Authentisch statt exotisch
Eine Strat ist eine Strat ist eine Strat? Mitnichten, der Markt ist voll von Kopien der wohl berühmtesten E-Gitarre aller Zeiten. Klar, darunter sind zum großen Teil eher schlechte als rechte Modelle aus allen fernöstlichen Ländern dieser Erde, doch auch im Premiumbereich gibt es einige Hersteller, die sich an Leo Fenders Meisterwerk versuchen. Einer davon ist die US-Firma Xotic, die den Pedal-Nerds unter uns als Hersteller edler Boutique-Pedale bekannt sein dürfte. Xotic hat sein Sortiment vor Kurzem bedeutend erweitert, nämlich um eine komplette Instrumentensparte, in der sich Gitarren und Bässe gleichermaßen tummeln. Aus dieser Kategorie haben wir uns nun mal eine feine Strat zum Test rausgepickt, die Xotic Guitars XSC-1 RW FR bittet zum Tänzchen!
Xotic Guitars XSC-1 RW FR – Facts & Features
Grundsätzlich haben wir es bei Gitarren von Xotic mit Relic-Instrumenten zu tun, die äußere Hülle hat also bereits ab Werk schon einiges an Kratzern abbekommen und auch die Hardware wirkt so, als sei sie seit vielen Jahrzehnten ununterbrochen im Dauerbetrieb. Doch das ist noch nicht alles, denn unser Testinstrument entspringt lediglich der Kategorie „Medium Aged“. Noch viel heftiger wurden dagegen die Gitarren der „Heavy Aged Serie“ rangenommen, hier dürfte manchem Fan des jungfräulichen Originals sicher das Herz bluten …
Was unter dem Lack zum Vorschein kommt, ist ein Korpus aus Erle, hier setzt der Hersteller also auf ein traditionell verwendetes Tonholz beim Bau einer Strat. Unser Testinstrument besitzt die Farbe „Fiesta Red“, erhältlich ist die Xotic Guitars XSC-1 aber noch in jeder Menge anderer Farben – und mal mehr und mal weniger optisch malträtiert. Im Endeffekt kommt es auf den Wunsch des Kunden an, wie stark die künstlichen Abnutzungsspuren nun sein sollen, denn schließlich ist Xotic Guitars ein Customshop, der den Wünschen seiner Klientel gerne nachkommt.
Das insgesamt leichte Gewicht der Gitarre lässt darauf schließen, dass hier gut abgelagerte Tonhölzer verwendet wurden. Schöne aber in jedem Fall, denn der Anblick des einteiligen, hitzebehandelten und auf seiner Rückseite extrem geflammten Ahornhalses ist schon sehr beeindruckend. Schade nur, dass noch ein zusätzliches Griffbrett (Dalbergia Latifolia) aufgeleimt wurde, denn ansonsten würde auch der Zuschauer noch etwas von dieser grandiosen Optik abbekommen. Ein klein bisschen tut er es aber dennoch, denn die Kopfplatte führt die intensive Flammung des Halses ein gutes Stück weiter, wenn auch nicht ganz so intensiv. Ganz und gar nicht ästhetisch hingegen erscheint das Firmenlogo, das nur aus einem Aufkleber besteht, der unter einer Satinlackschicht aufgeklebt wurde. Hätte man sicher eleganter lösen können.
Das Halsprofil ist recht ausgeprägt ausgefallen, zwar bei Weitem nicht so ausgeprägt, wie es beispielsweise bei den Hälsen der Strat der 60er Jahre war. Dennoch sollte man hier kräftig zupacken können, eine gute Unterstützung bietet da die griffige Halsrückseite.
Die Qualität der Bundierung entspricht vollkommen den Erwartungen an ein Instrument dieser Preisklasse. Alle 22 Bünde wurden sorgfältig eingesetzt, auf ihren Oberflächen ausreichend poliert und an ihren Kanten perfekt abgerichtet. Mit einer Sattelbreite von 42, 8 mm und einer Mensur von 648 mm hält sich die Xotic Guitars XSC-1 ziemlich nah am Original.
Einen kleinen Wermutstropfen finden wir dann doch noch beim Betrachten des Halses, denn die Stellschraube des Truss Rods wurde in den Halsfuß gesetzt und ist somit nur zu erreichen, wenn der Hals faktisch vom Korpus abgenommen wird. Bei aller Liebe zum Vintage-Design: Das hätte man sicher besser machen können! Zum Glück war der Hals unserer Testgitarre aber bestens justiert, etwas mehr Mühe hätte man sich hingegen beim Werkssetting bzw. der Saitenlage geben können, die für ein Instrument dieser Preisklasse nicht gerade optimal war.
Xotic Guitars XSC-1 RW FR – die Hardware
Abgesehen davon, dass die Hardware aus eigenem Hause stammt und ganz schön abgerockt ausschaut, gibt es optisch wie technisch zum Original von Fender keinen Unterschied festzustellen. Das betrifft sowohl die sechs Vintage-Style-Mechaniken an der Kopfplatte als auch das Vintage-Vibrato, bei dessen Anblick dem einen oder anderen schon die Nackenhaare zu Berge stehen dürften, die des Autors inklusive, zumindest beim Erstkontakt. Müssen sie aber gar nicht, denn das System arbeitet überraschend gut, da dürfte Fender gerne mal einen Blick drauf werfen! Schön ist auch, dass der Vibratoblock schwebend eingestellt ist, bei unserem Testinstrument bewirkte das Ziehen des Hebels eine Erhöhung der Stimmung um ca. einen Halbton, was einen sinnvollen Einsatz in der Praxis ermöglicht.
Xotic Guitars XSC-1 RW FR – die Pickups
Klar, dreimal Singlecoil muss es sein, dazu der klassische Fünfwegeschalter und Regler für Volume und zweimal Tone, fertig ist der Lack! Dieses Konzept geht seit gefühlten hundert Jahren bei Strats auf, und wenn man von eben einer solchen spricht, dann gehören nun mal die drei Einzelspuler mit an Bord, basta! Hier verlässt sich Xotic ebenfalls nicht auf Fremdanbieter, sondern stellt auch die Pickups selbst her, die in ein dreischichtiges und leicht verfärbtes (Mint Green) Pickguard eingeschraubt wurden. Der Schalter, als das wohl am häufigsten genutzte Bedienelement, gibt ein sehr gutes Bild ab. Die drei Potis eigentlich auch, nur eigentlich deswegen, weil sie allesamt sehr schwer auf ihren Achsen laufen. Ich persönlich hätte mir zumindest ein etwas agileres Volume-Poti gewünscht, ganz einfach deswegen, um mit dem angeschlossenen Amp effizienter agieren zu können. Oder um noch mehr anzustellen, wie man in diesem Workshop nachlesen kann.
Yep! Den Klangbeispielen nach zu urteilen, klingen die auch im Mitten- und Höhenbereich kräftig, fett, satt, präsent, ausgewogen, nie beißend. Da würde mich auch mal die HSS Variante interessieren.
Aber egal, eh unleistbar und zermackt, äh, geaged, schade.
Für eine Strat fehlt mir da das glockige im Klang. Das „Aging“ (wer auf sowas steht) ist nicht gut ausgeführt, sieht künstlich gemacht aus. Das bekommt man selber mit der Zeit besser hin. :)
Für den Preis? Frage mich, wer sowas kauft.
Es klingt halt nun mal nur fast nach Strat, Unterschiede sind schon auszumachen und ich glaube genau aus diesem Grund wird es auch Käufer dafür geben. Und der Hals ist halt echt ma PORNO!
@Stephan Güte „Es klingt halt nun mal nur fast nach Strat, Unterschiede sind schon auszumachen und ich glaube genau aus diesem Grund wird es auch Käufer dafür geben. Und der Hals ist halt echt ma PORNO!“
Dann müsste man ggf. mal die Überschrift ändern. Auxotisch statt erentisch, oder so…. ;-) In Anbetracht des Pornohalses ginge natürlich auch: erotisch statt anämisch
Toller Bericht… vielen Dank dafür….