mich ist wichtig, dass Effekt-Plugins kreatives Potenzial haben und bisweilen auch etwas unberechenbar sind. Das kann ich dem Eventide H910 bescheinigen, einfach ein paar Hardware-Regler zuweisen und der Spaß beginnt.
Für Universal Audio ist es wahrscheinlich auch nicht kostenfrei den Namen Eventide zu benutzen, von daher ist der aufgerufene Preis meiner Meinung nach in Ordnung.
Sehr guter Testbericht, hat mich allerdings dazu gebracht, mich tiefer/wesentlich intensiver mit dem H910-Algorithmus meines Eventide Pitchfactor zu befassen. Was mit Sicherheit für beide Produkte gilt: Ein sehr interessanter Effekt, den die Eventide-Leute da ins Leben gerufen haben und der zum Glück gepflegt von Eventide und UAD als Hard- und Software immer noch erwerb- und nutzbar ist.