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Test: Vermona Filter Lancet, Retroverb Lancet, Effektgeräte

Vintage Hall & Filter

16. Juli 2011

Vermona baut die Lancet-Serie aus. Lustige kleine Kisten, jeweils auf nur eine Aufgabe fokussiert und natürlich voll analog, das kommt offenbar gut an. Nach dem Synthesizer Mono Lancet und dem Bassdrum-Modul Kick Lancet stehen jetzt ein Filter und ein Effektgerät auf der Orion-Startrampe.

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Filter Lancet und Retroverb Lancet sind eng miteinander verwandt. Filter Lancet ist eine Auskopplung aus dem Retroverb. Oder andersrum: Das Retroverb ist eine erweiterte Version des Filters – wie man will. Filter Lancet ist nicht nur ein analoges Filter, es gibt auch ein paar weitere nützliche Elemente wie Modulatoren und VCA, damit die Filterbox sinnvoll einsetzen kann. Bei Retroverb Lancet kommt dem Filter in erster Linie die Aufgabe zu, den Hallklang zu verfremden, aber natürlich kann man dieses Gerät auch als reine Filterbox verwenden. Alles nur ein Frage der Anwendung.

Filter Lancet

Das Gehäuse von Filter Lancet ist mit den bisherigen zwei Modulen identisch, eine solide, aber recht leichte Metallkonstruktion im Pultdesign. Die griffigen Schalter und die mit dem Gehäuse verschraubten Regler sind wirklich top, damit macht „Soundschrauben“ richtig Spaß. Anschlussseitig gibt es neben Audio-In und -Out noch zwei Trigger-Eingänge und einen Pedal/CV-Eingang. Die Stromersorgung erfolgt über ein 12 AC-Netzteil.

Filter

Die Oberfläche ist übersichtlich in sechs Sektionen aufgeteilt, so dass man sich sofort zurechtfindet. Die obere Reihe ist dem Herzstück des Lancets vorbehalten, dem Filter. Hierbei handelt es sich um ein Multimodefilter mit Tief-, Hoch- und Bandpass. Wie bei diesem Prinzip üblich, arbeiten intern zwei 12 dB-Filter, die unterschiedlich verschaltet werden. Bei Hoch- und Tiefpass ergibt das 24 dB Flankensteilheit, während der Bandpass mit 12 dB auskommen muss. Dementsprechend klingt der Bandpass auch hörbar zahmer, jedoch nicht kraftlos. Hoch- und Tiefpass gehen aber deutlich kräftiger zu Werke. In allen drei Modi gelangt das Filter zur Selbstoszillation. Die Resonanz, die ohnehin schon früh anspricht, wird ab ungefähr 2/3 des Regelweges sehr heftig. So habe ich das bei noch keinem Filter gehört. Man mag denken, dass das schlecht kalibriert ist, aber es gibt tatsächlich eine sinnvolle Anwendung für dieses Extremverhalten. Dazu später mehr.

Zum Filter gehört der Regler Balls, den es auch schon beim Kick Lancet gab. Hierbei handelt es sich um einen EQ, der die Bässe anhebt und auch die Höhen, insbesondere von der Filterresonanz, leicht schärft. Man sollte diesen Regler mit Bedacht einsetzen, denn man gewöhnt sich schnell an das Klangbild. Dreht man Balls raus oder schaltet in den Bypass, wirkt der Originalsound im Vergleich etwas flach.

Ein Filter will natürlich moduliert werden. Die Cutoff hat einen extra großen Reglerknopf spendiert bekommen, man soll offensichtlich Hand anlegen. Der interne LFO wird in der Filtersektion mit einem eigenen Regler in der Modulationsintensität dosiert. Daneben ist ein bipolarer Regler vorhanden, der wahlweise die Hüllkurve, den Hüllkurvenfolger oder eine externe CV-Quelle auf die Cutoff-Frequenz routet. Schließlich gibt es noch einen separaten Bypass-Schalter, mit dem die Filtersektion deaktiviert bleiben kann, während alle anderen Funktionen des Lancets in Aktion bleiben.

Modulatoren

Das Filter – und auch der VCA – können von verschiedenen Steuersignalquellen moduliert werden. Der LFO verfügt über sechs Schwingungsformen einschließlich Sample&Hold. Seine Geschwindigkeit kann zwischen einem Hi-Bereich (ca. 1 bis 300 Hz) und einem Lo-Bereich (ca. 0,05 bis 25 Hz) umgeschaltet werden. Als Besonderheit gibt es eine dritte Einstellung, in der der Lo-Bereich mit einem Retrigger kombiniert ist. Abhängig vom eingestellten Tempo lässt sich der LFO hiermit quasi-synchronisieren oder als einfache Hüllkurve missbrauchen. Der Retrigger wird von dem Eingangssignal oder einem anliegendem Gate-Impuls ausgelöst. Letzteres arbeitet natürlich genauer, jedoch funktioniert auch die Ableitung vom Audio-In bei Drums und ähnlichem ziemlich gut, zumal sich die Sensitivität justieren lässt. Spielt man einen Synthesizer über das Filter Lancet, ist jedoch der Gate-Retrigger zuverlässiger.

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Die Hüllkurve besteht aus den Phasen Attack und Decay. Wenn sie jedoch über ein externes Gate-Signal getriggert wird, kommt eine Sustain-Phase hinzu, die von der Länge des Gate-Signals abhängt. Außerdem kommt Release hinzu, das nach dem Ende des Gates einsetzt und identisch mit der Einstellung des Decay-Reglers ist. Das Decay kann schön zackig eingestellt werden, was sich besonders bei Drums vorteilhaft auswirkt.

Die dritte interne Modulationsquelle ist der Hüllkurvenfolger, der von den Pegelhöhen des Audioeinganges abgeleitet wird. In der Regel ist dieses Signal etwas schwächer als die Hüllkurve oder der LFO, so dass die Modulationsintensität beim Filter hier erhöht werden muss.

Sowohl beim Filter als auch beim VCA kann der LFO und parallel dazu eine weitere Modulationsquelle gleichzeitig mit individuell einstellbaren Intensitäten genutzt werden. Beim VCA gibt es allerdings nur beim LFO einen Intensitätsregler, Hüllkurve und Hüllkurvenfolger arbeiten hier stets mit vollem Pegel.

Der CV-Eingang, der alternativ zu Hüllkurve und Hüllkurvenfolger als Modulationsquelle ausgewählt werden kann, ermöglicht es, externe Steuersignale, etwa von Step-Sequencern oder speziellen Controllern, einzubinden. Für Gitarristen oder Keyboarder ist die Option interessant, hier wahlweise auch ein Expression-Pedal anschließen zu können. Doch leider gibt es keinen Pedalanschluss für den Bypass.

In/Out/VCA

Ein- und Ausgang sowie Dry/Wet-Mix sind wie gewohnt regelbar. In der Eingangssektion ist auch ein Drive integriert, obwohl der Gain auch schon eine heftige Übersteuerung erlaubt. Dies liegt daran, dass der Eingang sowohl für Line- als auch Instrumentensignale ausgelegt ist. Es ist noch nicht einmal eine DI-Box nötig, man kann eine Gitarre direkt anschließen. Der VCA kann für permanente Öffnung auf ON gestellt werden, ansonsten wird er mit Hüllkurve oder Hüllkurvenfolger und zusätzlich mit LFO moduliert.

Praxis

Dank der übersichtlich, klar strukturierten Oberfläche geht die grundsätzliche Bedienung leicht von der Hand. Den Input muss man ungewohnt niedrig halten, da der Gain schnell übersteuert. Eine leichte Sättigung mit Drive tut dem Signal sehr gut. Das Filter ist, wie schon erwähnt, alles andere als zaghaft. Die Resonanz färbt früh das Klangbild. Die große Lautstärke der Resonanz bei Selbstoszillation irritiert zunächst.

Doch erweist sich das als praktisch, wenn man einem Drumbeat nur etwas Resozwitschern hinzufügen will, ohne den Gesamtsound zu zerlegen. Dann dreht man Mix nur wenig auf, hört aber dank der heftigen Resonanz die Filtersweeps schnell durch, während das Klangbild des Originalsignals erhalten bleibt. Das gelingt mit anderen Filtern oft nicht so gut.

Retroverb Lancet

Dieses Lancet löst das große Federhallgerät Retroverb ab. Grundsätzlich sind alle Funktionen des Filter Lancets hier auch vorhanden, es gibt aber ein paar Unterschiede. Das Gehäuse ist aufgrund der eingebauten Hallspirale größer und schwerer, und die Rückseite weißt einen zusätzlichen Anschluss auf. Hier gibt es nämlich die für Gitarristen so wichtige Bypass-Buchse, die dem Filter Lancet fehlt. Es ist sogar ein dualer Bypass, mit dem man das Gerät insgesamt oder nur die Hallspirale separat deaktivieren kann.

Die Hallspirale ist natürlich der Hauptunterschied. Mit einer dreifachen Accutronics-Feder, wie sie auch in Gitarrenverstärkern Verwendung findet, wird ein wunderbarer Vintage-Hall erzeugt, wie er sich auf digitaler Ebene nur unzureichend reproduzieren lässt. Der Nachteil einer elektromechanischen Hallspirale besteht darin, dass man die Abklingzeit nicht beeinflussen kann. Doch hier kommen die weiteren Funktionen des Lancets ins Spiel. Mit dem VCA und der Hüllkurve kann lässt sich das Hallsignal künstlich verkürzen, über Attack sogar ein Rückwärtshalleffekt imitieren. Und das Filter kann den Klang von leicht bis stark verfremden. Außerdem gibt es einen bipolaren Tone-Regler, mit dem Höhen und Bässe gegensätzlich angehoben bzw. abgesenkt werden können. Solche Möglichkeiten bieten alte Federhallgeräte so gut wie nie.

Die Hallspirale kann vor oder hinter das Filter geschaltet werden, so dass entweder nur das gefilterte Signal verhallt oder das Hallsignal komplett bearbeitet wird. Mit der Umschaltung zwischen Pre und Post ändert auch der Mix-Regler seine Funktionsweise. In der Post-Einstellung wird nicht zwischen Dry- und Wet-Signal, sondern Hall und Filter geblendet.

Der LFO hat anstelle der Dreiecksschwingungsform die Funktion EG. Hier wird der Hüllkurvenverlauf von Attack und Decay periodisch wiedergegeben. Die Geschwindigkeit bestimmt nach wie vor der LFO Speed-Regler und nicht die Attack/Decay-Zeiten, wie man es von loopbaren Hüllkurven sonst kennt.

Der z.B. bei alten Dub-Produktionen beliebte Effekt, das Hallgerät zu schütteln, damit die Hallspiral gegen die Wand schlägt, kann bei Retroverb mit der Crash-Funktion auf Knopfdruck ausgeführt werden. Es gibt sogar einen Trigger-Eingang, womit man Crash per Step-Sequencer oder anderer Gate-Quelle steuern kann. Allerdings ist der Crash überproportional laut im Vergleich zum Effektsignal. Hier muss mit der Mix-Einstellung angepasst werden.

Der Federhallklang ist schon etwas besonderes, der sich nicht für alle Arten von Klängen eignet. Im Allgemeinen passt er zu Einzelklängen besser als zu komplexen Audiosignalen. Bei vollen Beats oder Grooves kann das Klangbild schnell zumatschen. Doch das Retroverb kann dem mit VCA und Filter entgegenwirken. Durch die verschiedenen Komponenten wird das eigentlich als Hallgerät gedachte Retroverb zum analogen Multieffekt. Tremolo, Overdrive, Auto-Wah, selbst Pseudo-Delays sind mit dem Gerät möglich. Die Einarbeitungszeit ist hier etwas höher als beim Filter Lancet. Nicht weil das Gerät komplizierter aufgebaut ist, sondern weil man das unterschiedliche Verhalten der Hallspirale bei der Pre- und Post-Schaltung ein wenig einschätzen lernen muss.

Übrigens, wer sich für einen reinen Federhall ohne die zusätzlichen Möglichkeiten des Lancets interessiert, kann sich das VSR-3 von Vermona ansehen. Dieses Rackgerät beherbergt eine große Hallspirale, verzichtet aber auf Filter, VCA, Hüllkurve und Crash-Funktion.

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Fazit

Beide neuen Lancets sind ein runde Sache. Aber man braucht nur eines von beiden Geräten. Wer sich mit dem Federhall nicht anfreunden kann, ist mit dem Filter sehr gut bedient, das einen tollen Klang und hervorragende Bedienung bietet. Das Retroverb ist flexibler, aber auch größer (jedoch immer noch als kompakt zu bezeichnen) und entsprechend teurer. Während es zum Filter Lancet durchaus eine Reihe von Alternativen gibt, steht das Retroverb, abgesehen von einem Exoten wie dem Ekdahl Moisturizer, so gut wie allein da. Analog-Freaks und auch Gitarristen, die auf der Suche nach einem speziell klingendem Effekt sind, sollten die Lancets mal testen, es könnte sich durchaus lohnen.

Plus

  • guter Analogsound durch charaktervolles Filter
  • unabhängiger Drive in der Eingangssektion
  • LFO mit Retrigger
  • kompakte, aber sehr stabile Bauweise
  • Federhall kann mit VCF, VCA und Hüllkurve bearbeitet werden (Retroverb)
  • dualer Bypass-Anschluss (Retroverb)
  • triggerbare Crash-Funktion (Retroverb)

Minus

  • kein Anschluss für Bypass-Pedal (Filter Lancet)
  • Crash-Effekt überproportional laut (Retroverb)

Preis

  • Filter Lancet: 379,- Euro (ca. 359,- Euro Straßenpreis)
  • Retroverb Lancet: 499,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    a.jungkunst AHU

    Hallo jim,
    interessanter Einblick in die neuen Vermona-Produkte, danke dafür! Das Retroverb hat mich dann gleich interessiert, ich kann nur nichts über einen Liefertermin finden. Ab wann kann es erworben werden? Weißt Du da Näheres?
    Viele Grüße
    Axel

    • Profilbild
      der jim RED

      @a.jungkunst Hallo – bis Redaktionsschluss lag leider noch keine Info vor. Aber ich denke all zu lange kann es nicht mehr dauern. Vielleicht meldet sich Vermona in Kürze dazu.

    • Profilbild
      der jim RED

      @a.jungkunst Aktuelle Info von Vermona: die ersten Retroverb Lancets werden diese Woche ausgeliefert.

  2. Profilbild
    Piet66 RED

    Das VSR-3 ist solide verarbeitet, sieht schick aus, und liefert einen ordenlichen, sehr „sahnigen“ Federhall. Richtig schön Vintage eben. Klingt sehr gut in Verbindung mit Prophet 600, OB-X, Jupiter 6 und MonoPoly, am besten mit dezenterem 40% Nassanteil. Extremere Spielereien sind natürlich auch drin, da kommen sofort Assoziationen von „Raumschiff Orion“ hoch. Ich mag das Teil!

  3. Profilbild
    pytrel

    Schöner test. Würde mir allerdings auch einen einfachen langsamen auf-zu sweep auf eine saw wünschen…

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