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Test: Zoom LiveTrak L-20 Mischpult mt Multitrack-Recorder

Und jetzt alle zusammen!

17. Dezember 2018

Ich gebe zu, ich bin ein großer Freund von Produkten, die in ihrem Namen bereits das primäre Einsatzgebiet eingebettet haben. So auch bei dem zum Test vorliegenden Zoom LiveTrak L-20, der unmissverständlich erkennen lässt, was der Sinn und Zweck des Produktes ist. Schön und gut, aber was genau soll denn nun eigentlich ein Live Tracker sein? OK, wer nennt noch einen alten Cassettenrecorder sein Eigen?

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Die Idee hinter dem Zoom LiveTrak L-20

Alte Menschen wie der Autor selbst kennen sie noch, die ersten Gehversuche von transportablen Multitrackern der Marken Tascam und Fostex auf Audiokassettenbasis Anfang der Achtziger. Ich selber habe meine ersten Gehversuche auf dem Tascam Portastudio 244 mit 4 Spuren absolviert und mittels Ping-Pong Verfahren geradezu aberwitzige Mehrspuraufnahmen zusammengezimmert. Neben all den wartungsintensiven Bauteilen wie Kassetten, Tonköpfen, Anpressrollen und vieles mehr hatte dieses Aufnahmesystem allerdings einen ganz entscheidenden Vorteil.

Abgesehen von der Mikrofonierung brauchte es nur 1 Sekunde, um das System in den Aufnahmemodus zu versetzen. Keine Interfaces, keine DAWs, keine Latenz, keine Oberflächenverwaltung, einfach Record drücken, fertig. Das Recorder-Prinzip kann beileibe keine DAW ersetzen, soll es aber auch gar nicht. Es soll einfach nur einen Moment wie z. B. einen Live-Mitschnitt oder einen Proberaum-Take möglichst einfach und dennoch flexibel konservieren, um diesen später ggf. an der DAW zu mischen oder zu editieren. Im einfachsten Fall auch einfach als Stereofile ausgeben und gut ist.

Ich hatte erst vor 4 Wochen die Situation, dass eine Live-Show meiner „Hobby-Band“ MONSTERGROOVE mitgeschnitten werden sollte, was im Vorfeld zu einem immensen technischen Planungsaufwand mit Notebook, Dante etc. führte. Im Fall des vorliegenden Zoom LiveTrak L-20 hätte der Aufwand bedeutet: am Mackie 16er VLZ Pult per Direkt Out raus, ab in einen Splitter, jeden Kanal auf das Zoom weiter routen, fertig! Eventuell sogar den ganzen Mix ebenfalls über das Zoom fahren.

Das Konzept des Zoom LiveTrak L-20

Bei dem Zoom LiveTrak L-20 handelt es sich um einen 20-kanaligen Multitrackrecorder, der über einen integrierten Mixer und ein Audiointerface verfügt und auf dem Konzept des L-12 basiert, Test siehe hier. Es können 16 Mono- (XLR Kombibuchse) und 2 Stereokanäle (TRS) eingespeist werden. Gespeichert werden die Signale mit bis zu 24 Bit/96 kHz auf SD-Speichermedien.

Die ersten beiden Eingänge akzeptieren auch HZ-Signale, wobei ich ehrlich gesagt in meinem ganzen Leben noch nie einen Bass oder gar eine Gitarre direkt in ein Pult gespeist habe. Je 4 Kanäle (1-4, 5-8, 9-12, 13-16) können mit 48 V Phantomspeisung belegt werden. Alle Kanäle besitzen einen schaltbaren PAD von 26 dB.

Jeder Kanal verfügt neben einem Fader über Solo- und Mute-Tasten, 2 unterschiedliche Effekte, PAN, einem zwischen 40 – 600 Hz durchstimmbaren Low-Cut-Filter, einem High-EQ bei 10 kHz, einem parametrischen Mittenfilter von 100 Hz – 8 kHz (+/-15 dB) und einem Bass-EQ bei 100 Hz. Ebenso lässt sich die Phase umkehren und der EQ deaktivieren.

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Sehr gelungen sind die sechs individuell konfigurierbaren Monitorausgänge, die sowohl als Line-Level-Ausgänge für Wedges, Inears etc. als auch als direkte Kopfhörerausgänge verwendet werden können. Dies bedeutet Total-Control für bis zu 6 Musiker innerhalb der Band. Hat man z. B. den Kopfhörermix für einen Musiker erstellt und schaltet hinüber zum nächsten, zeigen die LED-Ketten den bisherigen Pegel an und verbleiben dort, bis man mit dem Fader diesen Wert manuell erreicht. Danach übernimmt der Fader die LED Ketten und beginnt mit dem neuen Kopfhörermix. Ein einfacher, aber effektiver Weg, um Motorfader einzusparen, die zwar deutlich komfortabler, aber auch deutlich teurer wären. Für den FOH steht ein eigener Kopfhörerausgang zur Verfügung.

Insgesamt können 9 verschiedene Mixerszenen abgespeichert werden, die ebenfalls über farbige LED-Buttons aktiviert werden. Was erwähnt werden sollte, ist der Fakt, dass trotz einer vergleichsweise hohen Anzahl von Reglern und Schaltern die Oberfläche des Zoom LiveTrak L-20 sehr strukturiert und übersichtlich erscheint. Hat man sich erst einmal einen persönlichen Arbeitsablauf zugelegt, so laufen die meisten Arbeitsprozesse in einem recht hohen Tempo ab.

Die Fernbedienung des Zoom LiveTrak L-20 über iOS

Wer noch 39 Euro auf den Tisch legt, kann den Zoom LiveTrak L-20 über den Zoom BTA-1 Bluetooth Adapter (https://www.thomann.de/de/zoom_bta_1.htm?ref=search_prv_7) mittels eines iPads fernsteuern, was sich gerade bei Live-Mitschnitten in kleinen Clubs als eine Art Geheimwaffe entpuppt. Nicht nur dass man nunmehr ein ordentliches Display für die entsprechende Filterverwaltung besitzt, nein, man kann sich den meist ungünstigen Raumverhältnissen in Sachen FOH-Platz bestens anpassen.

Wer kennt nicht das Problem, dass viele Kneipen und kleine Clubs überhaupt keinen FOH-Platz kennen und man in irgendeiner Ecke hockt oder man sich sehr unbeliebt macht, indem man Multicore o. ä. Stolperfallen quer durch den Laden legt. Hier platziert man das Zoom LiveTrak L-20 einfach irgendwo auf der Bühne, schnappt sich sein iPad, mischt sich unter das Publikum und mischt bzw. nimmt von da aus auf.

Der Zoom LiveTrak L-20 in der Praxis

Mit den Abmessungen (B x T x H): 445 x 388,4 x 82,6 mm und einem Gewicht von nur 3,71 kg ist der Zoom LiveTrak L-20 vergleichsweise einfach zu transportieren, wenngleich man sich natürlich vor Augen halten muss, dass ein solches Gewicht nur mit Bauteilen aus Kunststoff zu erreichen ist. Das allgemeine Äußere kommt einem schon ein wenig „plastikeresk“ vor, wenngleich scharfe Kanten oder unsaubere Verarbeitung nirgends zu finden waren. Inwieweit das Innenleben den mobilen Einsatz verkraftet, wird die Zeit zeigen, ich persönlich würde auf jeden Fall zu einem passenden Case raten.

Fader und Regler machen einen ordentlichen Job, allerdings sollte man auch hier Vorsicht walten lassen. Jegliche Pegelsteller scheinen nicht mit dem Gehäuse verschraubt, so dass alle mechanischen Einwirkungen direkt auf die Platine gehen. Kurze seitliche Krafteinwirkung, Haarriss und der Spaß geht richtig los. Von daher, wenn man so viel für einen vergleichsweise geringen Kurs geboten bekommt, sollte wie gesagt ein Case fest zur Budget-Planung dazu gehören.

Um die Kanäle zu aktivieren, bedarf es des Drückens des SEL-Schalters. Nahezu alle Schalter haben keinen Hub, sondern informieren nur durch ein leichtes Klick und die Farbe der dazugehörigen LED über ihren Schaltzustand. Kann man mögen oder nicht, ich persönlich habe immer auch gerne eine haptische Kontrolle über einen Schaltzustand, allerdings sind die verbauten Versionen wahrscheinlich deutlich günstiger in der Herstellung und benötigen dazu weniger Platz auf der Platine.

Wie nahezu alle Digitalpulte benötigen die einzelnen Kanäle vergleichsweise wenig Platz, da sich die ganzen Filtersektionen, Aux-Wege etc. optisch über das Display und nicht über entsprechende Potis abgerufen werden müssen. Dies ist prinzipiell kein Problem, allerdings vergeudet Zoom hier einiges an Platz, den man deutlich effektiver hätte nutzen können. Oberhalb der Gain-Regler werden 8 cm Platz für eine Signal-LED, den PAD-Schalter und die 48 V Phantomspeisung verschwendet, während man im Gegenzug bei dem knapp 3 x 4 cm winzigen Display hängengeblieben ist. Hier hätte man eine geradezu luxuriöse Oberfläche bzgl. eines lang gestreckten Displays einbauen können, aber wahrscheinlich hatte man noch genügend Displays von der L-12 Fertigung auf Lager. Der Hauptgrund wird wohl wie auch z. B. bei der Behringer X-Serie jedoch die Verlagerung der Oberfläche auf die jeweiligen iOS-Devices sein, die hier eine weit komfortablere Editierung ermöglichen.

Zoom LiveTrak L-20 - Im Einsatz

Zoom LiveTrak L-20 – im Einsatz

Klanglich hinterlässt das Zoom LiveTrak L-20 einen ordentlichen Eindruck. Die Preamps klingen besser als es der Preis erwarten lässt und lassen erst bei hohem Gain eine Rauschfahne aufkommen. Ob man einen 1-Knopf Kompressor ohne getrennte Threshold-, Ratio-, Attack- und Release-Verwaltung mag, zumal dieser im Recording-Prozess mit aufgezeichnet wird, sei dahingestellt. Zum einfachen Verdichten des Signals reicht es allemal.

Sehr hilfreich ist die Aufnahmeautomatik, die bei Über- oder Unterschreiten eines bestimmten Pegels die Aufnahme automatisch startet. Wahlweise kann die Aufnahme aber auch mit einem Fußschalter gestartet werden. Neben der Verwendung als Live-Recorder, kann das Zoom LiveTrak L-20 ebenfalls sehr gut im Podcaster-Bereich verwendet werden. Über ein entsprechendes Kanal / Monitor / Input-Output-Rechner Setup ist es z. B. problemlos möglich, einen Skype Call mit in den Aufnahmeprozess einzuspeisen, ohne dass es zu Feedback-Problemen kommt.

Alternative am Markt der Tascam Model 24

Tascam Model 24

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Tatsächlich verfolgt der Tascam Model 24 ein ähnliches Konzept. Am besten jetzt den Test lesen. HIER KLICKEN

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Fazit

Mit dem Zoom LiveTrak L-20 hat der asiatische Hersteller ein ganz heißes Eisen im Feuer. Die Konstruktion als Multitrackrecorder, der in kürzester Zeit mit vergleichsweise geringem Aufwand komplette Live-Shows oder Proberaumaktivitäten mischt und vor allem aufnimmt, dürfte gerade kleinere Bands auf ganzer Linie überzeugen. Selten war es so einfach, ein gutes Live-Demo für einen Booker zu erstellen bzw. persönliche Kreativitätsschübe in ihre Gänze zu erfassen und zu archivieren.

Insbesondere in Sachen Flexibilität oder Anbindung an DAWs bzw. iOS-Devices bietet das Produkt einen sehr hohen Gegenwert fürs Geld und dürfte genau in die Kerbe schlagen, mit denen ausgewachsene DAWs unter- bzw. alleinstehende iOS-Devices überfordert sind. Für jede live arbeitende Band, die über einen rudimentären Spaß an weiterführender Technik verfügt, unbedingt zu empfehlen.

Plus

  • Konzept
  • Abmessungen
  • Flexibilität
  • Marktnischenprodukt

Preis

  • Ladenpreis: 873,- Euro
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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Na toll. Ich habe schon lange mit den Mutitrackern von Zoom geliebäugelt, als Mischpult und für schnelle Aufnahmen zwischendurch. Für meine Zwecke hatten sie jedoch immer zu wenige Spuren, und sie konnten nur in 24/44,1 aufzeichnen. Jetzt habe ich mir gerade ein neues Mischpult bestellt und siehe da, Zoom bringt einen Zwanzigkanäler mit 24/96.

  2. Profilbild
    Farbfalter

    Danke für den Test! Das Preis/Leitungsverhältnis Scheint ziemlich gut zu sein. Ich meine irgendwo gelesen zu haben das Aufnehmen nur in 24 Bit/96 kHz nur möglich sind wenn man sämtliche Funktionen des Mixers umgeht ansonsten sind nur 44,1kHz möglich. Evt. wäre es sinnvoll das im Artikel zu ergänzen falls dem wirklich so ist.

    Ist es möglich zwei Mono Spuren „zusammenzufassen“ um sie wie eine weitere Sterio Spur zu handhaben?

    Könnte man die Eingänge 1+2(welche hohen Pegel erlauben) verwenden um die Audiosignale eines Euroracks direkt abzugreifen? Also ohne die Signale erst abzuschwächen direkt ins Pult.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @Farbfalter – 24 Bit/96 kHz: Ist mir nicht aufgefallen, werde aber noch mal Rücksprache mit dem Vertrieb halten.
      – 2x Mono: Habe ich nicht ausprobiert, habe aber auch keinen Hinweis auf diese Praxis gefunden.
      – Hz Eingänge: Dafür sind die Eingänge nicht ausgelegt. Hochohmiger Eingang heisst nicht hoher Pegel. Für Stereo Line Eingänge würde ich die Kanäle 17/18, bzw 19/20 nehmen.

      • Profilbild
        Farbfalter

        @Axel Ritt Vielen Dank für die Antworten!

        Ich habe nochmals auf der offiziellen Homepage nachgeschaut. Dort steht: *Effects, EQ, overdub, audio interface, and fader modes A-F are not available in 96 kHz.“

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