Der Zoom H1n in der Praxis
Um mit dem Zoom H1n aufzunehmen, braucht man nicht viel zu wissen, Batterien und Speicherkarte eingelegt und nach dem initialen Setup von Sprache, Zeit und Datum kann es losgehen. Einen Patzer gab es bei der von mir genutzten SD-Karte von SanDisc, das Gerät hängte sich nach dem ersten Einschalten auf. Ein nachgeholtes Löschen löste das Problem, trotzdem war sie nicht beschreibbar. Was also tun? Somit entschied ich mich für das Formatieren im Gerät und ab dem Moment waren die Probleme gelöst, das hat auch die Schnelldiagnose bestätigt.
Der Direktzugriff auf die Aufnahmeparameter im Zoom H1n gefällt mir sehr gut, besser als das Gefummel im Menü des H2n, auch wenn dieses im Grunde übersichtlich gestaltet ist. Während der Aufnahme lässt sich auf Tastendruck schnell etwas anpassen, bei drei Parametern ist die Auswahl hier natürlich ziemlich begrenzt. Die linke Taste, die übrigens im Standby-Modus für die Qualität verantwortlich zeichnet, indiziert die Aufnahme mit den üblichen bis zu 99 Markern. Auch bei Pause wird ein Marker gesetzt, die sich auf ähnliche Weise bei der Wiedergabe auffinden lassen. Erreicht die Größe einer Datei 2 GB, wird diese geteilt, das kenne ich auch von anderen Recordern. Trotz möglicher Tastensperre hat Zoom auch dafür gesorgt, dass ein unbeabsichtigter Druck nicht eine Einstellung verändert. Zweimaliges Drücken ist nötig, damit etwas passiert. Der Nachteil dabei ist, dass man dies auch eher bei der Aufnahme hört. Wie erwähnt löst das Lowcut-Filter das Problem von Windgeräuschen nicht, der Limiter rauscht bei gewöhnlichem Pegel ziemlich.
Bei lauten Schallereignissen sollte dies aber weniger stören und vermeidet das gefürchtete Clipping. Richtig gut gefällt mir die automatische Aussteuerung, die nicht pumpt, sondern zwischen vier Werten nach einer gewissen Latenz regelt. Maximalwert ist auch der Maximalpegel, direktes Einsprechen geht dann eine Stufe niedriger und verharrt dort, wenn sich das Schallereignis in der Lautstärke nicht ändert und so weiter. Zu einer höheren Stufe wird erst nach einer Latenz von etwa drei Sekunden geschaltet, das habe ich im Audiobeispiel illustriert.
Der Pegelsteller ist wie erwähnt nicht gut greifbar, aber mit dem Finger ins Zentrum gedrückt lässt er sich sogar recht geräuschlos drehen. Das Gerät befindet sich übrigens stets im Standby-Betrieb, quasi in Aufnahmebereitschaft. Das kenne ich schon vom H2n und das erlaubt auch, ihn über den Line-Ausgang als vorverstärktes Stereomikrofon zu nutzen. Manche Funktionen hat man von Diktiergeräten abgeguckt, Olympus lässt grüßen. Dazu zählt die zeitgesteuerte oder pegelgesteuerte Aufzeichnung, die optional zugeschaltet werden kann. Gerade die Pegelsteuerung komprimiert die Aufnahmen bei der Bandprobe sinnvoll, Pre-Recording hilft hingegen beim Live-Einsatz. Mit dieser Funktion wird ständig aufgezeichnet, beim eigentlichen Drücken der Aufnahmetaste beginnt diese somit etwas früher.
Wie klingt der Zoom H1n?
Der Zoom H1n kann bei ruhiger Hand und erst recht auf einem Stativ sehr gute und stimmige Aufnahmen produzieren, die durchaus einem hohen Anspruch genügen können. Der integrierte A/D-Wandler gefällt mir subjektiv im Vergleich zum H2n etwas besser, der Grundsound ist sehr ausgewogen und Sibilanten neigen nicht zum Zischeln. Im Prinzip sind alle Aufnahmen gelungen, zumal generell auch bei Zoom eine gute Pegelfestigkeit zu beobachten ist. Wirklich viel falsch machen kann man mit dem kleinen Recorder in der Praxis nicht, wenn man seine Grenzen kennt und einschätzen kann.
Die guten Eigenschaften können aber nicht ganz über die vorhandenen Schwächen hinwegtäuschen, die Griff- und Windempfindlichkeit sind unterirdisch, hier wirkt der H2n wie ein Fels in der Brandung – selbst ohne Windschutz. Das macht Interviews und Reportagen für den Zoom H1n etwas zur Herausforderung, denn leichte Berührungen erreichen schon die Aufnahme. Dazu kommt, dass der Recorder gegenüber elektromagnetischen Feldern recht ungeschützt ist, mein iMac hat vermutlich durch das Kopfhörerkabel eingestreut, wie man gut in einem der Beispiele hören kann. Ohne Windschutz sind nicht mal mittelschnelle Bewegungen im geschlossenen Raum möglich. Das spielt beim Betrieb auf einem Stativ im Proberaum keine Rolle. Aber schon Live-Konzerte in einer klimatisierten Halle mit ungünstiger Positionierung im Luftstrom könnten für Störungen ebenso ausreichen, wie umfassende Drahtlossysteme. Ebenso ist man gut beraten, das Gerät vor der Aufnahme rechtzeitig einzuschalten. Ein spontaner Take ist erst nach einer Startzeit von über 10 Sekunden möglich, gemessen ab dem Einschaltzeitpunkt. Das ist eine gefühlte Ewigkeit, zumal auch ein vorzeitiges Drücken auf die Aufnahmetaste ignoriert wird.
Trotz dieser eher nachteiligen Eigenschaften ist der Zoom H1n ein guter Recorder, für den Preis kann man nicht viel mehr erwarten. Den Gedanken, das Zubehör als Paket separat zu verkaufen, finde ich ebenfalls gut. Wer bereits den Vorgänger und ausreichend Zubehör hat, kann dann etwas sparen. Vor allem das Mehr an Ausstattung, besonders auch im Hinblick auf Videofilmer, ist den geringen Aufpreis sicher wert. Setzt man die kompromisslose Audioqualität und das etwas kompromissbehaftete Design ins Verhältnis, ist Zoom die Abstimmung jedenfalls sehr gut gelungen und so bin ich davon überzeugt, dass auch der Zoom H1n seine Anhänger finden wird, wie auch sein Vorgänger.
Kleine korrektur: der h1 hatte eine doppel a Batterie als Stromversorgung. Und der matte black vor 2 Jahren hatte nur eine neue Farbe. Der Rest des Geräts war mit dem originalen h1 identisch.
@Numitron Danke für die Ergänzung, ich habe mich da jetzt auf die Infos im Netz verlassen müssen. Da stand irgendwo etwas von einer Batterie. Ich hatte mich auch gewundert, hielt das aber für wahrscheinlich, weil das bei Olympus (LS-P2 und LS-P4) auch so ist.
@Numitron Mein H1 hat nur ein Fach für eine AA-Batterie!
Ich besitze einen h1. Für interviews in innenräumen oder demoaufnahmen im Proberaum für meine Zwecke völlig ausreichend. Aber im freien braucht man wie erwähnt einen guten windschutz.
@Numitron Geht mir auch so damit.
Verglichen mit dem Vorgänger H1 ist das Nachfolgemodell H1n nicht durchdacht. Die vermeintlichen Verbesserungen – mit Ausnahme des Gain-Rädchens vorne (das praktischer ist als die einstige seitliche Wippe) – laufen überwiegend ins Leere oder werden durch unerwartete Nachteile ganz ausgehebelt.
Was bitteschön nützen mir schmucke Transporttasten vorn auf dem Gehäuse, wenn das Gerät kein einziges (via Rechner) umbenanntes File mehr erkennt? Nur automatisch generierte Filenummern zeigt das Display. Dieses aber sorgt für spürbar längere Hochfahr- und Umschaltzeiten – und erzwingt beim USB-Modus eine verstörend komplexe Eingabe über zwei Tasten, weil du vor jedem Überspielen erstmal die voreingestellte Interface-Option abwählen musst. Das war beim H1 automatisch besser gelöst. Wer nutzt denn so einen Taschenrecorder vorwiegend als Interface?
Schade, dass der simple, aber umso praktischere Vorgänger H1 nicht mehr hergestellt wird. Allen, deren H1 noch funktioniert, empfehle ich tunlichst, dieses pfiffige Teil zu behalten. Freiwilliger Umstieg lohnt hier nicht.