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Workshop Kompression: Was genau macht ein Kompressor?

Grundlagen der Musik-Kompression

28. Oktober 2020

Vorwort der Redaktion

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Dies ist ein kurzer und knackiger Workshop für Neulinge rund um die Kompression.

Ausgangslage: Sound ohne Kompression

Wer kennt das nicht, da klingt doch z. B. das Schlagzeug nach dem Abmischen klar und differenziert, aber irgendwie zu brav. Selbst der dezente Einsatz von Effekten bringt nicht das gewünschte Ergebnis. Man möchte, dass das Schlagzeug druckvoller klingt und mehr in die Magengrube schlägt. Druck – Komprimierung? Klar – Abhilfe schafft hier ein Kompressor. Diese Weisheit dürfte für alle keine neue Einsicht sein, jedoch wie oft hört man, dass zwar ein Kompressor eingesetzt wurde, das aber leider total daneben ging? Ich rede hier vom gefürchteten „Pumpen“ der Musik, d. h. sobald ein lautes Instrument aufspielt und gleichzeitig mit z. B. dem Schlagzeug spielt, drückt dieses Instrument (mit Vorliebe handelt es sich dabei um einen Basssound) das Schlagzeug im Gesamtmix nach unten. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein! Der größte Irrtum bei der Benutzung von Kompressoren scheint zu sein, diese immer in der Summe des Mainmix einsetzen zu wollen. Das ist natürlich nicht immer verkehrt, wie wir später noch sehen werden, scheitert jedoch zumeist an mangelnder Kenntnis der Funktionsweise eines Kompressors.

Die Funktionsweise eines Kompressors

Bevor Tipps und Tricks rund ums Komprimieren fruchten können, zunächst ein kurzer Ausflug in die Theorie dieser Dynamik-Prozessoren. Das ist auch gleich das erste Stichwort. Kompressoren beeinflussen die Dynamik eines Audiosignals, d. h., wenn Equalizer den Frequenzgang manipulieren, so manipulieren Kompressoren die Amplituden (oder Pegel) des Signals. Bei den Equalizern sind diese Parameter (siehe Folge 1): Frequenz [Hz], Gain [dB] und Bandbreite [Okt/Hz]. Bei Kompressoren sind das (mindestens) die Parameter: Threshold [dB], Ratio [a/b], Attack [ms] Release [ms] und Gain [dB].

Wie man sieht, kommt hier eine neue Dimension der Kontrolle ins Spiel: die Zeit. Equalizer arbeiten im Gegensatz zu Kompressoren zeitunabhängig. Was genau leisten Kompressoren also? Man kann einem Eingangspegel in dB (wird im Kompressor gemessen) einen bestimmten Ausgangspegel zuweisen und festlegen, wie schnell diese Zuweisung einsetzt und auch wie lange sie ausklingt. Abb.1 verdeutlicht das. Die Parameter heben dabei folgende Funktionen: Threshold (engl.: Türschwelle) gibt an, bei welchem Pegel der Kompressor anfängt, in das Signal einzugreifen. Ratio wird in einer Verhältniszahl angegeben und sagt aus, mit welchem Verhältnis ab der Threshold-Schwelle der Eingangspegel dem Ausgangspegel zugeordnet wird. Bei einem Kompressionsverhältnis von 1:1 liegt keine Kompression des Signals vor.

Die stärkste Kompression erreicht man bei einem Verhältnis von oo:1 (unendlich zu eins), was einem Limiter entspricht. Attack gibt an, wie lange die Verzögerung zwischen dem Erkennen des erreichten Threshold-Pegels und Anwendung der eingestellten Kompressions-Ratio ist. Release entspricht dann der Zeit, in der die Ratio noch angewendet wird, nachdem der Threshold-Pegel wieder unterschritten wurde. Mit dem Gain-Regler schließlich kann man das komprimierte Signal nach der Bearbeitung wieder anheben.

2_04--Abb1.gif

Deswegen pumpt es

Jetzt kann man verstehen, wie es dazu kommt, dass die Musik „pumpt“, wenn der Kompressor in der Summe eingesetzt wird und ein Basssound einsetzt. Wenn die Pegelspitzen des Signals ohne Basssound gerade eben die Threshold-Schwelle erreichen, findet nur eine minimale Kompression statt. Ist dann zusätzlich noch eine hohe Ratio (über 10:1) eingestellt und setzt dann ein Basssound ein, dessen Pegel über der Threshold-Schwelle liegt, wird das ganze Signal gedrückt. Setzt der Basssound wieder aus, wird das Signal wieder angehoben – die Musik ‚pumpt‘.

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Wellenform ohne Kompression

Wie es richtig geht

Aber wir wollen uns natürlich nicht ausschließlich damit beschäftigen, wie man Kompressoren nicht einsetzt. Wie gesagt ist die Kompression des Summensignals nicht grundsätzlich falsch. Generell sollte jedoch hier die Bemerkung erlaubt sein: Wenn der Mainmix schon nach nichts klingt, bringt auch eine angemessene Kompression nichts mehr. Genau das war auch im Beispiel des Pumpens der Fall – hier war der Basssound einfach zu laut im Verhältnis zum restlichen Signal. Die Summenkompression ist daher nur für den letzten Schliff zuständig und kann an dieser Stelle keine Wunder mehr bewirken. Hat man also einen passablen Gesamtmix anliegen, kann man die Ausnutzung der Dynamik jedoch noch entscheidend verbessern. Heutzutage wird in jedem noch so kleinen Projektstudio das Endergebnis eines Mixdowns auf ein digitales Medium aufgenommen, sei es DAT, CD-ROM oder die Festplatte des Rechners.

Das Problem dabei ist, dass kleine Pegelspitzen im Summensignal über die magische (digitale) 0 dB Grenze springen können und so sehr unschöne digitale Verzerrungen entstehen. Man kann den Aufnahmepegel des Aufnahmegerätes senken, wodurch aber auch natürlich das ganze Signal leiser aufgenommen wird. Man kann aber auch mit dem Kompressor, der im Main Insert eingeschleift ist, diese Pegelspitzen „aufspüren“ lassen und eliminieren. Das geht so: Zunächst einmal sollte klar sein, an welchen Stellen die Pegelspitzen auftreten. Das ist sehr leicht herauszufinden, arbeitet man mit einem MIDI-Setup und Sequencer-Spuren. Komplizierter wird das bei der Aufnahme von Live-Musikern. Diese sollte man bitten, einen Testlauf zu machen, um so eine Vorstellung von den kritischen Stellen und in Frage kommenden Instrumenten zu bekommen. In diesem Falle der Aufnahme von Live-Musik ist es jedoch sinnvoller, mit einem Mehrspur-Recorder zu arbeiten und erst beim Überspielen des Signals auf das Aufnahmemedium die Summenkompression anzuwenden. Hat man die entsprechenden Stellen entdeckt, tastet man sich langsam an die richtige Einstellung heran. Es ist empfehlenswert, den Sequencer im Loop-Modus zu betreiben, so kann man am besten die Pegelspitzen ausbügeln. Also, Kompressor-Einstellungen auf neutral – Threshold: 0 dB, Ratio 1:1, Gain 0 dB. Attack und Release auf die kleinste Zeit einstellen (diese ist von Kompressor zu Kompressor unterschiedlich und eines der wesentlichen Qualitätsmerkmale von Kompressoren; je kleiner, desto besser, kann man als Faustregel nennen).

Das Signal verlässt den Kompressor also genau so, wie es hineinging. Man sieht sich nun genau den Aufnahmepegel an, am besten am Aufnahmegerät selber. Wahlweise kann man auch den Summenpegel des Mischpultes zu Rate ziehen. Dabei geht allerdings die Referenz zum digitalen Pegelmaximum von 0 dB verloren. Man beobachtet den Pegelunterschied zwischen dem durchschnittlichen Summensignal und den auftretenden Pegelspitzen. Diesen Wert stellt man dann am Kompressor als Threshold-Pegel ein (bei einem Unterschied von 3 dB stellt man dann einen Threshold von -3dB ein). Die hier angegebenen numerischen Werte beziehen sich allerdings auf ein System, das an die digitale Aufnahmeumgebung angepasst ist, sprich an 0dB Maximalpegel. Welche Einstellung also für die eigene Anlage gilt, muss jeder für sich herausfinden. Hören oder sehen kann man jetzt noch keine Veränderung. Dies geschieht erst, wenn man den Kompressionsfaktor, die Ratio, einstellt. Bei solchen Pegelspitzen, die als „Ausreißer“ bezeichnet werden können, ist eine Ratio von über 10:1 empfehlenswert. „Da passiert ja immer noch nichts“, mag jetzt manch einer sagen. Das hat folgenden Grund: Der Release ist zu niedrig eingestellt, d. h. die Kompression greift nicht lange genug, um die Pegelspitzen völlig zu eliminieren. Dreht man den Release-Wert nun langsam hoch, verschwinden die Pegelspitzen.

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Wellenform nach der Kompression

Das Ergebnis der Bemühungen

Die Frucht der Arbeit: Man kann den gesamten Mix jetzt (in unserem Beispiel) 3 dB höher aussteuern. Ob die Aussteuerung am Aufnahmegerät geschieht oder am Gain-Regler des Kompressors (der übrigens genau diesem Zweck dient, dazu mehr im zweiten Teil über Kompressoren), ist nicht von Belang. Diesen Einsatz eines Kompressors, der hier beschrieben wurde, bezeichnet man auch als Limiter. Man kann sich den gewonnen Lautstärkeunterschied im Klangbeispiel ‚example 1‘ und ‚example 1 limit@ -3 dB gain +3 dB‘ anhören. Bei dem Beispiel ‚example 1‘ wurde das Schlagzeug im Verhältnis zu den anderen Instrumenten zu laut aufgenommen und so Dynamik verschwendet. Die Kompression wurde mit einem einfachen digitalen Kompressor durchgeführt, wie er in vielen Klangbearbeitungsprogrammen zu finden ist. Ein analoger Kompressor, wie er im Live-Einsatz verwendet wird, arbeitet aber natürlich nach dem gleichen Prinzip.

Und nun am besten gleich zu Teil 2 springen: Wie komprimiert man Bass und Schlagzeug?

HIER DER LINK

Im nächsten Teil des Recording-Workshops werden die Anwendungen von Kompressoren für einzelne Instrumente im Mix erläutert. Zudem kann man mit Kompressoren auch noch einige Spezialeffekte erzielen, die man nicht so unbedingt erwarten würde.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    astral_body

    Super Timing!
    Nachem ich mir FMR Kompressoren zugelegt habe, wollte ich mich ohnehin in der kälteren Jahreszeit etwas fortbilden und mal etwas mehr Hintergrundwissen erwerben.

    Da kommt der Artikel genau richtig
    Vielen Dank für die Mühe :-)

  2. Profilbild
    liquid orange AHU

    Nicht nur kurz und knackig, sondern auch verständlich! Besten Dank :-)

    Beim Audiobeispiel fand ich jetzt erst das Ausgangssignal besser, was mich irritiert hat. Aber als ich das komprimierte Signal für mich gleich laut einstellte merkte ich den Unterschied besser. Wurde ja früher deutlich im „Loudness War“ genutzt. Wer sich da mal wirklich einlesen will, dem seien diese Publikationen empfohlen:
    https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/10151/file/J%c3%84GER,+MAXIMILIAN_BACHELORARBEIT.pdf

    https://www.psycharchives.org/bitstream/20.500.12034/2446/1/25_2015_05_RuthBullerjahn.pdf

  3. Profilbild
    Gunnar

    Vielen Dank dass ihr hier immer mal wieder die Anfänger abholt! Sehr verständlicher Artikel!

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Eig. Ganz einfach…die Kunst am verdichten heißt, das was man will nicht verloren geht…so und nun kommt die Kunst des eqs….also vergisst alle Kompressoren…bis auf paar wenige Hardware…Lautstärke ist ganz entscheidend gegenüber andere Elemente…

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