Das Behringer WING Routing verstehen und richtig einsetzen
Der Behringer WING Digitalmixer ist ein äußerst flexibles und leistungsstarkes digitales Mischpult, das besonders durch seine innovativen Routing-Möglichkeiten hervorsticht. Das Routing ist entscheidend für die Organisation und Verwaltung von Audiosignalen, sei es im Tonstudio oder bei Live-Veranstaltungen. In diesem Teil des Workshops zum Behringer WING Digitalmischpult erkläre ich die wichtigsten Aspekte des Routings am neusten Mischpult von Behringer.
Inhaltsverzeichnis
Digitalmixer Workshops auf AMAZONA.de
Digitalmixer können bisweilen sehr komplex sein und Einsteigerger sowie Umsteiger von einem analogen Mischpult kämpfen schnell auf verlorenem Posten. AMAZONA.de hat deshalb eine Reihe mit Digitalmixer Workshops gestartet. Bislang erschienen sind:
- Workshop: Soundcraft Ui12 Digitalpult für Einsteiger
- Workshop: Digitalmixer Soundcraft Ui12 für Einsteiger, Teil 2
- Workshop: Soundcraft Ui12 Digitalmixer , Teil 3
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 1
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 2
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 3
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Einführung, Teil 1
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Navigation, Teil 2
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Routing, Teil 3
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, P16 Ultranet-Tricks, Teil 4
- Workshop: Behringer Wing Digitalmixer, Teil 1
- Workshop: Behringer Wing Digitalmixer, Teil 2
Gerade erst hat Behringer die neuen Digitalmixer WING Black, WING RACK und WING COMPACT in den Handel gebracht. Das Thema Behringer WING ist also aktueller denn je. Wir empfehlen deshalb die Lektüre der ausführlichen Testberichte sowie der beiden vorangegangenen Workshop-Teile.
Grundlagen des Routings an der Behringer WING
Das Konzept des Routings an der Behringer WING unterscheidet sich von traditionellen Mischpulten. Die Zuordnung von beispielsweise Eingängen und Ausgängen ist nicht starr, sondern funktioniert über eine flexible Matrix. Das bedeutet, dass ein physischer Eingang, zum Beispiel ein Mikrofon auf Input 1, nicht fest an einen Kanal gebunden ist. Vielmehr kann jedes beliebige Ein- und Ausgangssignal bei der Behringer WING auf jeden Kanal geroutet werden.
Auf diese Art und Weise lässt sich die Oberfläche des digitalen Mischpultes anhand individueller Bedürfnisse gestalten und anpassen. Der Hersteller Behringer unterscheidet hierbei zwischen Sources (Quellen) und Channels (Kanälen), also zwischen dem Ursprung eines Audiosignale beziehungsweise einer Klangquelle und dem Ort der Steuerung dieses Signals. Dieses System funktioniert sowohl beim Anlegen von Audioeingängen als auch -ausgängen.
Einrichten eines Kanals am WING Digitalmixer
Der Behringer WING Digitalmixer verfügt über maximal 374 solcher Input-Sources. Hierzu gehören neben Inputs von maximal drei anschließbaren digitalen Stageboxen per AES50-Protokoll beispielsweise die lokalen Inputs auf der Rückseite des Mischpultes und auch das Abgreifen von Audiosignalen, die von einem USB-Stick eingespielt werden können.
Wem das im ersten Moment eventuell unübersichtlich erscheinen mag, sei gesagt: Behringer hat eine optimale Lösung gefunden, sich diese Input-Sources anzeigen zu lassen und sie sehr simpel und effizient bestimmten Kanalzügen zuzuweisen:
Links neben dem großen Touch-Display, das sozusagen das Herzstück der Behringer WING bildet, gelangt man über den Routing-Button in das entsprechende Menü. Hier lässt sich nun im Reiter „Sources“ einstellen, welche Klangquelle in welchen physischen Eingang gesteckt wird.
Wenn ich beispielsweise ein Gesangsmikrofon in den lokalen Input 1 auf der Rückseite der WING anschließen möchte (die wohlgemerkt Kombibuchsen sind, großer Pluspunkt), wähle ich als „Source Group“ (Quellengruppe) „Local in“ und tippe auf die Quelle „LCL1“, was abgekürzt für Local Input 1 steht. Besonders praktisch: Bevor man etwas im Routing verändern kann, muss dieses Funktion mit einem kurzen Klick auf ein Schloss-Symbol „entsperrt“ werden. So geht Behringer sicher, dass man nicht versehentlich während eines Konzerts das Routing verstellt und damit dem Sänger das Mikrofonsignal entzieht.
Nachdem das Mischpult nun weiß, dass ich mein Gesangsmikrofon an den Local Input 1 angeschlossen habe, gehe ich über den Reiter „Channels“ in die Übersicht der Kanalzuweisung. Mit einem Klick auf meine Quelle Local Input 1 wähle ich mein Mikrofon aus und füge es mit einem Klick auf einen gewünschten Kanal in der linken Hälfte des Touch-Displays ein. Schon erscheint der Name meines Mikrofons im Display über dem ersten Fader, inklusive der Angabe „LCL1“.
In der Übersicht dieses Kanals kann ich nun die Farbe, Benennung und das eingeblendete Symbol anpassen.
Mit Stereo-Kanälen zu einer sortierten Oberfläche
Ein wesentlicher Vorteil des Systems von Quellen und Kanälen ist, dass zwei Quellen auf einen Kanal geroutet werden können und deren Steuerung somit über einen Fader, einen Equalizer etc. funktioniert. So lassen sich beispielsweise zwei physische Eingangskanäle, die für ein E-Piano in Stereo benötigt werden, auf einen Kanal routen. Das sorgt für eine bessere Übersicht beim Abmischen und eine gute und platzsparende Sortierung auf der Oberfläche der Behringer WING, denn Stereo-Instrumente benötigen nun keine zwei Fader mehr.
Anlegen von Bussen und Gruppen
Zu einem guten Arbeitsablauf beim Abmischen von Musik gehören Busse und Gruppen. Auf diese Art und Weise lässt sich beispielsweise ein Hall-Effekt einfacher und präziser auf die Gesangsstimmen legen, ein zu leises Schlagzeug lässt sich trotz seiner zwölf Mikrofone und Eingänge mit nur einem Fader lauter machen und alle Instrumente lassen sich während einer Moderation mit nur einem Knopfdruck stummschalten.
Busse für Monitore und Send-Effekte
Über den „VIEW“-Button, der sich direkt unter dem großen Touch-Display befindet, gelange ich in eine Ansicht, in der ich verschiedene Busse sehe. Diese lassen sich hier auch benennen, mit einem Symbol versehen und farblich anpassen.
Um meinen beispielhaften Monitor für den Gesang „Floor Vox“ einem Ausgang zuzuordnen, wähle ich „Routing“, „Outputs“ und mit der Ausgang-Gruppierung „AES50“ meine externe Stagebox S32 an (eine genaue Beschreibung der Einbindung von Stageboxen per Netzwerkprotokoll erfolgt im nächsten Teil dieser Workshop-Reihe). Hier lässt sich nun mein angelegter Monitor-Bus einem bestimmten physischen Ausgang zuordnen, damit ich den Gesangs-Monitor über die digitale Stagebox an der Bühne abgreifen kann.
Um einzelne Instrumente auf einem Monitor-Bus leiser oder lauter zu machen, wähle ich im rechten Teil der Behringer WING per „Select“ den Monitor-Kanal und klicke auf „SOF“ (= Sends on fader). Über die zwölf Fader auf der linken Seite des Mischpultes kann ich nun die Lautstärke der einzelnen Kanäle für den ausgewählten Monitor-Bus vornehmen.
Als letzten Schritt sollte man sichergehen, dass der Monitor-Bus nicht aus den Main-Lautsprechern ertönt. Dafür kann der Bus mit „Select“ ausgewählt werden, um unten links im Touch-Display zu den sogenannten Main-Sends (= Hauptausgänge) zu navigieren. Hier sollte nun bei keinem der vier Main-Sends die Taste „On“ aufleuchten. Falls doch, lässt sich diese mit einem kurzen Klick ausschalten. Jetzt klingt der Monitor-Bus nur wie gewollt aus der Monitorbox auf der Bühne.
Angelegte Busse für Send-Effekte sollten logischerweise auf die Main-Outs geroutet werden, damit beispielsweise der Hall-Effekt über die Lautsprecher zu hören sein kann.
Mute-Gruppen
Mute-Gruppen sind Gruppierungen von bestimmten Kanälen, die man mit nur einem Knopfdruck stummschalten möchte. Mit einer Instrumenten-Mute-Gruppe erspart man sich beispielsweise das Stummschalten aller einzelnen Kanäle von Instrumenten.
Für die Zuweisung von Mute-Gruppen gehen wir auf den grau unterlegten „Custom Control“-Bereich auf der rechten Seite des Mischpultes. Einen genauen Blick auf diesen Bereich haben wir bereits im zweiten Teil dieser Workshop-Reihe geworfen. Mit einem Klick auf die Taste „Mute Groups“ und einem auf die danebenliegende „View“-Taste erscheint im Touch-Display eine Übersicht der acht verschiedenen Mute-Gruppen.
Nach dem Auswählen einer dieser Mute-Gruppen lassen sich verschiedene Kanäle aus allen Input-Quellen, Aux-Wegen und vielem mehr anklicken und damit der entsprechenden Mute-Gruppe hinzufügen. Im Menü des „Custom Control“-Bereichs lassen sich die erstellten Mute-Gruppen nun auf gewünschte Buttons legen und eine entsprechende Benennung der Buttons im darüber liegenden Display einblenden. So kann ich beispielsweise alle Mikrofonkanäle mit nur einem Knopfdruck stummschalten.
Wir bauen eine Schlagzeug-Gruppe
Wenn das Schlagzeug zu leise ist, muss man es lauter machen. Blöd nur, wenn man dafür wegen mehrerer Mikrofone circa zwölf Kanäle lauter ziehen muss. Um es sich einfacher zu machen, können alle gewünschten Kanäle zu einer Gruppe zusammengefügt werden. So können alle Elemente eines Schlagzeugs mit nur einem Fader gesteuert werden.
Solche Gruppierungen von mehreren Instrumenten und Kanälen werden auch Subgruppen, also Untergruppen, genannt. Das Anlegen einer solchen Subgruppe ist vom Prinzip her nichts anderes als das Anlegen eines Busses für beispielsweise Monitorwege oder Send-Effekte. Die Schritte hierfür können also genauso wiederholt werden. Der einzige Unterschied ist das finale Zuweisen auf die Main-Sends, also die Hauptausgänge des Mischpultes. Dazu kann der Schlagzeug-Bus per „Select“ ausgewählt werden und das Routing auf die Main Outs mit einem Klick auf die jeweilige „On“-Fläche erfolgen.
Innerhalb unserer Schlagzeug-Gruppe können die einzelnen Elemente wie die Kick oder die Snare selbstverständlich weiterhin einzeln bearbeitet werden, sei es beim Zuweisen von Effekten, der Anpassung der Dynamik oder beim Bearbeiten mittels Equalizer.
Praktische Routing-Tipps für Behringer WING
Dass der Behringer WING Digitalmixer in Sachen Routing äußerst flexibel ist, kann man sich super zunutze machen. Im Folgenden schauen wir auf drei konkrete Beispiele, die den Umgang mit dem digitalen Mischpult erleichtern und den Arbeitsablauf beschleunigen.
User-Layer für individuelle Übersicht
Die Belegung aller verfügbaren Fader lässt sich individuell anordnen. Hierfür stehen zwei sogenannte User-Layer bereit, die sich über vertikal angeordnete Tasten links, in der Mitte und rechts am Mischpult aufrufen lassen. So kann beispielsweise das Signal des lokalen Eingangs 4 direkt neben unserer Schlagzeuggruppe auftauchen.
Hier sind der Fantasie nahezu keine Grenzen gesetzt. Um einen User-Layer anzulegen, drücken wir die „View“-Taste unterhalb des Touch-Displays und wählen auf der linken Bildschirmseite „USER1“. Mit einem Klick auf den Reiter „CONFIG“ kann man nun zunächst zwischen der linken, mittleren und rechten Fader Sektion auswählen. Im nächsten Schritt lassen sich Kanäle und Busse per Drag & Drop zuweisen und beliebig anordnen.
Multitrack-Recording über USB-Stick und SD-Karten
Die Zeiten der Live-Aufnahme über einen angeschlossenen Laptop sind mit der Behringer WING vorbei. In diesem digitalen Mischpult lassen sich Audiomitschnitte sowohl auf einen USB-Stick als auch auf SD-Karten aufnehmen. Für die letztere Option hat Behringer standardmäßig eine Schnittstelle auf der Rückseite des Mischpultes eingebaut, in der zwei SD-Karten Platz finden.
Auf einem USB-Stick lassen sich bis zu vier Kanäle aufnehmen, auf SD-Karten sind es sogar 64 Kanäle. Zugewiesen werden können die aufzunehmende Kanäle, Gruppen oder dergleichen im Output-Reiter des Routing-Menüs. Hier lässt sich der USB-Stick als „RECORDER“ und die SD-Karten als „WLIVE“ finden.
Im oberen Teil des Touch-Displays werden USB-Stick und SD-Karten dauerhaft als Symbole eingeblendet und können hierüber gesteuert werden. Um sich jederzeit vergewissern zu können, dass eine gestartete Aufnahme weiterhin läuft, wird das entsprechende Symbol wie beispielsweise der USB-Stick rot hinterlegt und mit einem roten Aufnahmepunkt gekennzeichnet.
Gespeichert werden die Aufnahme als WAV-Dateien, die sich über eine DAW (= Digital Audio Workstation“) am Computer in ihre einzelnen Spuren zersetzen lassen. Übrigens funktioniert das Aufnehmen auf einen USB-Stick und zwei eingefügte SD-Karten auch parallel zueinander. Theoretisch könnte man also bis zu 68 Signale gleichzeitig aufnehmen.
Dicker Pluspunkt: Virtueller Soundcheck
Auf der Behringer WING lassen sich Audiosignale nicht nur per USB-Stick und SD-Karten aufnehmen, sondern auch wieder abspielen. Nicht nur für eingespielte Musik vor einem Konzert kann diese Funktion sehr praktisch sein, sondern vor allem für das Durchführen eines sogenannten virtuellen Soundchecks.
Der große Vorteil liegt darin, dass sich die Anlage mit Multitrack-Aufnahmen einer Band einstellen und abmischen lässt, ohne dass dafür Musiker auf der Bühne stehen müssen.
Um die einzelnen aufgenommenen Signale wieder auf ihren ursprünglichen Fader zu routen, wählen wir über „Select“ einen beliebigen Kanal aus, testweise ist dies nun der Kanal des Funkmikros „Funk B“. In der „Home“-Ansicht kann ich nun zusätzlich zum hauptsächlichen Eingang dieses Mikrofons, der an der digitalen Stagebox liegt, einen alternativen Eingang einstellen. Wenn als alternativer Eingang der Kanal der Multitrack-Aufnahme ist (in meinem Beispiel des Funkmikros ist dies der Kanal „WLIVE 11“), ertönt die Aufnahme des Funkmikros nach dem Drücken der Start-Taste in der SD-Karten-Aufnahmesektion über den Eingangskanal „Funk B“.
Wiederholt man diesen Vorgang mit allen beliebigen Instrumenten und Mikrofonen, lässt sich ein Soundcheck auch ohne die Band durchführen, beziehungsweise so gut vorbereiten und einstellen, dass die Band nur wenig Zeit für ihren finalen Soundcheck benötigt.