Die phrygische Skala, Theorie und Anwendung Gitarre lernen für Anfänger
Unser neulich veröffentlichter Tonleiter-Workshop für Anfänger begann mit der „Mutter aller Tonleitern“, der C-Dur-Tonleiter. Dieser sollte vollständig verstanden sein, bevor man sich mit den „sogenannten Modi“ einer Dur-Tonleiter beschäftigt. Im heutigen Workshop werden wir uns mit einer weiteren Tonleiter, genannt „Phrygisch“, beschäftigen. Die phrygische Skala, eine der sogenannten „Kirchentonleitern“ bzw. (Modi) hat in der Praxis enorm viele Einsatzmöglichkeiten und sollte fester Bestandteil des Repertoires eines improvisierenden Musikers bzw. Gitarristen gehören. Bevor wir uns der Praxis widmen, seien vorher der Vollständigkeit halber noch kurz einige theoretische Fakten erwähnt.
Gitarre lernen für Anfänger: Phrygische Skala – Aufbau
Die phrygische Skala besitzt die folgenden Bestandteile:
Grundton (1) , kleine Sekunde (b2) , kleine Terz (b3), reine Quart (4), reine Quinte (5), kleine Sexte (b6) und kleine Septime (b7).
Die beiden Halbtonschritte befinden sich in dieser Skala zwischen dem 1. und 2. bzw. 5. und 6. Ton, daraus ergibt sich die folgende Anordnung der Halb- bzw. Ganztonschritte:
HT – GT – GT – GT – HT – GT – GT
Gitarre Tutorial: E – phrygisch entspricht C-Dur
E-phrygisch könnte man als „Tochter“ einer C-Dur-Tonleiter (C – D – E – F – G – A – H – C) bezeichnen, denn beide Skalen besitzen exakt die gleichen Töne. Man könnte also durchaus feststellen:
E-phrygisch = C-Dur
E-phrygisch „beginnt und endet“ jedoch beim dritten Ton der (C-)Dur-Tonleiter:
E – F – G – A – H – C – D – E
Hinweis: Es sei angemerkt, dass hier die deutsche Bezeichnung für die Note H gewählt wurde. Im internationalen Sprachgebrauch wird das deutsche H als B bezeichnet, was letztlich logischer ist, da die Töne dann dem ABC entsprechen. Das H würde bei der Eingabe von den gängigen Notenschreibprogrammen erst gar nicht akzeptiert. Da dies ein deutschsprachiger Workshop ist, verwende ich jedoch die deutsche Bezeichnung.
C-Dur und E-phrygisch (oder auch D-dorisch) sind quasi interaktiv einzusetzen, so kann der heutige Workshop mit den vorherigen kombiniert werden, um alle drei bisher gelernten Skalen zu verwenden und damit zu experimentieren.
Tonleiterübungen – phrygische Skala – weitere Tonarten
Analog hierzu bedeutet dies:
H – phrygisch = G-Dur = E-Moll
C# – phrygisch = A-Dur = F#-Moll
F# – phrygisch = D-Dur = H-Moll, etc.
Gitarre Workshop: phrygische Skala in der Praxis
In der Praxis eines Gitarristen wird beispielsweise die E-phrygische Skala gerne in der ersten Lage (den ersten drei Bünde) begonnen, da der Bezugspunkt bzw. Grundton der Skala (hier E) u. a. auf der leeren tiefen E-Saite liegt. Gitarristen denken häufig in „Boxen“, in der die zu spielenden Töne in einer Spanne von z. B. 4-5 Bünden zu finden sind, also eine bestimmte Lage abdecken.
So sieht die phrygische Skala in der ersten Lage auf der Gitarre aus:
Die Note C ist durchsichtiger Kreis dargestellt, da C der Grundton der „Mutterskala (C-Dur) ist.
Um sich einen klanglichen Eindruck der phrygischen Skala zu verschaffen, hören wir uns diese zunächst einmal an:
Und so wird es gespielt:
Absteigend gespielt klingt dies so:
TAB:
Natürlich kann dies „Box“ auch am 12. Bund eingesetzt werden, um auch „höhere Gefilde“ zu erreichen bzw. zu nutzen.
Technisch etwas anspruchsvoller gestaltet sich das Spielen der Skala in Achteltriolen. Wir hören die Skala auf- und absteigend:
TAB:
Hierbei sollte die rechte Hand den Wechselschlag anwenden, d. h. jeder Anschlag mit dem Plektrum sollte abwechseln abwärts und aufwärts erfolgen und dies ohne Ausnahme. Man sollte die Skala zunächst gut „unter den Fingern haben“, bevor man sich auch der Improvisation widmet.
E-phrygisch über Akkorde der C-Dur-Familie
Hören wir die E-phrygische Skala zunächst in einem typischen C-Dur Kontext. Hier kommen die Standard-Akkorde C-Dur (Tonika), F-Dur (Subdominante) und Dominante (G-Dur) zum Einsatz. Eine Improvisation darüber könnte beispielsweise so klingen:
Wie man hören kann, passt e-phrygisch wunderbar, da diese die Töne von C-Dur enthält.
„Das kommt mir etwas spanisch vor“
Setzt man die phrygische Skala in einem anderen Akkordschema (und etwas anders phrasiert) ein, bekommt diese sofort einen „spanischen“ Charakter.
Dabei kommt uns folgender Zusammenhang zugute:
E-Phrygisch = C-Dur = a-Moll
(Mit a-Moll ist hier die sogenannte natürliche Moll-Tonleiter gemeint)
Gerne wird die E-phrygische Skala in der Praxis in folgender „spanisch“ klingenden Kadenz eingesetzt. Die „Flamenco-Interessierten“ haben diese Kadenz sicherlich schon gehört, diese wird auch in Tausenden von Pop-Songs eingesetzt, beispielsweise auch in Don´t Let Me Be Missunderstood, Sultans Of Swing (in Dm), etc.
Kadenz in a-Moll: Am – G – F – E
Eine Improvisation über diese Akkorde mit der E-phrygischen Skala könnte etwa so klingen:
Gitarre für Anfänger – Aufpassen beim E-Dur-Akkord
Beim Improvisieren über diese Akkordfolge taucht hier allerdings ein kleines Problem auf, welches es zu berücksichtigen gilt. Der letzte Akkord dieser Akkordfolge enthält nicht nur ausschließlich Komponenten der a-Moll-Tonleiter. Der E-Dur-Akkord (E – G# – H) verlangt ein G#, welches die Dur- (große) Terz des Akkordes ist. Erklänge die Note G über den E-Dur, wäre dies sehr unpassend, da das G (b3 bzw. #9 des Akkords) und G# (große Terz des Akkords) sich unangenehm rieben. Deswegen habe ich, wie ihr wahrscheinlich gehört habt, für die Dauer des E-Dur-Akkords, alle Gs durch ein G# ersetzt. Erklingt dann wieder der A-Moll-Akkord (oder F-Dur, G-Dur), passt das G natürlich wieder gut.
Merke:
Man kann die phrygische Skala also einfach „modifizieren“ und das G (die dritte Note) durch das G# ersetzen (einen Halbton erhöhen), um den Akkordtönen des E-Dur gerecht zu werden. Somit erhalten wir folgende Skala:
E – F – G# – A – H – C – D – E
Diese trägt die Bezeichnung HM5, bzw. „phrygisch dominant“ und ist eine „Tochter“ der sogenannten harmonisch Moll-Skala. Deren Theorie und Anwendungsmöglichkeiten wird Thema eines weiteren AMAZONA.de Workshops sein und soll hier nicht intensiver beleuchtet werden, da es den Rahmen des heutigen Themas sicherlich sprengen würde.
Stay tuned!
Ich habe eine ganz große Verständnisfrage. Warum ist die tonleiter phrygisch, insbesondere, wenn ich sie zur Improvisation auf a-moll verwende? Nur weil sie auf dem tiefen E anfängt? Was eine Tonleiter ausmacht ist doch neben dem Tonvorrat der Startton und entsprechend die melodischen Wendungen. Daher klingt a-moll ja auch deutlich anders als c-dur. Und e-phrygisch natürlich nochmal anders…. mir würde es daher eher weniger einfallen, eine e-phrygische Melodie mit den Akkorden von a-moll (d-moll und E-Dur) zu harmonisieren bzw. Über die a-moll kadenz eine e-phrygische Melodie zu spielen…
Bzw, wie harmonisiert man e-phrygisch? Auf H, der Dominante, kann man ja leider weder einen Dur- noch nen moll-akkord basteln…
Weiß nicht ob ich Deine Frage richtig verstehe, aber ja, wenn Du die C-Dur Tonleiter von E aus bildest, bist Du phrygischen Modus (bei F im lydischen usf). Wenn Du, bei E beginnend, Terzen schichtest, erhälst Du: Em7, Fmaj7, G7, Am7, Bm7b5, Cmaj7 und Dm7. Meintest Du das ?
Ok, dann heißt also „e-phrygischer modus“ auf der Gitarre soviel wie „Tonvorrat diatonisch c mit tiefstem Ton E“ ?
Wenn Du es so ausdrücken willst, ja, aber das gilt ja nicht nur für Gitarre. Allgemeiner: der phrygische Modus wird auf der III. Stufe der (diatonischen) Skala gebildet.
Andere Beispiele: Wenn Du im Quartenzirkel zur nächsten Tonart F-Dur gehst, hättest Du a-phrygisch, also von a bis g. Oder umgekehrt bei gleichem Stammton C: C-ionisch = C-Dur, C-dorisch= Bb-Dur, C-phrygisch = Ab-Dur usf.
Interessant ist ja, dass die Scale HM5 phrygisch dominant, ja eigentlich wieder der harmonischen A-moll Tonleiter entspricht. ..
Ich glaube, es herrscht ein großer Denkfehler vor, Die hier gennannte Tonleiter ist mitnichten E-Phrygisch sondern Hypo-Aeolisch. ;-)
…. nein „Hypo-allergisch“ :-D, aber Scherz beiseite. Eure Beiträge sind korrekt. Wie ihr richtig festgestellt habt: E-HM5 = A-harmonisch Moll.
„e-phrygisch“ heißt (unabhängig vom Instrument) „Tonvorrat diatonisch c mit tiefstem Ton E. Da e-phrygisch ja dasselbe Tonmaterial wie C-Dur besitzt, findet man beim Harmonisieren auch die Drei- bzw. Vierklänge von C-Dur: C maj7, Dm7, Em7, F maj7, G7, Am7 und Hm7b5 wieder.