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Vergleichstest: Nord Piano Library Samples

Übersicht aller Nord Piano Samples

23. Oktober 2024
Vergleichstest Nord Piano Library Aufmacher

Vergleichstest: Nord Piano Library Samples

Seit Jahren dominieren die roten Keyboards aus Schweden auf den Bühnen, gelten sie doch als Synonym für zuverläßige Live-Instrumente. Nebst Dingen wie Klangqualität, Bedienkomfort und stabile Verarbeitung ist auch die umfangreiche Library an Piano-Samples ein gewichtiges Argument für einen Nord Electro, Nord Piano oder Nord Stage. Clavia bietet mittlerweile über zehn verschiedene Flügel-, neun Rhodes- und vierzehn Klavier-Sampless zum freien Download an. Zusätzlich CP80, Wurlitzer, Clavinet, digitale E-Piano-Sounds sowie einige historische Hammerflügel und Cembali.

Wo liegen die klanglichen Unterschiede? Und klingen „XL“-Samples wirklich besser als die „S(mall)“ Varianten?

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Clavia Nord Grand 2

Der Nord Grand 2, ausgestattet mit der Nord Piano Samples-Library und einer Kawai Tastatur, gilt als eines der besten Stagepianos auf dem Markt

Anmerkung der Redaktion

Die Nord Piano-Library gehört zu den größten und besten Piano-Sample-Bibliotheken, die ein Hersteller für seine Instrumente kostenlos zur Verfügung stellt. Die Fülle an Samples unterschiedlicher Instrumente, die hier zur Auswahl steht, erschlägt nicht nur neue Besitzer eines Nord Piano, Nord Grand, Nord Stage oder Nord Electro, sondern auch alte Hasen. Was unser Autor Martin Andersson mit diesem Artikel geleistet hat, hat selbst mir als langjährigen Nord Spieler kurz die Sprache verschlagen.

Die Klangbeispiele erlauben euch einen direkten Vergleich der verschiedenen Flügel und Pianos und zeigen eindrucksvoll die Unterschiede der Modelle. Auch lässt sich zum ersten Mal wirklich beurteilen, wie sich die Verringerung der Speichergröße der Samples auf den Klang auswirkt. Immer wieder entdecke ich neue Lieblingsinstrumente unter den Samples, die den Weg in mein Nord Instrument finden sollen. Die liebevoll eingespielten Klangbeispiele von Martin sind ein Genuss für sich und zeigen die komplette dynamische und klangliche Bandbreite der Samples.

Genug der Vorrede und viel Spaß beim Lesen und Hören dieses großartigen Nord Piano Library Vergleichstests.

Markus

Vorbereitungen

Für diesen Vergleichstest steht mir ein Nord Stage 4 mit 73 gewichteten Tasten zur Verfügung, von dem ich im Testbericht vor einem Jahr viel Positives (und bedauerlicherweise auch ein paar Kritikpunkte) zu berichten wusste. Doch darum geht es heute nicht. Unser Augenmerk liegt auf der Piano-Sektion, wie sie auch im Nord Electro, Nord Piano und Nord Grand verbaut ist.

Der Speicher des Nord Stage 4 beträgt 2 GB, was nach heutigen Maßstäben geradezu lächerlich klein wirkt, doch handelt es sich dabei um das eher seltene NOR-Flash, im Gegensatz zur NAND Technologie, die in USB-Sticks und SSD-Festplatten verbaut ist. Für mich als absoluten Laien erschließen sich die Vorteile nicht wirklich: NOR könne schneller ausgelesen werden, wird immer wieder berichtet. Auf der anderen Seite hatte ich mit Sample-Librarys auf SSD-Festplatten bisher noch nie Probleme.

Was auch immer die Gründe sein mögen, setzt Clavia weiterhin auf NOR-Speicher, der – vermutlich aus finanziellen Gründen – begrenz ist. Die 2 GB reichen bei Weitem nicht aus, um alle heute verfügbaren Piano-Samples von Nord zu laden. So findet sich im Werkzustand aller Modelle nur eine Auswahl der Samples, während die übrigen Klänge frei von der Clavia-Homepage bezogen werden können.

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Für diesen Vergleichstest installierte ich als erstes die aktuelle Version des NORD SOUND MANAGERS auf meinem Rechner, verband diesen per USB-Kabel mit dem Nord Stage 4 und legte ein Backup des Werkzustands an, was über eine Stunde dauerte. Danach löschte ich den gesamten Piano-Speicher und füllte diesen ausschließlich mit Flügel-Samples. Auch dies dauert länger als erwartet, liegt doch die Schreibgeschwindigkeit bei bescheidenen 40 <MB pro Minute.

Nord Piano Library Vergleichstest Nord Sound Manager

Screenshot des Nord Sound Managers mit meinen persönlichen Favoriten

Sample-Library Version 5 und Version 6

Bei den Samples unterscheidet Clavia zwischen „Version 5“ und 6. Ältere Nord Instrumente sind auf die Version 5 beschränkt, dies betrifft die Modelle Nord Stage und Stage EX (auch „Classic“ genannt),  Nord Electro 1 – 4 und Nord Piano 1 und 2. Alle späteren Instrumente verarbeiten zusätzlich auch die Version 6 Samples. Löblicherweise werden die meisten Samples auch weiterhin in der Version 5 veröffentlicht, wenn auch nicht alle. Samples, die nur von neueren Instrumenten gelesen werden, sind im Titel vermerkt.

Und noch ein wichtiger Hinweis für Besitzer von Nord Wave Instrumenten: Nein, die Piano-Samples sind nicht kompatibel mit dem Nord Wave, da dieser ausschließlich die „Nord Sample Library“ verarbeitet, aber keine „Nord Piano Samples“. Auf erstere werde ich in einem weiteren Workshop eingehen.

Samples: Alles eine Frage der Größe?

Die Piano-Samples von Nord sind vergleichsweise klein: Gerademal 200MB wiegt ein XL-Sample, während Sample-Libararys für den Rechner stets im Gigabyte-Bereich hantieren. Das VSL Bösendorfer 280VC, das ich kürzlich testete, liegt bei über 50 GB, wobei auch dies nur dank aufwendiger Kompression möglich ist. Der ursprüngliche Datensatz betrug mehrere hundert Gigabyte.

Es ist davon auszugehen, dass auch Nord Kompressionsverfahren nutzt, dennoch stellt sich die Frage, wie es möglich ist, gut klingende Piano-Samples so klein zu verpacken. Einer der Gründe ist, dass Nord keine Samples des Verschiebe-Pedals anbietet (linkes Pedal am Flügel, das den Klang leiser, aber auch weicher macht). Andere Stellschrauben sind die Anzahl an Velocity-Layern und allenfalls Loops der Samples.
Wie auch immer sie dabei vorgehen, kann man den Nord-Ingenieuren nur gratulieren: Ihre Samples klingen gut.

Größenvergleich: Klingt XL besser als Small?

Die meisten Nord Piano-Samples werden in mehreren Größen, von Small bis XL angeboten. Wo liegen hier genau die Unterschiede?

Als Beispiel nehmen wir das White Grand, ein gesampleter Steinway B-211 Flügel.

Das S (72 MB) klingt ähnlich kräftig wie das XL (213 MB), aber für mich etwas „flacher“. Mit zunehmender Größe des Datensatzes gewinnt das Instrument an Körper und Räumlichkeit.

Nord beschreibt auf der Homepage die technischen Unterschiede wie folgt:

Extra Large version (XL)

Stereo sampled
 • Detailed velocity mapping 
• String resonance for entire range
 • Fully mapped keyboard

Large version (L)

Stereo sampled 
• Detailed velocity mapping 
• String resonance for entire range

Medium version (M)

Stereo sampled
 • Detailed velocity mapping
 • String resonance for middle range

Small version (S)

Stereo sampled 
• Detailed velocity mapping

Genauer wird dies von Clavia nicht spezifiziert. Informationen über die Anzahl der Velocity-Layers sucht man vergebens, auch Begriffe wie „fully mapped keyboard“ bleiben undefiniert. Die wichtigste Erkenntnis betrifft aber die Saitenresonanzen, die bei den Small-Samples gar nicht vorhanden sind, bei den Medium-Samples in der mittleren Lage und bei den Large- und XL-Samples für den gesamten Tonumfang.

Ich denke, dass auch die Smal-l und Medium-Samples ihre Berechtigung haben; in komplexen Arrangements und im Bandkontext werden die Unterschiede kaum auffallen, während sich die Large und XL Samples für Solo und kleinere Formationen, beispielsweise ein Jazztrio, anbieten.

Vergleich der Flügel-Sounds

Gehen wir kurz auf die 13 aktuellen Flügel-Sounds ein. Auf der Homepage gibt Nord nur wenig preis über die Instrumente, den Aufnahmeraum oder die Mikrofonierung, so dass ich auch auf einen Beitrag im Nord User Forum zurückgegriffen habe, wo alle Instrumente aufgelistet sind. Da diese Informationen natürlich nicht bestätigt sind, gilt das Gleiche wie bei den Lotto-Zahlen: Alle Angaben ohne Gewähr.

Bright Grand

Das Bright Grand wurde 2011 veröffentlicht und basiert auf einem Yamaha S4 Flügel: ein Studioflügel von 191 cm Länge, der zu den besten Instrumenten seiner Größe zählt. Der Klang ist hell und brillant.

Concert Grand Close

Das Concert Grand Close wurde in einem schwedischen Konzertsaal aufgezeichnet; gesampelt wurde ein Steinway D Konzertflügel (Länge: 274 cm), mit Mikrofonen nah an den Saiten. Erscheinungsjahr: 2009.

Concert Grand Ambient

Auch hier handelt es sich um einen Steinway D Flügel, indes mit Raummikrofonen aufgezeichnet. 2009.

Grand Imperial

2011 veröffentlichte Nord ein Sample des Bösendorfer Imperial Flügels mit einer Länge von 290 cm. Mit einem vollen und warmen Sound.

Nord Piano Sample Library Vergleichstest Bösendorfer Flügel Adobe Stock

Flügel von Bösendorfer gehören für viele Pianisten zu den Trauminstrumenten

Grand Lady D

Ein weiterer Steinway D Flügel, aber mit etwas größerem Dateivolumen als die beiden Concert Grand Samples. 2011.

Italian Grand

Fazioli ist ein vergleichsweise junges Unternehmen im Klavierbau und baut seit den 1980er-Jahren Edelflügel, die v.a. für feine und brillante Klänge bekannt sind. Welches Fazioli-Modell hier zum Einsatz kam, wird nicht dokumentiert. 2012.

Nord Piano Library Vergleichstest Samples Fazioli Flügel Adobe Stock

Royal Grand 3D

Für dieses Sample wurde ein Yamaha S6 Flügel (212 cm) per Kunstkopf aus Spielerperspektive aufgezeichnet. Ein runder und warmer Klang, wobei der beste Klangeindruck über Kopfhörer entsteht. 2016.

Silver Grand

Dahinter verbirgt sich ein Shigeru Kawai SK-7, ein handgebauter Semikonzertflügel (229 cm) von Kawais Edelmarke. Der Sound ist kräftig und brillant. 2015.

Soft Grand (nur Version 6)

Beim Soft Grand handle es sich um einen Yamaha G2 Flügel, der mit 173 cm eher kurz ist. Der weiche Klang entsteht durch besonders weiche Hammerköpfe. 2023.

Studio Grand 1 und 2

Ein Yamaha C7 (227 cm) mit Close-up Mikrofonen mit leicht unterschiedlichem Charakter.

Velvet Grand

Beim Velvet Grand handelt es sich um ein Model 1 Konzertflügel (280 cm) der Leipziger Traditionsfirma Blüthner, die für einen weichen und zurückhaltenden Klang bekannt sind. 2015.

White Grand (nur Version 6)

Das White Grand ist ein Steinway B Flügel (Länge: 211 cm). Aus meiner Sicht das vielleicht gelungenste Piano-Sample von Nord: Kraftvoll, warm und bei entsprechendem Anschlag auch brillant. 2019.

Steinway B 211 Samples Clavia Nord Piano Library Vergleichstest

Der Steinway B-211 gilt für viele Pianisten als bester Flügel überhaupt, zumindest was den Klangeindruck aus Spielersicht betrifft

Historische Flügel

Als Besonderheit bietet Nord auch drei historische Flügelklänge an. Es handelt sich dabei um Replikate des belgischen Klavierbauers Chris Maene, der historische Hammerklaviere nachbaute.

Steinway No. 1

Dieses auch als „Küchenflügel“ bekannte Instrument gilt als der erste Flügel von Engelhardt Steinweg aus Seelen in Niedersachsen, den dieser der Legende nach in seiner Küche baute. Später emigrierte er nach New York, änderte seinen Namen und gründete zusammen mit seinen Söhnen Steinway & Sons. 2017.

Mozart Fortepiano

Ein Replikat von Mozarts Hammerflügel, auf dem er in der letzten Dekade seines Lebens spielte. Der Tonumfang dieses von Anton Walter gebauten Flügels lag bei fünf Oktaven, der Anschlag war aufgrund kleinerer Hammerköpfe leichter als auf heutigen Flügeln. 2016.

Broadwood (Beethoven) Fortepiano

Thomas Broadwood aus London galt als einer der wichtigsten Klavierbauer des frühen 19. Jahrhunderts. Beim hier gesampelten Instrument handelt es sich um ein sechsoktaviges Modell, wie es auch von Ludwig van Beethoven gespielt wurde. 2017.

Nord Piano Library Vergleichstest Chris Maene Pianoforte Replikat

Das Broadwood Piano aus dem Jahre 1813, wie es von Ludwig van Beethoven gespielt wurde (Replikat von Chris Maene)

Klaviere

Aufrechte Klaviere (im Fachjargon Pianino genannt) stehen meist im Schatten der Flügel, dabei zeichnen sie sich durch eine eigene Klangcharakteristik aus. Nord bietet 14 unterschiedliche Modelle an:

Amber Upright

Das 132er Grotrian-Steinweg Klavier gilt als eines der besten am Markt mit einem breiten und vollen Klang. 2017.

Baby Upright

Dieses besonders kleine Instrument des schwedischen Klavierbauers Nordiska war als platz- und gewichtsparende Alternative gedacht, beispielsweise für Schiffe. Ein Klang, dem man eine besondere Aura nicht absprechen kann. 2017.

Bambino Upright

Das Bambino Upright ist ein ähnlich kleines Instrument wie das Baby Upright. Gebaut wurde es von der amerikanischen Firma Baldwin, die auch für klangvolle Flügel bekannt waren. Das Bambino Upright versprüht einen etwas verstaubten Charme, klingt leicht verstimmt, aber dank naher Mikrofonierung mit einem erstaunlich vollen Bass. 2016.

Black Upright

Ein Klavier der tschechischen Marke Petrof in der Größe 132. Eine gute Wahl für Jazzpiano und Ragtime. 2010.

Blue Swede Upright

Ein Modell des schwedischen Herstellers Östlind & Almquist mit einem Klang, der für ältere Klaviere typisch ist. 2010.

Felt Upright (nur Version 6)

Ein Yamaha SU-118, bei dem ein Stück Filz zwischen Hammerköpfen und Saiten gelegt wurde für einen besonders weichen Klang. 2022.

Grand Upright

Ein Yamah U3 Klavier mit einem eher kräftigen und brillanten Ton, der sich im Rock/Pop-Kontext gut integriert. 2013.

Honky Tonk Upright

Ein modifziertes Klavier von Baumgardt mit Nägeln in den Hammerköpfen mit einem faszinierenden und metallischen Sound. Ein bisschen klingt es wie ein Cembalo und weniger wie ein typisches Honky Tonk Piano. Dazu würde sich eher das Saloon empfehlen. 2010.

Mellow Upright

Ein Bösendorfer Concert 130 Klavier. Etwas dunkler im Klang als die Grotrian-Steinweg Modelle. 2014.

Pearl Upright (nur Version 6)

Als „old medium sized“ Piano angepriesen, klingt dieses Grotrian-Steinweg Klavier mit einer Höhe von 120 cm warm und etwas zurückhaltend. 2022.

Queen Upright

Ein weiteres Bösendorfer Sample, wobei das genaue Modell nicht weiter spezifiziert wird. Runder und warmer Sound. 2010.

Rain Piano

Das Rain Piano steht für einen „Parlour Piano“-Sound der amerikanische Zwischenkriegszeit. 2009.

Romantic Upright

Ein kleineres Klavier von Schimmel (Größe: 108 cm) aus den 1960er-Jahren, dem man das Alter auf positive Art anhört. 2010.

Saloon Upright

Ein leicht verstimmtes Klavier des schwedischen Herstellers Baumgardt. 2010.

 

Rhodes

Das Rhodes, das zwischenzeitlich „Fender-Rhodes“ hieß, gilt als eines der stilprägendsten Tasteninstrumente der 60er- und 70er-Jahre. Der besondere Klang kommt dabei durch Metallstäbe zustande, die von einer vereinfachten Flügelmechanik angeschlagen und mittels Pickup abgenommen werden. Dabei ging es Harold Rhodes ursprünglich nicht um einen neuen, charakteristischen Sound, viel eher versuchte er, ein platzsparendes Klavier aus günstigen Materialien zu bauen, um – kein Witz – verwundeten amerikanischen Soldaten während des zweiten Weltkriegs im Krankenhaus das Klavierspiel beizubringen. Mehr über diese Geschichte erfahrt ihr hier.

Nord bietet insgesamt neun Rhodes-Samples an, darunter auch die eher seltenen Modelle Sparkle-Top aus den 60er- und ein Mark V aus den 80er-Jahren. Ansonsten verschiedene Samples eines Mark I, das je nach Einstellungen, Zustand und Aufnahmetechnik ganz unterschiedlich klingen kann.

Nord Piano Library Vergleichstest Rhodes Mark 1 E-Piano (Bild Martin Andersson)

Ein Rhodes Mark 1 (Stage 73): legendärer Sound der Rock-, Soul- und Jazzgeschichte (Bild: Martin Andersson)

EP1 Mark 1, Low Deep (Timbre)

Dieses Rhodes Mark 1 (Jahrgang 1978) wurde auf eine dunklere Klangfarbe justiert. Bis heute einer meiner Lieblings-Rhodes Sounds von Nord.

EP2 Mark 1 Suitcase, Close Ideal

Ein Suitcase-Modell (mit dem integrierten Lautsprecher), justiert für ein „ideales Timbre“, was auch immer damit gemeint sein mag. Der Klang ist rauer als das EP1.

EP3 Mark 2, Shallow Close

Auch etwas auf der raueren Seite ist dieses Rhodes Mark 2 aus dem Jahr 1981.

EP4 Mark 5, Ideal Close

Das Mark V wurde nur kurze Zeit gebaut, ehe Rhodes seine Tore im Zuge der DX7 / D50 / M1 Umwälzungen schließen musste. Dieses 1984er Mark V hat einen kernig-kräftigen Sound.

EP5 Mark 1 Suitcase, Bright Tines

„Glockig“ ist meine erste Assoziation beim EP5 Mark 1 Bright Tines mit extra harten Hammerköpfen. Trotz der vielen Obertöne bleibt der Grundton präsent. Close Miking.

 

EP6 Sparkletop Vintage ’67

Diese früheren Modelle, die damals noch unter dem Doppelnamen Fender-Rhodes liefen, unterschieden sich nicht nur durch ihre silbern-funkelnde Oberfläche von den Rhodes Instrumenten der 70er-Jahre, sondern vor allem durch ihre Hammerköpfe, die ähnlich einem Klavier aus Filz bestehen, im Gegensatz zu den Gummiköpfen der späteren Modelle. Der Sound tendiert ein bisschen in Richtung Wurlitzer.

EP7 Tines Amped

Dieses Mark 1 wurde über nicht näher genannte Vor- und Röhrenverstärker sowie „Vintage Outboard“ aufgenommen.

EP8 Nefertiti Mark 1

Das Nefertiti ist ein gut eingespieltes (bzw. abgerocktes) Mark 1 des gleichnamigen Göteborger Jazzclubs. Über die Jahre wurden einzelne Klangstäbe und Hammerköpfe erneuert, so dass jede Taste ein bisschen anders klingt.

EP9 Stockholm (nur Version 6)

Mit 100 MB ist dies mit Abstand das größte Rhodes Sample von Nord. Dieses Mark 1 bietet alles, was man von einem Rhodes erwarten kann: einen vollen, warmen Sound, der je nach Anschlag fein, glockig und leicht verzerrt ist.

Nord Sound Manager Rhodes Samples

Die neun Rhodes Samples von Nord

Wurlitzer

Stets etwas im Schatten von Rhodes war das Wurlitzer E-Piano ebenfalls ein wichtiges Electro-Piano der 60er- und 70er-Jahre. Man stelle sich bloß Supertramp ohne Wurlitzer vor. Für weitere Informationen empfehle ich den informativen Artikel meines Kollegen Costello.

Nord bietet zwei Wurlitzer Samples an: Standard und über einen „Custom built Tube Amp“ aufgezeichnet. Die Samples klingen ganz gut, dennoch bin ich der Meinung, dass es mittlerweile besseres gibt, z. B. in der Software Keyscape.

Velvet Box - Wurlitzer 200A

Das Wurlitzer E-Piano hat mit seinem ikonischen Sound unzählige Songs geprägt (Foto mit freundlicher Genehmigung von Morriwienc0)

E-Grand

Yamahas CP80, ursprünglich als halbwegs transportabler Flügelersatz konzipiert, wurde selbst zum Klassiker. Nord bietet zwei Samples an: ein Standard und eins mit besonderen Vorverstärkern und „vintage outboard“, die nicht näher umschrieben werden.

Als Drittes findet sich ein Sample eines Unikats: Laut den spärlichen Angaben im Netz handelt es sich dabei um einen akustischen Flügel, der nicht mehr existenten Firma Gerbstädt, der mit CP80 Pickups abgenommen wird.

Clavinet und Cembalo

Das Hohner Clavinet ist eigentlich eine Weiterentwicklung des Clavichords, dem ich vor ein paar Jahren einen ausgedehnten Workshop gewidmet hatte: ein Tasteninstrument, das zwar sehr ausdrucksstark ist, aber unglaublich leise und ungeeignet, um mit anderen Instrumenten zusammenzuspielen. So gesehen war es ein logischer Schritt, ein Clavichord elektrisch zu verstärken. Das Hohner D6 wollte sich aber in der klassischen Musik nicht so wirklich durchsetzen, hingegen fand es im Soul und Funk großen Anklang.

Über den Clavinet-Sound von Nord gibt es nichts Neues zu berichten. Die Samples des Hohner D6 sind seit bald zwei Jahrzehnten dieselben und klingen bestimmt nicht schlecht, halten aber dem Vergleich mit Software wie Keyscape nicht Stand. Schön ist, dass alle vier Pickup-Kombinationen zur Verfügung stehen. Doch auf der Authentizitätsskala wäre noch etwas Luft nach oben, unter anderem deshalb, da beim Clavinet aufgrund der besonderen Clavichord-Bauweise die Saiten durch den Tastendruck etwas gespannt werden und diese sich bei hartem Anschlag leicht nach oben verstimmen. Geübte Keyboarder setzen diese Technik bewusst oder unbewusst ein. Jedenfalls wird dieses Verhalten nicht von den Nord Clavinet Samples immitiert. Technisch wäre dies mittels polyphonem Aftertouch umsetzbar, der von Nord indes nicht angeboten wird.

Hohner Clavinet D6 Samples Clavia Nord Piano Library Vergleichstest

Ein Hohner Clavinet D6: Klassiker des Funk  (Bild: Peter Grandl)

Cembalo (ausgesprochen: „Tschembalo“, auf dem „e“ betont) war ein wichtiges Tasteninstrument im Barock und damals fester Bestandteil des Basso Continuo, was so etwas Ähnliches wie die Rhythmusgruppe in heutigen Jazzbands ist.
Ein Cembalo, auf Englisch nennt man es Harpsichord, erzeugt den Ton nicht durch Anschlagen wie auf dem Klavier, sondern durch mechanisches Zupfen der Saiten. Kleiner Fun-Fact am Rande: Zum Zupfen werden auch heute noch Federkiele von Vögeln wie Schwänen, Gänsen oder Geiern in der Mechanik der Cembalos verwendet.

Der Klang eines Cembalos ist hell und leicht metallisch, vergleichbar mit einer Stahlsaiten-Gitarre. Anschlagdynamik gibt es übrigens nicht, da dies die Mechanik nicht übertragen kann. Es gibt nur zwei Zustände: Ton an oder Ton aus. Um dieses Manko etwas zu kompensieren, fanden sich in vielen Cembali verschiedene Registrierungen, zwischen denen umgeschaltet werden konnte. Teilweise war dies auch über einen Kniehebel oder Pedale möglich, um mit beiden Händen weiterzuspielen.

Nord sampelte zwei Cembali, ein italienisches und ein französisches, mit unterschiedlichen Registrierungen. Etwas untypisch (aber sehr praktisch) ist, dass die Cembalo-Samples auf das Sustainpedal reagieren, obwohl dies bei akustischen Cembali bautechnisch nicht möglich wäre. Gleiches gilt übrigens für das Clavinet.

Cembalo Clavia Nord Piano Sample Library

Ein zweimanualiges Cembalo

Nord Sound Manager Cembalo

Die Nord Cembalo- und Clavinet-Sampels (Screenshot)

Digital-Piano

Die Musikgeschichte ist auch eine Geschichte der stetigen Kopie und Weiterentwicklung. Ein Rhodes war ursprünglich als Klavierersatz gedacht, obwohl es ganz anders klang. Und als es in den 1980er-Jahren endlich möglich war, zu halbwegs bezahlbaren Preisen, Pianos und E-Pianos digital zu simulieren, stürzten sich die Musiker förmlich auf die DX7, MKS-20, D-50, M1 etc. Dass diese Sounds dem direkten Vergleich mit ihren Vorbildern nicht wirklich standhalten konnten, spielte keine Rolle. Denn authentischer war es damals nicht möglich, wenn man keine Lust mehr hatte, ein schweres Rhodes auf die Bühne zu wuchten. Mit der Zeit wurden diese eigentlich imperfekten Sounds selbst stilprägend, so dass sie auch heute noch gerne gespielt werden.

Die acht Nord Samples stammen vom DX7 und anderen, nicht näher genannten Instrumente, verströmen alle diese typische 80er-Jahre Hochglanzaura, der ich mich beim Improvisieren nicht entziehen kann.

Yamaha DX7 Sounds im Nord Stage

Yamaha DX7: DER Klassiker der 80er Jahre

Nord Sound Manager Digital Pianos

Digital Piano Samples von Nord

Marimba und Vibraphon (nur Version 6)

In vielen Stage- und Digital-Pianos gehören Vibraphon-Sounds zum Standardprogramm und es mag Kunden geben, die genau diesen Sound an den Nord Instrumenten vermissten. 2019 präsentierte Clavia schließlich zwei Sample-Sets für Marimba und Vibraphon, die man guten Gewissens zu den besten am Markt zählen kann.

Das Marimba – eine Art Konzertxylophon mit breiten hölzernen Schlagflächen, meistens aus Palisander – klingt angenehm hölzern und organisch und bietet sich auch für experimentelle Klänge mit Effekten an.
Das Vibraphon besticht durch eine lange Sustain-Phase und einen warmen Klang, der sich auch gut zum Layern mit einem Rhodes eignet.

Für ein authentisches Spiel empfiehlt es sich übrigens, nicht mehr als vier Töne gleichzeitig zu spielen, da auch professionelle Spieler mit maximal zwei Schlägern pro Hand spielen.

Marimba Adobe Stock

Marimba

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Fazit

Es war zweifelsfrei eine spannende Reise ins Reich der Nord Piano Samples und je länger ich mich damit beschäftigte, desto mehr erkannte ich die Vorteile jedes einzelnen Klanges. So gesehen ist es schade, dass der Speicher der Nord Pianos, Stage und Grand-Modell auf 2 GB begrenzt ist. 6,5 GB bräuchte man, um alle Samples in der besten Qualität zu speichern, nach heutigen Maßstäben eigentlich keine nennenswerte Größe. Als technischer Laie stellt man sich schon seine Fragen, weshalb dies bei anderen Anbietern möglich ist, während Nord etwas archaisch an einem alten System festhät, dessen Schreibgeschwindigkeiten auch nicht mehr so richtig in die heutige Zeit passen.

Auf der anderen Seite sind die Nord Instrumente auch bezüglich der Software sehr stabil. Mein Nord Stage EX, den ich seit über 15 Jahren beinahe täglich spiele, hatte noch nie Probleme beim Booten, Transferieren von Sounds oder Backup-Prozessen.

Die zahlreichen Nord Samples laden ein, sich intensiv mit ihnen zu beschäftigen und seine persönlichen Favoriten zu bestimmen. Müsste ich mich für zwei universelle Klänge entscheiden, dann wären dies der White Grand Flügel und das Stockholm Rhodes. Mit diesen beiden Sounds spielt Nord auf dem höchsten Niveau aktueller Workstations und Stage-Pianos, die auf allen Instrumenten der letzten zehn Jahre geladen werden können.

Eine andere wichtige Erkenntnis war, dass auch die kleinen „Small“-Samples gut klingen, meistens jedoch etwas „flacher“, während ich die XL-Samples als „räumlicher“ empfand, was natürlich auch mit den Saitenresonanzen zusammenhängt. Für Begleitungen sind Medium-Samples ein guter Kompromiss, im Bandgefüge fallen die Unterschiede kaum ins Gewicht.

Clavia wird immer wieder für ihr ambitioniertes Preisniveau kritisiert, angesichts dieser Auswahl an Piano-Samples, die am Markt einzigartig ist, relativieren sich etwaige Preisunterschiede zur japanischen Konkurrenz doch erheblich.

Plus

  • konkurrenzlos große Auswahl an sehr gut klingenden Samples
  • nebst Flügeln auch Klavier-Samples
  • gute Mischung aus Standardklängen und Raritäten
  • Die meisten Samples sind weiterhin mit älteren Nord-Instrumenten kompatibel

Minus

  • Manche Samples sind nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit (Clavinet, Wurlitzer)

Preis

  • kostenlos
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Jazzheini 1

    Vielen Dank für die tolle Übersicht. Die kommt zur rechten Zeit. Ich will nämlich von meinem alten Nord Elektro auf ein E-Piano mit entsprechender Tastatur verbessern. Die Orgel des Elektro ist zwar super, aber ehrlicherweise benutze ich sie kaum.
    Jetzt steht das Nord Piano 5 zur Wahl oder ein Kawai CA701. Beide etwa gleich teuer. Der Kawai mit der vermutlich noch besseren Tastatur und dem vermutlich noch besseren Klaviersound, aber ohne die Möglichkeit, Sounds drauf zu laden und ohne Echtzeit-Eingriffsmöglichkeiten. Was ich beim E-Piano aber gut finde und gerne verwende. Und nicht transportabel, der Nord aber schon. Falls ich in dem Leben nochmal auftrete …
    Schwierige Entscheidung. Der Artikel hier hilft. 👍

    • Profilbild
      Martin Andersson RED

      @Jazzheini Hallo Jazzheini
      Mit den Kawai Instrumenten kenne ich mich (leider) nicht gut aus; ich denke aber, dass die beiden Modelle MP7 SE und MP11 SE zumindest auf dem Papier sehr interessant wirken, inklusive Echtzeit-Kontrolle der Effekte. Nachträglich Sounds installieren geht aber bei beiden nicht.
      musikalische Grüße
      Martin

  2. Profilbild
    buster

    Ohne die Pianos würde ich echt was vermissen. Seit ich die nutze (bin seit den Nord Stage 2 dabei) und vorausgesetzt einer guten Verstärkung (am liebsten in Stereo) wird immer ein Nord mit Pianotastatur bei mir wohnen.

  3. Profilbild
    Tom Herwig

    Das sind schon wirklich tolle Pianosounds. Die hätte ich gerne als Modul, oder gar als Plug-In? Aber das wird wohl nicht passieren. 😉. Auf jeden Fall klingen die Nordpianos irgendwie immer lebendig. Mag ich sehr.

    • Profilbild
      Martin Andersson RED

      @Tom Herwig „Irgendwie immer lebendig“ – ja, das empfinde ich auch so. Diese Sounds sind bestimmt nicht perfekt, aber sie fühlen sich wie ein echtes Instrument an, mit Ecken und Kanten, bzw. mit Charakter.

  4. Mehr anzeigen
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