Wie der Vater, so der Sohn
Das Warm Audio WA-47jr ist im Grunde die abgespeckte und kostengünstigere Variante des Röhrenkondesatormikros WA-47, das dem Neumann U-47 nacheifert. Relativ gleichzeitig brachten die Texaner beide Kondensatormikrofone auf den Markt. Beim WA-47jr liegt der Vergleich zu einem Neumann U47 FET relativ nahe. Auch wenn das übertragerlose Großmembran-Kondensatormikrofon ebenso auf einer FET-Schaltung basiert, sind die beiden Mikros schwer zu vergleichen. Das fängt schon alleine beim Preis an, das Neumann kostet ca. das 10-Fache.
Was das Warm Audio WA-47 vom WA-47jr im Großen unterscheidet, ist der Verzicht auf den Übertrager, ein kleineres Gehäuse und einen erschwinglicheren Schaltkreis, basierend auf einer vereinfachten Topologie. Die Warm Audio Kapsel WA-47-B-80v wird aber auch wie beim großen Modell verwendet, was die Juniorvariante durchaus interessant macht.
FET Feldeffekttransistor des Warm Audio WA-47jr
Hier ein kurze Erklärung, was ein FET überhaupt ist. Der Feldeffekttransistor ist eine Art Transistor. Ein elektronisches Halbleiterbauelement, das zum Schalten oder Verstärken von Strom verwendet werden kann. Neben dem FET gibt es noch den Bipolar-Transistor. Im Vergleich hierzu ist der FET unipolar und kann nahezu verlustlos geschaltet werden. Am bekanntesten ist wahrscheinlich die Bezeichnung MOSFET (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor), wobei auch oft IGFETs (engl. insulated gate FET, FET mit isoliertem Gate) verwendet werden.
Transistoren sind die grundlegenden Bauelemente in der Halbleiterfertigung. In modernen Mikrochips befinden sich mehrere hundert Millionen Transistoren. Das Wort Transistor ist eine Kombination von zwei englischen Wörtern > transfer und resistor. In der Funktion ist es quasi ein steuerbarer elektrischer Widerstand.
Lieferumfang und Konstruktion des Warm Audio WA-47jr
Um vom Vergleich mit dem Neumann U47 FET wegzukommen: Das WA-47jr ist im Grunde „nur“ eine verminderte Variante das großen Modells WA-47. Das wird auch schnell klar, wenn man sich die Spezifikationen anschaut. Das Herz des Mikrofons ist hier die Kapsel WA-47-B-80v, die auch beim großen WA-47 verbaut ist. Dabei wurde ein australischer Kapselhersteller ausgewählt, der sich das Original von Neumann U47 vornahm nachzubilden.
Der Ansatz von Warm Audio ist, Produkte zu verkaufen, die bei entsprechender Behandlung ein Leben lang halten Ein sinnvoller Ansatz, somit kann man hoffen, von einer geplante Obsoleszenz verschont zu bleiben.
Im Vergleich zum WA-47 hat das Kleine nur drei Wahlschalter für die Richtcharakteristik. Wie so oft ist hier die Niere, die Kugel und die Acht im Angebot. Weiter gibt es die Möglichkeit, ein Hochpassfilter zu aktivieren, das bei 70 Hz Trittschall und andere tieffrequente Störgeräusche rausfiltert. Neben dem Hochpassfilter befindet sich noch ein -10 dB Pad-Schalter.
Wie schon erwähnt ist das Mikro übertragerlos und verfügt über einen komplett diskret aufgebauten Signalweg mit Toshiba FETs, Wima-Folienkondensatoren und Panasonic-Elektrolyt-Kondensatoren. Somit alles eher hochwertige Komponenten. Das Eigenrauschen ist mit 9 dBA sehr gering, der Dynamikumfang liegt bei 138 dBA. Der maximale Schalldruck liegt bei 147/157 dB, abhängig vom PAD-Schalter, das Ganze mit einem Frequenzbereich von 20 Hz – 20 kHz.
Betrieben wird das Mikrofon mit 48 Volt Phantomspeisung über einen üblichen 3-poligen mit Gold beschichteten XLR-Stecker. Das Gewicht ist im Vergleich zum WA-47 mit 499 Gramm eher gering, der Durchmesser beträgt 52 mm bei einer Länge von 210 mm.
Praxis des Warm Audio WA-47jr
Ausgepackt zeigt das Warm Audio WA-47jr alles, was ein erwachsenes Großmembran-Kondensatormikrofon so zu bieten hat. Auch wenn es vom Look etwas „billig“ rüberkommt, widerspricht es in der Haptik dem Vorurteil. Es fühlt sich schon hochwertig an und für den Preis scheint es dem zu erwartenden Warm Audio Charakter zu entsprechen. Was das Zubehör betrifft, werden eine Spinne mit Ersatzgummis und eine zweite ungefederte Stahlaufhängung mitgeliefert. Zur Aufbewahrung gibt es eine passende gut gefütterte Kunstledertasche. Alles macht einen stabilen und sehr guten Eindruck.
Ich hatte beide WA-47 Modelle gleichzeitig im Test, somit wurden alle Aufnahmen parallel getätigt. Im Vergleich bot sich mir ein Neumann M147 an, was den „Battle“ – wenn vielleicht auch nicht ganz fair – gewann. Witzigerweise war das WA-47jr dem Neumann im ersten Eindruck etwas ähnlicher als das große WA-47. Mit etwas genauerem Hinhören stellte sich aber später heraus, dass das WA-47jr schon am wenigsten fein auflöst und die Tiefe darstellt. Die Kugel ist die schwächste Richtcharakteristik, das sieht man aber auch schon im dargestellten Frequenzdiagramm. Natürlich kann man hier auch sagen, es ergibt sich ein weitere Variante. Dennoch ist es immer noch besser, Frequenzen rauszudrehen anstatt rein.
Hier sieht man, dass die Kugel im oberen Mittenbereich etwas abfällt im Vergleich. Somit kommt der Sound etwas weniger druckvoll rüber.
Im Gesamten finde ich das WA-47jr schon sehr interessant, da es für den Preis einiges zu bieten hat und auch den Vergleich sucht. Auch im Einsatz flexibel, ist es nicht nur für Gesang und Akustikgitarre zu gebrauchen, wenn auch hier am ehesten zu sehen.