Wenn neue Software auf alte Hardware trifft
Algoriddim djay ist schon lange eine aufstrebende DJ-Software und wir durften sie schon für euch testen. In unserem letzten Test konnten wir die Software als Standalone auf dem iPad ausprobieren und waren überrascht, was damit alles möglich ist. Heute wollen wir unseren Blick etwas erweitern und freuen uns, dass so Jung und Alt in einem unerwartet guten Zusammenspiel zusammenarbeiten.
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Aber zunächst einmal: Die Software auf dem iPad hat uns extrem gut gefallen. Möglichkeiten ohne Ende, eine riesige Palette an Effekten, die aber fast alle einen sinnvollen Anwendungszweck haben und natürlich als Partner von Apple die Anbindung an Apple Music. Den Testbericht dazu findet ihr hier. Dass dieser Streamingdienst unterstützt wird, liegt wohl vor allem daran, dass die App tatsächlich auch mit dem VR Headset Apple Vision Pro funktioniert. Mal sehen, wann wir das für euch testen können.
Algoriddim djay – iPad-Version oder doch lieber die Desktop-Anwendung
Heute soll es aber erst einmal um das Zusammenspiel mit der Hardware gehen.
Denn eines ist klar, so gut es sich auch auf dem Tablet oder Computer per Touch oder Maus auflegen lässt, so richtig Spaß macht es doch erst, wenn man Hardware mit einbinden kann, oder?
Gerade für DJ-Software gibt es Controller ohne Ende. Ob 2-Kanal oder 4-Kanal, ob mit der Möglichkeit, weitere Geräte wie Mediaplayer oder Plattenspieler anzuschließen und sogar mit Standalone-Modi, die Grenzen werden eher durch den eigenen Geldbeutel gesetzt als durch irgendwelche Features, die es so noch nicht gibt.
Da diese meist recht kompakten Geräte dann auch noch meist günstiger sind als ein komplettes Setup, bestehend aus einem Mixer und zwei Plattenspielern oder DJ-Media-Playern, erfreuen sich diese Geräte einer nicht zu leugnenden Beliebtheit und auch wir können feststellen, dass wir in Sachen Hardware nichts annähernd so oft testen wie DJ-Controller. Aber unser Herz schlägt eigentlich für ein klassisches Setup ohne Computer.
Wir bezeichnen uns gerne als Künstler und diesen Anspruch haben wir auch, wenn wir in der DJ-Booth völlig freie Hand haben. Wir wollen hier keine Grundsatzdebatte vom Zaun brechen, sondern unsere Position darlegen, in der wir Auftritte in zwei Kategorien einteilen: künstlerisch oder dienstleistend.
Beides hat seine klare Daseinsberechtigung und auch wenn wir überwiegend Auftritte haben, bei denen wir freie Hand haben, gibt es auch Veranstaltungen, bei denen wir uns als absoluter Dienstleister sehen. Für uns ist es wichtig zu verstehen, in welche Kategorie ein Auftritt fällt. Zuletzt wurden wir für die Hochzeit eines befreundeten Paares gebucht. Das Ganze war für uns natürlich eine Ehre, diesen besonderen Tag begleiten zu dürfen und auch wenn uns gesagt wurde, dass es im Wesentlichen darum geht, unser Ding zu machen, war uns zumindest in gewissem Maße bewusst, dass Musikwünsche bei einem solchen Event eine absolute Rolle spielen. Das ist auch völlig in Ordnung! Unsere Überlegung war aber, wie kriegen wir das mit unserem Setup vernünftig hin?
Ein altes Setup wird neu aufgesetzt
Was unser Setup betrifft, so begrüßen wir sicherlich nicht das Neueste in unserer DJ-Booth, sondern Equipment, das uns noch nie im Stich gelassen hat und das wir auch nicht so einfach im Stich lassen können. Plattenspieler waren uns zu unhandlich und über mögliche Unebenheiten, die die Nadel zum Springen bringen könnten, wollten wir uns keine Gedanken machen müssen. So blieb es bei unseren beiden sage und schreibe zwölf Jahre alten Pioneer CDJ-350. Das Modell löste damals den beliebten CDJ-400 ab und konnte sogar die BPM-Zahl mit Nachkommastelle anzeigen.
Klein, aber fein kann man damit natürlich auch auflegen, wenn auch nicht ganz so glamourös wie mit zeitgenössischen Modellen. USB-Sticks lassen sich problemlos nutzen und in Kombination mit unserem Allen & Heath XONE 42 ist das Team schnell eingespielt. Unsere Musik können wir damit problemlos abspielen, aber da war ja noch die Sache mit den möglichen Songwünschen.
Der Vorteil Artikel für die DJ-Redaktion von AMAZONA.de zu schreiben, liegt hier natürlich auf der Hand, so kennt man sich mit vielen Programmen und Hardware aus und dachte schnell an die von uns getestete Software djay. Durch die Integration mit Apple Music sollten Songwünsche einfach gelöst werden und da wir im ersten Moment den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen haben, haben wir uns erst einmal einen USB-C-Adapter bestellt, um unser iPad einsatzbereit zu machen. Kurz darauf wurde uns klar, dass es die Software natürlich auch für den Mac gibt, warum also auf einem Touchscreen herumfummeln, wenn man eine Tastatur zur Hand hat? Vor allem, wenn man sich das Leben vielleicht auch mit Tastaturkürzeln erleichtern kann?
Na gut, dachten wir, so langsam wird’s ein Schuh oder ein DJ-Setup. Aber Moment mal, wollen wir jetzt wirklich neben unserem Setup aus CDJs noch Übergänge mit der Maus machen? Nein, natürlich nicht. Eine Lösung war schnell gefunden und so begann der Aufbau unseres Frankenstein-artigen Setups. Da wir jahrelang mit Traktor DJ Pro gespielt haben, hier aber momentan nur der Beatport-Katalog zum Streamen zur Verfügung steht und die Software diesbezüglich nicht in Frage kam, kam die Idee auf, die gute Traktor Audio 10 Soundkarte zu nutzen. Und siehe da, algoriddim djay erkannte diese sofort und in den Einstellungen konnten die Ein- und Ausgänge schnell geroutet werden.
Mit Algoriddim djay ist Timecode kein Problem
Alle, die jetzt aufhorchen, weil die DJ-Software als DVS erhältlich ist und das V nicht für CDJ, sondern für Vinyl steht, können wir sagen, dass ähnlich wie bei Traktor oder Serato, alle Timecodes einen Signalton haben, meist 1 kHz, mit dem man die Software letztendlich manipulieren kann. Wir hatten sogar noch die CDs, ja CDs, von Traktor, also versuchten wir unser Glück.
Es gab ein Eingangssignal, aber es war nicht das, was wir uns vorgestellt hatten. Tatsächlich hatten wir aber auch das Timecode-Signal von Serato DJ Pro, das wir dann kurzerhand auf einen USB-Stick geladen haben und siehe da, im zweiten Schritt des frankensteinartigen Setups konnten wir die Software djay über ein Signal von Serato DJ und mit einer Soundkarte von Native Instruments steuern. Auch das mussten wir erst einmal kurz verdauen.
Aber weiter im Text. Nach einem kurzen Test, bei dem alles funktionierte, hatten wir ausgerechnet bei den Cues eine leichte Verzögerung. Irgendwie verständlich, denn das Timecode-Signal startet, läuft vom CDJ in die Soundkarte, dann in den Rechner, wird bearbeitet und über die Soundkarte in den DJ-Mixer gegeben. Das sind ein paar Schritte mehr, als wenn das Signal direkt vom CDJ in den Mixer geht.
Mit dieser Verzögerung hätte man leben können, aber irgendwie waren wir immer noch am Grübeln und die nächste Idee kam uns in den Sinn.
Controller-Mapping leicht gemacht mit Algoriddim djay
Irgendwo liegt ja noch unsere treuer Native Instruments Kontrol X1 MK1 herum. Ihr merkt schon, wir sind hier richtig oldschool. Effekte, Browse-Möglichkeiten, Loop-Setting und -Alignment sowie Cues wurden schnell abgestaubt und auf den MIDI-Controller gemappt. Mit algoriddim djay geht das übrigens hervorragend!
Also spielten wir weiter mit dem Setup und ja, es war eine Verbesserung. Die Möglichkeit, Loops zu setzen und durch die Musikbibliothek zu navigieren, war großartig und endlich hatten wir Potis und Knöpfe zum Anfassen, um die Effekte zu steuern. Das einzige, was etwas holprig war, war, dass es ungewohnt war.
Aber wie alle Top-DJ-Duos, die in zwei Städten wohnen und zum Gig in eine dritte Stadt fahren müssen, hatten wir leider nicht allzu viel Zeit, uns an das Setup zu gewöhnen, also gab es noch eine letzte Idee, wie das Ganze eventuell einfacher werden könnte.
Noch einfacher Dank Einbindung von altem DJ-Equipment
Die Pioneer CDJ-350 haben einen USB-B-Anschluss, also haben wir kurzerhand beide CD-Player mit dem passenden Kabel an den Computer angeschlossen, auf dem algoriddim djay lief. Was soll man sagen? Die DJ-Software erkannte unsere alten Geräte. Natürlich haben wir gegrinst und uns gefreut, aber wir wussten nicht, wie genial die Integration sein würde.

Wird das Computer-Icon am CDJ-350 gedrückt, erscheint die Auswahl, welches Deck gesteuert werden soll
Nicht nur dass wir die Software in Sachen Cueing fast latenzfrei steuern konnten, nein, natürlich standen uns auch Tempo-Fader, Pitch-Range und Vinyl- oder CDJ-Modus zur Verfügung. Cool, oder?
Aber das war noch nicht alles. Der CDJ-350 hat auch Loop-Buttons und ja, diese funktionierten perfekt mit der DJ-Software. Der Push-Encoder am Player, mit dem wir eigentlich durch die Ordner unserer USB-Sticks scrollen? Ja, richtig, damit können wir durch unsere Library scrollen und Songs in das jeweilige Deck laden. Sogar zwischen den Playlists können wir mit dem Back-Button wechseln. Wahnsinn, und als ob das noch nicht genug wäre, zeigt das zweizeilige LC-Display der zwölf Jahre alten CDJs den Namen, die BPM und die bereits abgelaufene Zeit des aktuellen Tracks an.
Wir waren einfach absolut verblüfft, wie gut sich diese hochmoderne Software in ein so altes Gerät einer anderen Marke integrieren lässt und bitten alle Hersteller, sich davon eine Scheibe abzuschneiden.
Erst kürzlich haben wir unseren Testbericht zur aktuellen Version von rekordbox veröffentlicht, bei der Nutzer älterer DJ-Controller ein monatliches Abonnement abschließen müssen, um die aktuelle Version der Software nutzen zu können. Ein Teil der betroffenen Hardware war jünger als unsere hier verwendeten CDJs und natürlich ist es lustig, dass rekordbox von Pioneer DJ ist, der Software, aus der unser CDJ stammt, der so perfekt mit algoriddim djay zusammenarbeitet.
Gut, wir wollen fair bleiben. Da wir die Software gerade im Hinblick auf die Anbindung von Apple Music nutzen wollten, haben wir hier auch die Software für einen Monat im Abo genommen und natürlich brauchten wir auch ein Apple Music Abo.
Dass wir die Musik teilweise streamen konnten, lag auch daran, dass die Hochzeit eine private Feier ist. Bei öffentlichen Veranstaltungen, also normalen Clubs, ist das so nicht erlaubt. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, die Songs offline zu speichern, wir konnten im Vorfeld abklären, dass wir Zugang zum WLAN in der Location bekommen und außerdem gibt es die Möglichkeit, innerhalb von algoriddim djay die Playlisten komplett zu analysieren. So sind auch BPM und Tonarten hinterlegt, so dass man seine Listen auch danach sortieren kann, bevor man den Song in das Track-Deck lädt und somit den Song manipulieren kann.
Dieses Zusammenspiel von alter Hardware und neuer Software war für uns natürlich ein gefundenes Fressen, um einen kleinen Artikel zu diesem Thema zu verfassen, bestimmt haben viele von euch noch das eine oder andere Gerät, das eigentlich schon als ausgemustert gilt. Aber vielleicht steckt ja doch noch ein bisschen Leben in diesen Geräten.