Song-Spezialist unter den Eurorack Sequencern
Der Winter Modular Eloquencer in der aktuellen Firmwareversion 1.2.0 soll die zentrale Schalt- und Waltstation für das Eurorack sein. Mit 8 CV/Gate-Tracks, einem Aux- und Clock-Ausgang sowie zwei CV-Eingängen, die verschiedene Parameter fernsteuern können, sowie dem obligatorischen Reset-Eingang scheint das alles auch möglich zu sein. Wo liegen die Stärken des Winter Modular Eloquencer, wo seine eventuellen Schwächen?
Viel Raum für die Finger beim Eloquencer
Mit seinen 38 TE (ca. 19 cm) nimmt der Winter Modular Eloquencer eine gehörige Portion Rack ein. Dafür sind aber die Bedienelemente alle in einem wohl proportionierten Abstand zueinander positioniert, was gerade auch dem Live-Einsatz entgegenkommt.
Die 16 Step-Buttons sind in zwei Reihen angeordnet, die Track-Buttons (A bis H) alle untereinander. Vier Buttons gewähren einen direkten Zugriff auf die Pattern-Daten wie CV und Gate. Ein Start- und ein Function-Button gesellen sich in der oberen Reihe dazu – denn ja, es gibt Mehrfachbelegungen, das lässt sich bei der Komplexität des Winter Modular Eloquencer nicht vermeiden. Das beinhaltet leider auch Dreifachbelegungen, die aber noch gut zu bewerkstelligen sind.
Überhaupt ist die 25-seitige Anleitung zwar recht ausführlich, aber besitzt weder ein Inhaltsverzeichnis noch Hyperlinks. Das macht sie eher unübersichtlich und teilweise auch verwirrend. Man muss sich hier über die Suchfunktion des PDF-Readers der Wahl behelfen.
Blickfang ist sicherlich die große LED-Anzeige, auf der die gesetzten Steps aller Tracks angezeigt werden. Das kleine 128 x 64 Pixel-messende OLED-Display daneben hält dann Detailinformationen zu jeder Funktion bereit, die mit dem Encoder verstellt werden können. Manchmal werden dafür auch die anderen Bedienelemente genutzt, meistens wenn man Einstellungen sinnvollerweise on-the-fly machen möchte wie etwa Start- und Stop-Step eines Patterns.
Winter Modular Eloquencer: 8 Tracks to Heaven
Der grundsätzliche Aufbau des Winter Modular Eloquencers lässt sich folgendermaßen darstellen. Es können 128 Projekte gespeichert werden. Innerhalb eines Projektes gibt es vier Bänke, die jeweils 16 Pattern abspeichern können. Das Pattern ist normalerweise 16 Steps lang. Benutzt man als sogenannten Master Track keinen der 8 Tracks, sondern den internen Master Track, so können diese bis zu 64 Steps lang sein.
Jedes Projekt kann auch einen Song speichern. Dieser ist aus Song Parts zusammengesetzt, die wiederum aus einer Aneinanderreihung (Chain) von bis zu 16 Pattern des Projekts bestehen. Ein Song kann aus maximal 256 solcher Chains oder Song Parts bestehen.
Bei dieser Fülle an Parts – und dabei haben wir die eigentlichen Daten eines einzelnen Pattern noch gar nicht angesprochen – wird schnell klar, dass es einige Zeit dauert, bis ein gesamtes Projekt von der mitgelieferten SD-Karte geladen oder darauf gespeichert wird. Soll heißen: Es ist nicht möglich, unterbrechungsfrei von einem Projekt zum nächsten zu springen, es gibt immer eine ca. 2 Sekunden lange Pause, in der auch keine eingehenden Clock-Impulse verarbeitet werden – unbrauchbar für Live. Innerhalb eines Projektes kann man aber in Echtzeit zwischen den Pattern und den Bänken wechseln.
Eloquencer: Das Pattern
Bevor es an die Performance-Eigenschaften des Winter Modular Eloquencers geht, beleuchten wir ein Pattern mal im Detail, denn hier wird auch Kollege Zufall eine Chance gegeben. Die vier Basiseinstellungen werden direkt über einen Tastendruck aufgerufen. Dabei handelt es sich um CV, Gate, Gate-Length und Ratchet (das Repetieren innerhalb einer Step-Länge, mit zwei binären und sechs (!) ternären Mustern). Durch mehrmaliges Drücken kommt man dann in weitere Ebenen. Hier können dann die erwähnten Wahrscheinlichkeiten editiert werden.
Zum einen die Wahrscheinlichkeit, dass z. B. ein Gate auch wirklich ausgelöst wird – zur Verfügung stehen acht diskrete Werte von 0 % bis 100 %. Zum anderen eine Grenze, innerhalb der die angegebene Wahrscheinlichkeit „wütet“. Für den CV-Wert also die möglichen Halbtonvariationen ober- und unterhalb der eigentlich gesetzten Note. Sinnvoll vor allem im Zusammenhang mit dem projektweiten Tonleitereinstellungen eines jeden Tracks.
Wie bei allen Pattern-Einstellungen des Winter Modular Eloquencer, muss man zum Editieren den Step gedrückt halten und dabei dann über den Encoder den Wert einstellen. Vorteil dieser Methode: Man kann auch mehrere Steps gleichzeitig verstellen – gerade für Live-Situationen sehr gut einsetzbar. Nachteil: Man ist ständig mit beiden Händen am Winter Modular Eloquencer zugange.
Persönlich wäre mir ein weiterer Edit-Modus lieber gewesen, bei dem man nur einmal auf den Step klickt und dann am Encoder den Wert verstellen kann. Das würde eine Bedienung mit nur einer Hand zulassen, was ich persönlich als stressfreier und weniger ermüdend erachte.
Hier offenbart sich eine Schwäche des UI (User Interface), denn der gerasterte Encoder scheint erst nach einer gewissen Zeit zuverlässig auf die Einstellungen zu reagieren. Es stellt sich heraus, dass auch Encoder-Bewegungen ober- und unterhalb der maximalen/minimalen Werte mitgezählt werden. Drehe ich bei 100 % noch fünf Rasterungen höher, so muss ich auch wieder sechs Mal herunterdrehen, damit ich zu einem Wert unter 100 % gelange.
Und noch eine Sache ist mir bei der Encoder-Abfrage aufgefallen. Während bei einer Drehung gegen den Uhrzeigersinn der Wert erst umspringt, wenn der Encoder genau einen Klick weiter ist, ist das im Uhrzeigersinn anders. Hier kommt der neue Wert bereits bei einem „halben“ Klick, was die Bedienung vor allem in den Menüs unnötig erschwert.
Anstatt die CV-Werte manuell einzugeben, kann man einen Track auch in den stepped LFO-Modus versetzen. Zur Auswahl stehen Saw, Ramp, Triangle, Square und Random. Minimum: 2 Steps; Maximum: 32 Pattern. Dazu kann man noch die maximale Amplitude und einen Offset bestimmen. Hier ist aber immer bei 0 V bzw. 9 V Schluss. Der stepped LFO kann keine negativen Werte erzeugen, auch wenn negative Offsets das suggerieren. Auch die Anleitung ist hier klar formuliert.
Auf die Länge kommt es (eben doch) beim Eloquencer an
Kommen wir zurück zur Länge eines Patterns. Die Bedienungsanleitung besagt, dass man über den internen Master-Track auch Patterns von bis zu 64 Steps Länge erreichen kann. Das ist ein wenig irreführend und nicht richtig, wenn man sich auf eine Spur bezieht. Denn es ist damit tatsächlich das ganze Pattern gemeint und kommt zur Anwendung, wenn man polyrhythmische Patterns erstellt, in denen jeder Track eine andere Laufzeit oder unterschiedliche Start- und Endpunkte aufweist. So kommt man auch zu Patterns, die sich innerhalb von 64 Steps nicht wiederholen – der Master-Track setzt dann einfach nach 64 Steps wieder alles auf null. Ein einzelner Track kann aber tatsächlich nur maximal 16 verschiedene Steps enthalten.
Performance Features – neulich im CV-In des Eloquencers
Ja, der Winter Modular Eloquencer ist ein Exemplar, das gespielt werden möchte. Man kann seine Gate- oder Notenabfolgen aber auch direkt über die Step-Buttons einspielen. Es können einzelne Tracks stummgeschaltet, mit einem Fill für jeden Step eines Tracks ein Gate ausgelöst und alle Steps eines oder mehrerer Tracks als Ganzes nach vorne oder hinten verschoben werden.
Hier passen auch die beiden CV-Eingänge ins Bild. Über die globalen Einstellungen eines Projektes kann man deren Funktion bestimmen, die verwendete Volt-Skala ( +/- 5 V oder 0-10 V) und welche der acht Tracks sie beeinflussen sollen. Da wären zunächst die beiden Transponierungsoptionen. CV-ADD ermöglicht die Transponierung der ganzen Sequenz, CV-Q quantisiert den CV-Eingang und spielt den anliegenden CV-Wert dann bei jedem aktivem Gate. Wichtig ist dabei, dass hier keine FM-Quellen zur Modulation angelegt werden können. CV-ADD ist die einzige Möglichkeit, Patterns zu transponieren, sieht man von dem Behelfseinsatz der Skalen und dem Grundton ab; es gibt keine Möglichkeit, ein Pattern als Ganzes direkt am Gerät zu transponieren.
Eine weitere Gruppe von Modulationen beeinflusst die Wahrscheinlichkeiten der Step-Parameter CV, Gate, Gate Length und Ratcheting. Außerdem stehen verschiedene Mute-Optionen zur Verfügung. Am interessantesten ist hier die MUTE BIN Option. Diese arbeitet im Prinzip wie ein Binärzähler, so dass der Track A bei einem Spannungsverlauf oft an- und ausgeschaltet wird, während der letzte Track H erst ganz zum Schluss des Verlaufes verstummt. Für die FILL-Option gibt es eine identische Einstellung, FILL BIN.
Besonders ergiebig ist die Track Shift Option des Winter Modular Eloquencers, im Benutzerhandbuch noch Pattern-Shift genannt. Hier kann man die Steuerspannung dazu nutzen, einzelne Tracks um beliebig viele Steps nach vorne und hinten zu verschieben. Gerade bei FM-Sequenzen ist das ein ergiebiges Spielfeld für Modulationen. Auch und gerade wenn man manuell die beeinflussten Tracks aktiviert und deaktiviert.
Da dieser Track-Shift am Ende auch bestehen bleibt, kopiert man sich die Ausgangsversion über die Freeze Funktion in den Zwischenspeicher und ruft diese nach getaner Arbeit über Revert wieder auf. Natürlich sollte man dann vorher die Track-Zuweisungen wieder aufheben, sonst geht das Pattern-Schieben lustig weiter. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, einen Track des Winter Modular Eloquencers mit dieser Funktion zu betrauen und diesen dann auch durch den Track Shift beeinflussen zu lassen – generative Patterns, hallo!
Gerade hier würde ich mir eine Performance-tauglichere Implementation wünschen, bei der ich nicht über ein Untermenü eines Options-Menüs an diese herrliche Schieberei gelangen muss.
Winter Modular Eloquencer: Song Mode
Zum Schluss möchte ich noch auf den Song-Mode des Winter Modular Eloquencers eingehen. Hier kann man die Patterns eines Projektes zu 64 Pattern-Ketten, den sog. Song Parts, mit bis zu sechzehn Patterns zusammenschließen. Der endgültige Song besteht dann aus bis zu 256 dieser Song-Parts.
Das Zusammenstellen der Parts und Songs ist denkbar einfach. Man wählt Create Part und drückt die Parts hintereinander in der gewünschten Reihenfolge. Natürlich können alle viermal sechzehn Patterns des Projektes dafür ausgewählt werden.
Genauso verfährt man mit Create Song, nur dass man jetzt die vorher erstellten Parts auswählt. Eine einfache, aber effektive Arbeitsweise, die es erlaubt schnell, komplette Abläufe zu programmieren. Die Patterns der Song Parts werden dabei nicht dupliziert, so dass eine Änderung am ursprünglichen Part auch eine entsprechende Änderung im Song-Part zur Folge hat.
Dabei gibt es eine kleine, aber wichtige Einschränkung für die Bedienung im Live-Kontext. Spielt man den Song ab, kann man den gerade aktiven Song-Part nicht editieren, ohne dass der Winter Modular Eloquencer bittet, den Sequencer stoppen zu dürfen. Nichtaktive Parts können aber sehr wohl editiert werden.
Ich kann ihn nur empfehlen.
Habe die schwarze Version seit März und steuere damit alleine ein System bestehend aus 8x84TE.
Gleich daneben sitzen diverse Multiples und einige switch Module. Die Möglichkeiten sind schier unendlich!
Hatte bereits E-mail Kontakt mit dem überaus sympathischen Erfinder. Es ging um die Frage nach „contional trigger“ in Form eines Updates. Er meinte ihm gefällt die Idee und er überlegt sich wie man es implementieren könnte, da er aber keinen freien Knopf auf dem Modul hat und er ungern eine weitere Menü Ebene einfügen möchte sind die Chancen eher gering. Ist aber kein Problem da man mittels „Switch“ Modulen denn selben Effekt erzielen kann…
Mit einem Projekt kommt man mehr als locker live zurecht. Ich schaffe es sogar nur ein Pattern für live zu nutzen, und dieses umzugestalten. Man muss ein Projekt so verstehen, das man damit ein live Set spielen kann. Insofern betrachte ich jeweils ein neues Projekt als komplette Anpassung für ein anderes Set. Die 2 Sekunden sind dabei dann völlig unerheblich. Ich denke auch nicht, das es so angedacht ist live umzuschalten. Man muss da einfach ein bißchen umdenken.
Bezgl. der 64 Steps bin ich schon Anfangs enttäuscht gewesen, wird einem doch suggeriert man kann direkt die Ansicht durchschalten um 64 Steps zu bearbeiten. Schön, das das auch mal erwähnt wird. Das ist ein Manko. 64 Steps kann man nur durch Pattern Chain erreichen und das finde ich schon recht fummelig, denn man muss genaue Vorstellungen haben, was man denn machen möchte. Das ist schon sehr hinderlich.
Es bleibt eigentlich noch viel Freiraum für Programmierung des OS, denn durch die vorhandenen Taster und Regler kann man da schon noch einiges einbauen. Ich habe Winter-Modular mal vorgeschlagen, das man doch auch die Ansicht als 1 Spur machen kann, um somit die vollen 64 steps zu bekommen. Oder auch eine verspielte rein grafische Programmierung wie beim Gamesystem oder komplett andere Ansätze.
Das mit der Encoder Programmierung ist mir bisher gar nicht aufgefallen. Ist mir aber auch egal.