ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Tour-Tagebuch: Mad Max on the Road – Teil 2

(ID: 2350)

Tag 8: Donnerstag 18.06.2009, Zeit unbekannt 

Wer errät das nächste Ziel? Von München aus knappe 80 km weit entfernt erscheint die Strecke geradezu wie ein Katzensprung. Vor Staus und Verkehr sollte man sich jedoch in Acht nehmen.

ANZEIGE

 

Die heute gefahrene Strecke kommt mir geradezu lächerlich vor. Ganze 80 km bis Ingolstadt, für die wir aber trotzdem seltsam lange brauchen, obwohl wir überhaupt keine besonders intensiven Raucherpausen o.ä. machen müssen, da die Nichtraucher in der gnadenlosen Überzahl sind.

Die Luft ist schwül und es sind gefühlte 40° im Schatten. Man beginnt zu schwitzen, wenn man nur an Bewegung denkt. Der heutige Club „Paradox“ ist schwer zu erkennen, denn er befindet sich im Keller eines Cafés, direkt an der Hauptbushaltestelle des hiesigen Klinikums. Von außen sieht man es schlicht und ergreifend nicht und wer vorbeigeht und nicht schon vorher weiß, dass es ein Club ist, der wird auch ebenso unwissend bleiben. Das Besondere am heutigen Gig wird sein, dass wir an diesem einzigen Termin noch eine „Support-Band“ haben, die hoffentlich einen Großteil des ansässigen Publikums mitbringt und für ein paar zahlende Gäste mehr sorgt. Was mich später erwarten wird, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise erahnen und ich genieße erst mal das unglaublich schöne Wetter (Achtung: Ironie-Gefahr) und das überaus leckere Essen (ernsthaft). Heute gibt es zur Abwechslung Nudeln und selbige waren zweifelsfrei zu empfehlen. Also absolut. Respekt. Und dabei ist es mir auch egal, wie frisch die wirklich gemacht wurden. Für mich zählt heute nur das Ergebnis und das ist einwandfrei und sehr empfehlenswert. Die Stunden ziehen ins Land und die Hitze lähmt mich, während überhaupt nichts passiert. Einige von uns sind in die Stadt zum Shoppen gefahren, kommen aber unverrichteter Dinge schon bald zurück. Nach dem Soundcheck vertreibt Hans sind noch die Zeit, einem Schlagzeug begeisterten Fan den wichtigsten aller Stick-Griffe beizubringen.

Später ist es dann endlich soweit und es geht mit der Vorband los. Sie heißt „M.A.D.“, passt ja zur MADMax-Tour, aber was ich nun plötzlich zu sehen bekomme, sprengt mein Kulturverständnis ähnlich einer Splitterbombe. Vor mir steht der Frontmann von „M.A.D.“. Ein 2-Meter-Riese, bekleidet mit einer Kettenrüstung, bewaffnet mit einem Schwert und er singt in einer Höhenlage, die vermutlich symbolisch dem obersten Turm seiner Ritterburg, in der er definitiv zu Hause ist, entspricht. Angst macht sich in mir breit. Ich mache einige Fotos und als er dieses bemerkt, schaut er derart böse in die Kamera, dass ich von großem Glück reden kann, dass a) die Linse nicht zersprungen ist, b) ich noch nicht durchs Schwert geköpft wurde und c) das Mikrokabel nicht lang genug ist.

Der Blick des Todes: die Band M.A.D

Der Blick des Todes: die Band M.A.D

Musikalisch machen die Jungs ja einen verhältnismäßig guten Job und ich bin sicher, dass sie in ihrem Metier es wirklich weit bringen können, auch dass es Leute gibt, die auf diesen Stil abfahren, aber ich selbst verlasse doch lieber fassungslos den Raum und bin irritiert. Frage mich, ob ich unter Umständen doch nicht so offen bin, wie ich es von mir selbst bislang immer dachte. Der böse Blick hat sich zweifellos in meine Netzhaut gebrannt und das wird noch lange anhalten.

ANZEIGE

Die erwarteten Massen bleiben aufgrund der Nonkommerzialität dieser Band dann auch aus und dieser Gig im Paradox erweist sich als der schlechteste besuchte der Tour. Schade. Als Hans mitten während der Show sein Schlagzeug-Solo zu Ende bringt, stürmt einer der beiden vorhandenen zahlenden Gäste dann auch noch volltrunken auf die Bühne, um (wie ich später erfahren soll) ihm zu dieser Glanzleistung zu gratulieren. Ein Kollege kann aber rechtzeitig eingreifen, ihn davon abhalten und von der Bühne verweisen – in mir blitzt eine Gedankenverbindung zu der ein oder anderen Top-40-Veranstaltung meiner bisherigen Laufbahn auf. Leider führt diese absolut erforderliche und vollkommen gerechtfertigte Maßnahme dazu, dass somit 50 % der Zahlenden (also der eine Typ) anschließend auch noch etwas angefressen sind, aber manche Dinge muss man eben nehmen wie sie sind. Genau wie das Wetter und das gibt vor der Tür dann auch noch mal alles. Sturm, Wind und sintflutartige Niederschläge. Passt alles. Danke. Tschüß, Ingolstadt, weiter geht’s nach Mannheim, langsam aber sicher Richtung Heimat.

Tag 9: Freitag, 19.06. – 11:00 Uhr – Ankunft in Mannheim – Industriestr.

Die Tour neigt sich dem Ende zu. Noch drei Auftritte, dann ist der ganze Spuk auch schon wieder zu Ende.

Auf meinem Rider steht „Location ist 60 m vom Mannheimer Autostrich entfernt“. Na das kann ja was werden. Tagsüber ist davon natürlich noch überhaupt nichts zu sehen und wir werden freundlich begrüßt im „7er-Club„, der sich im Grunde darstellt als eine umgebaute Lagerhalle. Die Bühne ist erfreulich groß und alles recht Industrial-orientiert eingerichtet. Im riesigen Backstage-Bereich gibt es leckeres Catering und die Clubbesitzer sind saunett. Kann man nicht anders sagen. Das einzig Doofe: Ich habe den Rastplatz-Duschtermin am Vormittag einfach mal verpennt. Als ich aus dem Bus aussteige und aussehe wie eine Mischung aus einem Mon-Chi-Chi und Helge Schneider sage ich zu unserem Tourmanager „Ich muss noch duschen“ und er fragt nur „warum? Siehst doch aus wie immer“ … „Muss an seiner Sonnenbrille liegen“, denke ich grummel vor mich hin und höre mich nach Alternativen um. Ein Blick ins iTelefönchen mit Online-Anbindung offenbart Gott-sei-Dank ein Schwimmbad, welches durch einen ca. 30-minütigen Fußmarsch zu erreichen zu sein scheint. Da wir eh wie immer ne Menge Zeit haben, mache ich mich also auf den Weg. Ich gehe naiverweise davon aus, dass es in den meisten Schwimmbädern auch Badehosen käuflich zu erwerben gibt, denn die habe ich natürlich nicht eingepackt, werde dafür aber auch bitter enttäuscht, denn an der Kasse steht nur ein „Geschlossen“-Schild und ein Automat wartet auf Münzeinwurf.

 

Ich bezweifle sofort, dass aus dem kleinen Schlitz auch Badehosen kommen könnten, mache auf der Stelle kehrt und betrete den eine Tür weiter existierenden Tauch-Shop. Auch hier nichts zu holen – also zurück in die Stadt laufen. Mannheims Innenstadt hat sehr innovative Straßenanordnungen und -namen. Alles ist quadratisch angeordnet, Querstraßen sind durch fortlaufende Buchstaben des Alphabets und Längsstraßen durch fortlaufende Nummern betitelt. Ich muss also von U3 nach C7 oder so, wo ich nach erschöpfendem Walking dann auch endlich den C&A-Store finde, dessen Name in dieser Stadt eben klingt wie ne Straßennamen-Kombination. Schnell ne Badehose gekauft und dann wieder zurück nach U3. 3,10 Euro in den Automaten geworfen und ab ins kühle Nass. Mein Körper schreit Hurra. Das tut gut und zwar so richtig. Ich schwimme einige Bahnen und errechne, wie alt ich in etwa sein müsste, um den Altersdurchschnitt der Anwesenden um 20 Jahre herabzusetzen. Ca. -380 ist das leicht aufgerundete Ergebnis, aber mir ist’s wurscht.

Auf jeden Fall bleiben alle Haare trocken hier. Das abschließende Duschen, auf das ich mich so sehr gefreut habe, trübt meine Laune noch ein wenig, denn für jedes Mal drücken kommt ca. 2 – 3 Sekunden Wasser mit kontinuierlich wechselnden Temperaturen aus dem Hahn. So was hasse ich wie die Pest und entscheide mich, doch nicht 30 Min. Duschen zu genießen, sondern halte es eher kurz und mache mich dann auf den Rückweg in den Club, wo ich auch pünktlich und frisch wie eine Prise arktischer Meeresluft zum Soundcheck eintreffe. Ich habe diesmal auch ein paar Gäste eingeladen, mit denen ich mir noch ein wenig die Zeit vertreibe.

ANZEIGE
Forum
  1. Profilbild
    Atarikid AHU

    Wow! Was für eine Sonntagslektüre!!!! Toll dass Du uns an diesen Erlebnissen teilhaben lässt, kommen dadurch viele fast vergessene Erinnerungen hoch. Macht mich fast ein bißchen wehmütig.
    Das Interview im Anschluss ist auch prima, weil’s das Dilemma der handwerklich fundierten Musik aufzeigt. Heutzutage verdienen DJs live das große Geld mit Produktionen für die man oftmals auch nix können muss. Eine richtige Band, die nicht grad Scorpions oder AC/DC heißt, tut sich vermutlich verdammt schwer. Fürchterliche Entwicklung, und das sag ich als jemand der ausschließlich elektronische Instrumente benutzt (sie aber auch spielt und nicht nur programmiert ^^)….

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X