Vienna Instruments
Als ich den Auftrag zum Testen der Vienna Instruments Special Edition voller Stolz entgegen nahm, wusste ich schon, dass mich eine MEGA Aufgabe erwartete.
Zuerst erhielten wir aber nur die Special Edition Plus, also eine EXTENDED LIBRARY. Für den Test besorgten wir uns dann noch das Basispaket: die Vienna Special Edition.
Und da waren sie auch schon bald zusammen, meine ca. 72 GB an Sounds für dieses Orchester Plug-in. Wenn man sich mit klassischen Instrumenten beschäftigt, dann merkt man schnell, dass man sehr viele Samples und Sounds benötigt, um ein realistisches Ergebnis zu erhalten. Die Ursprungsidee von den Entwicklern der VSL war, alle möglichen Instrumente eines Orchesters in allen möglichen Artikulationen, Übergängen und Charakteristika aufzunehmen. In jahrelanger Arbeit mit Solisten der einzelnen Instrumente wurde in einem eigens dafür gebauten Tonstudio unter qualifizierter Regie eine solche Library zusammengestellt. Alle Instrumente lassen sich auch einzeln kaufen, und somit kann man sich nach Bedarf sein Orchester zusammenstellen. Mittlerweile sind Daten im Terrabyte-Bereich zusammen. Und es wird weiter kräftig aufgenommen.
Das Basispaket Special Edition ist sozusagen ein Grundpaket für ein Orchester mit den wichtigsten Instrumenten, zusammengefasst in einer Edition. Weil ein Standard-Sampler nicht mit den speziellen Übergängen und Artikulationen umgehen kann, wurde auch ein eigener Player entwickelt, der das übernimmt. Bevor ich jedoch mit den Standardroutinen eines Tests wie Installation, Klang, Bedienung, Features und Voraussetzungen anfange, muss ich ein doch ein paar Worte mehr zu diesem Instrument verlieren.
Die VSL Special Edition (und Special Edition Plus) sind nicht nur einfach eine Sample Library, sondern vielmehr ein Instrumenten-POOL mit einem sehr übersichtlichen eigenen Player. Die Verwaltungsoberfläche für die klassischen Instrumente ist in einer fantastischen Art und Weise kombiniert und bietet dazu noch unzählige Spielvarianten, die wiederum nochmals eigene Einstellungen erlaubt.
Bevor man sich mit den einzelnen Instrumenten auseinandersetzt, sollte man sich über eines unbedingt klar sein: Hier wird nicht einfach ein Akkord gespielt oder mal eine Solovioline benutzt. Nein, hier wird man zu einem Dirigenten, in der Tat eine große Herausforderung für einen Musiker, denn dass eine Violine in zig unterschiedlichen Spielweisen je nach Tonlage andere Eindrücke hinterlässt, muss man einfach wissen.
An welcher Stelle im Panorama und wie viele Violinen gehören zu einem Orchester? Hat man eine SOLO-Violine, die in der Summe nach vorne und vielleicht noch ein bisschen nach links oder rechts gehört oder eine Gruppe von Violinen, die links hinten ihren Dienst verrichten? Alles das sind Fragen, mit denen man sich, sind wir alle mal ehrlich, selten auseinandersetzt.
Gehen wir mal davon aus, dass ein mehrstimmiger (3 oder 4 Stimmen) Akkord mit einer Violine in der Realität nicht oft gespielt wird, weil man eher nur 2 Saiten gleichzeitig streicht (Ausnahmen gibt’s natürlich, sind aber sehr selten), dann weiß man spätestens jetzt, dass für einen mehrstimmigen Akkord eben mehrere Violinen benötigt werden, die je eine Note des Akkords übernehmen, am besten noch im Panorama etwas versetzt und mit leichten klanglichen Unterschieden. Ein so gespielter Akkord klingt wesentlich realistischer als ein Sample, bei dem mal schnell 3 Tasten gleichzeitig gespielt werden. Um das in einem Sequencer zu organisieren, sollte man sich von Beginn an mit einer genauen Beschreibung der Spuren auseinandersetzen und für sich selbst ein System entwickeln.
Die (kurz ausgedrückt) VSL ist ein komplettes, zunächst mal „leeres“ Orchester, bei dem der Dirigent jetzt anfangen muss es zu besetzen. Man kann dazu aus folgenden Instrumenten wählen, wobei man sich darüber klar sein muss, dass ein Instrument immer aus mehreren Subversionen (mit jeweils eigener Spielweise) besteht. Als Soloinstrument, als Kammerorchesterinstrument, als Symphonieorchesterinstrument, jeweils in sämtlichen Spielweisen wie z.B. staccato, sforzato, legato!
Sehr informativer und praxisbezogener Testbericht! Ich bin ja schon länger am Überlegen, aber ich glaub demnächst ist die Special Edition fällig :-)
Zum Demosong: Wird genau dieser Demo mit der VSL SE mitgeliefert, so dass man den Song in Sachen Orchestration, Arrangement, Voicings zerlegen und daraus lernen kann? Wenn ja: In welchen Formaten? MIDI? Als Cubase-/Logic-Projekt? Würde mich sehr interessieren.
Der Song kommt als MIDI Projekt und kann somit eigentlich überall geöffnet werden.Man kann sehr schön alle Events verfolgen und sehr viel davon lernen (ich hatte meine ersten Gehversuche, direkt auf dieser Basis angelegt). Aber man merkt sehr schnell, dass alle Instrumente, eben genau für diesen Song so eingestellt waren. Also habe ich dann doch ein neues projekt angelegt und mich Stück für Stück mit jedem Instrument beschäftigt. Deswegen hatte dieser Test ja auch etwas auf sich warten lassen müssen. Es gibt wirklich unzähliche Variationen von SOUND und SPIELWEISE zu jedem Instrument. Ich kann dir definitiv sagen, dass man einen völlig neuen Bezug zur Komposition und zu Instrumenten (auch nicht klassischen…) bekommt. Die Edition ist eine musikalische Bereicherung :-).Viel Spass damit…
Ich habe jetzt schon ein paar mal gelesen, dass die Bläser der Special edition nicht ausnahmslos die besten sein soll. Wie ich das richtig verstanden habe, sollten damit die Trompeten und hörner gemeint sein. Stimmt das? Fehlt es den Bläsern teilweise an Druck.
Und noch eine Frage. Sind die Epic horns auch gestopft dabei?
@El Blindo Wie der Name schon sagt ist dies ja eine Edition. Hier sind fast alle Instrumente nicht in allen Variationen zu finden. Das VSL Team hat eine sehr gute Auswahl getroffen und die Instrumente in den „Pflichtvariationen“ reingepackt. Für spezielle Anwendungen oder auch Instrumente muß man sich schon die einzelnen Packs nachkaufen. Bzw. als Erweiterung die Plus Version nachbestellen. Wenn die Edition alles enthalten würde, dann wäre sie ja quasi unbezahlbar :-).
Aber zu deiner Frage. Ich finde zwar nicht, dass die Trompeten keinen Druck haben, aber es ist schon richtig, dass es leider nicht immer passt. Wenn man eine Wunschtrompete in einer bestimmten Tonlagen braucht, kann es sein, dass diese eben nicht zur Verfügung steht, oder eben in dieser Tonlage nicht ausreichend versorgt wird. Das ist aber eher selten der Fall und auch nur, wenn man extrem anspruchsvoll ist. Die Edition als Basis zu sehen und daraufhin seine Instrumente auszubauen ist die Grundidee dahinter. Für meine Ansprüche reicht die Library und über den Klang kann ich kein schlechtes Wort verlieren. Aber gemerkt habe ich das auch schon, dass man manches Mal an die Grenzen stößt. Außerdem muß ich hier auch ehrlich zugeben, dass wir als Komponisten und Produzenten mit dieser Library in die Profiliga wechseln. Ein Geiger wird immer was an den Geigen finden und ein Blechbläser an den Brasses :-). Der Profimusiker im wahren Leben, der sich ausschliesslich mit einem Instrument beschäftigt, hat immer einen Grund etwas zu beanstanden. Ein Bläser z.B. könnte sofort sagen, dass es ein riesen Unterschied ist in welche Richtung er die Trompete bläst. Denn viele Dirigenten wollen, dass die Bläser nach oben gerichtet sind, um einen größeren Raumanteil zu nutzen und die direkte Beschallung zu vermeiden, weil sie sonst zu laut sind. Die Software MIR bietet dazu schon einen konkreten Ansatz, aber zeigt auch wie viele Faktoren da noch zu beachten sind.
Die genaue Antwort auf deine 2te Frage (Epic horns) kann ich dir erst am WE beantworten, da ich im Moment nicht auf die Library zugreifen kann. Bin nicht im Studio!
@Andreas Stadelmann Danke für deine ausführliche Antwort. Ich bin zwar anspruchsvoll, aber nicht so, dass ich nicht auch gewisse Abstriche machen könnte. Also denke ich mal, dass diese Edition genau das richtige für mich ist. Habe zwar das Symphonic Orchestra von East west, bin aber nicht damit zufrieden. Zu viel Rauschen, Programmierfehler, RAumanteil usw. In dieser Library gibt es die French Horns übrigens gestopft. Deswegen fragte ich dies auch. Bin mal gespannt ob die bei dir vorhanden sind.