Hardware-Kompressor mit Total Recall
WES Audio Pandora ist ein Stereo-Multiband-Kompressor im API500-Format. Wie bei anderen WES Audio Produkten auch, steht hier nicht nur höchste Klangtreue im Vordergrund, sondern auch die Einbindung in eine moderne DAW-gestützte Produktionsumgebung.
Kurz & knapp
- Multiband-Kompressor im API500-Format: Der WES Audio Pandora teilt das Audiosignal in drei Frequenzbänder und ermöglicht eine präzise Dynamikbearbeitung.
- Digitale Steuerung & Total Recall: Über ein Plug-in lässt sich das Modul fernsteuern, wodurch Einstellungen mit dem DAW-Projekt gespeichert werden können.
- Flexible Klangformung: Neben VCA-Kompression bietet Pandora Tuned Harmonic Distortion (THD) für zusätzliche Klangfärbung und parallele Kompression
- Hochwertige Verarbeitung: Robustes Design mit übersichtlicher Bedienoberfläche, Push-Encodern und flexiblen Crossover-Filtern.
- Preis & Integration: Teuer und primär für professionelle Studios gedacht, da zusätzliche Hardware für optimale Integration notwendig ist.


Inhaltsverzeichnis
WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressor
Das Öffnen von WES Audio Produktverpackungen ist immer recht wenig spektakulär: eine simple Pappverpackung, etwas Styropor und das API500-Modul samt einem gedruckten Prospekt.
Das Modul ist recht schwer, gut verarbeitet und nimmt drei Slots im API-Rack ein. Die übersichtlich gestaltete helle Frontplatte umfasst 10 Encoder samt LED-Ringen und 23 Taster sowie einige LED-Ketten. Außerdem ist ein Mini-USB-Anschluss auf der Front zu finden.
Encoder, USB? Ja, denn wie viele weitere Geräte der WES Audio NG500-Reihe bietet auch Pandora Total Recall über die DAW und natürlich damit auch Echtzeitkontrolle per Automation.
Multiband-Kompressor
Was macht überhaupt ein Multiband-Kompressor und wann setzt man ihn ein? Zunächst einmal engt ein Kompressor die Dynamik des ihm zugespielten Signals ein, indem laute Signalanteile leiser und leise Signalanteile lauter gemacht werden. Ein Multiband-Kompressor komprimiert nun nicht über die komplette Bandbreite des Eingangssignals gleichermaßen. Stattdessen wird das Signal in verschiedene Frequenzbänder aufgeteilt (wie bei einer Frequenzweiche oder einem Equalizer) und diese Frequenzbänder lassen sich mit unterschiedlichen Einstellungen komprimieren.
So könnten wir mit einem Multiband-Kompressor beispielsweise ein Schlagzeug deutlich besser komprimieren als mit einem Fullrange-Kompressor, indem wir für die energiereichen tieffrequenten Signale (Bass-Drum, Standtom) eine andere Kompression wählen als für mittleren Signalanteile (Snare, Hi-Tom, Mid-Tom) oder die hohen Signalanteile (Becken).
Auch ein bereits fertiger Mix lässt sich mit einem Multiband-Kompressor noch weiter in seiner Dynamik und auch seinem Klang beeinflussen. Ein Multiband-Kompressor wird deshalb sehr gerne auf Stereo-Subgruppen oder dem Main-Bus eingesetzt und ist ein typisches Dynamik-Tool zur Bearbeitung von Summensignalen.
Das bedeutet aber nicht, dass mit einem Multiband-Kompressor nicht auch Einzelsignale bearbeitet werden können. Man denke nur an eine akustische Gitarre, ein Piano oder auch die Gesangsstimme. Hier lassen sich einzelne Frequenzbereiche gezielt bearbeiten, so wie wir es mit einem Equalizer tun würden. Und in der Tat könnte ein Multiband-Kompressor auch einen EQ ersetzen, wie wir später noch sehen werden.
Natürlich macht ein Multiband-Kompressor am meisten Sinn auf Stereosignalen und somit ist auch der WES Audio Pandora Multiband-Kompressor ein Stereogerät.
Bedienelemente und Funktionen
Der WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressor ist optisch logisch aufgebaut und leicht zu durchschauen: Schon auf den ersten Blick erkennt man die drei Bänder Low, Mid und High, die jeweils identisch ausgestattet sind: Threshold, Ratio, Output, Attack, Release, THD (Tuned Harmonic Distortion). Außerdem gibt es für das Low- und High-Band jeweils ein dreistufig schaltbares Sidechain-Filter (60/90/150 Hz und 3, 6, 9 kHz), zwei Crossover-Regler, einen Bypass-Schalter, einen Wet/Dry-Regler für parallele Kompression und einen zentralen Output-Regler. Per Hardware A/B lässt sich zudem zwischen zwei Einstellungen umschalten.
VCA-Kompression mit Tuned Harmonic Distortion
WES Audio Pandora ist ein VCA-Kompressor, das bedeutet, dass die Anpassung der Dynamik über einen spannungsgesteuerten Verstärker erfolgt. Eine Besonderheit von Pandora ist der THD-Schaltkreis mit jeweils zwei Einstellungen (Medium, High), mit dem sich harmonische Verzerrungen hinzufügen lassen. Während in der Medium-Einstellung eher eine Sättigung erfolgt, geht High schon etwas mehr in die Verzerrung.
Tuned Harmonic Distortion ist ein weiteres Element im Farbkasten des Technikers, mit dem er das bereits gemischte Signal formen kann. Auch wenn viele Plug-ins hier deutlich brachialer zu Werke gehen, passt THD prima zum Konzept des analogen Kompressors.
Parallelkompression
Während bei Software ein Wet/Dry-Regler bei Kompressoren schon der Normalzustand ist, ist das bei vielen analogen Kompressoren noch lange nicht der Fall. Umso schöner, dass man bei WES Audio daran gedacht und Pandora parallele Kompression spendiert hat. Parallele Kompression macht vor allem dann Spaß, wenn man mit dem Kompressor das Signal radikal in der Dynamik reduziert und das bearbeitete Signal dann in kleineren Dosen dem nicht komprimierten Originalsignal hinzufügt. Genau das lässt sich über den Wet/Dry-Encoder erreichen.
Crossover-Filter
Sehr schön gelöst ist der Übergangsbereich zwischen den drei Bändern. Dieser ist nämlich nicht starr, sondern lässt sich über die beiden Crossover-Regler zwischen 40 Hz und 2 kHz sowie 2 kHz und 15 kHz flexibel einstellen. Dies erhöht die Flexibilität des WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressors zusätzlich.
Total Recall
Verbindet man WES Audio Pandora per Mini-USB-Kabel mit dem Computer und hat das Plug-in für PC oder Windows installiert, lässt sich die Hardware bidirektional steuern. Reglerbewegungen spiegeln sich also im Plug-in wider, während Veränderungen im Plug-in sofort an der Hardware sichtbar werden.
Wer es gewohnt ist, mit Plug-ins zu arbeiten, kann die Hardware einfach vergessen und komplett in der DAW arbeiten. Anders herum müssen Liebhaber analoger Schaltungstechnik nicht auf den Komfort einer DAW verzichten, in der schließlich alle Einstellungen stets mit dem Projekt gespeichert werden. Best of both worlds – so gefällt mir das.
Sehr gut gefällt mir die moderne Benutzeroberfläche, die eben nicht ein 1:1-Abbild der Hardware ist, sondern stattdessen für den Bildschirm optimiert wurde. So sieht man, wie bei einem Equalizer die einzelnen Frequenzbänder und kann diese bearbeiten.
Was mir nicht gut gefällt, ist die Nutzung von Mini-USB. Das ist absolut nicht mehr zeitgemäß und USB-C existiert nicht erst seit gestern. Möchte man das umgehen, bleibt nur der Kauf des Titan API-Racks, das auf der Rückseite eine USB-B- sowie eine Ethernet-Buchse besitzt, um die Total Recall-Module der NG500-Serie entsprechend gesammelt mit dem Computer zu verbinden.


Allerdings ist der Kauf des Titan-Racks kein günstiges Vergnügen und lohnt sich eigentlich nur dann, wenn man mehrere WES Audio API-Module mit Total Recall besitzt.
Praxis
Das WES Audio Pandora Kompressor-Modul ist schnell ins Rack eingebaut. Etwas ärgerlich ist, dass für den Einbau die Breite dreier Slots benötigt wird. Die Alternative wäre nur ein Modul gewesen, bei dem die Bedienelemente deutlich dichter beieinander liegen als beim WES Audio Pandora. Durch den großzügigen Abstand der Encoder zueinander lassen sich diese nämlich sehr bequem bedienen, was gerade beim API500-Format nicht immer selbstverständlich ist.
Hat man das Plug-in für Total Recall installiert, kann es auch schon losgehen. Nach der Verbindung des USB-Kabels mit der Front des WES Audio Pandora Multiband-Kompressors wird dieser sofort vom Plug-in erkannt und die Arbeit kann losgehen.
Die Encoder sind allesamt Push-Encoder und reagieren gut auf Veränderungen. Durch die Rasterung der Encoder bekommt man ein gutes haptisches Feedback. Die Taster sind sehr flach, lassen sich aber dennoch gut bedienen. Die LEDs sind recht hell und trotz ihrer geringen Größe lassen sich die Einstellungen dadurch sehr gut ablesen, wenn man das denn an der Hardware tun möchte.
Wie schon von anderen WES Audio Modulen gewohnt, ist die Verarbeitung einwandfrei und es darf angenommen werden, dass bei sachgemäßem Gebrauch Pandora über viele Jahre fehlerfrei funktioniert.
Wie klingt der WES Audio Pandora?
Den Klang eines Kompressors zu beschreiben, ist immer recht schwer. Im Idealfall sollte man einen Kompressor überhaupt nicht bei seiner Arbeit hören, denn er war von Natur aus eher ein technisch notwendiges Übel, um die große dynamische Bandbreite von Audiosignalen überhaupt erst auf Band (oder Vinyl oder CD) aufzeichnen zu können. Heutzutage ist die Dynamik von digitalen Systemen so immens, dass die Funktion eines Kompressors als reines Tool zur möglichst unhörbaren Dynamikeinengung gar nicht mehr benötigt wird. Stattdessen nutzen wir heutzutage Kompression als klanggestalterisches Mittel wie einen EQ oder Hall:
Der Kompressor drückt ein Signal in den Hintergrund oder lässt es aus diesem hervortreten. Er schweißt mehrere Signale zusammen oder trennt sie mit chirurgischer Präzision. Der Kompressor darf hörbar sein, pumpen, die Hüllkurve des Ursprungssignals verbiegen und vieles mehr. All das kann der WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressor, wenn der Anwender das denn möchte, wobei es m. E. deutlich stärker zupackende Kompressoren gibt als Pandora.
Ihr hört hier einen Drum-Loop. Zuerst hört ihr immer die unbearbeitete Version, dann schalte ich Pandora über das Plug-in ein, anschließend wieder aus und zum Schluss noch einmal ein. Achtet hier insbesondere auf die Becken und die Snare. Die Lautheit der komprimierten Version ist ebenfalls etwas höher. Die Wirkung von THD ist eher subtil.
Auch die Arbeit an einem fertigen Mix ist eine Stärke des Multiband-Kompressors, wie man vor allem im verlinkten YouTube-Video später noch schön hören kann.
Total Recall
Beim Test habe ich schnell den Komfort, das Modul per Plug-in bedienen zu können, schätzen gelernt. Im Laufe der Jahre hat sich meine Arbeitsweise von Outboard immer mehr in den Computer verlagert. Ich schätze die DAW mit ihren unzähligen Plug-ins, Total Recall und dem geringen Platzbedarf, den ein komplettes Studio heutzutage einnimmt. Ein Laptop, ein Audio-Interface, ein Kopfhörer oder kleine Studiolautsprecher – fertig. Mehr braucht es nicht. Hat man sich daran gewöhnt, fühlt es sich seltsam an, plötzlich wieder an Hardware zu schrauben.
Und so drehe ich nach kurzer Zeit bereits nur noch an den virtuellen Reglern, während das Test-Rack mit Pandora neben dem Arbeitstisch steht und kaum Beachtung findet. Soll das so?
Hier schlägt bei Leuten, die gerne „in the box“ arbeiten, der größte Vorteil von Pandora in einen Nachteil um: Warum benötige ich einen per Plug-in fernsteuerbaren analogen Multiband-Kompressor, den ich in bester Qualität als Plug-in in meiner DAW habe? Als Plug-in, das ich im Prinzip unendlich oft auf Spuren oder Busse laden kann. Höre ich am Ende noch die Hardware, wenn ich sie nicht mehr im Blickfeld habe? Ich habe den WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressor testweise auf einigen Projekten anstelle des Logic Pro Multiband-Kompressors auf dem Master geladen und so weltbewegend sind die Unterschiede jetzt nicht.
Ganz im Gegenteil: Aufgrund der zusätzlichen notwendigen Wandlung muss mit deutlich größerer Sorgfalt vorgegangen werden als bei einem Plug-in.
Diese durchaus ernstgemeinte Frage sollte sich jeder Interessent stellen, denn für den stolzen Preis von fast 1.400,- Euro für WES Audio Pandora (ohne API-Rack) stellen sich andere ein Studio mit Mac Mini und Logic Pro zusammen, das eigentlich keine (digitalen) Wünsche mehr offen lässt. Rechnet man nun noch die analog-digitale Infrastruktur dazu, die benötigt wird, um so ein API-Modul überhaupt ins eigene DAW-Studio integrieren zu können, kommt man auf einen stolzen Gesamtpreis.


Das soll nicht falsch verstanden werden, denn klanglich lässt sich Pandora nichts zuschulden kommen. Man bekommt hier kristallklaren VCA-Sound mit schnellen Hüllkurven und auf Wunsch per THD auch (etwas) Schmutz. Die Versuchung, am Ende aber aufgrund der Fernsteuerung per Plug-in doch wieder nur mit der Maus zu arbeiten und den seit Jahren erlernten Annehmlichkeiten der DAW zu erliegen, ist groß. Und so konnte ich in vielen YouTube Videos zum WES Audio Pandora Multiband-Kompressor auch erleben, dass die Reviewer genau wie ich den Kompressor ausschließlich mit der Maus per Plug-in bedient haben.
Eines dieser Videos möchte ich euch nicht vorenthalten, da es m. E. die klanglichen Aspekte des WES Audio Pandora Stereo-Multiband-Kompressors so gut zeigt wie kein anderes:
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Alternativen
Alternativen gibt es natürlich am Markt, wenn auch sehr wenige. Einen schönen Summenkompressor, der zwar kein Multiband-Kompressor ist, dafür aber ein richtiges „Charakterschwein“, ist der DOCtron IMC-500 Summenkompressor, den wir hier getestet haben. Auch er besitzt eine Sättigungsstufe mit Drive-Regler sowie einen 2-Band-Shelving-EQ.


Der Elysia xmax 500 ist ebenfalls ein Multiband-Kompressor für Mixing und Mastering in Class-A-Schaltungstechnik. Er bietet eine variable Übergangsfrequenz zwischen Tief- und Mittenband, einen Tone-Regler, einen „Hit it!“-Schalter für noch mehr Punch und einige Funktionen mehr, die dem Signal mehr Charakter verleihen sollen.


Leider nichts für mich, da ich aufgeräumt habe und nur noch USB-A-, und USB-C-Stecker und Buchsen bei mir zulasse. 😫
@CDRowell nix mit USB b? 😎
@Numitron Okay, soweit stimmt dein Einwand schon, ich habe AKAI APC40MKII und ABLETON PUSH2 und CRAVE, EDGE und SPICE… Die Kabel wurde ausgetauscht, um USB-C auf USB-B zu haben. 😇
Ja, auch auf meinem EURORACK-SAMMELSURIUM findet man MINI-USB beim SPINK-0 und andere wollen natürlich auch nicht mit USB-C aufwarten. Jedoch nutze ich diese Anschlüsse nicht, weil alles schon vorkonfiguriert wurde.🥳
Und da gibt es bestimmt noch irgendwo im Keller einen Anschluß, den ich nicht mehr nutze… 😬
Du hast mich empfindlich erwischt!😜
@CDRowell haha. OK.
jeder von uns hat Kabel im Keller! besser als Leichen.
😁
1400€ und dann reicht es nicht für USB-C sondern nur Mini-USB ist schon echt dämlich.
Ansonsten sehe ich das ähnlich; im Zweifelsfalle kann ich mir für weniger Geld die besten Plugin-Kompressoren kaufen.