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Vergleichstest: Bus-Kompressoren für Tonstudios

Drei Kompressoren und ein Kontrabass

11. Februar 2019
vergleichstest buskompressoren

Bus-Kompressoren für Tonstudios

Drei Kompressoren, drei Hersteller, ein Einsatzgebiet – in diesem Vergleichstest geht es um Bus-Mastering-Kompressoren. Also Kompressoren, deren vornehmste Aufgabe es ist, eine Subgruppe oder einen ganzen Mix zu bearbeiten. Natürlich kann man auch diese Geräte benutzen, um einzelne Instrumente zu bearbeiten, allerdings geht das nur mit der einen oder anderen Einschränkung, die eben damit zu tun hat, dass das Steuersignal aus der Summe der Eingänge generiert wird. Bereits hier unterscheiden sich die Kandidaten.

Es treten an …

Zwei Geräte, erdacht und gebaut in Deutschland und ein britischer Kandidat stellen sich zum Vergleichstest. Es handelt sich um die Geräte:

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  • Tegeler Audio Manufaktur – Vari Tube Compressor (1.849,- Euro),
  • Elysia – XPRESSOR (1.169,- Euro),
  • Drawmer – 1973 (1.269,- Euro).

Die Auswahlkriterien, um nicht Birnen mit Äpfeln zu vergleichen (sondern höchstens birnige Äpfel), waren ungefähr die gleiche Preislage und die Tatsache, dass es sich eben um einen Bus-Kompressor handeln sollte. Soll heißen, er bietet 2 Ein- und Ausgänge, die nicht zwingend entkoppelbar sind. Und allen muss eine gedruckte Bedienungsanleitung beiliegen – nicht wirklich ein Kriterium, aber in diesem Falle ein Fakt.

Gehen wir also kurz die einzelnen Geräte durch. Wer ausführliche Testberichte sucht, kann sie in den Link-Angaben finden.

Tegeler Audio Manufaktur – Vari Tube Compressor

Tegeler Audio Manufaktur - Vari Tube Compressor

Tegeler Audio Manufaktur – Vari Tube Compressor

Den größten Platzverbrauch mit 3 HE im Rack hat der Vari-Mu-Kompressor aus der Hauptstadt. Das ist nicht zuletzt den großen griffigen Potikappen geschuldet, die es jeweils für jeden Kanal gibt. Auf der Rückseite gibt es zwei XLR-Ein- und Ausgänge. Der große Netzschalter sitzt vorne, ebenso wie der Link-Schalter, der das Gerät von den anderen abhebt. Durch diesen Link-Schalter können beide Kanäle unabhängig voneinander betrieben werden. Leider ist bei aktivierter Link-Funktion nur die Einstellung von Attack und Release für beide Kanäle zuständig. Input- und Output-Gain müssen auch im Link-Modus bei beiden Kanälen manuell eingestellt werden.

Auch das sehr große VU-Meter trägt dazu bei, diesem Gerät das Prädikat „Wuchtbrumme“ zu verleihen. Natürlich müssen die Röhren im Inneren auch eine ausreichende Luftzirkulation zur Atmung, Verzeihung, Kühlung haben. Die neuere Version ist mit internen Sidechain-Filtern ausgestattet, die bei 120 Hz oder 60 Hz ansetzen. Damit verhindern sie zu starkes Pumpen bei basslastigem Material.

Tegeler Audio Manufaktur - Vari Tube Compressor Rückseite

Tegeler Audio Manufaktur – Vari Tube Compressor Rückseite

Der Vari Tube Compressor bietet weder eine Einstellung für Ratio, noch eine für den Threshold. Eine Beeinflussung der Kompressionsstärke regelt man hier ausschließlich über den Input-Gain. Das macht ihn einerseits einfach in der Bedienung, andererseits zu einem eher grobschlächtigen Kollegen – was sein Äußeres ja durchaus schon kolportiert. Je höher der Input-Gain, desto mehr kommen auch die Übersteuerungseigenschaften der Röhren nach vorne. Vor allen die oberen Mitten treten deutlicher hervor und bekommen eine süße zweite Harmonische aufgedrückt – lecker.

Bei der Attack-Einstellung ist mir aufgefallen, dass ab Wert 5 aufwärts eigentlich gar nichts mehr passiert, auch bei hohen Input-Gain-Einstellungen. Alles in allem habe ich hier im Prinzip nur drei unterschiedliche Einstellungen vorgefunden, bezogen auf das verwendete Material. Das meine ich gar nicht abwertend – hier hält man sich halt nicht lange mit Einstellen auf. Attack- und Release-Einstellungen eingestellt, Input-Gain hoch und Klang genießen.

Elysia – XPRESSOR

Elysia XPRESSOR

Elysia XPRESSOR

Der XPRESSOR hat mit seiner Einbauhöhe von 1 HE nicht nur in Sachen Platzverbrauch die Nase vorn. Ebenso besticht er auch durch ein minimalistisches Design und gedrehten Aluminiumknöpfen für die gerasterten Potis – das Auge hört ja bekanntlich mit – oder so. Die Gain-Reduction wird von einem 14-Segment-LED-Balken angezeigt und bietet damit nicht so eine genaue optische Kontrolle wie mit einem VU-Meter.

XPRESSOR ist der einzige Kompressor, der erstens auf der Rückseite sowohl XLR- als auch TRS-Ein- und Ausgänge besitzt, sondern auch der Einzige, der einen Sidechain-Send/Return bereitstellt. Dabei handelt es sich um das summierte Sidechain-Signal, das man bearbeiten und zurückschicken kann. Oder man gibt gleich sein eigenes Sidechain-Signal in den XPRESSOR, nervige pumpende Flächen oder nützliches E-Bass Ducking durch die Bassdrum inklusive.

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Anschlüsse des Elyisa XPRESSOR

Anschlüsse des Elyisa XPRESSOR

Zusätzlich zur Vierfaltigkeit des Komprimierens (Attack, Release, Ratio, Threshold) bietet der XPRESSOR ein regelbares Low-Cut-Filter für die Sidechain, das von 31 Hz bis 1 kHz (!) reicht und einen Regler, der mit Gain Reduction Limiter beschriftet ist. Dieser sorgt dafür, dass die Steuerspannung zur Herunterregelung des Audiosignals begrenzt werden kann. Er setzt also im Sidechain-Kanal an, reduziert das Glattbügeln des Eingangssignals – es bleibt mehr dynamische Struktur erhalten und das komprimierte Signal wirkt lebendiger.

Der War-Modus sorgt dafür, dass es der Kompressor „nicht so genau“ nimmt. Schnelle Transienten werden verlangsamt und das Klangbild wirkt dadurch runder. Ebenfalls wird etwas harmonische Verzerrung hinzugefügt. Das Ganze ergibt ein Klangbild mehr Richtung „vintage“.

Der XPRESSOR hat aber noch ein paar mehr Tricks auf Lager, um das dynamische Verhalten zu manipulieren. Der Release-Verlauf kann linear oder logarithmisch sein (Signale werden langsamer oder schneller wieder aufgeholt). Auto-Fast verhindert ein Durchschlüpfen schneller Signale bei längeren Attack-Phasen, also ideal für Limiting-Aufgaben.

Apropos Limiting, der Elysia XPRESSOR ist der einzige Kandidat, der eine Ratio von 1:unendlich erlaubt, also als Brickwall-Limiter arbeiten kann. Und er ist der einzige Kompressor, der auch negative Ratios anbietet, d. h. er kann auch als Expander arbeiten. Dann verringert er die Dynamik nicht mehr, sondern expandiert sie.

Ein Gain-Regler sorgt für die Wiederherstellung der reduzierten Lautstärke. Um das Ganze gut abschmecken zu können, besitzt das Gerät einen Dry/Wet-Regler für Parallelkompression.

Das Gerät von Elyisa bietet die feinste Kontrolle über die Gain-Struktur des Signals.

Drawmer 1973

DRAMER 1973

DRAMER 1973

Der DRAWMER 1973 bietet die meisten Einstellungsmöglichkeiten auf 2 HE. Ausgestattet mit drei separaten Kompressor-Einheiten und auf FET-Basis haben wir es hier mit einem Multiband-Kompressor zu tun. Zwei verstellbare Frequenzweichen zwischen den Einheiten legen die Bänder fest. Und obwohl es zwei VU-Meter gibt, zeigen diese nicht die Gain-Reduction an, sondern den Gesamt-Ausgangspegel. Jedes Band besitzt nämlich seine eigene Gain-Reduction-Anzeige in Form einer 8-Segment-LED-Anzeige.

Die einzelnen Bänder können gemutet oder bypassed werden und das höchste Band besitzt einen Air-Schalter. Dieser sorgt dafür, dass die durch die Komprimierung verloren gegangenen Höhen wieder aufgeholt werden. Besonders ergiebig bei Overheads oder Vocals. Air wird von einem Big-Schalter im tiefsten Band komplementiert, dieser sorgt einfach für ein High-Pass-Filter in der LF-Sidechain, damit mehr Bass durchkommt.

DRAWMER 1973 Rückseite

DRAWMER 1973 Rückseite

Einen Ratio-Regler gibt es übrigens nicht, die Komprimierungsstärke wird allein durch den Threshold-Regler eingestellt. Das beruht vor allem auf der verwendeten FET-Schaltung und deren „angeborenen“ Softknee-Charakteristik.

Die Release-Regler bieten neben den beschrifteten Release-Zeiten noch drei programmabhängige Einstellungen (F(ast), M(id), S(low)), die dafür sorgen, dass dem Signal mehr Dynamik erhalten bleibt. Auch der DRAWMER 1973 verfügt über einen Dry/Wet-Regler für Parallelkompression, sowie einen Gain-Regler zum Aufholen des komprimierten Signals. Dieser sitzt aber hinter dem Dry/Wet, sodass ein echter A/B-Vergleich nur mit dem benachbarten Bypass-Schalter, der den gesamten Signalweg betrifft, vorgenommen werden kann.

Eine Wiederherstellung einmal gemachter Einstellungen gestaltet sich beim DRAWMER 1973 schwieriger als bei den anderen Geräten. Die Potis sind eben nicht gerastert (abgesehen von Attack und Release), sondern „Freiläufer“, was eine exakte Replik beinahe unmöglich macht. Mit einem entsprechenden Foto sollte man aber in der Lage sein, die Einstellungen exakt genug reproduzieren zu können.­

Der Soundtest der drei Buskompressoren

Bei einem solchen Test könnte man Hunderte Vergleiche anstellen, deswegen möchte ich mich mit einer Aufgabe begnügen. Die Aufgabe heißt Verdichtung. Das Eingangssignal sollte in der Dynamik begrenzt werden, wobei eine Gain-Reduction von ca. 7 dB angestrebt wurde. Dabei habe ich die Kompressoren immer ein wenig heftiger ausgereizt als in einem Real-World-Szenario, damit man das Gerät auch arbeiten hören kann.

Als Material diente einmal ein Mix mir elektronischer Musik, dann einer mit akustischer. Dann eine Drum-Spur einer Live-Aufnahme. Um auch die Wirkung auf einzelne Instrumente zu testen, kamen noch eine Gitarre, ein E-Bass und ein Saxophon zur Komprimierung. Alle Quellsignale wurden normalisiert und für jedes Signal wurde am jeweiligen Gerät dieselbe Einstellung genommen. Die einzige Variation war Dry/Wet, damit man hören kann, wie das Signal durch den Kompressor klingt und dann bei aktiviertem Gerät. Bei Elysia XPRESSOR und DRAWMER 1973 wurde noch ein Durchgang mit 50 % Dry/Wet gemacht.

Alle drei Kompressoren erledigen die Aufgabe standesgemäß. Das Klangbild wirkt dichter und die Pegelspitzen werden abgefangen. Tatsächlich sind die Unterschiede zwischen den Geräten in den Soundbeispielen zunächst kaum zu hören, da mit ein wenig Geduld beinahe identische Ergebnisse erzielt werden können. Nach mehrmaligem Hören kristallisieren sich aber die Unterschiede deutlicher heraus. Der XPRESSOR kann einem Plug-in sehr ähnlich klingen, aber auch präzise mit den Transienten umgehen. Der Vari Tube Compressor klingt am bauchigsten und betont das Mittenspektrum durch die Röhrenfärbung. Den DRAWMER 1973 zeichnet ein offenes Klangbild aus.

Heißt das nun, dass die Geräte sich auch kaum unterscheiden? Mitnichten, denn jedes Gerät besitzt darüber hinaus seine Spezialitäten. Die Röhrensättigung des VTC schiebt sich immer etwas in den Vordergrund und verleiht den Höhen ein schönes Finish. Der DRAWMER 1973 erreicht das durch die Air-Schaltung, die aber hörbarer zugreift. Ähnliches erreicht der XPRESSOR durch die Warm-Schaltung.

Um diese Effekte mal in Aktion zu hören, habe ich noch jeweils ein Beispiel mit diesen Spezialitäten aufgenommen.

Elyisia XPRESSOR

  • Präzisionstool für Dynamik
  • mitteleinfach zu bedienen
  • einfacher Recall
  • gut geeignet für Einzelspuren
  • kein dual Mono
  • fügt Obertöne hinzu durch Warm-Schaltung

DRAWMER 1973

  • kreatives Soundtool
  • kann alles aus einem Mix machen
  • schwerer zu bedienen
  • schwer zu recallen (keine Rasterpotis)
  • gut geeignet für Einzelspuren
  • kein dual Mono
  • automatischer Release-Mode
  • fügt Obertöne hinzu durch Air-Schaltung

Tegeler Audio Manufaktur Vari Tube Compressor

  • addiert Obertöne, vor allem im Mitten/Höhenbereich, arbeitet plakativ
  • einfach zu bedienen
  • einfacher Recall
  • weniger geeignet für Einzelspuren
  • dual Mono
  • kein MIX-Blend
  • Link-Option nicht für Input- und Output-Gain
  • zwischen Attack 5 bis 10 tut sich kaum was, praktisch nur 3 Attack-Einstellungen leicht, mittel, stark (bei den verwendeten Beispielen)
  • fügt Obertöne hinzu durch Röhrensättigung

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Fazit

Präzise

Der Elyisa XPRESSOR hat die feinste Kontrolle über die Dynamikstruktur und kann sehr dezent, aber auch brachial zur Sache gehen – gut geeignet als Mastering-Kompressor. Dafür erfordert er auch einige Einarbeitung.

Pragmatisch

Der Tegeler Audio Manufaktur Vari Tube Compressor ist am einfachsten zu bedienen und liefert eigentlich immer gute Ergebnisse ab. Sein Manko ist aber die begrenzte Anzahl an Einstellungsmöglichkeiten. Eine präzise Manipulation des Signals ist nicht möglich.

Kreativ

Der DRAWMER 1973 bietet, bedingt durch seine Multiband-Architektur, die tiefgreifendsten Einstellungsmöglichkeiten. Er ist durchaus in der Lage, einen mäßigen Mix aufzupolieren.

Preis

  • Ladenpreise:
  • Elysia Xpressor: 1.169,-Euro
  • Tegler Audio Manufaktur VRC: 1.849,- Euro
  • Drawmer 1973: 1.269,- Euro
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