Little Vangelis
Mit dem Yamaha CS-50 stellen wir in der BLUE-BOX-SERIE nun den kleinsten Vertreter seiner Gattung vor. Mit nur vier Stimmen hat er gegenüber seinen beiden größeren Brüdern CS-80 und CS-60 deutlich an Polyphonie eingebüßt, aber den absolut identischen, unverwechselbaren Sound, den viele mit Vangelis in Verbindung bringen, hat er behalten.
Inhaltsverzeichnis
Wer sich nochmals eingehend mit der Klangerzeugung beschäftigen möchte, dem seien auf AMAZONA.de die Reportagen zum CS-60 und CS-80 von Theo Bloderer empfohlen:
Übrigens, Yamaha stellte in Folge dieses Trios noch eine ganze Menge CS-Synthesizer her, die wenig (z.B. CS70) bis gar nichts (z.B. CS6) mit diesen Klassikern gemeinsam haben. Und gleich vorweg. Ich bin ebenfalls Besitzer des ARTURIA Plug-ins CS-80V2, welches durchaus Ähnlichkeiten im Klangverhalten zu den genannten drei CS-Synthesizern hat, aber weit davon entfernt ist, sie imitieren zu können. Wer also Wert auf einen authentischen CS-50, CS-60 oder CS-80 Klang legt, dem wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als lange und ausgiebig auf dem Gebrauchtmarkt danach zu suchen, um schließlich dann tief in die Tasche greifen zu müssen.
Eine kleine Geschichte zu meinem Yamaha CS-50
Es sind eine Menge Winter vergangen, seit das CS-Trio 1976 auf den Markt kam. Kein Wunder also, dass Sammler heute auf eine harte Geduldsprobe gestellt werden, wenn sie einen CS-50, CS-60 oder noch seltener, einen CS-80 erwerben möchten. Dazu kommt, dass bereits der CS-50 für ca. 2.400 Euro gehandelt wird, der CS-80 oft aber um die 5.000 Euro liegt. Meinen CS-50 habe ich auf eBay ergattern können, mitten im heißen Sommer 2011.
Einen Synthesizer von dieser Größe und Gewicht (36 kg) holt man doch schon mal gerne persönlich ab – und so durchquerte ich schließlich halb Deutschland für diese Rarität.
Der junge Eigentümer erzählte mir, beim Ausmisten einer Pfarrei kamen einige alte Musikinstrumente zum Vorschein, unter anderem auch dieses seltsame Ungetüm. Gitarren, Flöten etc. wurden verkauft, aber diese „alte Orgel“ brachte man zum Sperrmüll. Nur: Der Sperrmüll lehnte die Annahme der Orgel ab. Wohin also mit diesem Ungetüm? Und so opferte sich dieser junger Mann, brachte das gute Teil nach Hause und setzte es auf eBay.
Als der CS-50 dann deutlich über 2.000 Euro einbrachte (trotz minimaler Beschreibung und nur einem schlechten Foto), konnte er sein Glück überhaupt nicht fassen. Bis zuletzt dachte er, es müsse sich sicher um eine Verwechslung handeln, bis ich ihm schließlich das Geld bar in die Hand drückte und er meine leuchtenden Augen beim Probespiel sah.
Synthese
Der vierstimmige CS-50 verfügt pro Stimme über einen VCO, VCA und VCF. VCA und VCF sind mit einer vierstufigen Hüllkurve ausgestattet. Eigentlich recht mager, wären da nicht noch folgende Besonderheiten:
VCF
Der Filterbereich (Flankensteilheit 12 dB) besteht aus einem resonanzfähigen Tiefpassfilter sowie einem in Reihe geschalteten Hochpassfilter, das über einen eigenen Resonanzregler verfügt. Kombiniert ergibt das auf Wunsch einen Bandpassfilter mit zwei getrennt steuerbaren Resonanzbereichen.
Der Klang dieser Filter-Kombination macht einen Großteil des CS-Charmes aus, der vor allem durch seine weichen Solo-Klänge, die einzigartigen Vangelis-Hörner und faszinierende, gezupft klingende Sequencer-Sounds zu überzeugen weiß.
VCA
Der VCA sitzt hinter dem VCF-Output. Der Regler VCF-Level regelt dabei die Lautstärke, mit der das Ausgangssignal des VCF den VCA speist. Gleich nach diesem Fader folgt – sehr untypisch – der Regler für einen Sinus-Oszillator, der dem VCF-Signal ungefiltert beigemischt werden kann.
Sinus und Filterausgang durchlaufen dann gemeinsam die VCA-Hüllkurve, deren Ausgangslautstärke wiederum über den Level-Regler ganz rechts gesteuert wird. Bei manchen Sounds erzeugt der beigemischte Sinuston quasi einen fülligeren, warmen Klang, in den meisten Fällen kann man an dieser Stelle von einem Sinuston allerdings nur wenig sinnvollen Gebrauch machen. Ich jedenfalls hätte mir gewünscht, den Sinus-Oszillator wie üblich im VCA-Bereich zu finden oder zumindest im an dieser Position ein Tuning mitzugeben.
VCO
Der VCO ist klassisch aufgebaut mit drei Signalquellen die Sägezahn, Puls und Noise erzeugen können. Leider lässt sich lediglich Noise in seiner Intensität regeln. Puls und Sägezahn lassen sich nur ein- und ausschalten.
Die Pulsbreite lässt sich darüber hinaus manuell einstellen oder durch den PWM-Fader daneben modulieren. Die Geschwindigkeit der Pulsbreitenmodulation legt der Speed-Regler fest.
Ringmodulator
Ein weiteres Highlight der CS-50-Synthese bzw. des gesamten CS-Trios ist der unnachahmliche Klang des Ringmodulators.
Der Ringmodulator kann stufenlos eingesetzt und dabei moduliert werden. Diese Modulation, bestehend aus Speed und Intensität (Depth), erzeugt einen fast beispiellosen, lebendigen Effekt, den ich so kaum von einem anderen Synthesizer her kenne. Das Ansprechverhalten dieses Effekts lässt sich zusätzlich durch eine Minihüllkurve beeinflussen, bestehend aus Attack und Decay.
Tuning / Filter 2
Sicher haben Sie an links vom Ringmodulator auch den Pitch-Regler und rechts daneben ein weiteres Filter mit Cut Off und Resonanz entdeckt. Die gesamte Reihe dieser Elemente liegt direkt neben den Preset-Schaltern. Aus gutem Grund: Die obere Leiste, bestehend aus VCO, VCF und VCA haben nämlich bei der Verwendung eines Presets, keinen Einfluss auf die Klanggestaltung. Diese Reihe hingegen funktioniert auch bei Verwendung eines Presets. Dies erklärt auch den zweiten Filterbaustein, der vor allem für die Live-Modulation der Presets gedacht ist. Selbstverständlich können, Pitch, Ringmodulator und auch das zweite Filter bei selbsteditierten Klängen mit VCO, VCF und VCA verwendet werden.
Controlling ist das halbe Leben
Die heute üblichen zwei „Wheels“ rechts neben der Tastatur sucht man beim CS-50 vergeblich. Weder für Pitch, noch für irgendeine Modulation. Stattdessen befindet sich dort eine Reihe von Fadern und zwei Kippschalter, mit denen sich einiges bewerkstelligen lässt. Hinter dem Begriff Sub-Oscillator verbirgt sich der heute weitaus üblichere Begriff LFO.
Der erste Fader wählt die Schwingungsform des LFOs aus, der zweite die Geschwindigkeit mit der diese abgefahren wird und Fader drei bis fünf bestimmen das Modulationsziel und die Intensität der Modulation. Die zwei verbliebenen Fader regeln die Stärke und Art des Portamentos in Verbindung mit den darüber liegenden Kippschaltern. Ich persönlich habe die fehlenden Wheels nie vermisst. Im Gegenteil, die Möglichkeiten der spielerischen Klangbeeinflussung sind nach meinem Geschmack sehr gut gewählt, leicht verständlich und im schnellen Zugriff.
Speicher
Nein, der CS50 hat keinen Speicher wie wir ihn heute kennen. Stattdessen gibt es eine Tastenreihe die schwer an eine Orgel erinnert.
Hinter jeder Tastenreihe verbirgt sich ein voreingestellter Klang, ein unveränderbares Preset. Viele Autoren bezeichneten diese Presets als „katastrophal“ – aber dem kann ich persönlich nicht zustimmen. Ganz im Gegenteil, sie sind eine wunderbare Ausgangsbasis für schnell kreierte Klänge.
Mir gelang es damit im Handumdrehen, einige der berühmtesten Vangelis-Klänge nachzubauen und zu spielen, nur durch die Edit-Funktionen die links neben den Presets zu finden sind – also ohne Editierung der oberen Reihe an Fadern, die eigentlich zur Klangeditierung gedacht sind. Auch die beiden Soundbeispiele wurden auf Basis von Presets erstellt. Der eigentliche Trick ist – der CS-50 offenbart sein Klangpotential erst, wenn man die Klänge durch einen Hall und ein Delay verfeinert und sich bloß nicht verleiten lässt, dem Namen der Presets Glauben zu schenken.
Jeder Versuch, bei Strings einen Akkord zu spielen, klingt dünn und weit entfernt von jedem Streicherklang oder Pad. Spielt man die Strings hingegen in den oberen Lagen als Synthiesolo und jagt das durch einen Hall und Delay, geht plötzlich die Sonne auf. Für mein Solo-Soundbeispiel habe ich z.B. das Flötenpreset verwendet. Wer übrigens die Preset-Klänge komplett editieren möchte, der kann sie eins zu eins per Hand auf die obere Fader-Reihe übertragen. Im Handbuch zum CS-50 (siehe Link), sind die grafischen Sheets aller Presets enthalten.
Touch Response
Nach so vielen Jahren funktioniert auch bei meinem Modell der Aftertouch noch wie am ersten Tag. Übrigens habe ich ähnliches auch von anderen Besitzern gehört. Da scheint der CS-50 wohl lange nicht so anfällig zu sein wie z.B. ein Prophet VS. Der Zugriff auf den Aftertouch geschieht über weitere Fader rechts von der Tastatur. Im direkten Zugriff lassen sich als Modulationsziele wählen Stärke der VCF und VCO Modulation des LFOs sowie ohne Umwege Cutoff und Lautstärke. Mein Tipp: Viele Vangelis-Känge leben vor allem von einer VCO-Modulation.
Anschlüsse
Sicher keine Stärke der CS-Serie. Das Trio verfügt weder über CV/Gate noch über MIDI. Kenton bietet aber für 474 englische Pfund einen Umbausatz an, den Kenton in England auf Wunsch auch einbaut für weitere 140 Pfund (Stand Oktober 2013). Ohne Versandkosten versteht sich.
Am CS-50 stehen auf der Rückseite ein Audioaus- und -eingang sowie ein Anschluss für ein Pedal zur Verfügung. Unterhalb des Keyboards, von vorne nicht zu entdecken und damit äußerst ungeschickt angebracht, gibt es noch einen Kopfhöreranschluss. Um diesen zu benutzen, bedarf es aber eines Winkelsteckers.
Der Unterschied zum CS-60
Der CS-60 wiegt schon mal 10 kg mehr als sein kleiner Bruder – also 46 kg. Dafür gibt es beim CS-60 eine 5-oktavige Tastatur, doppelt so viele Stimmen (8), einen hervorragenden Ribbon-Controller und einen Speicherplat, den man selbst programmieren kann. An Anschlüssen weist der CS60 noch einen zusätzlichen „Foot-Switch-Anschluss“ auf. Der Klang ist sonst aber absolut identisch.
Alles im Koffer
Der CS-50 wird bereits fertig in einem gewaltigen Case geliefert. Abnehmen lässt sich lediglich der Deckel, in dem auch Standfüße untergebracht sind. Man muss also nur den Deckel entfernen, die Standfüße aus dem Deckel nehmen und an der Unterseite des CS50 anstecken, schon ist das Gerät bühnentauglich. Das Pflicht-Case ist sicher einer der Gründe, warum viele CS-Synthesizer auch heute noch in gutem Zustand existieren. Zum Größenvergleich habe ich noch einen Moog Minitaur auf das Gehäuse gesetzt.
Ich bin ebenfalls glücklicher Besitzer eines CS50 und werde ihn auch nicht mehr hergeben. Er kann Sounds erzeugen, die sich immer noch nicht nachbauen lassen. Er ist warm und sympathisch im Sound. Er hat so diesen „kommt ein Sound leise um die Ecke geschlichen, bäumt sich auch, brüllt tief und herrisch und verdrückt sich ganz plötzlich links hinten um die nächste Ecke“. Mit dem Aftertouch lässt sich der Sound deutlich gefühlvoller und intuitiver beeinflussen, als mit Reglern. Wirklich ein wundervolles Instrument.
Hi Peter! Danke für diesen Bericht. Kann hier nur zustimmen. Der CS50 wie wohl auch seine größeren Brüder haben einen charaktervollen und unnachahmlichen Eigenklang. Sogar recht abgefahrene Special Sounds die man sonst mit keinem Equipment hinkriegt lassen sich in Kombination mit dem Ringmodulator erzeugen. Es ist ein echt toller Synthesizer für ausdruckstarke live Performances. Mir machte der CS50 gewaltig Spaß und ich würde jederzeit wieder einen anschaffen. Aber: man muss die Temperatur Kompensationsdioden unter die VCO Chips verlegen um eine längerfristige Stimmstabilität zu erreichen. Zumindest mein CS50 war zu Beginn recht instabil was dies angeht. Nach dem Umbau war er rund fünf mal stimmstabiler.
@Elegtrosmok Interessanter Tipp. Ich plane eh meinen CS50 mit die Kenton-Midi-Kit nachzurüsten. Bei der Gelegenheit könnte ich das ebenfalls angehen. Übrigens, bei einer meiner 4 Stimmen ist die Sinuswelle (im VCA-Segment) fast nicht zu hören. Ich hoffe das lässt sich justieren und ist kein ernsthafter Defekt.
Ich bin ein stolzer Besitzer des Yahmhas Cs 40M er gehört zwar nur zu der noch älteren Klasse CS20M – CS 70 M aber wahren zu dem noch fast Modular CV Eingänge und Ausgänge haben sie auch.
Ich bekam dieses Jahr von Arturia ein Angebot die V Collektion für etwa 100€ und da mußte ich natürlich zugreifen.
Und da war ein Yahmha Cs 80er auch dabei.
Sie klingen richtig eingesetzt alle sehr Spannend.
@Pfau_thomas Der CS-20M fehlt noch in unserer Sammlung. Du hast nicht zufällig Lust einen kleinen Bericht zum CS-20M zu schreiben? :-)
@Pfau_thomas CS20M, CS40M und CS70M kamen alle nach CS50/60/80 auf den Markt, zusammen mit den anderen monophonen CS-Modellen (die Produktion des CS80 wurde etwa im April 1980 eingestellt, danach wurde der Bestand abverkauft).
Die Sinuswelle kann man doch direkt auf den VCA geben, wo liegt das Problem? Nicht nur zum Andicken des gefilterten Signals geeignet, sondern auch zur Erzeugung von Flötenähnlichem.
3.100 Euro für einen CS80 waren schon 2013 illusorisch.
Unterschied zwischen Welle und Schwingung
Lieber Peter,
was isn das bitteschön für eine doofe Minusbox ?
– 37kg : sind angemessen und entsprechen eben dem gesunden Synthibau
– 4 stimmig : Ja wenn es mehr sein musste, gab’s es doch die größeren Brüder
– kein MIDI : also bitte. „Ferrari GTO Bj. 1962 , kein ABS“
Als einziger Minuspunkt, gerichtet an die Adresse Yamahas, lass ich gelten:
Nur noch gebraucht zu bekommen, wird nicht mehr gebaut !!!
@t.bechholds Wenn du ihn mal öfters irgendwo hinträgst würdest du sein Gewicht zu den Minuspunkten zählen, 4 Stimmen bleiben eben etwas wenig und kein Factory Midi in Geräten kann auch einige User stören. Sehe also die hier angegebenen Punkte im Minusbereich durchaus als angemessen.
Sonst, der CS50 ist wirklich angenehm zum spielen, er klingt gut und macht jedesmal Spass bei einem Freund ihn anzumachen. Der hatte ihn übrigens vor einigen Jahren noch für einen sehr, sehr günstigen Preis bekommen.
Merci, für den Bericht …
@studiodragon Letztes Jahr wurde ein CS-50 für 200 Euro zum Verkauf angeboten. Der Verkäufer hatte das Teil geerbt und dachte es wäre eine alte Orgel. :D
lass uns raten : diese doofe Orgel steht jetzt bei Dir ? :)
@t.bechholds nee ich war der, der dann kam und dem es erzählt wurde ;D
ja das war bitter, für mich aber noch mehr für den verkäufer als er es dann irgendwann gecheckt hatte ;)