Ein Mischpult, viele Möglichkeiten: Verbindungen und Erweiterungen clever nutzen
Nachdem wir uns im letzten Teil des Behringer WING Digitalmixer Workshops die Routing-Möglichkeiten des digitalen Mischpults angeschaut haben, geht es in diesem Artikel um die Erweiterungsoptionen. Neben dem altbekannten AES50-Standard schauen wir uns auch das neue StageConnect an. StageConnect bietet, neben neuen kompatiblen Geräten, unzählige Konfigurationsmöglichkeiten für alle Belange.
Inhaltsverzeichnis
Digitalmixer Workshops auf AMAZONA.de
Digitalmixer können bisweilen sehr komplex sein und Einsteiger sowie Umsteiger von einem analogen Mischpult kämpfen schnell auf verlorenem Posten. AMAZONA.de hat deshalb eine Reihe mit Digitalmixer Workshops gestartet. Bislang erschienen sind:
- Workshop: Soundcraft Ui12 Digitalpult für Einsteiger
- Workshop: Digitalmixer Soundcraft Ui12 für Einsteiger, Teil 2
- Workshop: Soundcraft Ui12 Digitalmixer , Teil 3
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 1
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 2
- Workshop: Behringer Flow 8 Digitalmixer für Einsteiger, Teil 3
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Einführung, Teil 1
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Navigation, Teil 2
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, Routing, Teil 3
- Workshop: Behringer X32 Digitalmixer, P16 Ultranet-Tricks, Teil 4
- Workshop: Behringer WING Digitalmixer, Teil 1
- Workshop: Behringer WING Digitalmixer, Teil 2
- Workshop: Behringer WING Digitalmixer, Teil 3
Gerade erst hat Behringer die neuen Digitalmixer WING Black, WING RACK und WING COMPACT in den Handel gebracht. Das Thema Behringer WING ist also aktueller denn je. Wir empfehlen deshalb die Lektüre der ausführlichen Testberichte sowie der drei vorangegangenen Workshop-Teile.
Wieso nicht einfach analog?
Während digitale Verbindungen heutzutage der Standard sind, hat sich die analoge Verbindung in der Audiowelt nach wie vor gehalten. Auch Behringer hat bei der WING Konsole keineswegs auf analoge Anschlüsse verzichtet. Im Vergleich zum Behringer X32 mussten Käufer der grauen Fullsize-Version der WING Konsole allerdings mit nur wenigen analogen Anschlüssen zurecht kommen. Behringer hat diesen Fehler bei den neuen Pulten der Reihe, WING Compact und WING Rack, mittlerweile korrigiert.
Dennoch: Digitale Stageboxen und ähnliche Geräte bieten viele Möglichkeiten, die in der analogen Welt nur schwer vorstellbar wären.
Im letzten Teil dieses Workshops geht es nun um die Nutzung dieser digitalen Verbindungen, was auf den ersten Blick viel komplizierter erscheint, als es in Wahrheit ist.
AES50: Das Tor zur digitalen Welt
Auch bei der WING hat Behringer die bewährte AES50-Schnittstelle verbaut. Diese ermöglicht es, pro Port jeweils 48 Eingangskanäle und 48 Ausgangskanäle mit den verbundenen Geräten auszutauschen. Somit stehen uns bei der WING also 144 AES50-Inputs und 144 AES50-Outputs zur Verfügung.
Für eine einfache Konfiguration mit einer Stagebox gibt es jedoch ein paar Dinge zu beachten. Zunächst sollte das CAT5-Kabel, das die Daten zwischen der WING und der Stagebox überträgt, gut geschirmt sein und generell eine hohe Verarbeitungsqualität aufweisen. Kommt es hier zu einem Ausfall, ist die Show vorerst beendet. Sehr empfehlenswert ist dafür z. B. die Kabeltrommel von Klark Teknik.
Als Stageboxen kommen alle Modelle von Behringer und auch die meisten MIDAS-Modelle infrage. Die MIDAS Stageboxen sind mit den MIDAS PRO Preamps ausgestattet. Manche Anwender bevorzugen diese gegenüber den Behringer Modellen. Auf diese Diskussion möchte ich hier aber nicht weiter eingehen.
Konfiguration
Ist nun also eine Stagebox, ein gutes Cat5-Kabel und natürlich die WING vorhanden, kann es an die Konfiguration gehen. Hierfür muss ein AES50-Port der Stagebox mit einem AES50-Port der WING verbunden werden. Anschließend drücken wir Setup -> Audio -> Sync Source und wählen hier „Internal“.
Nun kann wie gewohnt im Routing-Menü die Zuweisung von Inputs zu Objekten erfolgen.
Trick: Multi-Channel E-Drums mit AES50
Welcher Tontechniker kennt das nicht? E-Drums sind eigentlich eine großartige Erfindung – wären da nicht die Fälle, in denen sie nur auf einem Stereo-Kanal zum FOH geschickt werden. Außerdem haben viele E-Drum-Module nicht einmal genügend Outputs. Oft sind diese auch noch unsymmetrisch, sodass zahlreiche DI-Boxen und weitere Verkabelungen erforderlich wären.
Die Alternative: Einen Laptop anschließen und die einzelnen Mikrofonpositionen über ein Klark Teknik DN9630 oder an die WING senden. Dieses kleine Gerät funktioniert wie ein Audiointerface, gibt die Ausgänge jedoch nicht über XLR oder Klinke aus, sondern per AES50. So kann der Laptop bis zu 48 Kanäle gleichzeitig mit minimaler Latenz an die WING übertragen – und es wird dafür nur ein zusätzliches CAT5-Kabel benötigt.
Das Gleiche funktioniert selbstverständlich auch mit Backing-Tracks und für ein modernes MacBook ist sogar beides gleichzeitig absolut kein Problem.
Personal Monitoring mit der WING
Behringer P16-M
Der aufmerksame Leser hat es möglicherweise schon bemerkt: An der Behringer WING fehlt ein ebenso bewährter Anschluss wie die AES50-Schnittstelle — der Ultranet-Port. Dieser wird vor allem für die Nutzung der Powerplay P16-M Personal Mixer verwendet. Auch wenn dies zunächst überraschen mag: Keine Sorge, das P16-M wird weiterhin unterstützt. Allerdings ist dafür nun eine Stagebox wie die SD16 oder SD8 erforderlich. Alternativ lässt sich auch ein Klark Teknik DN4816U nutzen, doch dazu später mehr.
Wenn die Stagebox wie oben beschrieben ordnungsgemäß mit der WING verbunden ist, kann das P16-M an einen der Ultranet-Ports angeschlossen werden. Um ein Signal an das P16-M zu senden, muss im Routing-Menü der WING der entsprechende AES50 Output-Tab ausgewählt werden. Die Ultranet-Kanäle sind auf die letzten 16 AES50-Kanäle gemappt. Das bedeutet: Ultranet Kanal 1 entspricht AES50 Kanal 33, Ultranet Kanal 2 entspricht AES50 Kanal 34 und so weiter, bis zu Ultranet Kanal 16, der AES50 Kanal 48 zugeordnet ist.
Durch das flexible Routing der WING kann hierbei jegliche Signalquelle ausgewählt werden: Von USB-Card Inputs die Cues direkt zum P16-M leiten, einen separaten Drum-Mixbus für das In-Ear-Monitoring anlegen oder das Signal eines Talkback-Mikrofons an die Musiker senden – alles ist möglich.
MIDAS DP48
Natürlich lässt sich auch das DP48 von MIDAS mit WING verwenden. Dafür wird der AES50-Eingang des DP48 mit einem beliebigen AES50-Port der WING verbunden. Anschließend können, ähnlich wie beim P16-M, Signale an das DP48 gesendet werden – allerdings stehen hier bis zu 48 Kanäle zur Auswahl.
Nachdem das DP48 verbunden ist, lassen sich im entsprechenden Output-Tab der WING die gewünschten Signale bzw. Objekte zuweisen.
Gleichzeitig verfügt das MIDAS DP48 über einen AES50-Rückkanal, der die Signale von Mix-A, Mix-B, Aux-In und den Ambient-Mikrofonen umfasst. Diese Signale können an der WING im Input-Tab des jeweiligen AES50-Ports abgerufen werden.
Falls die IEM-Funkstrecken an der Stagebox (AES50 Port A) stehen und das DP48 (AES50 Port B) nur als Controller und nicht als Kopfhörerverstärker genutzt wird, lassen sich die Inputs 1 und 2 des AES50-B-Ports im AES50-A Output-Tab auf die entsprechenden Ausgänge der Stagebox routen. Dadurch können die IEM-Funkstrecken direkt an der Stagebox angeschlossen werden.
X32 Rack als Monitormischpult
Eine sehr beliebte und günstige Möglichkeit, seinen Monitormix selbst zu gestalten, ist der Einsatz eines Behringer X32 Rack Digitalmixers als Monitormischpult auf der Bühne. Da auch das Behringer X32 Rack mit AES50 und Ultranet ausgestattet ist, stehen hier zahlreiche Optionen zur Auswahl, um Musiker mit einem eigenen Mix zu versorgen. Wer möchte, nutzt gleichzeitig noch die analogen Eingänge des X32 Rack als Stagebox und sendet diese über AES50 zum WING Digitalmischpult an der FoH-Position zurück. Auf diese Weise lassen sich 16 zusätzliche analoge Eingänge generieren.
Monitore oder IEM-Strecken werden entweder an den XLR-Ausgängen oder den AUX-Klinkenausgängen des Behringer X32 Rack Digitalmixers angeschlossen. Alternativ lassen sich auch Behringer P16-M über Ultranet anschließen, die dann über ihren Kopfhörerausgang oder den Line-Ausgang den daran erstellten Mix auf Kopfhörer oder Monitorbox ausspielen. Der mit dem Erscheinen von WING Compact und WING Rack fast halbierte Preis für das Behringer X32 Rack macht diese Option sehr beliebt. Selbst eine Kompatibilität zu StageConnect lässt sich mittlerweile über die kleine Klark Teknik DN4816U Box herstellen.
AES/EBU
Neben dem AES50-Protokoll bietet WING auch einen Port für AES/EBU. Dieses digitale Protokoll ermöglicht die Übertragung von zwei Monosignalen über ein einzelnes XLR-Kabel. Der große Vorteil dabei ist, dass keine AD/DA-Wandler benötigt werden, sofern das Zielgerät dieses Protokoll unterstützt. So gibt es auf dieser Ebene keine Klangverluste.
Die AES/EBU-Signale werden in einem separaten Output-Tab geroutet, in dem – ebenso wie bei der AES50-Schnittstelle – alle konfigurierten Signale bzw. Objekte zugewiesen werden können.
Zu beachten ist, dass die Impedanz des verwendeten XLR-Kabels für die AES/EBU Anwendung geeignet ist – also 110 Ohm entspricht. Solche Kabel kommen zum Beispiel auch bei der Übertragung von DMX-Steuersignalen für Licht zum Einsatz.
StageConnect als neue Alternative
Neben den zuvor genannten Anschlüssen und Protokollen verfügt die Behringer WING über ein neues Protokoll: StageConnect. Damit können insgesamt 32 Signale über ein einziges XLR-Kabel übertragen werden. Allerdings sind es nicht 32 Hin- und 32 Rückkanäle, sondern insgesamt 32 Kanäle. Wer also 20 StageConnect-Inputs an der WING benötigt, hat noch 12 StageConnect-Outputs zur Verfügung.
Die Konfiguration erfolgt im Routing-Menü unter Source-Group -> StageConnect -> SC Configuration.
Anschließend können StageConnect-Stageboxen wie gewohnt mit der Wing verbunden, geroutet und genutzt werden. Der Vorteil dieses Systems liegt im Kabeltyp: Für StageConnect können Standard-XLR-Kabel oder DMX-Kabel verwendet werden, um Signale mit 24 Bit und 44,1/48 kHz zu übertragen. Spezielle StageConnect Stageboxen sind bereits erhältlich.
Die Luxuslösung: Dante
Behringer WING bietet, ebenso wie das X32, sogenannte Expansion Cards. Aktuell ist nur eine Dante-Karte verfügbar.
Für die Dante-Schnittstelle an der WING muss keinesfalls der 64×64 Kanal SD-Karten-Recorder/Player „geopfert“ werden, denn anders als das Behringer X32 ist WING mit einem zweiten internen Expansion-Port ausgestattet, der das Audinate Brooklyn-Modul, das auf der von Behringer angebotenen Dante-Card sitzt, aufnehmen kann. Genutzt werden dann die Ethernet-Ports von WING, um das Pult zu steuern und die DANTE-Signale auszugeben.
Allerdings muss dafür das Mischpult geöffnet und unbedingt eine spezielle Firmware auf das Brooklyn-Modul aufgespielt werden, da sonst das Mischpult nicht mehr per Ethernet ferngesteuert werden kann. Eine Anleitung dazu gibt es hier. Alternativ kann natürlich jederzeit der SD-Card-Recorder zugunsten von Dante aus dem frei zugänglichen Expansion Port „ausziehen“.
Während AES50 und StageConnect proprietäre Protokolle sind und somit nur innerhalb der Music Tribe Unternehmensgruppe verwendet werden, ist Dante bei professionellen Anwendern der Standard. Veranstaltungstechnik-Firmen müssen ihren Fuhrpark nicht auf eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Protokoll ausrichten, sodass jede Stagebox auf jedes Pult passt.
Das Prinzip hinter Dante ist jedoch völlig anders. Während AES50 und StageConnect als Point-to-Point-Verbindungen fungieren, ist Dante netzwerkbasiert. Es ermöglicht Direktverbindungen zwischen allen Geräten, die im Netzwerk konfiguriert sind.
Die Konfiguration des Dante-Netzwerks erfolgt wie gewohnt über die Dante Controller-App. An der WING können die 64 anliegenden Inputs und 64 anliegenden Outputs im Routing-Tab „EXP CARD“ abgerufen werden.
Zusammenfassung
Die Behringer WING bietet genügend Möglichkeiten, die vorhandenen I/Os zu nutzen und zu belegen. Wichtig ist, dass man sich, besonders bei Festaufbauten, einen Plan macht, welches Protokoll, welcher Port und welches Gerät für welche Signale benötigt wird. Ein solcher Routingplan kann zwar sehr komplex werden, aber er hilft, die Übersicht zu behalten.
Verteiler wie der MIDAS HUB4 oder das Behringer Powerplay P16-I-Modul bieten zusätzliche Optionen im Signalmanagement. Das neue Routing und das Arbeiten mit Objekten an der WING erleichtern es enorm, den Überblick nicht zu verlieren.
Für Verleiher ist die Erweiterung der WING mit einer Dante-Karte ebenfalls eine interessante Option, um ihren Fuhrpark einheitlich zu halten, während semi-professionelle Anwender sich über die verhältnismäßig geringen Preise der AES50-Geräte freuen können.
Es ist wirklich beeindruckend, wie sich die eigenen Ansprüche durch den Zukauf verhältnismäßig günstiger Hardware anpassen lassen. Und die Flexibilität dieser „Audiozentrale“ erstaunt mich. Wenn man das alles sieht, merkt man unter Umständen auch sehr schnell, dass das Wing für die eigenen Bedürfnisse etwas zu überdimensioniert ist ^^. Interessant fand ich besonders die Lösung für die E-Drums. Aber ich muss zugeben, dass mir die Lösung mit einer Stagebox lieber ist, auch wenn das mit Einschränkungen verbunden sein kann. Aber ich mag die Vorstellung mit einem Computer live zu arbeiten immer noch nicht (auch wenn das inzwischen in jedem nur erdenklichen Sektor der Live-Unterhaltung ganz normal ist). Aber man hat ja die Möglichkeit es genau so zu machen wie es einem am besten passt.
Danke jedenfalls für den 4. Teil :)
Finde es auch prima, dass solche Themen hier zur Sprache kommen. „Lies doch einfach das Handbuch“ ist bei fast allen Behringer Produkten keine Lösung und diese Mixer sind komplex und benötigen den einen oder anderen Hinweis, selbst, wenn ich mit so ähnlichen Modellen schon gearbeitet habe. Thx
@Tai So ist es. Ich habe trotz der vielen Jahre mit dem X32 und der Workshops, die ich dafür geschrieben habe, am letzten Wochenende auch wieder eine Sache gesucht, die ich schon oft genutzt habe. Wenn man bei den komplexen Mischpulten nicht dran bleibt, ist das alles schnell wieder weg. Ich könnte vermutlich heute noch eine analoge Neve Inline Konsole im Studio bedienen, das Outboard patchen, das 480L mit der LARC bedienen und 24 Tracks auf die Studer bringen, während der Mac mit Logic per SMPTE mitläuft und die MIDI Expander wie JV1080 oder AKAI S-Klasse Sampler oder EMU Sampler steuert. Heute ist eine WING komplexer als früher das komplette Studio.