Klangwunder mit 61 Tasten
Vor einigen Wochen hatten wir bei AMAZONA.de das Arranger-Keyboard Korg Pa1000 zum Test. Kurz darauf erreichte uns das ebenfalls neue Yamaha PSR-S975, das preislich auf ähnlichem Niveau wie das Pa1000 liegt. Was bietet das Yamaha Pendant unterhalb der 2.000,- Euro Grenze klanglich und funktional? Dies soll der folgende Test klären.
Mit dem Yamaha PSR-S975 und dem S775 hat Yamaha im Frühjahr dieses Jahres zwei neue Mittelklassemodelle auf den Markt gebracht. Eine Klasse darüber hat Yamaha den Tyros Nachfolger Genos gekonnt in den Markt eingeführt, dieser konnte in unserem Test voll überzeugen und liegt daher auf Platz 1 unserer aktuellen Entertainer-Keyboard Charts. Bleibt die Frage: Wie viel der neuesten Genos Technologie und Funktionen hat Yamaha seinen Mittelklassemodellen spendiert? Zum Test stand uns hierfür das PSR-S975 zur Verfügung.
Erster Eindruck des Yamaha PSR-S975
Das Entertainer-Keyboard S975 kommt im gewohnten Stil daher, die Ähnlichkeit zu den Vorgängern bzw. Geschwistern der PSR-Reihe ist unverkennbar. Gewohnt in Schwarz ist das S975 gehalten, die Bedienoberfläche ist leicht in Richtung Spieler geneigt. Das erleichtert das Ablesen des überaus großen LC-Displays sowie die Bedienung des Keyboards. Das Display weist eine Größe von 7 Zoll auf.
Der Aufbau ist klar und leicht gegliedert. Links der Tastatur befinden sich Pitchbend- und Modulationsrad, darüber zwei frei programmierbare Drehregler zur Steuerung von Parametern im Live-Betrieb. Über die gesamte Breite der Tastatur ziehen sich die Bedienelemente für die Begleitautomatik, die Registrierungen, Multipad-Control sowie One-Touch-Settings. Der linke Teil der Bedienoberfläche ist dem Songplayer und der Style-Sektion vorbehalten, den rechten Teil nehmen die Sound-Sektion sowie die Effekte ein.
Die Bedienung des Yamaha PSR-S975 ist sehr geradlinig, durch das Menü lässt sich mit einer Vielzahl von Tasten und einem Drehrad wandern. Die Auflösung des 7 Zoll Displays ist sehr hoch, alle Schriften sind sehr scharf dargestelltund damit gut ablesbar.
Tastatur und Anschlüsse des Yamaha PSR-S975
Die 61 Tasten des S975 sind leicht gewichtet und anschlagsdynamisch. Im direkten Vergleich mit dem Pa1000 von Korg gefällt mir dessen Tastatur besser, diese ist eine Spur straffer und damit für mich besser spielbar. Der Druckpunkt ist meiner Meinung nach hierbei besser spürbar. Dennoch macht die Tastatur des S975 einen sehr guten Eindruck, verarbeitungstechnisch gibt es hier keinerlei Anlass zu Kritik.
Auf der Vorderseite, genau genommen links der Tastatur, befindet sich der Kopfhöreranschluss des Yamaha Entertainer-Keyboards. Alle anderen Anschlüsse befinden sich wie gewohnt auf der Rückseite. Betrieben wird das Keyboard mit einem externen Netzteil, dieses gehört ebenso zum Lieferumfang wie ein Notenständer und eine mehrsprachige Bedienungsanleitung.
Ein Stereoausgang (2x 6,3 mm Klinken) dient zur Ausgabe der Sounds des S975, über einen 3,5 mm Klinkeneingang (Aux In) lassen sich externe Zuspieler anschließen. Zusätzlich verfügt das Keyboard über einen zwischen Mic- und Guitar-Level umschaltbaren Eingang. Die Verstärkung kann hierbei stufenlos geregelt werden.
MIDI-Ein- und Ausgänge sind an Bord, ebenso zwei USB-Ports sowie ein D-Sub-Ausgang zum Anschluss eines externen Bildschirms. Zu guter Letzt lassen sich am Yamaha PSR-S975 zwei Pedale betreiben.
Klangerzeugung des Yamaha PSR-S975
Beim S975 kommt die bewährte AWM-Stereo-Sampling-Klangerzeugung zum Einsatz. Die maximale Polyphonie liegt bei 128 Stimmen. Über 1.600 Sounds hat Yamaha in das S975 Keyboard verfrachtet, die Besitzer können sich also über eine überaus große Auswahl freuen. Wie es sich für ein Entertainer-Keyboard gehört, decken die Sounds eine große Klangpalette ab, das gesamte Repertoire von Pianos, Orgeln, Mallets, Streichern über Bläser und Gitarren/Bässen bis hin zu Synthesizer-Sounds sind verfügbar.
Die Klangqualität ist gewohnt hoch, hervorheben muss man bei Yamaha in diesem Fall vor allem die S.Art!- (Super Articulation Voices), die Mega- und die Sweet-Voices. Gegenüber den „einfachen“ Sounds bieten diese Presets dank unterschiedlicher Artikulationen und instrumentenspezifischer Klangbestandteile eine höhere Authentizität bzw. lassen sich hierüber deutlich dynamischer und expressiver spielen.
Yamaha bietet für einen Großteil seiner PSR-Keyboards sogenannte Expansions an. Hierüber lässt sich der Klangfundus bzw. die Anzahl der Styles und Multi Pad-Sounds erweitern. Die Keyboards benötigen hierfür einen internen Speicher, der beim S975 bei 768 MB liegt. Die zu S775 und S975 kompatiblen Expansions findet ihr hier.
Im Übrigen erlaubt das PSR-S975 maximal drei Parts: Right 1, Right 2 und Left.
Styles
Bei den Styles ergibt sich ein ähnliches Bild, hier spendiert Yamaha seinem neuesten Entertainer-Keyboard satte 523 Rhythmen. Auch hier gibt es wieder ein paar Styles, die hervorzuheben sind: 40 Audio-Styles, 431 Pro-Styles sowie 34 Session-Styles. Vor allem die Audio-Styles, die mit live eingespielten Drum- oder Percussionpattern aufwarten, klingen sehr authentisch.
Alle Styles sind mit jeweils drei Intros und Endings, vier unterschiedlich dicht arrangierten Variationen und einem Break ausgestattet. Fill-Ins werden beim Umschalten der Variationen automatisch eingefügt.
Multi-Pads, One-Touch-Settings und Registrierungen des Yamaha PSR-S975
In Form der Multi-Pads bietet das S975 die Möglichkeit, Phrasen, One-Shot-Samples, kurze Pattern oder Loops auf Knopfdruck abzufeuern. Dies können beispielsweise Schlagzeug-Sounds oder elektronische Kick- und FX-Sounds im DJ-Stil sein. Für 188 Bänke à 4 Sounds reicht der Speicher, das macht insgesamt 752 Pad-Sounds, das ist schon eine ganze Menge. Natürlich lassen sich die Belegungen der Pad-Sounds zusammen mit den Registrierungen abspeichern. Diese umfassen das komplette Setup inklusive Voices, Style, Effekte und Pads.
Teil der Registrierungen sind auch die OTS (One-Touch-Settings). Pro Style hat Yamaha vier zum jeweiligen Style passende Melodieinstrumente samt Effekte und weiteren Einstellungen programmiert. Diese lassen sich über die entsprechenden OTS-Tasten aufrufen.
Effekte des Yamaha PSR-S975
Die Effektabteilung des S975 fällt sehr groß aus. Yamaha teilt diesen Bereich in Reverb, Chorus, DSP, Master-Kompressor, Master-EQ, Part-EQ und Others auf. Der DSP-Bereich ist der Größte und umfasst insgesamt 322 Presets plus 10 User-Presets. Hinzu kommen 53 Presets für den Reverb und 106 für den Chorus.
Hinter dem Kürzel VCM versteckt sich bei Yamaha die Virtual-Circuit-Modeling-Technologie. Diese simuliert Schaltungsebenen von Effekten wie Phaser oder Kompressoren. Die Qualität ist dabei sehr gut. Während das aktuelle Flaggschiff Genos über die neuesten Features von Yamaha verfügt, bekommen die nachfolgenden Modelle nun die schon länger und erstmals im Tyros eingeführten Technologien spendiert. Darunter auch die Real-Distortion- und Real-Reverb-Effekte, auch hier ist der Klang äußerst gut.
Entsprechend ihrem Namen beeinflussen der Master-Kompressor und -EQ den Gesamtklang des PSR-S975, zusätzlich lässt sich ein Equalizer in jedem Part einfügen. Maximal 27 Parts können damit ausgestattet werden.
Unter Others fallen beim S975 die Effekte für den Audioeingang Mic/Guitar. Auf Wunsch lässt sich das Eingangssignal mit einem Noise-Gate, einem Kompressor und einem 3-Band-Equalizer bearbeiten. Zusätzlich bietet das Entertainer-Keyboard einen Vocoder, durch den man das Signal des Mic/Guitar-Eingangs schicken kann sowie die Möglichkeit Zweit- und Drittstimme in Echtzeit (Vocal Harmony) hinzuzufügen.
Lautsprechersystem des Yamaha PSR-S975
Das Entertainer-Keyboard verfügt über ein internes Lautsprechersystem mit einer Leistung von 2x 15 Watt. Vier Lautsprecher, jeweils zwei für den Bassbereich und zwei für die Mitten/Höhen, sorgen für einen ausgesprochen guten Klang. Gegenüber dem Pa1000 fehlt mir beim S975 etwas das Bassfundament, das bekommt Korg bei ihrem Mittelklassependant etwas besser hin.
Music-Finder und Audio-Funktionen des Yamaha PSR-S975
Ab Werk wird das PSR-S975 mit 123 Einträgen des Music-Finders ausgeliefert. Hierin findet man für eine große Anzahl von klassischen Liedern wie beispielsweise „Eine kleine Nachtmusik“ oder bekannten Songs wie „Amazing Grace“ vorgefertigte Playbacks bzw. dazu passende Styles und Voices. Die Liste des Music-Finders lässt sich mit eigenen Einträgen erweitern und so zu einem großen Songbuch entwickeln, über das man auf Knopfdruck alles parat hat.
Über den rückseitigen USB-Port lassen sich einerseits Verbindungen zu Computern herstellen, andererseits kann man kompatible USB-Speichermedien anschließen. Sind auf diesen (Halb-)Playbacks gespeichert, lassen sich diese mit den internen Registrierungen verknüpfen. Auch das Einbinden von Songtexten/Leadsheets ist möglich, diese können auf Wunsch über die D-Sub-Schnittstelle auf einen externen Bildschirm übertragen werden.
Vergleich zum Yamaha PSR-S775
Das rund 750,- Euro günstigere S775 ist der kleine Bruder des S975. Während des optisch kaum Unterschiede zwischen den beiden Modellen gibt, fällt beim Durchschauen der technischen Daten sofort auf, dass das S775 mit weniger Sounds und Styles auskommen muss. Trotz des großen preislichen Unterschieds bietet das S775 immerhin stolze 1.460 Sounds und 433 Styles, das wird für viele Anwender vollkommen ausreichend sein. Gespart wurde dabei vor allem bei den im Test erwähnten Super-Articulation- und Mega-Voices. Deutlicher wird der Unterschied bei den Styles, denn beim Yamaha PSR-S775 finden sich leider keine Audio-Styles, diese sind also den Topmodellen von Yamaha vorbehalten.
Auch im Bereich der Effekte und der Größe des Erweiterungsspeichers für Expansions gibt es Unterschiede, diesen halten sich jedoch einigermaßen in Grenzen.
Eigentlich sind Arranger nicht wirklich meins, aber hin und wieder habe ich die Gelegenheit, auf einem alten PSR-8000 spielen zu können.
Dabei ist mir aufgefallen, dass selbst das inzwischen 20 Jahre alte Ex-Flaggschiff einen Part mehr bietet als der PSR-S975, nämlich „Left“, „Right 1 + 2“ sowie „Solo“. Es ist interessant zu sehen, dass Yamaha selbst nach all der Zeit noch gewisse Unterscheidungen zwischen (gehobener) Mittelklasse und Oberklasse macht, wobei letztere inzwischen durch die Tyros-Modelle und aktuell den Genos verkörpert wird.
Eine Frage hätte ich noch zum PSR-S975:
Wie schlagen sich die „Organ Flutes“ so im Vergleich zu anderen Zugriegel-Emulationen? Kann man sie auch mit Effekt-Ketten aufwerten, also Leslie und Zerre in Reihe geschaltet?
@Tolayon Es gibt auch Rotary-Effekte, welche Overdrive haben und sich entsprechend einstellen lassen.
Einziger Nachteil der Organ-Flutes, es wird nur das Scanner-Vibrato im Tremolo-Modus nachgebildet, Chorus gibt es nicht bzw. man müsste dafür auf beiden Right-Parts die Organ-Flutes mit derselben Registration, einmal mit und einmal ohne Vibrato haben.
@Tolayon Also das PSR SX 900 hat 3 Right Parts, wie das 8000er.
Ich hatte das ja auch gehabt.
Im Grunde genommen ist es ein PSR S 970, bei dem man zusätzliche Klänge zufügte und außerdem noch den Samplespeicher aufstockte.
Eine Sache, die auch noch geht: Es gibt für den Genos die Tyros 5 Audiostyles gratis zum Download und mit dem Expansion Manager kann man 7 bis 8 davon in das Keyboard laden.