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Vergleichstest: CV-Steuerungs-Module für das Eurorack

Drei verschiedene Eurorack-Module für die CV-Steuerung

28. August 2019

Ohne Bewegung ist alles nichts oder wie Galileo Galilei nach seinem Widerruf gesagt haben soll: „Und sie bewegt sich doch.“ Das gilt auch und besonders für das Eurorack. Was ist schon ein schnöde schwingender Rechteck-Oszillator ohne jegliche Pulsbreitenmodulation – langweilig. Oder ein statisches Filter, das nach kalten Füßen klingt – öde. Die einfachsten Vertreter zur Spannungssteuerung kennt jeder: Hüllkurve (vorzugsweise ADSR) und LFO (vorzugsweise mit verschiedenen Schwingungsformen).

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Flame JoyRec, Frap Tools Falistri, Metabolic Devices Coherence im Vergleich

Kombiniert man diese Gesellen, lassen sich schon sehr bewegende Ergebnisse erzielen. Aber es gibt eben auch Module, die ebenfalls CV-Verläufe erzeugen können und dabei aber anders konzipiert sind. Dieser Bericht vergleicht drei Module, die unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch alle zum Ziel haben, CV-Verläufe außerhalb des gängigen ADSR-/LFO-Schemas zu liefern. Deswegen ist es auch kein Wettstreit, welches nun das beste Eurorack-Modul ist, sondern vielmehr eine Gegenüberstellung. Was gelingt dem einen Modul, was dem anderen verwehrt bleibt? Stellen wir die drei Mal kurz hintereinander vor und nennen ihre Hauptmerkmale.

Flame – Joyrec

Eurorack CV Steuerung - Joyrec ganz

Flame JoyRec

Hier geht es ausschließlich um manuelle Kontrolle, wie der Name schon vermuten lässt, geschieht die CV-Steuerung hier mithilfe eines Joysticks. Eine Bewegung der X- oder Y-Achse erzeugt eine Steuerspannung am entsprechenden Ausgang. Diese Spannung kann für beide Achsen zusammen entweder von 0 – 10 V gehen oder über einen Bereich von +/- 5 V. Die CV-Ausgänge verfügen jeweils über einen Attenuator, sodass man die Spannung entsprechend anpassen kann. Flame Joyrec (einen herzlichen Dank an Schneiders Laden GmbH, die uns das Modul zur Verfügung gestellt haben) bietet aber noch mehr. Die Bewegungen des Joysticks können nämlich aufgezeichnet werden und danach als One-Shot oder Loop abgespielt werden. Da die Bedienung des Start-Buttons, der für das Abspielen und in Zusammenhang mit dem Record-Button auch die Aufnahme zuständig ist, über einen Trigger zu bedienen ist, kann man die Aufnahme eben auch automatisieren.

Auch nach dem Ausschalten bleibt der CV-Verlauf gespeichert, da der Speicher über eine 3 V Batterie gepuffert ist. Insgesamt kann eine Minute aufgenommen werden. Die Samplingrate beträgt 300 Hz, was für manuelle Bewegungen mehr als ausreicht. Die CV-Signale werden bei 12 Bit gewandelt, so dass 4096 Werte über die jeweilige Spannungsskala dargestellt werden können. Verlaufssprünge in der CV-Steuerung konnte ich keine hören. Ist einem der Loop nicht flott genug, so kann man ihm beim Abspielen über die X-Achse des Joysticks schneller aber auch langsamer machen.

Eurorack CV Steuerung - Joyrec Bewegungsfreiheit

Flame JoyRec: Durch die runde Öffnung sind X- und Y-Achse nicht unabhängig voneinander

Eine Merkwürdigkeit besitzt der Flame Joyrec jedoch. Da die Öffnung aus dem der Joystick hervorlugt rund ist, kann man die X- und Y-Achsen nicht vollständig unabhängig voneinander bewegen. Das wäre nur der Fall, wäre diese Öffnung quadratisch. Absicht?

Frap Tools – Falistri

Eurorack CV Steuerung - Falistri ganz

Frap Tools Falistri

Wenn es je eine eierlegende Wollmilchsau für die CV-Steuerung gegeben hat – dann ist es wohl Frap Tools Falistri. Angeboten wird es als „Multipurpose Movement Manager“ – und genau das ist Falistri auch. Es besteht zunächst aus zwei identischen V/Okt-steuerbaren Schwingungsformgeneratoren. Jede Teilschwinung kann individuell in Zeit und Form beeinflusst werden. Verschiedene Trigger-Modi (Loop, Trigger, Gate) und die CV-Steuerung der Zeitparameter machen aus diesen beiden Generatoren echte Chamäleons. Sie können als Hüllkurve, als LFO oder eben auch als Oszillator fungieren. Jede der Teilkurven hat ihren END-OF-Trigger-Ausgang. Als CV-Ausgang stehen ein unipolarer und ein bipolarer bereit. Beide Schwingungsformgeneratoren haben dann noch einen weiteren Ausgang über einen Attenuverter. Aber hier ist noch nicht Schluss – über eine ODER-Schaltung sind die beiden Generatoren nochmals miteinander verbunden, so dass das Signal des jeweils höchsten CV-Werts an dieser gemeinsamen Buchse anliegt. Ziemlich praktisch, wenn man „gleichzeitig“ zwei CV-Quellen an ein weiteres Modul schicken will.

Eurorack CV Steuerung - Falistri oben

Frap Tools Falistri: Die beiden Cylce-Generatoren mit variablem Flanken- und Zeitverlauf

Die beiden Generatoren sind aber noch über den Vier-Quadrant-Multiplizierer verbunden. Mit diesem kann man Amplitudenmodulation betreiben, wenn man nur zwei Quadranten verwendet – einfach gesprochen verbirgt sich hier also ein VCA. Intern ist der Vier-Quadrant-Multiplizierer so verschaltet, dass Generator 1 den Generator 2 moduliert. Lässt man also Generator 1 einen langsamen LFO vollführen und stellt Generator 2 als Audiooszillator ein, hat man bereits eine einfache Synth-Stimme – Spannungssteuerung ohne ein einziges Patch-Kabel!

Eurorack CV Steuerung - Wobble Patch2

Nettes kleines Wobble-Patch

Im Beispiel musste ich natürlich noch ein Filter dazu packen und mit dem Flame Joyrec die LFO-Frequenz und die Tonhöhe steuern – schon hat man schicke Wobble-Bässe. Leitet man dem Filter noch über die ODER-Schaltung etwas vom Oszillator (hier Generator 2) zu, hat man auch schon eine Filtermodulation im Audiobereich.

Der Multiplizierer kann in allen vier Quadranten arbeiten, will heißen, er nimmt auf beiden Eingängen auch bipolare Signale an – dann ergibt sich daraus ein Ringmodulator mit dem bekannten metallischen Klang durch die erzeugten Seitenbänder.

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Eurorack CV Steuerung - Falistri unten

Frap Tools Falistri: Frequenzteiler, 4-Quadrant-Multiplizierer und Slew-Generator

Eine weitere Möglichkeit, CV-Signale zu manipulieren, bietet Frap Tools Falistri mit dem Slew-Rate-Limiter. Auch dieser bietet eine getrennte Einstellung der anschwellenden und abschwellenden Seite und ist auf den ersten Generator normalisiert (soll heißen: vorverkabelt).

Als letztes bleibt noch der Suboktavprozessor, der gleich zweimal vorhanden ist. Er Erkennt die Nulldurchgänge der eingehenden Schwingungsform und stellt eine entsprechende Rechteckschwingung zu CV-Steuerung in der halben Frequenz am Ausgang bereit. Der zweite Prozessor ist dem nachgeschaltet und erzeugt so die Suboktave der Suboktave. Betrachtet man das als Clock-Teiler, so halbiert der erste Prozessor die Clock um 2 und der zweite um 4.

Metabolic Devices – Coherence

Eurorack CV Steuerung - Coherence ganz

Metabolic Devices Coherence

Der Dritte im Bunde der CV-Erzeuger ist ein ganz eigenes Gewächs. Auch Metabolic Devices Coherence besteht aus mehreren Sektionen und bringt kontrollierbare Unberechenbarkeit ins Eurorack. Was genau das Modul macht, kann man den Bildern entnehmen. Auf einen Punkt gebracht kann man sagen: Es nimmt zwei CV-Eingänge und wertet die Überschneidungen der beiden CV-Signale aus. Daraus erzeugt er dann Gate- und Pitch-Ereignisse zur Spannungssteuerung. Die Fenstergröße dieser Abfrage kann man über einen Regler und einen CV-Eingang mit Attenuverter verstellen.

Es gibt einen Trigger-Ausgang, der auf drei verschiedene Ereignisse reagieren kann. Ereignis 1: Signale sind gleich groß, Ereignis 2: Richtung des zweiten Signals ändert sich, Ereignis 3: Der Trigger folgt dem Signal des Dividers.

Es können auch mehrer Metabolic Devices Coherence: Triggerereignisse zusammen ausgegeben werden

Metabolic Devices Coherence: Es können auch mehrere Trigger-Ereignisse zusammen ausgegeben werden

Das ist die zweite Funktion des Metabolic Devices Coherence – der Divider. Da durch die Überschneidungen der Eingangsspannungen Gate-Signale erzeugt werden, ist es praktisch, gleich einen Divider mit an Bord zu haben. Einstellbare Patterns gehen von 1 (kein Divider) bis 16 (Haupt-Divider-Ausgang wird aktiv bei 1, die folgenden 15 gehen auf den Neben-Divider-Ausgang). Diese Einstellungen kann man direkt am Modul vornehmen, aber eben auch – und das ist das Gute – über CV steuern.

Im Beispiel habe ich den Metabolic Devices Coherence hauptsächlich für Perkussives genutzt, da die Pitch-Folgen zur CV-Steuerung, die aus dem S&H-Modul kamen, mir persönlich selten zugesagt haben. Bei zwei LFOs am Eingang ergibt sich eine auf- und absteigende Folge, aber auch tonaler Salat war oft dabei, je nach Einstellung des Coherence-Reglers. Klar ist das Ergebnis immer abhängig von den Eingangssignalen, die Ausbeute ist meinem Geschmack nach aber für tonales wenig geeignet. Stattdessen habe ich diesen CV-Ausgang für die Steuerung eines Filters verwendet. Dafür kann dieser Pitch-Ausgang sehr gut herhalten.

Eurorack CV Steuerung - coherence example

Metabolic Devices Coherence: treffen sich zwei CVs – sagt der eine zum anderen „Coherence“

Am besten fand ich den Metabolic Devices Coherence, wenn man am Eingang 1 einfach ein statisches DC-Signal angelegt hat, z. B. einfach mit dem Attenuverter. Dann sind die Ergebnisse vorhersehbarer und leichter einzusetzen.

Natürlich heißt das nicht, dass man am Eingang 1 keine Verläufe anlegen sollte, je nachdem kommt da aber arger Bandsalat heraus – klasse, wenn man das will und vor allem sehr langsame Schwingungen einsetzt; nicht so klasse, wenn man inspirierende Tonabfolgen erwartet, die auch rhythmisch einen Sinn ergeben sollen.

Setzt man den Metabolic Devices Coherence für Rhythmisches ein, so ergeben sich spannende Abfolgen, die eben nicht immer genau gleich verlaufen – und ich denke, das ist auch die Stärke des Moduls.

Welches Modul zur CV-Steuerung für wen?

Hands-on mit dem Flame Joyrec

Ganz klar ist der Flame JoyRec das Hands-on-Modul zur CV-Steuerung unter den Dreien. Da braucht man gar nicht in die Anleitung zu schauen. X- und Y-Ausgang patchen uns los geht’s. Der erste Loop ist auch schnell gemacht und über ein Gate-Signal am Start-Eingang hat man seine Loops im Handumdrehen synchronisiert. Eine Minute Aufnahmezeit reicht auch für sehr exzessive Bewegungsmuster oder eben auch sehr gemächliche. Über die X-Achse kann man dann noch mal die Wiedergabe verlangsamen und so längere Verläufe erzeugen – leider kann man diese Funktion nicht fernsteuern. Wer also schnell und unkompliziert Hand anlegen möchte an Filter, Tonhöhen oder was auch immer, für den ist der Flame JoyRec einfach ideal. Vielleicht gibt es ja mal eine weitere Version, bei der man Verläufe auf eine SD-Karte speichern und auch wieder abrufen kann?

Tüftelei mit dem Frap Tools Falistri

Für den Tüftler kommt wohl nur der Frap Tools Falistri zur CV-Steuerung in Frage. In der kurz umrissenen Beschreibung kann wohl kaum klar werden, wie mächtig das Eurorack-Modul ist. Es können nämlich nicht nur einfache AR-Hüllkurven, sondern über die Quadratur-Funktion eben auch komplexe ADSR-Verläufe generiert werden. Dass die Generatoren bis in den Audiobereich gehen und eben auch tonal in V/Okt-Charakteristik gespielt werden können, mach den Frap Tools Falistri bei genauerer Betrachtung zu einer kompletten Synth-Voice – obwohl gar nicht Synth draufsteht. Die Kombinationen sind beinahe unendlich und mindestens eine Aufgabe kann der Frap Tools Falistri in jedem Patch übernehmen – eigentlich aber gleich mehrere. Aufgrund seiner Vielfältigkeit bietet der Frap Tools Falistri deshalb auch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, wenn man denn schon vergleichen will.

Unerhörtes mit Metabolic Devices Coherence

Auch der Metabolic Devices Coherence weiß zu überzeugen und ist das experimentellste Modul der Auswahl – obwohl ich die abgeleiteten Spannungsverläufe für tonale CV-Steuerung selten interessant fand. Klar ist auch das veränderbar, denn die Verläufe basieren ja nur auf den Eingangssignalen. Interessanter waren diese Verläufe anwendbar auf Filter oder ganz generell Timbre-Veränderungen. In den Beispielen hört man gut, wie der Metabolic Devices Coherence spielend leicht organische Rhythmusverläufe erzeugt. Kontrollierbar fand ich das allerdings erst, wenn ein Eingang lediglich eine feste Gleichspannung bekommt. Damit will ich nicht sagen, dass diese Funktion gänzlich unnütz ist, für mich war sie eben nicht so ergiebig. Man muss sich klar machen, dass es sich beim Metabolic Devices Coherence um einen Spezialisten handelt, der auch preismäßig entsprechend zu Buche schlägt. Könnte man die Funktion mit anderen Modulen etwa Komparatoren und Clock-Dividern nachstellen – sicherlich. Hat man dann alles an einem Modul zur Verfügung und ist es dann voll spannungssteuerbar – wahrscheinlich nicht.

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Fazit

Bei den hier vorgestellten Modulen ist also vermutlich für jeden etwas zur CV-Steuerung dabei. Von Hands-on über clevere Verschachtelung bis hin zu geordnetem Chaos. Persönlich hat mir der Frap Tools Falistri in Kombination mit dem Flame Joyrec sehr zugesagt. Damit kann man schnell brauchbare Verläufe oder einfache FX erstellen und auch gleich mit der Sequenz synchronisieren. Beim Flame Joyrec ist die Fernsteuerung der Aufnahme der Joystick-Bewegungen sehr gut gelungen. So konnte ich Loops schnell und taktgenau in der DAW aufnehmen. Würde ich also einen Favoriten küren müssen, wäre das also eindeutig der Frap Tools Falistri, er hat einfach alles, was es für die Bewegung von Steuerspannungen braucht.

Preis

  • Frap Tools Falistri: 399,- Euro
  • Metabolic Devices Coherence: 419,- Euro
  • Flame Joyrec: 168,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    So einen Artikel finde ich klasse! Die gedankliche Vorstellung der Funktionen überfordert mich zwar gehörig, lädt aber zum nochmaligen lesen ein. Klar ist, das das Produkte für richtige Nerds im Nerds Genre sind. Gut, der Joystick erschließt sich sofort, Falistri und Coherence sind aber schon, auch aufgrund des tollen Designs, zwei aussergewöhnliche Module.

    • Profilbild
      t.goldschmitz RED

      @[P]-HEAD Danke Mr. P!
       
      Wir planen noch mehrere Gegenüberstellungen und/oder Vergleiche dieser Art. Das motiviert.

    • Profilbild
      Marco Korda AHU

      @[P]-HEAD Ja, das finde ich auch. im Eurorack-Dschungel den Überblick zu behalten ist mitunter schon kompliziert. Sich dann noch für oder gegen ein Modul zu entscheiden ist dann wie Lotterie. Diese Gegenüberstellung(en) helfen ungemein. Am Ende muss man natürlich trotzdem schauen, ob es zu einem passt, aber dieser Bericht ist eine sehr gute und nützliche Hilfestellung – gerne mehr davon!

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