Strippenzieher im eigenen Tonstudio
Wenn im Tonstudio Störgeräusche auftreten, ist oft die Verkabelung das Problem, und seltener das genutzte Equipment. Gab es im Studio früher – egal ob Heimstudio oder professionelles Tonstudio – nur die notwendige Stromversorgung samt den Audioverbindungen sowie – je nach Ausrichtung – ein paar MIDI-Kabel, sind heute unterschiedlichste Signalarten möglich, die unterschiedliche Aufgaben mit sich bringen. Aber alles der Reihe nach.
Inhaltsverzeichnis
Unterschiedliche Signalarten bei der Tonstudio-Verkabelung
Wer nur akustische Instrumente mit einem Harddisk-Recorder oder einem Interface am Rechner aufnehmen möchte, braucht Strom und (sehr viele) Mikrofonkabel. Werden auch Synthesizer und externe Effekte genutzt, können noch MIDI- und USB-Verbindungen notwendig werden. Manches Equipment lässt sich auch über WLAN oder Bluetooth steuern – aber das ist eine ganz andere Frage.
Wer erst vor wenigen Jahren ins „Audiogame“ eingestiegen ist, hat unter Umständen nur einen Laptop, ein kleines Keyboard und ein Audiointerface zu verkabeln – da gibt es selten Probleme und der Aufwand ist überschaubar. Sollen viele Hardware-Synthesizer genutzt werden, sind etliche MIDI-Interfaces und eine entsprechende Audioverkabelung etc. mit einzuplanen. Wer nur im Computer aufnehmen und ausschließlich an einem Mischpult abmischen möchte, wird entweder entsprechend viele analoge oder digitale Verbindungen einplanen. Wir können also zwischen analogen/digitalen Audiosignalen, Stromverbindungen, MIDI sowie USB (und Artverwandtes) unterscheiden. Natürlich nutzen manche unter uns noch Firewire oder andere Protokolle, das dürfte aber nicht (mehr) sehr weit verbreitet sein und auch immer weiter aus den heimischen Studios verschwinden – auch irgendwie schade.
Analoge Audioverbindungen können Line-Signale oder Mikrofon-Signale führen. Line-Signale liegen bei ca. 1 V effektiv (in der Regel nicht weniger als 0,6 V und meist nicht mehr als 1,6 V), Mikrofon-Signale liegen im Millivolt-Bereich – unterscheiden sich also um ca. 60 dB und mehr.
Signale aus Instrumenten wie Gitarren und Bässe haben oft etwas mehr Spannung als ein Mikrofonsignal, aber weit weniger als Line-Signale – außer es sind aktive Abnehmersysteme, die liefern zum Teil Line-Pegel oder nahezu Line-Pegel. Daher brauchen Mikrofone (und die meisten Instrumente) einen Vorverstärker.
Lautsprechersignale liefern noch höhere Spannungen (und Leistungen) als Line-Signale und benötigen eine spezielle Verkabelung – darauf werden wir hier jedoch nicht näher eingehen.
Da analoge Bauteile Toleranzen aufweisen und jeder Kabelmeter, jede Steckverbindung den Kabel-Widerstand erhöht und den Pegel des Signals verringert, kann es notwendig werden, den Pegel zwischen Geräten anzupassen. Das passiert über das Gain-Poti. Der deutsche Begriff ist Aufholverstärkung – der beschreibt besser, um was es geht.
Digitale Audiosignale können per Kabel oder Lichtwellenleiter (LWL) übertragen werden. Durch Leitungsweg und Steckverbindungen leidet zwar auch hier die Signalqualität, dies äußert sich allerdings nicht im Verlust des Audiopegels oder durch den Verlust von Höhen/Bässen etc., so dass Pegelanpassungen hier entfallen. Wenn digitale Signale in der Qualität absinken, wird es zunächst Aussetzer geben und wenn die Signalqualität weiter sinkt, wird die Verbindung stumm. Klangverluste wie aus dem analogen Bereich gibt es hier nicht.
Das klassische MIDI-Kabel wird über eine fünfpolige DIN-Buchse verbunden, genutzt werden jedoch nur zwei PINs. Die Leitung wird paarweise geführt und die Masse wird dabei als Drahtgeflecht um die beiden signalführenden Leitungen gelegt (paarweise geschirmt). Dies soll Störeinflüsse minimieren nach dem Prinzip des Faradayschen Käfigs.
Goldkabel und weitere Hilfsmittel bei der Tonstudio-Verkabelung
Immer wieder tauchen beim Thema Verkabelung Goldstecker (oder sogar Kabel aus Gold) und allerlei Hilfsmittel auf, die auf meist nicht näher beschriebene Art und Weise die Signalqualität signifikant erhöhen sollen. Und in den 1990er-Jahren gab es eine Fachzeitschrift, die beim Abspielen von MP3-Dateien in Hörtests herausgefunden haben will, dass unterschiedliche Festplatten, auf denen die Audiodateien gespeichert sind, unterschiedliche Klangergebnisse bewirken sollen. Auch „interessant“ sind Sprays, mit denen optische Datenträger (wie DVDs, CDs, BDs) eingesprüht werden oder Steine auf denen diese Scheiben vor der Verwendung gelegt werden sollen, damit der Klang verbessert wird.
Um es klar zu sagen: Der Nutzen solcher „Erkenntnisse“ und Produkte ist zweifelhaft und kann getrost ins Reich der Legenden, Mythen und Märchen verbannt werden. In kontrollierten, wissenschaftlichen Doppelblindtests haben diese bisher nie Bestand gehabt. Auch ist der praktische Nutzen von bspw. Lautsprecherverkabelung, die den Wert eines Luxusautos oder gar einer kleinen Eigentumswohnung hat, sehr dubios – wird aber ebenso angeboten.
Selbst Goldkabel, die einen messbaren Vorteil gegenüber Kupfer (oder anderer Materialien) haben können, rechtfertigen im Doppelblindtest nicht den Anschaffungspreis.
Warum symmetrische Verkabelung?
Die einfachste Form der Verkabelung sind zwei Kupferdrähte, gegeneinander isoliert (meist mit Kunststoff), in einem Kabel. So funktioniert beispielsweise das Cinch-Kabel, das man aus dem HiFi-Sektor kennt. Auch Lautsprecher werden zwischen Endstufe und eigentlichem Speaker so verkabelt. Bei Lautsprechern geht das in Ordnung, da durch die hohen Pegel etwaige Störeinflüsse weniger bis kaum ins Gewicht fallen. Bei Line-Signalen oder gar Mikrofonsignalen sind die Störeinflüsse, die auf dem Leitungsweg auftreten können, im Verhältnis zum Nutzsignal viel höher und somit leichter hörbar.
Generell ist es eine gute Idee, solche Störeinflüsse von vornherein gering zu halten: Audiokabel sollten von digitalen Tonverbindungen, USB, MIDI und anderen Datenleitungen ferngehalten werden. Trotzdem lassen sich, speziell auf langen Kabelwegen, Störeinflüsse nicht vermeiden. Wer das selbst nachvollziehen möchte, schließt am besten einen CD-Player (oder ein Smartphone etc.) mit einem einfachen Baumarktkabel über 10 oder 20 m an ein Mischpult an. Das Ergebnis kann – je nach individueller Situation – atemberaubend schlecht sein.
Als Kind und Jugendlicher – als ich meine ersten tontechnischen Gehversuche unternommen habe – war ich immer verwundert, dass eine einfache Audiokabelverbindung auch Radioempfang ermöglicht. Gegen diese Störeinflüsse ist ein Kraut gewachsen: symmetrische Leitungsführung, im englischen balanced genannt. Bei dieser Art der Signalführung wird das Nutzsignal doppelt übertragen, auf zwei Adern (auf zwei eigenen Leitungen innerhalb des Kabels). Einmal in Phase und einmal gegenphasig, also die Phase um 180° gedreht (quasi „gespiegelt“). Die Masse ist als Drahtkorb um beide Adern ausgelegt und fungiert als Faradayscher Käfig. So verlässt das Audiosignal das absendende Gerät (bspw. ein Mikrofon). Wenn nun auf dem Signalweg Störeinflüsse auf das Signal einwirken, tun diese das auf beide Adern gleichermaßen, dass die Phase bei einer der Adern gedreht wurde, weiß das Störsignal glücklicherweise nicht. Kommt nun im Zielgerät (Mischpult, Fieldrecorder, Audiointerface etc.) das Signal an, wird die zweite Ader, die gegenphasige, wieder zurückgedreht und mit der anderen Ader zusammengemischt. Dabei passiert zweierlei: zum einen werden die Störgeräusche herausgelöscht, da diese auf den beiden Adern gegenphasig vorliegen, zum anderen wird das Nutzsignal um 6 dB verstärkt (also verdoppelt, da es sich ja um Spannungspegel handelt). Selbstverständlich sichert das nicht gegen alle und jeden Störeinfluss ab, es wäre aber verrückt, größere Leitungswege unsymmetrisch zu realisieren. Dieses Verfahren wird nicht nur in der Tontechnik verwendet, sondern immer dann, wenn Signale mit recht niedrigen Spannungen störungsfrei über größere Distanzen im Kabel transportiert werden sollen.
Um diesen Vorgang zu illustrieren, wird dieser hier grafisch dargestellt:
Das Signal verlässt – ohne Störsignal – den Sender (gemeint ist ein Audiogerät, das Signal auf Leitung weitergibt, wie ein Mikrofon, CD-Player etc. – es wird auch von Quelle gesprochen). Dabei erzeugt die Quelle das gegenphasige Signal selbst.
Wenn unterwegs (im Kabel) ein Störsignal auf die Leitung trifft, kommt dieses identisch auf beide Adern.
Wenn nun im Empfänger (gemeint ist ein Audiogerät, wie ein Field-Recorder, Mixer, Audiointerface etc. – es wird auch allgemein von Senke gesprochen) das zweite, phasengedrehte Signal wieder zurückinvertiert wird und mit dem der ersten Ader gemischt wird, löscht sich das Störsignal (hoffentlich vollständig) aus, und das Nutzsignal wird 6 dB lauter.
Ist eine der Komponenten unsymmetrisch, ist die ganze Verbindung unsymmetrisch und die Vorteile dieser Verbindungsart bleiben komplett aus. Daher gilt: Der Sender muss zwingend ein symmetrisches Signal absenden, die genutzte Verkabelung muss durchgehend (ohne jede Ausnahme) symmetrisch (zweiadrig, wie beschrieben) sein und die Senke (das empfangende Audiogerät) muss diese Verbindungsart unterstützen.
Sollte das genutzte Audiogerät keine symmetrischen Ausgänge haben, kann eine DI-Box oder eine Symmetrierbox genutzt werden. DI steht für Direct Injection. Diese Box kommt aus einer Zeit, in der es nur Mikrofoneingänge am Mischpult gab. Ein direktes Anschließen von Instrumenten war also unmöglich, da diese zu hochpegelig waren (und sind) sowie oft unsymmetrisch ausgelegt sind.
Eine DI-Box macht aus einem unsymmetrischen Line-Signal ein symmetrisches Mikrofonsignal. Diese Box ist der Klassiker für diese Aufgabe. Auf der Bühne ist es noch dazu praktisch, dass es keine Signale am Mischpult gibt, die nicht Mikrofon-Pegel haben (sofern das ein echter Vorteil ist). Es gibt jedoch auch Symmetrierboxen, die keine Pegelreduktion vornehmen, sondern „nur“ symmetrieren. Wenn die Komponenten passiv sind, ist auch eine echte galvanische Trennung möglich.
Das behaupten zwar auch etliche Hersteller von aktiven DI-Boxen, ein gewisses Misstrauen kann ich mir hier jedoch nicht verkneifen, gerade durch Berichte von Kollegen – evtl. tue ich hier der Branche auch Unrecht.
Galvanisch getrennt bedeutet, dass die verbundenen Geräte keine elektrische Verbindung haben. Erreicht wird das – im Falle von solchen Boxen – mit Übertragern (Transformatoren). Bei der galvanischen Trennung sinkt auch die Gefahr von Brummschleifen. Ich habe bspw. Analog-Synthesizer mit diesen Boxen schon sauber bekommen – ganz einfach.
DI-Boxen gibt es ab 20,- oder 30,- Euro. Bei den günstigeren Vertreterinnen sollte ein deutlicher Blick auf die Verarbeitung fallen. Eine Funkverbindung würde zwar auch die galvanische Trennung bedeutet, ist aber zu störanfällig im Vergleich zum Kabel und außerdem sehr leicht abhörbar – zumindest analoge!
Mischpulte, DJ-Mixer sowie etliche professionelle Effektgeräte haben oft symmetrische Ausgänge. Bei Keyboards und Synthesizern sowie E-Gitarren ist das nicht üblich. Verwunderlich, da es bei elektrischen Gitarren recht einfach möglich wäre und viel Störgeräusch-Ärger damit vermieden werden könnte. Symmetrische Verbindungen werden in der Regel mit XLR- oder Stereo-Klinkenkabeln umgesetzt. Wem das noch nicht reicht, nutzt symmetrische Kabel, die doppelt ausgeführt sind (vier Adern), die alle miteinander verdrillt sind. Werden die verdrillten Adern nun so verlötet (verbunden), dass jeweils nebeneinanderliegende Adern nicht das gleiche Signal führen, verbessert sich der Auslöschungseffekt aus der symmetrischen Leitungsführung noch einmal deutlich. Wegen der vier Adern (mit dem Schutzschirm als Masse) wird hier von Quad-Kabel gesprochen. Es werden Werte zwischen fünf- und zehnfacher Verbesserung angegeben, wenn in einem Quad-Kabel die Adern über Kreuz verlötet werden – wie hier beschrieben.
Übrigens: DMX-Kabel, Lautsprecherkabel etc. können nicht für Mikrofonsignale (sinnvoll) genutzt werden. Zwar funktioniert Mikrofonkabel als DMX-Kabel, aber bei Lautsprecherkabel (welches eine Zeit lang als XLR-Kabel ausgelegt wurde) funktioniert der Tausch gar nicht.
Was ist Kabelkapazität?
Wenn zwei Adern in einem Kabel nebeneinander verlaufen, haben wir einen (primitiven) Kondensator (die Eigenschaft des Kondensators wird Kapazität genannt). Zwar sind die Adern gegeneinander isoliert, aber das wirkt hierbei dann als Dielektrikum. Das Kupferkabel selbst hat einen ohmschen Widerstand (Kabelwiderstand) und zack (wer hat in Physik/Elektrotechnik aufgepasst), wir haben ein (einfaches) RC-Glied. Überraschung, jedes Kabel hat ein eingebautes Tiefpassfilter. Manche Hersteller würden uns das sicherlich gerne als Feature verkaufen. Allerdings ist die Grenzfrequenz bei den Kabeln, die im Handel zu erstehen sind, so hoch, dass es keinen Effekt im hörbaren Bereich gibt. Das lässt sich einfach nachrechnen.
Bei Kabellängen bis ca. 100 m (kommt auf das Kabel an), ist die Grenzfrequenz meist klar über 20 kHz angesiedelt. Wird die Leitung länger, steigt der ohmsche Widerstand (klar, mehr Kupfer, mehr Widerstand) und die Grenzfrequenz sinkt. Ab 150 m kann es zu hörbaren Effekten kommen, ab 200 m ist das sicher. Pauschal kann das nicht für alle Kabel exakt gesagt werden, da die Widerstände (…) leicht variieren, aber 100 m sollte wirklich die Grenze sein. Bei digitalen Verbindungen sind die Signale anders beschaffen, so dass hier die Karten „neu gemischt“ werden. Bei den unterschiedlichen Signalarten wird angegeben, welches die maximale Kabellänge ist.
Die Sache mit dem Ground Lift
Wie bereits bei den DI-Boxen erwähnt, lässt sich mit solchen Boxen eine galvanisch getrennte Verkabelung realisieren. Oft ist bei DI-Boxen und Symmetrieren die Masse von Ein- und Ausgang miteinander standardmäßig verbunden. Diese lässt sich mittels des Schalters Groundl Lift einfach auftrennen. Die Verbindung funktioniert trotzdem und die Geräte sind nun wirklich elektrisch voneinander unabhängig. Manche Audiogeräte haben einen solchen Schalter sogar am Gehäuse. Hier sollte ein Blick ins Handbuch geworfen werden, was dieser Schalter wirklich bewirkt. Denn die Masse oder der Schutzschalter vom Netzkabel darf keinesfalls durchtrennt werden. Gerade im Internet und den Proberäume dieser Welt gibt es diverse Tipps, die in diese Richtung gehen – klare Ansage: NEIN! Elektrische Geräte sollten und müssen immer in dem vorgesehenen Zustand betrieben werden. Das gilt auch für die Verkabelung. Wer das nicht beachtet, macht sich evtl. strafbar.
Sollte der Ground Lift Schalter dann nicht immer gedrückt bzw. gar nicht erst verbaut sein und die Massen immer getrennt sein? In manchen (wenigen) Fällen hat der Ground Lift das Klangergebnis auch mal verschlechtert, somit ist es legitim, dass dieser schaltbar ist. Wer nun auf die Idee kommt, Cinch-Kabel nur halb in die Buchse zu stecken, so dass die Masse frei bleibt, wird in der Regel mit Stille statt mit einem störfreien Signal belohnt!
Digitale Audioverkabelung
Viele Audiointerfaces bieten digitale Aus- und Eingänge. Oft ist das Format ADAT, das über eine optische Leitung (LWL) acht Audiokanäle zur Verfügung stellt und das inklusive Wordclock. Die Wordclock ist kein eigenes Übertragungsformat, sondern der Taktgeber. Sie ist zwischen digitalen Audiogeräten notwendig, damit diese miteinander synchronisiert werden können, was die Sample-Rate angeht. Wer 7.1 oder 7.1.4 Verkabelungen im Tonstudio haben möchte, kann zum Beispiel neben die fünf Front-Speaker (L,C,R, Höhe L, Höhe R) einen solchen ADAT-Wandler stellen, damit die Boxen (evtl. noch den LFE) verkabeln und dann vom Audiointerface nur einen dünnen LWL legen. Das ist übersichtlich und einfach in der Umsetzung.
Der Lichtwellenleiter bei den ADAT-Verbindungen hört auf den Namen TOSLINK. Es gibt echte Glasfaserkabel (teuer, beste Signalqualität, lange Leitungslängen möglich) und die günstige Version (weniger Kabellänge ohne Dropouts realisierbar, aber dafür robuster, prinzipbedingt jitteranfälliger). Der Vorteil bei einer optischen Verbindung ist, dass die Geräte galvanisch getrennt sind und Überspannung an einem Gerät nicht das andere in Mitleidenschaft zieht. Es sind auch – wie beschrieben – weniger Kabel zu verlegen. Störimpulse von außen (solange die Ummantelung in Takt ist) sind nicht zu erwarten, wie beim Kupferkabel. Der Nachteil ist, dass die Leitungen mechanisch recht empfindlich sind, besonders Glasfasterleiter. Das Verlegen ist auch nicht ganz so „geschmeidig“ wie beim Kupfer.
Wer nur Stereo-Verbindungen digital ausführen möchte, kann das Format S/PDIF aus dem HiFi-Sektor nutzen oder – besser – AES/EBU. Dies wird über symmetrische XLR-Kabel übertragen und schafft 300 – 400 m Leitungslänge. S/PDIF hingegen wird koaxial übertragen, aber unsymmetrisch. Beide Formate haben eine eingebaute Wordclock.
Wer viele Signale parallel übertragen will, kann MADI nutzen. MADI steht für Multi Channel Audio Interface, bündelt 32 AES/EBU-Verbindungen (kann als 64 Kanäle übertragen) und benötigt zwingend eine extra Wordclock. MADI kann über Kupfer oder optisch übertragen werden. Somit gibt es auf zwei Leitungen (MADI + Wordclock) 64 Kanäle. Damit lässt sich ganz einfach ein Effekt-Rack digital einbinden.
Seit ein paar Jahren gibt es auch die Möglichkeit, über Netzwerkkabel (und allgemein Netzwerktechnik) professionell Bild und Ton zu übertragen. Die genaue Erläuterung sprengt hier den Rahmen, wir haben dazu einen eigenen Artikel.Wer mehrere digitale Geräte miteinander verbindet, sollte eines fest als Wordclock-Master einrichten und die Wordclock von dort an die anderen Geräte verteilen. Entweder über die Audioverbindungen oder als eigene Koaxial-Kabel mit BNC-Buchse – das ist der professionellere und sicherere Weg. Letzteres kann den Betrieb deutlich vereinfachen, weil dann bei einem Taktwechsel oder der gleichen nicht immer nachgedacht werden muss, welches Gerät ist Master und wie müssen andere Geräte umgeschaltet werden. Große Studios wie bspw. im Broadcasting-Sektor nutzen einen Haustakt: Alle digitalen Audiogeräte bekommen dieselbe Wordclock. Somit kann, ohne nachzudenken, jedes Gerät und jedes Studio mit jedem verbunden werden.
USB und andere Datenverkabelungen
Die Verkabelung vom Computer und Co. ist auch im Studio wichtiger den je zuvor. Ich kann mich erinnern, dass 1995 die PC-Maus meiner Eltern in den Soundblaster 16 eingestreut hatte und jede Mausbewegung mit Knistern aus dem Lautsprecher dramaturgisch untermalt wurde. Wir haben das nie final in den Griff bekommen – egal was wir für absurde Versuche der Kabelführung unternommen haben. Auch legendär ist das Einstreuen von MIDI in die Audioverbindung eines Synthesizers. Hier half nur, die Kabel sklavisch voneinander fernzuhalten.
Wer die Verkabelung nicht „quer durch den Raum“ legen möchte, kommt schnell in die Verlegenheit, dass USB, Firewire etc. drastisch verlängert werden müssen. Ab ca. 3,5/5 m wird es bei USB schon kritisch. Je nach Störeinflüssen und gewünschter Datenrate kann USB schon bei kürzeren Verbindungen Schluss sein, manchmal sind auch längere Kabelwege möglich. Wer bei USB (sowie Firewire und Co.) sicher gehen möchte, braucht Verlängerungen mit Repeatern (quasi eingebauten USB-HUBs). Da sind 10 m für ca 20,- bis 35,- Euro zu erstehen, je nach Qualitätsanspruch und Ausführung. Soll es USB 3 sein, sind 50,- oder 60,- Euro einzuplanen. Übrigens: Kabelkanäle bieten mehr Sicherheit, Übersicht und Ordnung im Tonstudio.
Wenn die Audioverkabelung sorgfältig, symmetrisch und möglichst räumlich getrennt von MIDI und USB geführt wird, sollte es keine Probleme geben. Manchmal kann es auch Helfen, einen Ferritkern dem USB-Kabel zu spendieren, um unerwünschte Phänomene auf dem USB-Weg zu beseitigen. Diese sind für wenige Euro beim Laden der Wahl zu ergattern.
Kabelqualität
Selbstverständlich gibt es bei der Verkabelung auch Qualitätskriterien. Diese richten sich nicht nach dem Goldanteil der Adern oder ob die Stecker mit diesem Edelmetall beschichtet sind, sondern wie gut die Lötpunkte geraten sind, wie die Verarbeitungsqualität allgemein ist und ob der Drahtkorb (Masse) um die beiden (oder vier) Adern dicht gearbeitet ist oder nicht. Auch die Steckerqualität kann entscheidend sein und wie es um die Zugentlastung im Kabel bestellt ist. Auch die Robustheit eines Kabels zählt zu den Qualitätskriterien, auch wenn das im Studio sicher nicht der wichtigste Punkt ist, da hier die Verkabelung nicht dauernd auf- und abgebaut wird.
Vergoldete Stecker korrodieren nicht, das macht Sinn. Aber Gold im Kabel? Der Leitwerte von Gold liegt deutlich unter dem von Kupfer. Gibt es sowas wirklich, oder ist das nur ein Tippfehler?
@zwiefelpunc Es stimmt, dass Kabel mit Gold/Goldanteil eine Rarietät sind, aber es gibt/gab alles. Allerdings: Auch die Goldbeschichtung der Stecker ist eher fraglich… aber das würde den Rahmen sprengen.
LG
F
Bisserl OT wegen Festplatten und MP3 und so …
… da kann ich auch noch etwas Schönes beisteuern: So um die Jahrtausendwende (meine ich zumindest) haben nicht wenige HiEnd-Zeitschriften behauptet, dass eine blaue LED, in einem CD-Player installiert um dort die abzutastende Schicht zu beleuchten, den Höreindruck deutlich verbessern soll. Ja, nee, is‘ klar! Auch die auf kleinen Holzklötzchen verlegten Lautsprecherkabel – jedes natürlich schweineteuer, weil vermutlich von holden Jungfrauen mit güldenen Messern im Mondschein des Vollmondes auf der Spitze des Kilimandscharo geschnitzt oder so – soll den Klang verbessern.
Warum die HiEnd-Audiowelt – also NICHT Musikprofis – nicht einfach konsequent auf symmetrische Verkabelungen setzt, konnte mir bis heute niemand erklären (noch nicht einmal versucht zu erklären). 😁
@Flowwater In den hohen Preisklassen der Geräte für Goldöhrchen finden sich immer öfter auch symmetrische Anschlüsse.
Um was Schönes beizusteuern:
Goldöhrchen haben herausgehört, dass Streaming aus dem Internet noch besser klingt, wenn man einen audiophilen Switch dazwischenschaltet:
https://hifi-ifas.de/test-hifi-switch-nuprime-omnia-sw-8-ist-kein-voodoo
Das finde ich noch skuriller als ein Stromkabel für 1000 €, das auf den letzten 1,5 m alles wieder gut machen soll, was Sicherungskasten und 30 bis 50 m einfaches Verlegekabel vermatscht haben.
Aber: Ich war nicht dabei bei den Hörtests. Es bleibt eine Restwahrscheinlichkeit.
@bluebell Was sich in den HighEnd Kreisen so zusammengereimt wird ist einfach absurd 🤦♂️🤪
Ich hatte mal einen Testbericht gelesen da schrieb man „man merkt das die Firma HighEnd will und kann“.
Das war ein Streaming Gerät für das es dann ein externes Netzteil mit dicken Leitung zum Gerät gab. Da wurde auch von besonderen „Streaming“ gesprochen.
Jetzt dann der Trommelwirbel.
Die Herstellerfirma zeigte auf der Webseite Bilder des geöffneten Gerätes.
Zu sehen ist ein Raspberry Pi 4 und für die Stromversorgung werden dicken Leitungen an den USB – C Stecker geführt.
Spätesten dann höre ich auf das ernst zu nehmen und denke an den Waifu von Lisanne der schön illustriert was R, U und I bedeuten.
Sucht mal nach „ Lissane_waifu eletricity explained „. Wer Instagram nutzt findet Lissane dort.
Waifu‘s sind immer etwas frivol, deshalb keinen Link.
Der andere HighEnd Quatsch sind spezielle Switches und Netzwerkkabel.
Gerne mit vergoldeten RJ45 und anderen Schabernack.
Für Goldohren die gerne Geld verbrennen.
🤪🤪🤪
@TomH Das Bild gibt es immer noch😂🤦♂️
https://www.silent-angel.audio/fileadmin/_processed_/1/e/csm_munich_m1_inner_98cafdc14a.jpg
Früher mit Mischpult am Atari habe ich so gut wie keine symmetrischen Kabel benötigt. Jetzt, da ich fast alles nur noch ITB mache, komme ich paradoxerweise um gute Verkabelung nicht rum. Zu viele Störsignale von USB-Ports und schlecht abgeschirmten Bauteilen generell. Normal sollte man digitale Stille erwarten, meistens hört man aber doch Störgeräusche. Meine KRK-Monitore waren dafür sehr anfällig aber mit einem Adam-Sub habe ich es doch noch geschafft Ruhe reinzubringen. Nicht vorzustellen wieder zu alten Zeiten zurückzukehren, mit 48 oder mehr Kanälen und kiloweise Kabeln, auch wenn ich diverse Trance Heroes aus Israel immer noch mit Soundcraft-Konsolen, Virus, Nordlead, SH-101, Korg MS-10 und Roland Tape-Echo werkeln sehe. In einem anderen Leben vielleicht, mit im Garten angelegten Studio. Habe ja noch was Zeit. 😎
Hallo Florian,
erstmal vielen Dank für die Informationen und die Übersicht.
Auch ich bin vor kurzem mit meinen Synth umgestiegen, von einem Analog- zu einem Digitalpult.
Leider besitzt dieses Pult, X32Rack, keine asymetrischen Eingänge, sondern nur symetrische mit XLR-Anschlüssen.
Schade eigentlich… ne Menge neuer Kabel mal wieder erforderlich…
Benötige ich jetzt für jeden Synth, für jeden Stereoausgang eine DI-Box?
Abgesehen vom Geld, wo soll ich die Kisten denn alle unterbringen?
Keine Frage, Live macht das Sinn, aber in einem kleinen Home-Studio?!
Ich habe erstmal die symetrischen Klinkenstecker (-> XLR zum Pult) erstmal entsprechend umgelötet:
Spize -> Phase, send out
Ring -> Masse, Abschirmung
Schaft -> Masse, Abschirmung
Ist soweit doch auch richtig, oder?
Klar, muss jetzt immer aufpassen das ich nicht ausversehen… die Phantomspeisung einschalte! Es sei denn der Synth ist gerade ausgeschaltet :-)
Irgendwie blöd…
Abgesehen davon… die jetzige „absolute“ Stille über den Kopfhörer hat mich echt begeistert!!!
Habe mal vor über 20 Jahren eine Ausbildung zum Elektroinstallateur gemacht, da gab es auch Kunden mit einer BO Hifi Anlage und Loewe TV, dies konnte man sehr gut miteinander kombinieren, die Kabel für die Lautsprecher der Anlage waren sau teuer gewesenm, nur weil dort BO drauf stand, das gleiche Kabel hast du ohne den Markennamen bei z. B. unielektro für einen Bruchteil nachgeworfen bekommen. Es war das gleiche Kabel, wir haben sogar einen Hörtest gemacht.😂Kein Unterschied. Das war super lustig, weil es ja technisch gesehen, das gleiche Kabel war.