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Aufbau eines Musikstudios Teil 2: Akustik und Monitoring

Das leidige Thema der Akustik

29. März 2017

Willkommen zum zweiten Teil unserer Workshop Reihe „Aufbau eines Musikstudios: Akustik und Monitoring“, in der wir nach und nach die wichtigsten Punkte für einen erfolgreichen Studiobetrieb vorstellen möchten. Nachdem wir im ersten Teil ein Studio grob skizzierten, möchten wir in den folgenden Teilen genauer auf einzelne Aspekte eingehen. Viele Punkte werden generelle Gültigkeit wie z.B. „Akustik“ haben, während andere sich nur auf kleinere Studios beziehen.

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Ergänzend zu dieser Serie, empfehlen wir den Mega-Beitrag „Akustik im Tonstudio“. Dort wird Euch Schritt für Schritt gezeigt, wie ihr selbst in einem Kellerraum oder einem Wohnzimmer, eine tolle Akustik hinbekommt. Dazu bitte HIER KLICKEN

Aufbau eines Musikstudios Teil 2: Akustik und Monitoring

Beginnen wir Teil 2 mit dem wichtigsten Thema in jedem Studio: Monitoring. Gemeint sind alle Bedingungen und Komponenten, die uns beim Hören und Beurteilen unserer Produktionen helfen bzw. behindern könnten. Ohne zu weit vorgreifen zu wollen: Das Monitoring kann eine wesentlich größere Rolle zum Erfolg beitragen als z.B. die Qualität der verwendeten Wandler oder teurem Outboard-Equipment. Anders gefragt: Was bringt uns das Röhrenmörderteil, wenn uns die Raumakustik, Lautsprecher oder minderwertige Komponenten einen Strich durch die Rechnung machen und uns alle feinen Soundvorteile vorenthalten werden?

Es muss unser Ziel sein, den Transfer unserer Mixe in die „reale“ Welt so gut wie möglich zu bewältigen. Auch wenn ein Mix im eigenen Studio sehr gut klingt, muss das noch lange nicht für Omas Küchenradio gelten. Einem verlässlichen Monitoring kommt somit die zentrale Bedeutung zu.

Der optimale Raum

Ist der Regieraum nicht akustisch optimiert, haben wir folgendes Szenario: Die von den Schallwandlern abgegebene Energie wird direkt an das Ohr geführt. Allerdings treffen die Schallwellen auch auf Wände, Fenster, Böden und werden dort reflektiert beziehungsweise regen Wände, Decken und Gegenstände zum Eigenschwingen an. Die von dort ausgehenden Schallwellen treffen wiederum auf das Ohr und vermischen sich mit dem Direktschall. Dies führt zu Kammfiltereffekten, Überlagerungen und Auslöschungen, die eine objektive Beurteilung des Mixes unmöglich machen.

Ein optimaler Regieraum würde die von den Lautsprechern abgegebenen Frequenzen nicht beeinflussen. So könnte man die dargestellten Frequenzen neutral und unverfälscht beurteilen. Allerdings wäre eine Regie mit akustischen Gegebenheiten, wie sie im freien Feld vorhanden wären, also ohne Reflektionen, auch nicht optimal. Um ein übertragbares Monitoring (Transfer) zu schaffen, ist ein realistischer Raumklang von Nöten.

Die Raumakustik

Wenn ein und dieselbe Aufnahme über ein und dasselbe Boxenpaar in verschiedenen Räumen wiedergegeben wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Aufnahme überall anders klingt. Da sich die Aufnahme und das Wiedergabesystem selbst nicht geändert haben, kann es nur der Raum sein, der den Klang verändert. Die Raumakustik macht bis zu 50% eines wahrgenommen Klanges aus. Somit ist klar, dass, um verlässliche Aussagen über den Klang einer Aufnahme machen zu können, die klanglichen Eigenschaften des verwendeten Abhörraumes genauestens unter die Lupe genommen werden müssen.

Aufnahmeraum

Raumabmessungen unter 4×5 Meter Grundfläche und 3 Meter Höhe sind suboptimal, um die akustischen Traumwerte ohne Maßnahmen zu erreichen. Frequenzen unter 150 Hz werden sich vor allem bei parallel stehenden Wänden verstärken, so dass sie Wellenberge und -täler bilden. Trifft die maximale Absenkung (Tal) auf eine maximale Erhöhung (Berg) wird die Frequenz ausgelöscht (Phasenauslöschung). Sie ist im Sweetspot kaum oder überhaupt nicht zu hören. Solche Löcher im Frequenzspektrum verleiten den Engineer zum Nachbessern mittels EQ, was fatalerweise den ganzen Mix bassiger und muffiger werden lässt. Umgekehrt können Wellenberge auf andere Wellenberge treffen, wodurch sich Frequenzen verstärken. Solche Überhöhungen verleiten zum Absenken der Frequenzen, was zu dünnen und drucklosen Mixen führen kann.

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Ebenfalls schwierig sind ganzzahlige Vielfache der einzelnen Raumseiten, d.h. das Verhältnis 2:1:1 bei Raumseitenlängen von 5 x 2,5 x 2,5 m. Oder noch schlimmer das Verhältnis 1:1:1 bei einem quadratischen Raum mit der Größe 2 x 2 x 2 m.

Wir benötigen also einen Regieraum, der möglichst neutral das wiedergibt, was in der Musik vorhanden ist. Begeben wir uns gleich in medias res – direkt zum Grundstoff unserer Träume seit Schultagen: der Akustik.

Akustik

„Akustik“ kommt aus dem Griechischen und bezeichnet die Lehre vom Schall. Luftschall wird von Tieren, Menschen, Maschinen, Lautsprechern usw. hervorgerufen und breitet sich kugelförmig durch die Luft aus. Luftschall in einem Vakuum ist nicht möglich.

Zusätzlich zu dieser banalen Erkenntnis hängt der Höreindruck unseres Regieraumes nicht unwesentlich von folgenden Faktoren ab: Größe, Reflexion, Absorption, Diffusion.

Größe

Die Größe eines Raumes lässt sich nachträglich nur selten beeinflussen, aber falls der Luxus einer Planung besteht, wäre es gut, einen Raum mit ausreichender Höhe und Grundfläche zu wählen. Quadratische Formen sind möglichst zu vermeiden. Stehende Wellen wären vorprogrammiert. Ganze Ingenieursstände beschäftigen sich mit dem Thema, deshalb bleibt uns zum Thema Bauplanung nur der Hinweis: Holt euch Rat von einem Akustiker und nutzt interessante Hinweise im Internet. Dort gibt es Seiten mit Raumrechnern etc. Hier lassen sich sogar die Raummoden (s.u.) im voraus bestimmen.

Reflexion

Trifft Luftschall auf eine glatte schallharte Oberfläche, wird sie – ähnlich wie elektromagnetische Wellen – wieder zurückgeworfen. Es gilt das Reflexionsgesetz: Ausfallswinkel = Einfallswinkel.

Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel

Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel

Ist die Oberfläche rau oder porös, werden die Wellen diffus zurückgeworfen, also zerstreut. Der Absorptionskoeffizient des zurückwerfenden Mediums bestimmt die Intensität der Reflexion. Je nach Reflexion und Direktschallanteil ist der Höreindruck von trocken bis hallig unterschiedlich. Entscheidend für die Ortbarkeit ist das Verhältnis von Direktschall und erster reflektierter Schallwelle, die auf das Ohr trifft. Sie bestimmt, aus welcher Richtung der Schall kommt (Haaseffekt).

Noppenschaum für Tonstudios

Absorption

Abhängig davon, ob Schallwellen von einer Oberfläche durchgelassen werden oder in den in der Oberfläche liegenden Materialien in Wärme umgewandelt werden, wird von Schallabsorption gesprochen. Je stärker der Schallabsorptionsgrad einer Oberfläche, desto weniger Schall wird reflektiert. Der Grad der Absorption eines Mediums beziehungsweise Oberfläche wird durch den Schallabsorptionsgrad bestimmt.

Diffusion

An Grenzflächen mit hoher Wellig- und Rauigkeit werden die auftreffenden Schallwellen diffus zurückgeworfen. Dabei wird die überwiegende Menge an Schallwellen im rechten Winkel zum Material zurückgeworfen.

Raummoden

Ein sehr wichtiger Aspekt im Bereich der Raumakustik sind die sogenannten Raumeigenmoden. Sie liegen unter der untersten Frequenz eines Raumes (Wellenlänge = Raumlänge) und bestimmen das Tieffrequenzverhalten eines Raumes. Haben wir ein tiefes Wummern im Raum, haben wir mit Sicherheit eine oder mehrere stehende Wellen. Die Beurteilung von tiefen Frequenzen über den Direktschall wird damit zum Glücksspiel. Je nach Position des Gehörs im Raum – also auch innerhalb der stehenden Schallwellen einer Raummode – registriert man in tiefen Frequenzen einen Wellenberg (laut) oder Tal (leise). Raummoden kommen besonders oft in rechteckigen kleineren Räumen vor. Sie lassen sich mathematisch leicht bestimmen. Auch hierzu gibt es im Internet einige Links zu speziellen Formelrechnern.

Nachhallzeit

Die Nachhallzeit beschreibt die Zeit, die vergeht, bis der Schalldruck in einem Raum um 60 dB abgefallen ist (RT-60/Reverb Time). Die Nachhallzeit in Regieräumen sollte bei 0,25 bis 0,3 Sekunden liegen. Optimal wäre eine maximale Abweichung von 10% vom Durchschnittswert über die Frequenzen 125 Hz bis 4 kHz. So wäre gewährleistet, dass tiefe wie hohe Frequenzen gleichmäßig laut abklingen. Ungünstig, wer seine Regie in den Altar einer Kathedrale einbauen will. Die Nachhallzeiten dürften bei mehr als 3 Sekunden liegen und nur schwer in den Griff zu bekommen sein.

Soweit so gut, das war unser erster Überblick zum Thema Akustik. Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, findet weitere Tipps und Anregungen in unserem Akustik-Workshop:

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Fazit

Schon die paar beschriebenen Phänomene verdeutlichen die Komplexität der Materie. Alle Effekte inkl. Berechnungsmöglichkeiten aufzuführen, wäre ein großes Druckwerk für sich. Bleibt uns nur festzustellen, dass sich die Effekte gegenseitig beeinflussen und optimal eingestellt zu einem homogenen Klangbild in der Regie führen sollten. Beim nächsten Mal geht’s um ein ebenso wichtiges Thema: Lautsprecher.

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Herzlichen Dank für diesen Bericht ich habe mal versucht mich einzulesen in einem Buch namens Akustik bin aber nicht richtig schlau daraus geworden wie kann man denn einen ich nenne es mal normales home studio Zimmergröße 4 auf 5 meter ca gut einrichten…sollte man die decke komplett zudichten…was is mit den ecken…was bringen diese bassabsorver..zb bei benutzung eines subwoofers..und zb welche rolle spielt die abhörlautstärke..thx

  2. Profilbild
    BA6

    Hallo Felix,

    der Titel des Artikels verwirrt mich etwas. Ist hier nicht eher das „leidige“ Thema statt des geschriebenen „leidlichen“ Themas gemeint?

    Viele Grüße

    • Profilbild
      Felix Thoma RED

      @BA6 Gude BA6,
      ich kimm aus Hesse, da sacht mer des wies grade passe tut :-) Nein, im Ernst: Ich würde sagen sowohl leidlich als auch leidig passt.

    • Profilbild
      Dirk Matten RED

      @Chick Sangria Quatsch, das hat nichts mit Grammatik zu tun, wohl aber mit der Wortwahl. Hab’s geändert.

  3. Profilbild
    Sudad G

    Ohhh – schade…gerade als es anfing interessant zu werden, war der Artikel auch schon zu Ende. :(
    Mich hätte nach der sehr guten Einleitung vor allem interessiert, welche Maßnahmen, Materialien (Adsorber, Noppenschaum, etc.) man nun zu Hilfe nehmen muss, um einen Raum akustisch zu optimieren. Fallbeispiele, Einmessen des Raumes mit Hilfe eines Analyzers, Kosten, sowie Vor- und Nachteile verschiedener Adsorbtionsmaterialien etc. Oder kommt das noch in einer späteren Ausgabe?

      • Profilbild
        Tyrell RED

        @Felix Thoma Lass uns doch versuchen die Serie für Profis fortzusetzen.Die Idee von Sudad G finde ich super mit den Materialien etc.

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