Vermonas Mars Mission
Inhaltsverzeichnis
Vom Mephisto zum Mars Control
Ursprünglich wurde die Klangerzeugung des MARS für den MEPHISTO entwickelt. Der MEPHISTO sollte ein voll analoger und polyphoner Synthesizer werden, ausgestattet mit einer zahlreichen Reglern zur Editierung (siehe auch unseren MEPHISTO-Report). Die erste Ankündigung des MEPHISTO sorgte vor allem durch die Tatsche für Aufsehen, dass die Oberfläche voll automatisiert hätte sein sollen. Hinter jedem Regler und Knopf sollte sich ein Motor befinden, der beim Umschalten der Sounds alle Regler in die richtige Position gebracht hätte.
Ähnliches wurde später beim virtuell-analogen Synthesizer NORDLEAD III mit Hilfe der LED-Kränze realisiert.
Der VERMONA Mephisto kam leider nie über den Dummy-Status hinaus, wohl aber sein Filter, das unter der Bezeichnung DAF-1 auf den Markt kam sowie seine Klangerzeugung, die Vermona in monophoner Version in ein silbernes (später in ein blaues) 19″ Rack packte und auf dem Namen MARS taufte.
Der MARS war quasi die konsequente Weiterführung des DAF-1, denn auch im MARS verbirgt sich das Filter des MEPHISTO.
Die Mars-Oberfläche
Der MARS verbirgt seine analoge Tonerzeugung in einer 19″ Einheit mit nur wenigen Zentimetern Tiefe. Die Frontplatte des Metallgehäuses unseres Testexemplars ist silbergrau. Auf Wunsch soll es den MARS aber auch im selben blauen Farbton geben, wie bereits die übrigen VERMONA Produkte.
Die Parametereingabe geschieht über vier silbern eloxierte Drehknöpfe. Im Gegensatz zu vielen Eingabeknöpfen anderer 19″ Einheiten sind diese besonders griffig, verfügen über ein weiches Ansprechverhalten und bieten genügend Abstand zwischen den einzelnen Knöpfen, damit auch „kräftigere“ Finger mühelos zupacken können.
Die Parameterkontrolle geschieht über ein zweizeiliges Display. Rechts neben dem Display befinden sich 8 Leuchtdioden, welche die jeweilige Editierebene symbolisieren. Von links nach rechts sind die LEDs beschriftet mit: VCO 1, VCO 2, VCF, VCA, LFO1/LFO2, EG1/EG2, ASSIGN und GLOBAL.
Da echte analoge Synthesizer seit jeher unter mehr oder weniger starken Tuning-Schwankungen leiden, befindet sich auf der Frontplatte auch eine Schraube, mit der sich das Tuning nachjustieren lässt. Soviel vorab, während der gesamten Probezeit war dies kein einziges Mal nötig.
Auch die Anschlüsse auf der Rückseite sind schnell zusammen gefasst. Ein monophoner Audioausgang, zwei MIDI-Buchsen (IN/OUT – OUT auch als Thru umschaltbar), ein Footswitch-Eingang sowie der Anschlussstecker für den externen 9 Volt Adapter zur Stromversorgung.
Haben Sie es gemerkt? Der MARS besitzt keinen Einschaltknopf und kann somit nur durch Ziehen des Netzsteckers ausgeschaltet werden. Dicker Minuspunkt!
Mars Landung – Erste Schritte
Beginnen wir wir mit der Erstellung eigener Sounds.
Dazu benötigt man ausschließlich die links und rechts vom Display angeordneten Drehknöpfe, die beide auch über eine PUSH-Funktion verfügen.
Drückt man den linken Knopf längere Zeit, wechselt das Display in den Editiermodus und eine der LEDs leuchtet und zeigt die Editierebene an (z.B. VCF). Durch Drehen dieses Knopfs wechselt man nun zwischen den Eingabemöglichkeiten (z.B. Resonanz, Cut Off etc.). Mit dem rechten Knopf verändert man die Werte des jeweiligen Parameter. Drückt man nun den rechten Knopf, erklingt der editierte Sound, ohne dass man eine Note über ein Keyboard auslösen muss. Ist man mit dem editierten Ergebnis zufrieden, drückt man beide Knöpfe, wählt einen Speicherplatz, drückt erneut beide Knöpfe und hat den Sound nun im RAM gespeichert. Insgesamt 128 Speicherplätze stehen dem geneigten Programmierer beim MARS zur Verfügung.
Inside Mars
Oszillatoren
Im M.A.R.S. arbeiten zwei identische diskret aufgebaute VCOs, welche die Schwingungsformen Sägezahn, Rechteck und Puls (Pulsbreite 12,5%) erzeugen können. Jeder der beiden Oszillatoren hat zwei Suboszillatoren mit Rechteckschwingungsformen, welche einzeln hinzugeschaltet werden können und eine, bzw. zwei Oktaven unterhalb des Hauptoszillators liegen. Die Oszillatoren können innerhalb von drei Oktaven in Halbtonschritten gestimmt werden, VCO2 kann zusätzlich gegen VCO1 verstimmt werden (+/- 1 Halbton).
Maximal kann der M.A.R.S. also sechs Oszillatoren gleichzeitig in sechs unterschiedlichen Fußlagen erzeugen.
Die Oszillator-Sektion verfügt zudem über Oszillator-Synchronisation und Ringmodulation.
Die Tonhöhe der Oszillatoren kann auf einen festen Tonwert – unabhängig vom Keyboard – gestellt oder in einem Bereich von 3 Oktaven von Sample&Hold, ebenfalls unabhängig vom Keyboard, moduliert werden. Die Frequenz dieses Sample&Holds ist abhängig von der SPEED-Einstellung von LFO1; LFO1 kann aber zusätzlich die Tonhöhe mit einer anderen Schwingungsform modulieren.
Glide / Glissando
Für beide VCOs des M.A.R.S. kann eine individuelle Glide-Zeit eingestellt werden.
Glissando – die Tonhöhe gleitet zwischen zwei Tönen in Halbtonschritten – kann für beide Oszillatoren unabhängig ein- bzw. ausgeschaltet werden; die Glissando-Zeit ist für beide gleich. Es besteht die Möglichkeit, die Hüllkurven einmalig bei Tastenanschlag oder bei jedem Halbton zu triggern.
Glide und Glissando können gleichzeitig arbeiten; somit lassen sich extrem lange Glide-Zeiten realisieren.
Noise
Der Rauschgenerator des M.A.R.S. erzeugt Weißes Rauschen, welches in drei Stufen den Signalen der VCOs zugemischt werden kann.
Filter
Das Filter des M.A.R.S. ist ein resonanzfähiges 24 dB Tiefpass-Filter. Sowohl die CUT OFF Frequenz, als auch die Resonanz können von verschiedenen Modulationsquellen moduliert werden.
Hüllkurven
Der M.A.R.S. hat zwei klassische ADSR-Hüllkurven. Diese können vom Keyboard, vom LFO2 oder beiden getriggert werden. Die Hüllkurven können sowohl positive, als auch negative Werte annehmen.
LFOs
Beide LFOs des M.A.R.S. erzeugen die Schwingungsformen Dreieck, Rechteck, Sinus1 und Sinus2 sowie Sample & Hold. Die Symmetrie der Schwingungsformen kann mittels RATIO-Parameter verschoben werden.
Die LFOs können „frei schwingen“ oder mit jedem Tastenanschlag neu gestartet werden.
LFO1 verfügt über eine vorausgehende Attack-Decay Hüllkurve (positiv und negativ), d.h. der LFO startet erst nach Durchlauf dieser Hüllkurve. Die Anteile der Hüllkurve und des LFOs können unabhängig voneinander eingestellt werden.
Footswitch
Am M.A.R.S. kann ein Fußschalter oder Pedal angeschlossen werden, welches verschiedene Schaltfunktionen, wie beispielsweise HOLD, Ein- bzw. Ausschalten von Glide übernehmen kann.
Bender / Modulationsrad / Aftertouch
Den Handrädern und Aftertouch können verschiedene Parameter, wie CUT OFF Frequenz, Resonanz, LFO Speed etc. zugewiesen werden.
MIDI
Der M.A.R.S. kann komplett über MIDI gesteuert werden. Die LFOs können zur MIDI-Clock synchronisiert werden.
Mars Klänge
… sind wuchtig, voll und absolut analog – ohne Einschränkung! Die Hüllkurven sind knackig schnell und erlauben auch perkussive Klänge. Die Filter packen richtig zu, wie man es von einem analogen 24dB Filter erwartet. Klangliche Vergleiche zu alten Klassikern lassen sich schwer ziehen, hat doch der MARS seinen ganz eigenen Klangcharakter. Wenn man mich aber drängen würde, könnte ich ihn noch am ehesten der SEQUENTIAL CIRCUITS Prophet-Serie zuordnen.
Mars Control
Der MARS macht Spaß! Schon nach einer kurzen Eingewöhnungsphase findet man sich am MARS zurecht und beginnt, seine eigenen Sounds zu modifizieren. Natürlich kann selbst die ausgefuchste Matrix des MARS einen echten Programmierer nicht wirklich zufrieden stellen.
Aus diesem Grund haben die VERMONA Entwickler gleich einen kompletten Programmer dazu entwickelt, den MARS CONTROL – und zwar nicht als Software, sondern als 19″ Hardware. Das erinnert stark an die Kombination des Klassikers Roland MKS-80 und Controller MPG-80. Einmal im Rack verbunden, verschmelzen Programmer und MARS zu einer Einheit.
Mit dem Control wird das Display dank seiner 56 Potis quasi überflüssig. Die Editierung macht Spaß, wie man das eben von einem echt analogen Synthesizer erwartet. Die Verbindung zwischen Control und Mars funktioniert während der gesamten Sessions reibungslos.
Marktsituation
Der Mars ist so gut wie nicht mehr auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich. Er gehört wirklich zu den absoluten Raritäten, vor allem in Verbindung mit Control. Wer jedoch Glück hat und beides ergattern kann, wird seine wahre Freude an dem Duo haben.
Ein absolut unterschätztes Mörderteil. Leider habe ich meinen schon vor einigen Jahren verkauft. Immer steht etwas Neues auf der Wunschliste für die kleinen Wurstfinger. Nicht immer ist es dann eine Verbesserung! Genau wie in dem Artikel beschrieben, ist der brachiale Klang mit keinem anderen Instrument vergleichbar. Regelmässig bekomme ich noch eine dicke, fette Gänsehaut beim Abhören alter M.A.R.S – Sequenzen. Der Control bietet tollen Zugriff auf alle Parameter, völlig ohne Schnickschnack und man baucht weder ein Ipad-pod-phone noch sonstigen Müll zum Mucke machen.
Auch habe ich den einfachen und direkten Kontakt bzw. den feinen Service von Vermona in bester Erinnerung behalten. Hätte ich mal lieber auch den MARS behalten. :( naja, hinterher weiß man immer mehr.
Mein erster Synthesizer anno 2003 und bis heute am Leben. Werde den Kauf nie bereuen.