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Test: VirSyn Cantor 2 Software-Synthesizer

Singendes Plugin ohne Stimme

13. Juli 2007

Neben etwas Bugfixing wurde dem Cantor die Möglichkeit beschert, das automatische Scrollen des Score Editors während des Laufens auf Anwenderwunsch zu unterbinden, was natürlich erheblich zur Erleichterung der Realtime-Bearbeitung beiträgt. Zur Editierung einer Voice gab es bisher nur das Spectral Model, nun ist ein Time Model implementiert worden, das vor allem zur Schaffung chorähnlicher Verläufe geeignet ist. Das Audiobeispiel Cantor VI wurde zu diesem Zweck hinzugefügt.

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Mit CANTOR 2 erhebt die bekannte Firma VirSyn, die schon andere herausragende Produkte im Bereich der Software-Klangerzeuger (TERA und CUBE) auf den Markt gebracht hat, den Anspruch, synthetische Vokalklänge in überzeugender Form im Computer zu generieren. Garantiert kein leichtes Unterfangen, dem sich Harry Gohs da verschrieben hat. Wie schon die Zahl 2 andeutet, ist es eine gründlich überarbeitete Form des Pakets, und da ich die erste Version nicht wirklich kenne und seitens unseres Online-Magazins auch kein Review derselben statt gefunden hat, behandele ich das Programm von meiner Seite wie völliges Neuland. Nur eines vorweg: Alle mit Cantor 1 bearbeiteten Sachen sind NICHT kompatibel zur neuen Version, aber die beiden Synthesizer können nebeneinander benutzt werden, so dass nichts bisher Erarbeitetes verloren geht.

Installation

Diese ist einfach über eine Installationsroutine zu bewerkstelligen. Neu ist wohl die Syncrosoft-Key basierende Autorisierung, die aber ebenfalls, zumindest bei mir, ohne Probleme verlief. Vorhandene Keys, wie in meinem Fall für Cubase 4 und Wavelab 6, bleiben unberührt und alles funktioniert weiterhin tadellos. Getestet wurde CANTOR 2 auf einer Pepperbox Pentium IV 3,4 GHz mit 2 GB RAM unter Windows XP SP2. Als HOST diente Cubase 4.0.1, zu einem kurzen Funktionstest kam es auch unter Ableton 6.0.3, beides ohne Beanstandungen in den wesentlichen Funktionen.

Grundsätzliches zum Synthesizer

CANTOR 2 ist wie ein 8-fach multitimbraler Synthesizer zu sehen, d.h., dass gleichzeitig bis zu acht unterschiedliche Vokalstimmen benutzt werden können. Da die MIDI-Kanäle anwenderbezogen eingestellt werden können, haben Sie natürlich die Möglichkeit, auch mit gelayerten Klängen zu arbeiten. Dies kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Sie chorartige Phrasen bilden möchten. Pro Synthesizer kann ein spezielles Microtuning benutzt werden. Die einzelnen Stimmen laufen im Mixer zusammen, wo sie als Stereoausgangssignal gemischt werden. Den einzelnen Stimmen kann hierbei der MIDI-Kanal, der Tastaturbereich, die Lautstärke, das Panorama und das Voice-Preset zugeordnet werden. Auch der Anteil am globalen Reverb ist hier regelbar. Damit wären wir schon am Ende unserer Ausführungen…zumindest im Ausgangsbereich, weil dieser nicht wirklich das Besondere an dieser Software ist. Machen wir also einen Schritt zurück und schauen uns einmal EINE Vokalstimme an. Wie schafft man es, einen Synthesizer singen zu lassen?

-- Zu guter Letzt der Mixer --

— Zu guter Letzt der Mixer —

Vokalsynthese

Ich gehöre nicht gerade zu den Handbuchabschreibern, aber manche Sachen kann man nicht besser oder großartig anders beschreiben als es das Handbuch schon tut, und so will ich in diesem Fall bzgl. der Syntheseform mal auf den entsprechenden Abschnitt zurückgreifen: es beginnt mit der Zerlegung von Worten in einzelne Silben und darüber hinaus die Zerlegung der Silben in einzelne Laute, die so genannten Phoneme. Das wirkt zuerst abschreckend, doch übernehmen ein englisches und ein deutsches Wörterbuch (120.000 bzw. 100.000 Worte) zumindest den zweiten Schritt, die Übersetzung in Lautschrift. Die einfachste Faustregel ist es, die einzelnen Silben einer jeweiligen Note zuzuordnen. Durch das Abspielen der Noten wird eine Phonemsequenz erzeugt. Hierbei zeigt sich dann auch, wie wichtig der zeitliche Ablauf einer Sequenz bzw. ihrer einzelnen Bestandteile ist, um wirkliche Verständlichkeit zu erzielen. Dass dafür natürlich auch noch weitere Parameter sorgen, um die Klangfarbe zu beeinflussen, sehen wir im übernächsten Abschnitt.

-- Das Voice Menü --

— Das Voice Menü —

 Ich möchte an dieser Stelle gleich bemerken, dass CANTOR 2 keinesfalls nur dafür geschaffen wurde, menschliche Sprache oder Gesang zu imitieren, nein, auch der experimentelle Bereich der Sprachklänge soll hier bedient werden. Wollen Sie Verständlichkeit erzielen, ist es m.E. immer wichtig, den ersten Schritt, die Zerlegung in Phoneme, sorgfältig durchzuführen.

Matrixeditor

Die Arbeit führen Sie in einem speziell dafür entwickelten Sequenzer durch, der im Groben bekannter HOST Sequenzersoftware ähnelt, die für CANTOR 2 wesentlichen Funktionalitäten beinhaltet und darüber hinaus manuell gestartet wie auch zu einem übergeordneten HOST synchronisiert werden kann. Somit ist gewährleistet, dass Sie zum laufenden Sequenzerprogramm Ihre Vokalpartie jederzeit bearbeiten können, schließlich werden die Phonemsequenzen in Echtzeit generiert. Da Übung eine Voraussetzung ist, den Meister zu machen (aber nicht zwingend dazu führt), haben Sie hier die ideale Spielwiese, um CANTOR 2 mal ordentlich zu testen und gleichzeitig ein Gefühl für den Umgang zu entwickeln, die Sprach- oder Vokalparts der musikalischen Struktur anzupassen.

Natürlich haben Sie nicht nur die Möglichkeit, Noten und die dazugehörenden Texte zu editieren, Sie können auch Änderungen hinsichtlich der Tonhöhe und eines vielleicht gewünschten Vibratos vornehmen. Solche Anpassungen lassen sich bestens mit der Maus zeichnen. Und wenn mal was schief geht, ist es auch nicht weiter schlimm: Die Änderungen sind intern protokolliert und können somit schnell und unbürokratisch rückgängig gemacht werden.

Auch ist ein Quantisierungsraster vorhanden, das auf Wunsch aus- und wieder eingeschaltet werden kann, so dass freie wie quantisierungsgebundene Vokalparts eingetragen werden können.

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Ein wichtiges Werkzeug zur Verdeutlichung der Sprach- oder Gesangseingaben ist der Phonemsequenzer. CANTOR 2 stellt zwar ein so gut wie möglich berechnetes Material in Form einer Phonemsequenz zur Verfügung, nur kann es unter bestimmten Umständen dazu kommen, dass noch Korrekturen vorgenommen werden sollen. Hier können Sie einzelne Bestandteile ein wenig stauchen oder strecken, um somit Eingriff in die Verständlichkeit z.B. eines Wortes oder einer Phrase vornehmen zu können, oder auch experimentell Vokallaute zu modifizieren.

Um z.B. einem Wort eine gewisse Starre zu nehmen und mehr Lebendigkeit und Ausdruck einzusetzen, sind Automationsparameter wie Volume (Lautstärke, Spektrum der Stimme), Tension (Intensität der Stimme), Open (Aussprache der Phoneme) und Breath (Einbringen von Atemgeräuschen) vorgesehen.

Voice Parameter

Wie oben angesprochen bietet CANTOR 2 weitere Parameter zur Klangbildung an, wobei hier auch die generellen Parameter vorhanden sind, die Sie als Automationsparameter verwenden können. Darüber hinaus gibt es als auffällige Parameter u.a. noch Metallic (man ahnt dessen Bedeutung schon, nomem est omen), Gender (Geschlechtsumwandler), Humanize (subtile Zufallsveränderungen) und Brightness (Korrektur des Lautheitsempfindens).

Auf der Voice-Seite wird zumindest denen, die mit CUBE vertraut sind, schnell klar, dass auch hier die additive Synthese ihre Anwendung findet. Hier werden spezielle Parameter zur Bildung von Stimmbandspektren angeboten und der Unterschied zu dem Parameterangebot bei CUBE liegt auf der Hand, konzentrieren sich diese Parameter doch in diesem Fall auf die Bildung von Stimmen.

Voice Presets (von denen 20 als Ausgangsbasis schon einmal an Bord sind) haben als Grundbausteine Phonemsätze. Zum Aufbau dieser Phonemsätze verweise ich auf das tiefgründige Studium des ausführlichen Manuals, nur soviel vorweg: Cantor 2 definiert den Klang eines jeden Phonems mittels zweier Formantfilter, sowohl für stimmlose als auch für stimmhafte Laute.

-- Der Phonembereich --

— Der Phonembereich —

 Grundsätzlich ist Cantor 2 für die deutsche Sprache (für diese werden 54 Phoneme benötigt) und die englische Spreche (hier kommen nur 39 Phoneme zum Tragen) vorbereitet.

Da Sie sich Ihre eigenen Phoneme bilden können, stehen Ihnen alle Möglichkeiten zur Definition einer eigenen Sprache offen, die französische Gruppe Magma lässt grüßen (Finger hoch, wer die noch kennt!).

- Die Effektseite --

– Die Effektseite —

Optionen

Hier möchte ich als erstes den möglichen Import von MIDI-Dateien erwähnen, die in CANTOR 2 weiterbearbeitet werden können. Da diese Funktion auch von der Qualität der MIDI-Datei abhängig ist, wird schon darauf hingewiesen, dass mit Nachbearbeitung seitens des Anwenders zu rechnen ist.

Eine zweite hochinteressante Option ist die Möglichkeit, eine aus Celemony Melodyne als MIDI-Datei exportierte Phrase in CANTOR 2 einzulesen. Nach der Erfassung des Textes lassen sich wohl originelle Doubling Effekte erzielen. In Ermangelung entsprechender Dateien konnte ich diesen Punkt nicht praktisch testen, aber mir nach den aus anderen Anwendungen gewonnenen Erkenntnissen doch gut vorstellen.

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Fazit

Dank der mitgelieferten Voice Presets kann man sofort damit beginnen, Vokalparts zu entwerfen, womit ich nicht gesagt haben will, dass alles kinderleicht von statten geht. Es steckt viel Entwicklungsarbeit in diesem Werkzeug, um es einem Endanwender so einfach wie möglich zu machen, mit diesem Vokalsynthesizer zu arbeiten. Und doch muss man den Willen und die Geduld mitbringen, sich ein wenig tiefer in die Materie einzuarbeiten.

Es dauert auch nicht so lange wie die Ausbildung zum Klaviervirtuosen, aber es ist absolut notwendig, nach dem Quick Start schon einmal die Dokumentation abzuarbeiten, damit man auch die Hintergründe der einzelnen Parameter versteht.

Es ist ein Spezialgebiet, gerade die Sprache ist als Klangbild recht kompliziert darzustellen. Und somit ist es natürlich auch Spezialsoftware, die mit Sicherheit nicht mit einem „normalen“ Synthesizer zu vergleichen ist.

Die Ergebnisse sind trotzdem recht mager und musikalisch nur in Spezialgebieten einsetzbar. Auf Grund des Preises kann man Cantor 2 auch nicht gerade ein gutes Preisleitunsgverhältnis zugestehen. Zudem ist die Bedienung kompliziert und erfordert ein hohes Maß an Einarbeitung.

Also: Interessant für Sound-Freaks, aber für den Rest der Welt eher unbrauchbar.

 

Plus

  • Spaßfaktor
  • Interessante Klänge für Soundfreaks

Minus

  • extreme Einarbeitung notwendig
  • Sounds schwer einsetzbar und gewöhnungsbedürftig

Preis

  • 349 € als Boxed Version, 299 € als Download
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Klangbeispiele
Forum
  1. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Also irgendwie finde ich das ganze vom Sound her jetzt weniger berauschend (von den Demos geurteilt). Das klingt nicht besser als der Voice-Roboter, der bei FLStudio beispielsweise schon gratis dabei ist.
    Und zum mal ein bisschen Spaß haben, kann man auch die Freeware "Delay Lama" nehmen. ;)

    Im Endeffekt muss ich sagen, dass 300€ dafür meiner Meinung nach doch etwas sehr hoch angesetzt sind.

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Diese Software finde ich wirklich so dermassen überflüssig. Die Stimmen klingen wirklich einfach ekelhaft finde ich. Jeder billig-Vocoder kommt da cooler. Was soll man mit dieser Software nur anfangen, selbst geschenkt würde ich sie nicht benutzen, weil es auch wie erwähnt bessere und zudem kostenlose Alternativen gibt.

  3. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Dieser Software geht es wie vielen anderen. Viel zu viele Funktionen und eine zu lange Einarbeitungszeit. Der Spaßfaktor bleibt auf der Strecke. Leider ist diese Entwicklung schon sehr weit vorangeschritten und immer öfter zu beobachten.

  4. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Ich werde jetzt einmal eine Lanze für den Cantor brechen. Selbstverständlich wird man keine natürlichen Gesangsstimmen mit ihm erstellen (obwohl in Bezug auf Textverständlichkeit ein deutliches Plus gegenüber Version 1 erreicht wurde), dennoch finde ich sein kreatives Potential klasse. Schon mal daran gedacht eine Basslinie mit synthetischen Vokalsounds zu erstellen? Oder Chor-ähnliche Pads? Oder Kraftwerk-mässige Textpassagen? Alles möglich mit dem Cantor. Wenn es objektive Kritikpunkte gibt, dann den mittlerweile bei Virsyn üblichen Kopierschutzdongle und die doch relativ hohe CPU-Last des Instruments. Mein Fazit: im Vergleich zum x-ten virtuell analogen VSTi ziehe ich einen innovativen Synthesizer wie den Cantor eindeutig vor. Eure abschliessende Bewertung ist für mich absolut unverständlich.

  5. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Nur daß es zich billigere und kostenlose Möglichkeiten gibt, das selbe zu tun (allerdings auch noch mit dratisch besseren Resultaten).

    Cantor würde ich mir jedenfalls nichtmal runterladen, wenn’s umsonst wär.

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