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Test: Wes Audio ngBusComp, Bus Kompressor

New (Bus Kompressor) Kid in Town

6. Dezember 2021

wes audio ngbuscomp test

Der Wes Audio ngBusComp ist ein weiterer Kandidat meiner Serie über „Monsterkompressoren“. Nach dem Bettermaker Mastering Compressor, dem Dangerous Music Compressor und dem Elysia Alpha steht nun das nächste >3.000,- Euro Gerät in meinem Studio.

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Falls Sie Wes Audio noch nicht kennen: Gegründet wurde das Unternehmen von Radoslaw Wesolowski im Jahr 2010 und befasste sich von Anfang an mit analoger Studiotechnik. So lag der Schwerpunkt lange auf Devices im 500er Rack-Format, wie dem Mimas FET Compressor, der Hyperion EQ und dem Calypso Interface.

Der Bus Kompressor mit dem ungewöhnlichen Namen ngBusComp ist das neueste Erzeugnis des polnischen Unternehmens. Dieser zeigt nicht nur das ganze Know-how von Wes Audio, sondern auch deren Kompetenz, die Geräte digital steuern und sie diese beispielsweise auch als „Hardware Plug-in“ für DAWs nutzen zu können. Ich verspreche: Der Wes Audio ngBusComp ist ein sehr interessantes Gerät mit tollen und außergewöhnlichen Funktionen.

WesAudio_ngBusComp_Rack

Wes Audio ngBusComp: Worum geht es?

Der große Kompressor im 3 HE Rack-Format wurde Anfang 2020 auf der NAMM Show vorgestellt und bekam einige Aufmerksamkeit. Die Tatsache, dass man das Gerät über USB oder Ethernet (!) mit der DAW verbinden kann und dieses so zum einen digital steuern und zum anderen sogar als Plug-in in DAWs einsetzen kann, hat man so bisher noch nicht gesehen. Denn es geht hier schließlich nicht um ein kleines Effektgerät, wie bei den TC Electronic Reverbs, sondern um ein ausgewachsenes High-End-Studiogerät.

Wes Audio ngBusComp: Die Ausstattung

WesAudio_ngBusComp_Studio01

Der ngBusComp ist ein analoger 2-Kanal-Kompressor, der über Encoder gesteuert wird – also nicht über klassische Potentiometer. Die Kanäle lassen sich Stereo, Dual-Mono oder als Mid-Side-Kompressor einstellen. Ein Parameterlink-Schalter verbindet die beiden Eingabeseiten und so reicht ein Dreh rechts (oder links) und die andere Seite wird parallel geregelt. Die Kanäle lassen sich durch die Bypass-Schalter einzeln oder paarweise umgehen, so dass nur das Musiksignal durch den Wes Audio fließt – ohne jegliche Kompression.

Die digitale Welt bringt es zudem mit sich, dass man einmal getätigte Settings speichern kann: Drei Parameterwerte kann sich das Gerät merken (Schalter A, B oder C).

WesAudio_ngBusComp_Mid

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Die beiden Kanäle sind symmetrisch aufgebaut und man findet Threshold, Attack, Release und Makeup, so wie bei fast jedem „normalen“ Kompressor. Dazu noch der Mix-Regler für eine Parallelkompression und ein Schalter, bei dem man die Ratio in den Stufen 1,5, 2, 4, 10 und Unendlich einstellen kann. Der Release-Encoder verfügt dazu noch über die „Auto“-Einstellung, bei der man dem Gerät den optimalen Sustain anvertraut.

WesAudio_ngBusComp_Channel

Jeweils unten links dann der THD-Regler. THD? Total Harmonic Distortion? Ja, so wie man in manchen Geräten eine “Vintage”-Funktion findet, so hat der Wes Audio ngBusComp einen Schaltkreis, der dem Signal harmonische Verzerrungen hinzufügt. Dass das ausgesprochen gut klingt, werden wir in den Klangbeispielen hören.

WesAudio_ngBusComp_open

Ebenfalls bei den klangverändernden Maßnahmen findet man den Schalter der „Iron“-Funktion. Hier durchläuft das Signal einen Übertrager (Drive Carnhill Transformer), was zu einer Pegelerhöhung (und Klangveränderung) führt. Um dies wiederum zu zähmen, findet man neben dem Makeup-Encoder noch einen Regler mit dem Namen „Iron Pad“. Dies ist ein passives Dämpfungsglied, mit dem man über eine Relaiskaskade den Pegel um bis zu 15 dB in 1 dB Schritten reduzieren kann. Ich verspreche: Sie werden das Klackern der Relais lieben.

WesAudio_ngBusComp_Uebertraeger

Die Side-Chain-Filterfunktion des ngBusComp ermöglicht die Modifizierung des in den Detektor des Kompressors eingehenden Signals. Sie umfasst 3 Hochpassfilter bei 60, 90 und 150 Hz sowie 2 Tilt-Filter, die einen „kurvigen“ Charakter aufweisen.

Zur optischen Kontrolle sind auf dem Wes Audio ngBusComp noch zwei Zeigeranzeigen zur Kontrolle der Kompression bzw. der Gain-Reduction angebracht.

WesAudio_ngBusComp_USB

Welche Anschlüsse bietet der Wes Audio ngBusComp?

Die Rückseite ist trotz der opulenten Ausstattung sehr übersichtlich gehalten. Neben der Buchse für das Kaltgerätekabel finden Sie USB und Ethernet (RJ45) zur digitalen Steuerung des Gerätes. Und dann gibt es pro Kanal noch einen Eingang und Ausgang (beide XLR) und eine Klinkenbuchse für das Sidechain-Signal.

WesAudio_ngBusComp_Back

Alle Funktionen werden auf dem Gerät durch LEDs und LED-Ketten sehr gut bestätigt. Nur die Beschriftung unter den Encodern ist von schräg-oben kaum abzulesen. Nach ein wenig Eingewöhnung konnte das Gerät aber blind bedient werden. Ein positiver Aspekt, auch für sehbehinderte Nutzer.

Wes Audio ngBusComp: Die Installation

Um den Kompressor vollumfänglich nutzen zu können, muss ein Softwarepaket (für Windows oder Mac) von der wesaudio.com Website heruntergeladen werden. Die Installation funktionierte einfach und schnell an meinem iMac mit macOS Monterey 12.0.1. Dadurch wird eine Software mit dem leicht zu merkendem Namen Wes Audio GConControl installiert, mit dem man das Gerät updaten kann, die Netzwerkverbindung einstellen und prüfen kann und vieles mehr. Interessanterweise ist dieses kleine Stück Software alles andere als intuitiv zu bedienen. Oder können Sie mir auf Anhieb den Unterschied zwischen _Config, _Manage, _Settings oder _Control nennen? Nun, bei Upgrade war ich mir immerhin sicher.

WesAudio_ngBusComp_GCon

Ich bewerte das eher als „schrullig“. Denn einmal eingestellt, wird man diese Software kaum noch benötigen.

Wenn Sie nun Ihre DAW starten (in meinem Fall Logic Pro 10.7.), dann finden Sie bei den Effekten nun das Verzeichnis Wes Audio. Dort finden Sie neben den gängigen Wes Audio Plug-ins nun eben den Kompressor ngBusComp. Nach Aktivierung wird nun darum gebeten, eine Verbindung zur Hardware herzustellen. Nach einem Klick ist das Gerät nun als Plug-in zu verwenden, klasse.

WesAudio_ngBusComp_Plugin

Und wie man es sich auch wünschen würde, haben Digital- und Hardware-Version des Compressors auch direktes Feedback. Ein Dreh am physischen Encoder der Hardware und der Regler des Plug-ins dreht sich virtuell. Andersherum genau das Gleiche: Ein Mausklick und das Gerät neben mir klickt und leuchtet, dass es eine Freude ist. Das gilt für alle Funktionen, inklusive Ausschlag der VU-Meter. So gehört sich das und bekommt ein ausdrückliches Lob von mir.

Und bevor gefragt wird: Man kann dieses per Hardware gekoppelte Plug-in nur einmal nutzen. Also entweder in einem Vocal/Instrumenten-Kanal oder in der Summe. Da hier die Signale wirklich durch den Kompressor fließen, ist eine doppelte Belegung nicht möglich. Allerdings kann man das Plug-in in mehreren Kanälen installieren. Aber man muss dann über das Stecker-Symbol trennen und kann dann das andere Plug-in aktivieren.

Der Wes Audio ngBusComp im Tonstudio

Ich habe den Wes Audio ngBusComp in den Insert meines SSL SiX Mixers eingebunden. Durch den klaren Aufbau und den einfachen Anschluss ging dies schnell und unkompliziert. Ein paar Drehs an den Encodern und schon zeigte der Kompressor, in welche Kategorie der Wes Audio einzuordnen ist – und zwar ganz oben! Ohne Artefakte und unnatürliches Pumpen lässt sich der ngBusComp auch heiß anfahren und glänzt dann mit einer blitzsauberen Leistung und einer großen Flexibilität. Standardmäßig klingt es dynamisch und glasklar, ohne große Färbung oder Charaktereigenschaft.

Die Reglerbereiche sind praxisgerecht und ich konnte Drums, Keyboard und Stimme sofort auf den Punkt einstellen. Der Sweetspot ist wirklich sehr breit und das Aktivieren bringt selbst bei bekannten Tracks sofort eine angenehme Fülle und Dichte, die man von so einem High-End-Gerät erwartet.

WesAudio_ngBusComp_open2

Beim Hinzufügen der THD bekommt das Signal ein sehr schönes Glänzen – die zusätzlichen harmonischen Verzerrungen lassen sich von „sanft“ bis hin zum deutlichen Verzerren sehr gut einstellen – ich bin begeistert. Bei mir war während des Tests der THD-Encoder meist zwischen 1/4 und 1/2. Tatsächlich fehlte mir etwas, sobald ich den THD rausnahm.

Der „Iron“-Übertrager verändert den Klang dann noch einmal sehr deutlich: Er nimmt die Mitten spürbar zurück und fügt dennoch einen sehr schönen Glue hinzu. Das Einpegeln mit dem Master-Regler (der bei aktiviertem Iron rot leuchtet) und die Reduktion über Iron-Pad (das mit dem Klicken der Relais) gibt dem Klangbild einen sehr schönen Charakter.

Ich habe versucht, diese verschiedenen Funktionen in meinen Klangbeispielen einzufangen:

Beispiel 1 ist ein Drummer in Logic Pro und ich habe den Loop erst pur, dann mit zunehmender THD, dann mit aktiviertem Iron und schließlich mit diversen SideChain-Modi verändert.

Im zweiten Beispiel habe ich den Wes Audio ngBusComp gegen einen Elysia Alpha und den SSL G-Bus Kompressor antreten lassen. Letztere natürlich als Universal Audio Plug-ins.

Und zum Schluss noch ein kleiner Track, bestehend aus Drum und einem Keyboard-Pad.

Anmerkung

Wie so oft bei High-End-Geräten reicht der Platz hier gar nicht aus, um alle Funktionen standesgemäß zu bewerten. Schon alleine den SideChain-Optionen kann man einen kompletten Bericht spendieren. Alternativ kann man das Gerät auch noch als Summenkompressor einsetzen, oder den Mid/Side-Modus erklären, relatives Channel-Linking oder die Speicherfunktion.

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Mehr Informationen

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Fazit

Es war mir eine Freude, den Wes Audio ngBusComp zu testen! Ein sehr flexibles, gut aufgebautes und toll klingendes Gerät mit interessanten Features. Schon der Dreh am THD-Regler oder die Aktivierung des „Iron“-Modus lassen Kompressorfans die Luft anhalten. Das hat man so auch nicht oft gehört. Klar, wenn man in einer Liga mit Dangerous- und Bettermaker Mastering-Kompressoren spielen will, dann muss das auch einiges kosten – aber in diesem Umfeld schlägt sich der Wes Audio bestens.

Plus

  • sehr guter Klang
  • tolle Ausstattung
  • sehr gut verarbeitet

Preis

  • 2.829,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Marco Korda AHU

    Aus unserem Nachbarland Polen kommen unheimlich gute Geräte. IGS und WesAudio sind da gute Beispiele. Ich glaube, auch Lipinski stammt aus Polen, oder? Alles HighEnd-Marken im Mastering Bereich. Die erstgenannten bieten neben dem analogen Grundgedanken auch noch eine moderne PlugIn-Steuerung. Das ist alles sehr innovativ und zieht sich durch die gesamte Produktpalette, also auch bei den 500er Modulen. Sehr beeindruckend. Und dabei preislich noch greifbar (bezogen auf Mastering-Gear, was im Allgemeinen recht teuer daherkommt).

    • Profilbild
      MichBeck

      @Marco Korda Nicht nur Hardware-, auch Softwaremäßig zeigen die Entwickler aus Polen nicht wenigen, wo der Hammer hängt, wenn ich da an PSP Audioware und D16 Group denke.

      • Profilbild
        Marco Korda AHU

        @MichBeck unbedingt, D16 machen tolle Software. Die von PSP sind klanglich recht gut, manchmal etwas sehr verkopft

  2. Profilbild
    Bernd-Michael Land AHU

    Gibt es tatsächlich noch so einen großen Markt für edle Kompressoren?
    Wer kauft denn sowas? Zumal die besseren Geräte ja fast ewig halten.

    • Profilbild
      janschneider

      @Bernd-Michael Land Naja, “groß” ist relativ, von solchen Geräten werde vielleicht nur wenige dutzend oder hundert verkauft (schätze ich jetzt mal), aber ich habe mal bei Thomann nach Kompressoren ab 2500€ geschaut, das waren dicke über dreissig Ergebnisse.
      Hab ich nicht eh mal irgendwo gelesen, dass seit zehn, fünfzehn Jahren sogar mehr Hardware verkauft wird als zuvor? Der gehobene Heim- und Projektstudiomarkt ist bestimmt sogar größer als der professionelle Studiomarkt von anno dunnemal…

      • Profilbild
        Bernd-Michael Land AHU

        @janschneider Das ist ja erstaunlich. Ich dachte eigentlich, das Hardware bei Outboardequipment immer mehr von hochwertigen PlugIns verdrängt wurde.

        • Profilbild
          Marco Korda AHU

          @Bernd-Michael Land In meinem Mastering Studio benutze ich mittlerweile so gut wie gar keine Plugins mehr. Noch vor zwei Jahren sah das ganz anders aus. Ich spare jetzt deutlich mehr Zeit und die Ergebnisse klingen um ein Vielfaches besser.
          Ich darf dazu erwähnen, dass ich durchaus ein Fan von Plugins war. Da habe ich meine Meinung grundlegend geändert und Gear gekauft…

        • Profilbild
          bluebell AHU

          @Bernd-Michael Land Ich würde das nicht rein technisch sehen. Da spielt auch so etwas wie bei Armbanduhren mit. Die braucht man heute eigentlich nicht mehr, aber trotzdem gibt es wegen Liebhaberei einen Markt für sehr hochpreisige Armbanduhren.

    • Profilbild
      Marco Korda AHU

      @customstudio Der 502p von Bettermaker z.B. ist 2014 auf den Markt gekommen. Tegeler hat das Konzept meines Wissens nach lediglich adaptiert.

  3. Profilbild
    Sudad G

    Seit das Einbinden externer Hardware von den meisten DAWs relativ gut unterstützt wird, habe ich das ein oder andere Plug-In auch durch Hardware ersetzt. Der Sound spielt in einer ganz anderen Liga als ein Plug-In.
    Auch der Sweetspot ist oft größer. Das merke ich selbst bei dem Vergleich Klark Teknik KT76 Hardware vs UAD 1176 Plug-In. Obwohl das UAD Plug-In recht gut klingt, geht das Einstellen mit dem Klark Teknik deutlich schneller.
    Der Regelbereich, innerhalb er dann klanglich überzeugt ist auch wesentlich größer.

    Einziger Nachteil ist das fehlende Total Recall, wobei das heute dank Fotos via Smartphone nicht mehr ganz so zeitaufwendig ist wie früher mit handgeschriebenen Zetteln oder Parameter-Sheets.
    Da kommt so ein Kompressor wie der WES Audio ngBusComp mit Plugin Steuerung gerade richtig.
    Auch Tegeler hat das Konzept bei Schwerkraftmaschine und Creme RC gut umgesetzt.

    Auf jeden Fall ein toller Kompressor!

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