Weniger Griffbrett - mehr Möglichkeiten!
Es gibt sie immer wieder im Leben eines Gitarristen, die Situationen, bei denen man sich bei Betrachtung eines Equipments unweigerlich und unmittelbar die Frage „Was soll das?“ stellt. Wir reden gar nicht von dem offensichtlichen Kasperletheater im Stil eines Yngwie Malmsteen, von dessen 20 oder mehr Topteilen und passenden Boxen auf einer Bühne zwar alle LEDs leuchten, aber nur ca. zwei Amps eingeschaltet sind, sondern vielmehr von zuweilen kleinen Detaillösungen, die auf den ersten Blick recht merkwürdig, auf den zweiten Blick hingegen zuweilen recht interessant erscheinen. Die Rede ist von einer Nische im Gitarrenbau, dem ausgehöhlten Griffbrett oder neudeutsch Scalloped Fretboard.
Die Idee hinter dem Scalloped Fretboard
„Ausgehöhltes Griffbrett, was soll denn dieser Blödsinn?“ Zugegeben, wer ein Instrument mit einem Scalloped Fretboard das erste Mal in der Hand hält, kann sich dieser dezenten Pöbelattacke nicht ganz erwehren. Auch ich war sehr skeptisch, als ich vor vielen Jahren das erste Mal ein solches Instrument in der Hand hielt und nicht viel damit anfangen konnte. Dies sollte sich jedoch noch gehörig ändern, später mehr dazu. Schauen wir uns doch zunächst einmal das bearbeitete Griffbrett im Detail an.
Wozu überhaupt ein Griffbrett? Saiteninstrumente jenseits der Gitarre wie z. B. die Geige bis hinab zum Kontrabass kommen doch auch seit Jahrhunderten ohne die Metalleinlagen im Griffbrett zurecht? Nun, der Grund liegt in einem sinnvollen und in einem praktischen Aspekt. Der Sinnvolle liegt in der Funktion der Gitarre als Akkordinstrument. Neben dem Klavier und seinen Abwandlungen ist die Gitarre nebst verwandten Instrumenten wie Laute etc. das einzige Instrument, das einen Künstler auf Akkordbasis begleiten kann. Jetzt kommt mir bitte nicht mit Technikgiganten wie Victor Wooten etc. Ja, natürlich können solche Künstler ihr Instrument aufgrund ihrer unglaublichen Fähigkeiten auch zu einem Akkordmonster aufblasen, aber einen Tommy Emmanuel auf der Gitarre kriegt nicht einmal ein Victor Wooten hin.
Einen Barreakkord bekommt man auch noch auf einem bundlosen Instrument einigermaßen hin, sobald die Finger allerdings mit einem Versatz arbeiten müssen, setzt einem die natürliche Anordnung der Knochen und Sehnen jede Menge Steine in den Weg. Wer jemals eine der wenigen bundlosen Gitarren, die z. Zt. weltweit gebaut werden, in die Hand bekommt, kann gerne einmal versuchen, ein A#-Dur über 5 oder 6 Saiten an einem Griffbrettpunkt seiner Wahl ohne Interferenzen zu greifen. Viel Spaß beim Versagen, es geht einfach nicht aus dem Stand, von einem flüssigen Einsatz in einem Song ganz zu schweigen.
Also ging man hin und setzte in mathematisch abgestimmten Abständen Metallstifte quer zum Griffbrett, um den Auflagepunkt der Saite immer gleich zu haben, mehr oder minder losgelöst davon, ob der Finger unmittelbar hinter dem Bundstäbchen oder 1 cm weiter Richtung Sattel aufgesetzt wurde. Dies ist zugleich auch der praktische Aspekt des Griffbretts, es erleichtert das Akkordspiel ungemein und ermöglicht es überhaupt erst. Das dennoch vorhandene Problem der temperierten Stimmung, dem man mit „verbogenen“ Bundstäben zu Leibe ruckt, lassen wir hier einmal außen vor, dies ist ein Thema für einen separaten Workshop.
Wo viel Licht, da auch viel Schatten. Zum einen konnte man nun, gerade wenn man mit Vintage Bunddraht arbeitet, nach Leibeslust mit einer ordentlichen Pranke Akkorde pressen und der Bunddraht sorgte für eine mehr oder minder gute Intonation. Aber dann kamen, wie kann es auch anders sein, die Sologitarristen und sahen den Schattenwurf. Um auch bei festem Saitendruck die Saitenstimmung nicht nach oben zu drücken, war er Bunddraht möglichst dünn, sodass das Griffbrett die Barriere für das Überdehnen der Saite bildete.
Wollte man aber nun ein intensives Fingervibrato ansetzen oder Bendings auf seiner Gitarre praktizieren, „rubbelt“ der Finger natürlich jedes Mal dabei einem Radiergummi gleich ordentlich über das Griffbrett, was sich bei beiden Spieltechniken kontraproduktiv auswirkt. Bei einem bundlosen Instrument setzt man Vibrato generell längs zur Griffbrettachse an, was bei einem bundierten Instrument zwar auch marginal möglich ist, jedoch über einen dezenten Vibratoschimmer nicht hinaus gehen kann. Was intensiver geführt werden will, muss in Form des Quervibratos umgesetzt werden, wobei wir wieder beim Radiergummi sind.
Wer genau das erste Mal zu Hobel und Feile gegriffen hat, um das Griffbrett auszuhöhlen, lässt sich nicht eindeutig sagen. Musiker wie John McLaughlin oder Ritchie Blackmore werden immer wieder genannt, ob diese jedoch die Idee woanders aufgeschnappt haben, lässt sich nicht sagen. Bei einem Scalloped Fretboard setzt nunmehr der Finger nicht mehr auf dem Griffbrett auf, was völlig neue Möglichkeiten auf der Gitarre eröffnet.
Der Fender precision war der erste Bass der Bünde hatte, und man nannte ihn precision weil man erstmals den Ton präzise treffen konnte ohne sich ab zu mühen. Eine tolle Idee die dazu führte dass heute fast alle Bässe nur noch bundirt sind.
Ich habe mal selbst eine Gitarre gefeilt, und ich muß sagen, super geworden, auch das Gitarren spielen geht damit sehr gut. Jedoch es ist keine Revolution wie das Bundstäbchen.