Bezahlbare E-Drum-Sounds der 80er
Spot und Neonlicht an: zack, bumm, zisch, pafff – es sind die 80er und bei keiner Fernsehmusikveranstaltung dürfen die Simmons Drums fehlen. Leicht zu erkennen durch ihre unverwechselbare wabenartige sechseckige Form. Meistens in Schwarz, hier jedoch in strahlendem Rot, wurde auf ihnen erbarmungslos zum Playback von Nena und Co. gekloppt. Aber auch namhafte Drummer, Peter Erskine, Dave Weckl, Alex van Halen, Garii Wallis und allen voran Bill Bruford, der die Simmons-Serie 17 Jahre lang spielte, sind unter den Nutzern. Simmons Drums sind Kult – und so ist die Liste der Nutzer entsprechend ausgedehnt.
Inhaltsverzeichnis
Wir stellen Euch diesmal das Simmons Brain (so nannte Simmons seine Klangerzeuger) SDS-1000 vor. Obwohl dessen Klänge nicht mehr analog erzeugt wurden, sondern digital auf Basis von Samples klingt der Drumexpander noch immer schwer nach den typischen Simmons E-Drumsounds die man mit dem Namen verbindet und aus vielen 80er Pop-Hits kennt.
Wie es zum Simmons SDS-1000 kam
Die Entstehungsgeschichte der Simmons Drums ist, neben ihrem eigentlichem Vater Dave Simmons, mit dem Drummer Richard Burgess verbunden. Er und zuvor schon Simmons entwickelten die ersten Prototypen eines rein analogen Drum-Kits, das auch auf der Bühne gespielt werden konnte. Teile der analogen Klangformung gehen sogar auf spezielle Stimmtechniken von Burgess zurück, so z. B. der bekannte Simmons Tom-Sound, dessen abfallende Tonhöhe seinen Ursprung in der Eigenart hatte, wie Burgess seine Toms stimmte. Nach dem Durchstimmen lockerte dieser nämlich eine Schraube (am Tom), so dass das Fell an der Stelle Falten warf und als Ergebnis diesen fallenden Pitch-Verlauf hatte.
Und so kam 1981 mit dem SDS-V das erste kommerzielle Simmons Drumset heraus, bestehend aus den bekannten Waben-Drums und dem Brain, dem Trigger-Verwerter und Klangerzeuger, Simmons the Brain sozusagen. Danach gab es kein Halten mehr, unzählige Platten aus den 80ern in denen die Simmons-Klänge zu hören sind, von Duran Duran über Depeche Mode bis hin zu Prince. Auch im Fusion-Bereich konnten sie eine zeitlang Fuß fassen und so zählen eben auch Peter Erskine und Dave Weckl zu den Nutzern.
Nach dem anfänglichen Erfolg mussten natürlich noch andere Modelle ersonnen werden und dann, Mitte der 80er, nach dem bescheiden erfolgreichen komplett analogen SDS-800, dem „Budget-Simmons“, trat dann 1986 das hier getestete Simmons SDS-1000 auf den Plan (bescheiden deshalb, weil das SDS-800 komplett analog war – digitale Samples waren damals der letzte Schrei, affengeile 8 Bit Samples und so). Es war auch das erste Simmons-Brain, das in einem 19-Zoll-Rack angeboten wurde. Dieses hatte dann auch vier digitale Snare-Sounds, die man aber nicht einfach per EEPROM austauschen konnte wie bei den teureren Geräten. Von der professionelleren Maschine der SDS-9 übernahm das Simmons SDS-1000 auch den sog. Second Skin Parameter, der das Schwingen des Resonanzfells der Toms simulieren soll.
Seiner Zeit voraus – die Simmons SDX
Danach kam 1987 nur noch das Legendäre SDX, das Features bot, die erst heute jedermann in Software-Samplern zur Verfügung stehen, wie Zonen- und Velocity-basierte Sample-Verteilung. Das System konnte über Bildschirm und Trackball bedient werden und war de facto eine Alternative zum vielfach teureren Fairlight-System. Dennoch konnten bei einem damaligen Preis von ca. 10.200 $ (was inflationsbereinigt heute etwa dem doppelten entsprechen würde) lediglich 250 Systeme verkauft werden.
Die Simmons-Pads
Die Pads sind nach heutigen Maßstäben recht handgelenkfeindlich, fühlen sich beim Anschlag aber nicht so schlimm plastikmäßig an wie sie Aussehen. Im Inneren lauert ein Piezo-Abnehmer auf die Schläge und gibt das unverstärkte Signal ganz einfach über die Klinkenausgang aus. Heutige Meshheads, die ein realistisches Spielgefühl vermitteln, kann man damit natürlich nicht vergleichen. Aber um seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, wenn die Welt mal wieder nicht so will, dazu sind sie grandios.
Simmons SDS-1000
Genug der Einstimmung, ran an unser Testobjekt. Das Simmons SDS-1000 bietet fünf Drum-Sounds mit separaten Trigger-Ein- und Audioausgängen. Es existiert auch ein zusätzlicher Stereoausgang, auf den die Panoramazuweisung jedoch fest vorgegeben ist: HiTom und LoTom jeweils außen, alle anderen Sounds in der Mitte.
Greift man einen Drum-Sound einzeln ab, bleibt er dennoch auf der Stereosumme, was deren Nutzen etwas verringert. Ein Fußschaltereingang dient dazu, die 5 Werks- und 5 User-Programme der Reihe nach durchzuschalten. Dazu kommt auf der Vorderseite noch ein Kopfhöreranschluss. Alle Anschlüsse sind im 6,3 mm Klinkenformat. Das Simmons SDS-1000 wurde mit und ohne MIDI-Option ausgeliefert; das vorliegende Gerät besitzt keine MIDI-Erweiterung. Diese konnte man seiner Zeit dann optional nachrüsten.
Wie bei den Simmons Drums üblich, lassen sich die einzelnen Klänge in recht weiten Teilen verändern. So kommt man auch heute noch an Klänge, die man wohl nicht von dem Simmons-Brain Simmons SDS-1000 erwartet hätte. Dazu haben die fünf Drum-Klänge unterschiedliche Parameter, die über den Program-Taster aktiviert werden. Mit dem Select-Taster navigiert man durch die fünf Klänge.
Was die insgesamt sieben Potis genau bewirken, ist klar und verständlich auf der Frontseite aufgedruckt. Es ist ein Gerät, für das man wirklich keine Anleitung braucht. Denn auch die Einstellungen für die Trigger-Empfindlichkeit und die Einzellautstärken sind vorne angebracht und selbsterklärend. Eine LED unter den Trigger-Sensitivity-Potis zeigt dann noch an, wie stark der resultierende Triggerimpuls ist. Leider ist allen Potis gemein, dass sie ohne weitere Verschraubung direkt auf der Platine aufsitzen. Erstens wackeln sie dadurch tüchtig und zweitens wird das auf Dauer zu Kontaktproblemen führen.
Der Triggerimpuls in 2020
Seinerzeit kam der Triggerimpuls sicherlich direkt von den ikonischen sechseckigen Pads, von denen es hier vier kleine und eine großes für die Bass-Drum gibt. Im Inneren sitzen kleine Piezo-Mikrofone, die den Hit auf das Pad als Audiotrigger an die Eingänge des SDS-1000 schicken.
Natürlich reagieren die Trigger-Eingänge aber auch auf jedes andere Audiosignal. So lässt sich der SDS-1000 auch wunderbar in Kombination mit einem beliebigen Drumcomputer einsetzen. Verbindet man die Einzelausgänge eines RX-5, DDD-1 oder R8 mit den Trigger-Inputsb des Expanders, hat man auf der Stelle eine programmierbarer Drummachine mit 80s Sounds.
Diesen Umstand kann man aber auch hervorragend nutzen, um das Simmons SDS-1000 auch ohne Pads oder Drumcomputer über eine DAW anzusteuern. Mit dem Sample eines Rimsticks, denn man über den Audioausgang des Audiointerfaces schickt, hat man im Handumdrehen den Expander im heimischen System, auch gänzlich ohne Midi-Interface.
Sensible Klangqualität
Die Simmons-Drums haben eine Besonderheit: Die Sounds reagieren sensibel auf den eingehenden Trigger und quittieren das nicht nur mit lauter oder leiser. Bei einer geringeren Anschlagsstärke verändert sich eben auch die Qualität des Klangs. So hat man bei einem schon bestehenden Set die Möglichkeit, die Klangästhetik zu verändern, ohne an den Sounds herumschrauben zu müssen.
Das führt uns zu den eigentlichen Klang-Parametern für die einzelnen Sounds:
- Für Bass-Drum sind das: Pitch, Click
- für Snare-Drum: Pitch, Bend, Sample, Decay
- und für die drei Toms: Filter, Pitch, Bend, 2nd Skin, Decay, Noise und Click
Schon erstaunlich, dass einem heutzutage eher nebensächlichen Drum-Instrument die meisten Einstellungsmöglichkeiten zuteil werden. Umso besser für uns heute, denn tatsächlich sind dann auch die Tom-Sounds diejenigen mit dem größten Klangpotential auch abseits von Haargel und JoJo. Im Umkehrschluss heißt das aber leider auch: Gerade bei der Bassdrum gibt es nicht viel Unerhörtes. Durch ihre vier Samples und die zusätzlichen Parameter ist die Snare wiederum variantenreicher als gedacht.
Hier sind recht realistische Toms ebenso möglich wie Klänge, die eher an Ring-Modulation oder Chip-Tunes erinnern. Aber auch ganz moderne „minimale“ Drum-Sounds sind drin. Alles in allem eine schöne Spielwiese, die noch viel Platz für Klänge abseits der ausgelutschten 80er-Sounds bietet. Ich habe wirklich hart mit mir kämpfen müssen, nicht alle Beispiele mit dem übertriebenen 80er Hall zu versehen – einfach zu verführerisch. So ist es zum Glück nur bei einem archetypischen Beispiel geblieben.
Beurteilung der Simmons SDS-1000 Sounds
Grundsätzlich klingt die Simmons einfach nach 80er-Pop-Tracks, aber eben nicht nach einer LinnDrum oder einer Sequential Drumtraks, sondern mit der Ästhetik der typischen Simmons E-Drums. Für LinnDrum und Co gab es später immer wieder Eproms um die typischen Samplesounds auch Simmons-Sounds aufzubohren. Ein einzelnes Sample auf einer E-Prom liefert nur leider nciht im geringsten Maße die Dynamik der hier angebotenen 5 Sounds.
Hier haben wir mal eine kleine Palette möglicher Sounds angespielt, die sich auch gut sampeln lassen. Vollkommen unbearbeitet und direkt aus der Maschine. Man hört recht gut, wie vielseitig die SDS-1000 zu klingen vermag:
Hach … die geilen Simons-Drums. Mir sind die im zarten Alter von 15 zunächst wegen des komischen, damals neuen und elektronisch klingenden Sounds in »Déjà vu« von Spliff aufgefallen (vor allem im Intro sehr gut zu hören). Dann habe ich Herrn Mitteregger auch einmal live gesehen und da standen sie dann: Die sechseckigen Dinger, die er eben gekonnt bearbeitet hat, dabei seine markant knarzig-rauchige Stimme in ein über ihn hinweg gebogenes Mikrofon hauchend. Dazu noch der psychedelische Text des Songs … DAS waren noch Zeiten, Mann-oh-Mann war das geil!
Technisch waren es vermutlich die ersten Simons-Drums, also die »SDS-V«. Später hat Herwig Mitteregger in einem Interview erwähnt, dass sich die Pads wohl offensichtlich wirklich nicht gut spielen lassen. Da er aber eine Ausbildung als klassischer Schlagzeuger hat – und damit auch Pauken spielen kann – wäre das für ihn nicht so das Problem gewesen. Der Sound wäre allerdings (Zitat) erst einmal »ein Pfund Scheiße« gewesen. Den hätte er mit Harmonizer und Konsorten aufwerten müssen.
Wegen des guten Herrn Mitteregger und der Simons-Drum habe ich kurz einmal mit dem Gedanken gespielt, selber Schlagzeug zu lernen. Kam dann aber anders … ;-)
@Flowwater Mich haben die Hexagons völlig unvorbereitet Dezember 1981 bei Rockpop live in der Westfalenhalle erwischt, wo Herwig als Opener fast schon ein bissken verschämt draufhaute, aber mir trotzdem das Blech wegflog – Saga etwas später am Abend hatten offensichtlich schon etwas mehr Erfahrung damit (Steve Negus, der das Simmons mitentwickelte, und Michael Sadler im Drum-Duell, wobei Michael eigene kleine Pads in einem Koffer benutzte:-)))
Ja, es waren zunächst die V-Teile (offenbar hatte das ZDF die ’81er Setlist nach Bands ausgesucht, die die Dinger schon hatten;-)) und als ich 3 Jahre später selbst ein gebrauchtes Pad ersteigern konnte (ohne SDS-Brain allerdings), war mir das mit der „Spielbarkeit“ (hust) völlig klar. Handgelenk war nach ’nem halben Jahr erstmal im Eimer…
Die Sounds hatte ich übrigens zunächst mit einem Korg MS20 per CV-Triggereingang zumindest fast hingekriegt, anfangs sogar mit einem Tischtennisschläger mit aufgeklebtem Pickup. Bekloppte Zeiten, damals…:-))))
@vaikl Oh Gott, ja, Alter, natürlich: »A Briefcase« von SAGA ist natürlich schlechthin DIE Simmons-Hymne. SAGA habe ich auch erst nach Spliff kennen gelernt, und war damals nicht nur von Sechsecken fasziniert, sondern auch von der Anzahl an Polymoogs, die bei denen auf der Bühne standen.
Als ich mir grob ein Jahrzehnt später meine Korg M1 gekauft habe, entdeckte ich natürlich im Drum-Kit der M1 am oberen Ende der Tastatur die Simmons-Sounds. Natürlich habe ich dann sofort versucht »A Briefcase« nachzuspielen (was meiner bescheidenen Meinung nach auf der M1 sogar erstaunlich gut klingt).
@vaikl https://www.youtube.com/watch?v=ifomOF88xF0
Danke, der Test und die Soundbeispiele sind eine Bereicherung. Eine schöne Zeitreise. Ein paar fette Sounds. Für Retro-Musiker fast ein Muss.
Zu den prominenten Nutzern gehörte auch ein gewisser Phillip David Collins. Das Invisible Touch Album ist zugekleistert mit Simmons Sounds.
Bei mir war es „Nothing to fear“ von Depeche Mode… als ich die Simmons zum ersten mal wahrgenommen habe.
Vielleicht hole ich mir irgendwann mal das Plugin von Aly James, das klingt gut. Oder gibts da noch was anderes?
@Soundreverend Das Aly James VSDS ist zur Zeit sicherlich die beste Alternative zur Hardware. Unser Drummer hatte das mal am Start. Klang für mich schön druckvoll und recht nah am Original SDS-V, wenn man mit der Latenz des Rechners/Wandlers/Druminterfaces leben kann.
Kleiner Tipp, man nehme die EHX Super Space Drum und EHX Crash Pad und dreht an den Reglern bis man den Snare, Tom Sound hat. Und mache sich Gedanken wie man das triggert. Leider ist der Spass für ein komplettes Drumkit nicht eben billig. Zur Not kann man die einzelnen Sounds erst erstellen, dann samplen und auf ein Kit verteilen.
@TobyB Cooler Tipp! Die Teile hatte ich schon ganz vergessen, hatten die nicht sogar eingebaute Triggerpads? Gibt anscheinend ’ne Neuauflage davon.
Da nich für. Die haben Triggertaster. Du kannst sie wahlweise auch mit Audio und Triggerimpulsen ansteuern. Beides möglich. Ebenso kannst du Audio in die beiden einspeisen. Mit dem SSD Start und Stop machst du dir einen schönen abfallenden Boomm und die Snare mischt du dann mit dem CP ab. Müsste beide noch neu zu kaufen geben. Ich trigger die derzeit mit dem Toraiz Squid oder von Hand mit dem Norddrum. Ein so ein Teil kostet ca 116 €. Aufgepasst, die sind 100 % analog und haben keine Preset. Die Amplitude des Triggersignals wird ebenso dynamisch umgesetzt. Was die Pegel angeht, sachte anfangen, ich hab so mal eine Lautsprecher Membran etwas zu weit abheben lassen ;-) Die NS10 brauchte dann eine neue :D
@TobyB Ha! Klingt vielversprechend, mit dem SDS 8 habe ich damals gefühlt eine ganze Generation von „Gesangsanlagen“ vernichtet :)
Gesangsanlagenvernichter ;)
https://youtu.be/8fEUHwN3d3A
Hier kannst dir mal das Prinzip ansehen, man achte auf die Schraubstöcke :D
@TobyB Die Nord drum ist virtuell analog und hat presets
@Numitron Mit dem Norddrum triggern wir die SSD oder das CP ;) Ganz in klassischer 80er Stehdrummermanier. :)
Bill Bruford ( YES, King Crimson ) habe ich mal Anfang der 80iger Jahre auf der Musikmesse in Frankfurt gesehen. Beeindruckend, was er auf dem Simmons gemacht hat ( auch wenn er sich einmal verspielte ; ) Habe mir dann auch ein Simmons ( das Volkssimmons) gekauft, lange in Kombi mit Akustikdrum benutzt und dann lange nicht mehr. Muss es mal wieder anschließen . . . ( Danke für den Bericht/Test )
Habe Bill Bruford mal mit seiner Jazzcombo „Earthworks“ am Simmons SDX gesehen. Wirklich beeindruckend was er da rausgeholt hat. Minimalistische Melodien und Akkorde, das Ganze unglaublich musikalisch. Das war schon was Besonderes.
Spannender Bericht mit ebensolchen Klangbeispielen, vielen Dank dafür!
schöne soundbeispiele!
mir fällt zu simmons noch
sly dunbar ein (sly & robbie),
der intensiv in den 80 ern mit simmons und ähnlichen
(ua. auch mit drumcomputern) experimentierte.