Special Edition - Reduktion aufs Wesentliche?
Im heutigen Test beschäftigen wir uns mit den Großmembran-Mikrofonen Warm Audio WA-47jr SE und WA-87jr SE aus der Warm Audio SE-Serie. Wie mittlerweile hinlänglich bekannt sein dürfte, hat sich die Firma Warm Audio dem Nachbau bekannter Studio-Klassiker verschrieben. Bevor wir jedoch ins Detail gehen, wollen wir kurz klären, auf welche Originale sich die Mikrofone beziehen und wie sich unsere heutigen Test-Kandidaten ins Portfolio von Warm Audio einfügen.
Kurz & knapp
- Klangqualität: Beide Mikrofone liefern professionelle Ergebnisse – das WA-47jr SE klingt wärmer, das WA-87jr SE brillanter.
- Preis-Leistung: Für rund 219,- Euro bekommt man ein voll studiotaugliches Mikrofon mit Top-Kapsel.
- Einschränkungen: Die SE-Modelle bieten nur Nierencharakteristik und keine Spinne – Ausstattung klar reduziert.
- Empfehlung: Das WA-87jr SE ist vielseitiger im Mix – besonders für Sprache eine gute Wahl für Einsteiger.
- Upgrade-Tipp: Wer mehr Flexibilität will, sollte den Aufpreis zur Junior-Serie mit Pad, Filter & Spinne in Betracht ziehen.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht und Einordnung der Warm Audio SE-Serie
Die Zahlenkürzel 47 und 87 stehen in unserer Branche, das ist kein Geheimnis, für die Mikrofon-Klassiker Neumann U47 und Neumann U87. Warm Audio hat bereits seit Längerem eigene Nachbauten dieser legendären Mikrofone im Programm. In diesem Test widmen wir uns jedoch der sogenannten Junior-Serie (Warm Audio WA-47jr und WA-87jr) bzw. der nochmals reduzierten SE-Serie.
Diese Produktlinien sind offensichtlich für Einsteiger gedacht, versprechen aber ebenfalls, den Grundklang und die Sound-Ästhetik ihrer berühmten Vorfahren fürs heimische Tonstudio. Schauen wir uns an, inwiefern das gelingt.
Wie zuvor erwähnt, hat Warm Audio bereits seit Längerem einen Nachbau des Neumann U87 im Programm, das WA-87. Auch das U47 hat man in Form des WA 47 im Angebot. Davon gibt es wiederum abgespeckte Versionen, die sogenannten Junior-Varianten. Das WA-87jr verzichtet dabei auf den Übertrager im Aufbau, beim WA-47jr wurde zusätzlich noch die Röhre des Originals eingespart.
Und jetzt gibt es von beiden eine noch mal abgespeckte SE-Variante, die im Fokus dieses Testberichtes stehen. Die Junior-Variante des WA-47 hatten wir übrigens schon hier getestet.
Gespart wurde dabei hauptsächlich an der Ausstattung. Die für den Klang so wichtige Kapsel wurde beibehalten. Konkret bedeutet das, dass die Junior-Variante drei Charakteristiken zur Auswahl bietet. Nämlich klassischerweise Niere, Kugel und Acht. Außerdem bietet die Junior-Variante (ohne SE) noch einen -10 dB Pad-Schalter, ein Low-Cut-Filter und eine passende Spinne.
Die hier zum Test angetretene SE-Variante muss sich demgegenüber mit der Niere als einziger Charakteristik begnügen und statt einer Spinne gibt es nur eine einfache Halterung. Preislich liegt die SE-Variante bei einsteigerfreundlichen 219,- Euro, während die Junior-Variante mit 349,- Euro zu Buche schlägt. Die regulären Nachbauten kosten etwa 800,- bis 900,- Euro.
Im Vergleich zu den Preisen der Originale von Neumann sind dies definitiv absolute Schnäppchen. Schauen wir also, wie sich die Kandidaten in der Praxis schlagen.
Ausstattung und Haptik der Warm Audio SE-Serie
Beide SE-Mikrofone werden in einem gut gepolsterten Karton geliefert und kommen mit einem Lederetui, das die Mikrofone bei Nichtgebrauch schützt. Sie liegen gut und wertig in der Hand. Trotzdem ist spürbar, dass es sich um ein günstiges Einsteigerprodukt handelt, das die hochwertige Haptik eines 2.000,- Euro teureren Originals nicht erreicht. Aber das soll uns nicht weiter stören – schließlich geht es um den Klang, nicht um die Haptik.
Neben dem Mikrofon sind eine einfache Halterung für die Montage auf einem Stativ und ein Gewindestück im Lieferumfang enthalten. Eine kleine, mehrsprachige Bedienungsanleitung gibt Einsteigern grundlegende Tipps zur Benutzung und zum Anschluss. Hier finden sich auch die wichtigsten technischen Daten.
Auffällig ist das sehr geringe Eigenrauschen von nur 9 dBA. Der maximale Schalldruck, den das Mikrofon verträgt, liegt bei 125 dB, sodass sehr laute Quellen wie eine Bassdrum mit Vorsicht zu genießen sind. Der Frequenzbereich liegt bei 20 bis 20 kHz und die Ausgangsimpedanz bei 100 Ohm.
Warm Audio gibt an, dass auch in der SE-Variante dieselbe Kapsel wie in den größeren Varianten zum Einsatz kommt. In beiden Fällen handelt es sich um einen diskreten Aufbau, der lediglich aus Halbleitern besteht und dennoch versucht, das Klangverhalten des Originals nachzubilden.
Noch einmal kurz die Unterschiede zur Junior-Variante:
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Warm Audio WA-47jr und WA-87kr bieten neben der Niere auch die Charakteristiken Kugel und Acht.
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Sie haben einen -10 dB Pad-Schalter, der bei der Aufnahme lauterer Signale hilfreich ist, sowie einen Trittschallfilter.
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Im Lieferumfang ist eine ordentliche Spinne enthalten, die das Mikrofon frei schwingen lässt und es unempfindlicher gegenüber Trittschall macht. Sehr lobenswert sind die Ersatzgummis für die Spinne, falls diese ausleiern oder reißen sollten. Bei der SE-Variante gibt es hier lediglich eine einfache Halterung, die aber tadellos funktioniert.
Anwendung der Warm Audio Mikrofone in der Praxis
Um die Klangqualität und Einsatzmöglichkeiten zu testen, habe ich die Mikrofone in meinem Studio-Alltag anstelle meiner gewohnten Favoriten eingesetzt. Mein Hauptmikrofon ist hier ein Audio Technica 4047, dessen Name bereits verrät, dass es ebenfalls ein U47 nachempfinden soll. Zudem arbeite ich oft und gerne mit einem Neumann U87 für Sprachaufnahmen – perfekte Voraussetzungen, um unsere Testkandidaten einzuordnen.
Wer ein schnelles Fazit sucht: Beide Mikrofone sind voll studiotauglich und ich kann sie ohne Bedenken auch für den professionellen Einsatz empfehlen. Das Warm Audio WA-47jr SE klingt dabei immer einen Tick wärmer, voller und runder, während das WA-87jr SE klarer und brillanter wirkt.
Wie die Klangbeispiele weiter unten zeigen, ergänzen sich die beiden Mikrofone gut, da man je nach Signal (eher dunkel oder hell) das passende Mikrofon wählen kann.
Sofern man nicht gleich zu beiden Mikrofonen greifen möchte, würde ich Einsteigern zum WA-87jr SE raten, da es durch seine klarere Brillanz in den meisten Mixen besser zur Geltung kommt. Wer oft sehr helle oder gar schrille Stimmen aufnimmt, kann wiederum aber auch direkt das WA-47jr SE ins Visier nehmen, um klanglich entsprechend gegenzusteuern. Hier sind Hobby-Musikproduzenten oft auch im Vorteil, da sie oft nur mit der eigenen Stimme arbeiten und das dafür perfekt passende Mikrofon auswählen können. Als Profi weiß man ja nie, was als Nächstes aufgenommen werden muss und sollte daher immer eine gewisse Auswahl an Mikrofonen vorrätig haben, um auf alle Situationen reagieren zu können.
Warm Audio: Junior vs. Junior SE
Auch der Aufpreis zur normalen Junior-Serie (die uns für diesen Test freundlicherweise auch zur Verfügung stand) ist eine Überlegung wert. Für etwa 130,- Euro mehr bekommt man ein Mikrofon mit drei Richtcharakteristiken, einer hochwertigen Spinne, einem Pad-Schalter und einem Trittschallfilter. Das macht ein Mikrofon im Alltag deutlich flexibler und ich persönlich würde diesen Aufpreis jederzeit zahlen.
Im Vergleich zu meinen hochwertigeren Studiomikrofonen müssen sich die Testkandidaten nicht verstecken. Natürlich kann man bei genauem Hinhören feine Unterschiede feststellen, aber für die allermeisten Anwendungen sind sowohl das WA-47jr SE als auch das WA-87jr SE völlig ausreichend. Besonders, wenn man nur wenige Signale aufnimmt.
Der Aufpreis zu noch höherwertigen Mikrofonen lohnt sich meiner Meinung nach erst, wenn man viele Signale aufnimmt und layert – dann macht sich das „Quäntchen“ mehr an Qualität irgendwann bemerkbar. Aber wir reden hier von einem Vergleich auf sehr hohem Niveau. Es ist erstaunlich, wie viel Qualität man heutzutage schon für wenig Geld bekommt. Ich sehe die beiden Testkandidaten vorrangig als Einsteiger-Mikrofone oder als kostengünstige Erweiterung des Mikrofon-Arsenals für fortgeschrittene Anwender und Profis.
Wie klingen die Warm Audio Mikrofone der SE-Serie?
Für die Klangbeispiele habe ich die Mikrofone Warm Audio WA-47jr und WA-87jr nacheinander mit verschiedenen Quellen genutzt. Dabei habe ich versucht, die Spielweise und die Mikrofonposition so genau wie möglich zu rekonstruieren. Obwohl es kein exakter wissenschaftlicher Vergleich ist, kommen die Klangeigenschaften gut zur Geltung.
Bei der Klavieraufnahme (in Mono) klingt die 47er-Variante deutlich voller und wärmer, während die 87er-Variante mehr Brillanz aufweist. Dieses Muster setzt sich auch bei der Akustikgitarre fort. Ich kann nicht sagen, dass eines der beiden Mikrofone besser oder schlechter ist; es kommt immer auf den Kontext an. Welche Instrumente kommen noch hinzu? Wie viel Platz ist im Mix? Welche Funktion soll das Signal übernehmen? Schon mit der Wahl des Mikrofons kann man hier den späteren Endklang mitgestalten und sich die Arbeit beim Mixdown erleichtern.
Für die Akustikgitarre gibt es auch Klangbeispiele mit Kugel- und Achtercharakteristik. Während die Niere sehr direkt und brillant klingt, empfinde ich die Kugel als neutraler und ausgewogener. Im Gegensatz dazu ist die Achtercharakteristik sehr bassbetont, was eine nützliche Option sein kann, wenn das aufzunehmende Instrument in diesem Bereich Schwächen aufweist.
Das Ergebnis bei Sprachaufnahmen bestätigt die bisherigen Eindrücke. Das 47er klingt warm und voll, ich kann es mir gut für Erzählerstimmen, etwa in einem Hörspiel, vorstellen. Im Gegensatz dazu setzt sich das 87er durch seine Klarheit besser durch und eignet sich hervorragend für Werbung, Rundfunk oder Fernsehen.
Gerade die Unterschiede bei der aufgenommenen Stand-Tom finde ich erstaunlich. Auch hier das bekannte Bild. Das 47er klingt wärmer, runder, voller. Das 87er klingt spitzer, hat mehr Transienten und würde sich im Mix vermutlich besser durchsetzen. Es bleibt dabei, man muss schauen, was am besten zur eigenen Arbeitsweise und zum jeweiligen Song passt.
Noch ein Wort zum Unterschied zwischen der Junior- und der Junior SE-Variante: Die Nierencharakteristik klingt bei beiden Mikrofonen völlig identisch. Wer nur ein Mikrofon für Sprachaufnahmen sucht und auf die anderen Richtcharakteristiken und Ausstattungsmerkmale verzichten kann, spart mit der SE-Variante etwas Geld. Alle, die flexibler aufgestellt sein wollen, sollten den Aufpreis zur Junior-Variante in Betracht ziehen.








































