Mit Schwarz-Rot und Retro-Feeling
Wollte man eine Frage im Stil von „Nenne mir einen asiatischen Gitarrenbauer“ in die Runde werfen, so würden wahrscheinlich 99,9 % aller angesprochenen Teilnehmer mit dem Namen „Ibanez“ antworten. Vielleicht würde hier und da auch noch der Name ESP oder vielleicht sogar Schecter oder Yamaha fallen, mit Sicherheit hingegen würde nicht der Hersteller Cort genannt werden. Zu Unrecht muss man sagen, ist der koreanische Hersteller doch einer der größten Gitarrenproduzenten der Welt. Viele Musiker werden es nicht auf dem Schirm haben, dass die Produktionsmaschinen des koreanischen Herstellers für weit mehr Instrumente verantwortlich zeichnen, als was der Headstock der Instrumente an Namensgebung so hergibt. So arbeitet der Hersteller zum Beispiel als OEM-Produzent für die Firmen Fender, Schecter, Ibanez oder G&L. Mit der Cort KX 300 Etched Black Red liegt uns nunmehr auch mal wieder ein eigenes Modell des koreanischen Herstellers vor, was insbesondere optisch deutlich aus dem gängigen Rahmen fällt.
Die Konstruktion der Cort KX 300 Etched Black Red
Wer in Korea im kaufmännischen Bereich Erfolg haben will, muss mit ganz harten Bandagen kämpfen. Von daher kann man schon im Vorfeld davon ausgehen, dass das Instrument ein Mindestmaß an Qualität nicht unterschreiten wird. Des Weiteren spricht auch dafür, dass das 1973 aus der Firma Cor-Tek hervor gegangene Unternehmen bis heute Bestand hat, wenngleich sich im Jahre 2007 ein paar sehr schwarze Flecke in Form von Arbeiteraufständen aufgrund inhumaner Arbeitsbedingungen auf die Weste des Herstellers niederschlugen. Zurück zum eigentlichen Instrument.
Gehen wir doch mal direkt in die Vollen, was die Optik des Instruments angeht. Auf dem Strat-artigen Korpus aus Mahagoni wurde eine Decke aus Esche angebracht, die allem Anschein nach gesandstrahlt wurde. Die daraus entstandenen Vertiefungen wurden rot eingefärbt, während die restliche Oberfläche schwarz bleibt. Matt-Schwarz wurden ebenfalls alle anderen Korpusseiten wie Rückseite oder Zargen angelegt, die auch dezente Vertiefungen in der Holzstruktur aufweisen. Wenngleich sauber ausgeführt, wirkt das hochweiße Binding etwas „plastikeresk“, was aber wohl auch dem Ladenpreis von 549,- Euro des in Indonesien gefertigten Instrumentes geschuldet ist.
Der 4-fach geschraubte Hals besteht aus 3 Streifen und wurde einmal mehr mit dem aktuell sehr beliebten Pau Ferro als Griffbrettholz versehen, einem Holz, dem die Schwingungseigenschaften von Palisander nachgesagt werden, das aber etwas heller ist und vor allem keinerlei Probleme im Artenschutzbereich hat. Um die Kopfplatte gemäß des Cort Trademarks zu gestalten, wurden im unteren Bereich noch 2 kleine Holzstücke angesetzt, so dass die Kopfplatte insgesamt aus 5 Streifen Holz besteht.
Das Instrument verfügt über die lange Mensur von 648 mm und hat 24 Bünde. Die gesamte Hardware ist in dem etwas dunkler schimmernden Black Nickel ausgeführt, bestehend aus 6 gekapselten Tunern und einem Hardtail-Steg, wobei die Saiten durch den Korpus geführt werden.
Die Pickups
Ein besonderes Augenmerk sollte man auf die verbauten Tonabnehmer richten. Es handelt sich um EMG RetroActive Super77 Humbucker in der schwarz-roten Spulenanordnung, die optisch ganz hervorragend mit dem Instrument harmonieren. Es drängt sich die Frage auf, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei, vielleicht hat Cort ja auch die Farbgebung des Instruments um das Layout der Pickups herum gestrickt, wer weiß.
Hätte man die typische EMG 81/85 Kombination auf das Instrument montiert, wäre die ebenfalls typische Hard ’n’ Heavy Powerstrat komplett gewesen, aber es sollte anders kommen. Das Besondere an den Super77 Pickups ist die Tatsache, dass EMG, die sich ohnehin in den letzten Jahren auch dem passiven Pickup-Markt sehr erfolgreich zugewandt haben, auch hier einen passiven Humbucker als Basis verwendet, ihn jedoch mit einem intern verbauten Preamp ausgestattet haben. So verfügt der Pickup über die gleichen Vorteile der legendären in Kunstharz vergossenen aktiven Vertreter in Form von sehr geringen Nebengeräuschen und niedriger Impedanz, hat aber im Gegenzug das Resonanzverhalten eines passiven Tonabnehmers. Für die aktive Schaltung wird demnach auch eine 9 Volt Batterie benötigt, die über eine Klappe auf der Rückseite des Korpus zu erreichen ist.
In der Super77 Variante hat sich EMG den typischen Gitarrenklang der Siebziger als Ausgangsbasis genommen, jenem höhenreichen und sehr dynamischen Klang, der sehr stark am Volume-Regler des jeweiligen Instruments hängt. Der Sound der Siebziger mit einem Instrumenten-Layout der Achtziger? Vielleicht hat es von der Farbgebung her einfach viel zu gut gepasst … ;-) Ansonsten 1x Volume-Regler, 1x Tone-Regler, beide relativ schwergängig in Speed-Dome-Ausführung, ein Dreiwegeschalter – fertig.
Die Cort KX 300 Etched Black Red in der Praxis
Eins vorneweg, wer keine Fingerabdrücke auf seinem Instrument mag, wird die Cort KX 300 Etched Black Red nur mit Handschuhen anfassen wollen. Mattes Schwarz hat nun mal die unangenehme Eigenart, jeden „Grapscher“ unmittelbar auf der Oberfläche abzubilden. Auf der Decke ist nichts davon zu sehen, aber die Rückseite ist binnen kurzer Zeit komplett zu„gebappt“. Es lebe das Reinigungstuch!
Unverstärkt vermittelt die Cort KX 300 Etched Black Red einen sehr höhenreichen Grundklang. Einmal mehr lässt sich die Tatsache, dass primär der Hals für den Gesamtklang eines Instruments verantwortlich zeichnet, auch bei diesem Instrument sehr gut nachvollziehen. Die geschraubte Halskonstruktion unterstützt das schnelle Attack und die ohne Reibungsverluste ausgestattete Brückenkonstruktion produziert in Zusammenarbeit mit den anderen Komponenten ein erstaunliches Sustain, das nur von sehr wenigen Resonanzüberhöhungen minimal abgebremst wird. Ein sehr guter erster Eindruck.
Am Verstärker angeschlossen erhält man dann die Bestätigung von dem, was der Trockentest bereits vorgegeben hat. Für eine Doppel-Humbucker-Konstellation klingt die Cort KX 300 Etched Black Red ungewohnt spritzig, ohne dass es ihr an Druck fehlen würde. Die Ansprache des Instruments ist schnell und knackig und lässt auch im cleanen Bereich eine moderate Umsetzung in Sachen Pegel zu. Einige Instrumente, die mit den EMG Klassikern ausgeliefert sind, haben zuweilen Probleme, den Amp nicht zu überfahren, was bei den Super77 nicht der Fall ist. Man hört den Preamp deutlich heraus, was sich jedoch in Sachen Linearität und Einfärbung sehr positiv bemerkbar macht.
Die wahren Höhepunkte liefern die Pickups allerdings im Crunch- und Lead-Bereich, was insbesondere wie bereits erwähnt mit der hervorragenden Interaktion mit dem Verstärker bei variablen Volume-Reglerinstellungen zu tun hat. Um zu zeigen, wie sehr die Pickups am Volume-Regler hängen, habe ich zwei Soundfiles erstellt, die erst mit knapp 20 % Regelweg arbeiten und sich dann auf 100 % hocharbeiten. Man gewinnt den Eindruck, dass bis ca. 80 % der Regelweg einem regulären passiven Pickup entspricht, um dann auf den letzten Metern mit einer Art dezentem Booster eine Schüppe oben drauf zu legen. So lässt sich auch ein ambitionierter Crunch-Sound nahezu auf Clean herunterfahren, respektive ein ordentlicher Lead-Sound auf Crunch-Niveau.
Dabei bleibt stets der Siebziger-Charakter der Pickups im Vordergrund, sprich die Gitarre behält den klassischen „Höhennöhl“ auch bei höheren Gain-Passagen problemlos bei. Sehr schön geeignet für Classic-Rock, AOR und natürlich für jede Oldie-Band, deren Material sich primär aus den Dekaden 60 und 70 speist.
Natürlich kann die Cort KX 300 Etched Black Red auch High-Gain, allerdings in einer abgewandelten Form. Auch bei maximalem Gain bleibt der passive Charakter der Pickups stets erhalten und erzeugt daher einen Sound, der in der Resonanzfrequenz über den Klassikern 81/85 etc. liegt und auch bei Weitem nicht den hohen Grad derer Eigenkompression besitzt. Das Klangbild bleibt dadurch dynamischer und setzt sich im Detail besser durch. Somit wird viel, was sonst im EMG-Kosmos purer Metal wäre, plötzlich deutlich mehr Hardrock. Sehr schön, wenn man etwas weniger Pfund und etwas mehr Charakter sucht.
Soundfiles: ENGL Savage II, Marshall 412, Celestion G75, Heilsound PR31
Hübsch-hässlich bizarr, mit Charakter im Klang. Gute Soundbeispiele.
Also ein (in die Tiefe gehender) Bericht zu den Arbeitsbedingungen und Umweltstandards von Gitarrenbauern täte mich sehr interessieren.
Die rote Version gefällt mir eigentlich optisch sehr gut – das Binding ist aber ein No-Go. War wahscheinlich nötig, weil man sonst gesehen hätte, dass das Esche-Top nur an der Oberfläche gebeizt wurde.
Bei Cort-Gitarren ist mir schon öfters aufgefallen, dass deren Designer ein Händchen für Details haben, hier sind es die korrespondierenden Pickups.
Das Top wurde meines Erachtens auch nicht gesandstrahlt, sondern gebürstet, dunkel gebeizt und mit rot pigmentierter Kalkpaste behandelt, das ist eine klassische Technik um grobporige Hölzer wie Eiche und Esche zu kalken.
Ich habe jetzt auch die Angaben vom Hersteller, wurde gesandstrahlt. VG
Dem Review kann ich zu 100% zustimmen.
Habe mir die Black-Gold gekauft, weil da das Binding stimmiger ist.
Von Sound und der Bespielbarkeit gibt es von mir volle 5 Sterne.
Verarbeitung 4, aber bei einem Preis von unter €500 ist das ok, die Bühne ist eh meistens dunkel